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Die Historisierung der Kritischen Theorie sollte nach Ansicht des Autors in einem größeren Kontext betrachtet werden, denn erst dann wird der durchschlagende Erfolg verständlich, den diese generationelle Theoriegeschichtsschreibung seit den frühen siebziger Jahren gehabt hat und durch die weltweit der Eindruck erweckt wurde, in Frankfurt am Main gäbe es eine Kontinuität Kritischer Theorie von Theodor W. Adorno über Jürgen Habermas bis zu Axel Honneth - nun also schon in der "dritten Generation". Dieser Eindruck befriedigt eine alltagsreligiöse Familienvorstellung potenzieller Vererbbarkeit auch geistiger Produkte, die im Falle universitären Lehrens von Ohr zu Ohr weitergegeben werden. Aber in der akademischen Wirklichkeit war nur durch die Ferne von den noch lebenden Akteuren jene Reformulierung kritischer Theorie möglich gewesen, die in den siebziger Jahren noch eine "Rekonstruktion des historischen Materialismus" sein sollte. In die vertrauten Metaphern von Familie und Generation ist dann das gebannt worden, was im Begriff der Schule noch einen rationalen Kern hatte. Die "Frankfurter Schule" kann man zugespitzt als einen Mediennamen verstehen, der auf den korrespondierenden Namen der Kölner Schule der Soziologie angewiesen war. Die Erneuerung der Kritischen Theorie ist nicht durch nachfolgende Generationen, sondern nur an Inhalten selbst möglich, wie Oskar Negt im Jahr 1998 auf der Konferenz "Kritische Theorie der Gegenwart" in Hannover überzeugend gezeigt hat. (ICI2)

Der Autor stellt in seiner Analyse über die Auflösung des "real existierenden Sozialismus" die These auf, dass der Gesellschaftszerfall des Sowjetsystems nach ethnonationalistischen Mustern in der westlichen Öffentlichkeit die Illusion hervorrief, es handele sich um eine Wiederkehr alter nationalistischer Bewegungen und Ideologien. Diese verkehrte Wahrnehmung neuer politischer Tendenzen, die zerfallende Traditionsreste ausbeuten und zu mobilisierenden Politikmustern zusammenfügen, gehört jedoch selbst zum Problem des Ethnonationalismus. Auf dem Balkan hat sich seiner Meinung nach nicht eine alte Geschichte wiederholt, vielmehr zeigt eine neue gesellschaftliche Konstellation nach dem Ende der Systemkonfrontation ihr "böses ethnonationalistisches Antlitz". (ICI2)

Der Beitrag diskutiert das Wesen und die Hintergründe der "68er"-Protestbewegung. Der Autor stellt fest, daß das Aufbegehren der Baby-Boom-Generation durch das "Selbstmißverständnis" ihrer Akteure und durch die Verzerrung in den Medien heute als revolutionärer Mythos gilt. Er bezeichnet die "Chiffre 68" als weltweites Symbol für die Illusion einer Gleichzeitigkeit des Protestes für demokratische Ideale. Protest- und Argumentationsformen seien aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und den Vietnam-Protesten übernommen worden und zum kurzfristigen Traum eines Bündnisses von Arbeiterklasse und wissenschaftlicher Intelligenz in einigen Ländern Ost-Mittel-Europas geworden. Der Autor konstatiert, daß das Image der Revolution Ende der 60er Jahre vor allem von der Werbung benutzt wurde und sich entsprechend schnell verbrauchte. Dem Konsumterror habe sich schließlich der reale Terrorismus entgegengesetzt, dessen Wirkung wiederum erst durch die weltweite Verbreitung seiner Fernsehbilder möglich wurde. Der Mythos der "68er" wird als Lebensgefühl einer inzwischen etablierten Generation bezeichnet, die ihre Lebensform noch nicht gefunden hat. (rk)

Ausgehend von der deutsch-deutschen Wiedervereinigung thematisiert der Beitrag für die Bundesrepublik ein zentrales, in der Geschichte bisher nicht aufgetretenes Problem, nämlich das des Zusammenschlusses zweier unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen. Die seit 1989 anhaltenden Reden über den Nationalstaat und die Wiedervereinigungsrhetoriken haben bisher das Neue dieser sozialen Situation verschleiert. Angesichts der nationalstaatlichen Entwicklungen taucht die Frage auf, ob mit der Vereinigung beider deutscher Staaten der gefürchtete deutsche Nationalismus zurückkehrt. Gerade die tiefe Strukturkrise mit ihren sozioökonomischen Folgen ist besorgniserregend für die gesellschaftliche Zukunft Deutschlands, wenn unklar ist, wie sich gesellschaftliche Krisen im Bewußtsein und Handeln der Menschen niederschlagen. Deutschland liegt im Zentrum einer großen Völkerwanderung, und für die ehemalige DDR im nachrealsozialistischen Stadium gilt als Gefahr eine Mischung aus Chauvinismus, Xenophobie, Populismus und Autoritarismus. Fremdenfeindlichkeit wird zum ersten Prüfstein für das vereinte Deutschland. (ICE)

Literaturverzeichnis