In: Journal of modern European history: Zeitschrift für moderne europäische Geschichte = Revue d'histoire européenne contemporaine, Band 13, Heft 4, S. 439-446
Für die Deutschen war es eine durchaus zwiespältige Erfahrung zu sehen, wie sich die Erinnerung an den Holocaust verselbstständigte, abstrahierte und zunehmend universalisierte. Nicht nur angesichts der politischen Entwicklungen seit 1990, sondern auch angesichts der weltweiten kommunikativen und medialen Vernetzung war die Universalisierung des Gedenkens an den Holocaust geradezu zwangsläufig. Die Erinnerung wurde global, sie wurde menschheitlich. Zusammen mit dem Generationenwechsel von der Erlebens- und Überlebensgeneration zur Generation der Nachgeborenen lag darin der doppelte Quantensprung von Geschichtspolitik und Erinnerungskultur im ausgehenden zwanzigsten und im beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert, und auch die Probleme wie die Chancen einer europäischen Erinnerung sind aus deutscher Sicht in diesen Entwicklungen angelegt. (ICF2)
Die Transformationsprozesse im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts waren begleitet von einem tiefgehenden Wandel des Sicherheitsverständnisses. Das Vertrauen in die sicherheitsstiftende Funktion des Staates schwand, und neue Krisendiskurse entstanden. Der Aufsatz untersucht dies am Beispiel der NATO-Nachrüstung und der Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland um 1980. In der damaligen Auseinandersetzung spiegelt sich ein scharfer Streit über das Verständnis von Sicherheit. Darüber hinaus artikulierte sich in der Kritik der Friedensbewegung am System der nuklearen Abschreckung ein massives Unbehagen an jener technisch-industriellen Modernität, die sich seit dem späten 19. Jahrhundert ausgeformt hatte. Daher ist die "nukleare Krise" der Zeit um 1980 auch als eine Modernitätskrise zu verstehen. Absolute Sicherheit kann es in der Moderne nicht geben; sie bleibt ein letztlich unerreichbares Ziel – eine Utopie. Gleichwohl entzog der Protest der Friedensbewegung – nicht nur in der Bundesrepublik – der nuklearen Abschreckung ihre politische und moralische Legitimität. Trotz der 1983 durchgesetzten Nachrüstung war die frühere Akzeptanz der Abschreckung in der Endphase des Kalten Kriegs nicht wiederherzustellen. ; Transformations which took place during the final third of the twentieth century were accompanied by a fundamental modification of the idea and understanding of 'security'. Societies lost trust in the state and its ability to provide security. At the same time, new perceptions and discourses of crisis emerged. This article analyses these developments, taking the question of NATO nuclear armament and the West German peace movement of the period around 1980 as an example. The conflicts over NATO's so-called 'double track decision' of 1979 and the prospect of deploying new nuclear weapons in West Germany and other European countries reflected heated controversy concerning the idea of security. Moreover, the peace movement's criticism of the system of nuclear deterrence reflected considerable unease with technical-industrial modernity, which had arisen from the late nineteenth century. In this regard, the 'nuclear crisis' of the years around 1980 can be seen as a crisis of modernity. In modern societies it is not possible to achieve absolute security; security remains an unobtainable objective, a utopia. Nevertheless, it was not only in Germany that the peace movement's protest shattered the political and moral legitimacy of nuclear deterrence. In spite of the decision to continue armament in 1983, the initial acceptance of this policy could not be restored in the final years of the Cold War.
Die Transformationsprozesse im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts waren begleitet von einem tiefgehenden Wandel des Sicherheitsverständnisses. Das Vertrauen in die sicherheitsstiftende Funktion des Staates schwand, und neue Krisendiskurse entstanden. Der Aufsatz untersucht dies am Beispiel der NATO-Nachrüstung und der Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland um 1980. In der damaligen Auseinandersetzung spiegelt sich ein scharfer Streit über das Verständnis von Sicherheit. Darüber hinaus artikulierte sich in der Kritik der Friedensbewegung am System der nuklearen Abschreckung ein massives Unbehagen an jener technisch-industriellen Modernität, die sich seit dem späten 19. Jahrhundert ausgeformt hatte. Daher ist die "nukleare Krise" der Zeit um 1980 auch als eine Modernitätskrise zu verstehen. Absolute Sicherheit kann es in der Moderne nicht geben; sie bleibt ein letztlich unerreichbares Ziel - eine Utopie. Gleichwohl entzog der Protest der Friedensbewegung - nicht nur in der Bundesrepublik - der nuklearen Abschreckung ihre politische und moralische Legitimität. Trotz der 1983 durchgesetzten Nachrüstung war die frühere Akzeptanz der Abschreckung in der Endphase des Kalten Kriegs nicht wiederherzustellen.
In: Geschichte, Politik und ihre Didaktik: Zeitschrift für historisch-politische Bildung ; Beiträge und Nachrichten für die Unterrichtspraxis, Band 34, Heft 1-2, S. 28-34
"Was ist Sicherheit und wie viel braucht ein Mensch davon, um sich in seiner Welt 'heimisch' zu fühlen? Der Autor skizziert das rückwärtsgewandte Sicherheitsstreben in der Ära Adenauer, den optimistischen Glauben an die Sicherheit von Fortschritt und Wachstum in den sechziger und frühen siebziger Jahren, das folgende Jahrzehnt der 'Inneren Sicherheit' und schließlich die internationale Sicherheitspolitik. Dabei entwickelt er ein neues Konzept einer 'modernen Politikgeschichte' der Bundesrepublik Deutschland, die mit 'Sicherheit' als analytischem Leitbegriff sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Ansätze ebenso zu integrieren vermag wie das Potential der Kulturgeschichte und der Geschichte transnationaler Beziehungen, von der in den letzten Jahren viele fruchtbare Ansätze ausgegangen sind." (Autorenreferat)
Der Verfasser fragt nach den Dimensionen öffentlicher Erinnerung, wie sie von den Medien transportiert wird. Als Beispiel dient der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, insbesondere das Bild des Widerstands in den Veröffentlichungen der einflussreichen Hamburger Journalistin Marion Gräfin Dönhoff in den letzten fünfzig Jahren. Gräfin Dönhoff hat das Bild des Widerstands gegen den Nationalsozialismus in der deutschen Öffentlichkeit über ihren Tod im Jahr 2002 hinaus maßgeblich beeinflusst. Ihr Anteil an der Konstruktion eines Geschichtsbildes, das in der Interpretation des 20. Juli 1944 als eines moralischen Aufstands gegen den Inbegriff des Bösen wurzelt, kann schwerlich überschätzt werden. Dönhoffs journalistisches Engagement war vielfältig. Sie verlieh der jungen Bundesrepublik ein Element der Tradition, sie trug zur Aussöhnung mit der deutschen Aristokratie und deren Integration in die westdeutsche Gesellschaft nach 1945 bei und sie war als Gesellschafts- und Kulturkritikerin aktiv. (ICEÜbers)
This essay investigates the dimensions of public memory as conveyed in the media. This is achieved by using the example of the resistance against National Socialism, and especially by analysing the image of this resistance advocated in Marion Gräfin Dönhoff's publications over five decades. Among the German public, the image of the resistance against National Socialism has been grately shaped by this influential Hamburg journalist, who died in 2002. Dönhoff's share in the creation, the installation and the conservation of a certain reading of history, which has its roots in the interpretation of the 20th July 1944 as a "moral struggle with the epitome of evil", can hardly be overestimated. The ramifications of Dönhoff's journalistic commitment are varied: they reach from establishing a tradition for the young Federal Republic, to the reconsolidation of Germany's aristocracy after 1945 and its integration into the West German society, as well as social and cultural criticism. (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte / FUB)
Wenger, Andreas: Der lange Weg zur Stabilität: Kennedy, Chruschtschow und das gemeinsame Interesse der Supermächte am Status quo in Europa. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (München), 46 (1998) 1, S.69-99
Der Autor untersucht den Ost-West-Konflikt in seinen unterschiedlichen Phasen. Dabei geht es ihm u.a. auch um eine präzise Bestimmung und Unterscheidung der Begriffe "Ost-West-Konflikt" und "Kalter Krieg".