Schrumpfend, alternd, bunter - Demografischer Wandel in Deutschland: Ein Überblick
In: Politische Bildung: PB ; Beiträge zur wissenschaftlichen Grundlegung und zur Unterrichtspraxis, Band 45, Heft 4, S. 11-23
ISSN: 0554-5455
Wir werden weniger, älter und - aufgrund der Zuwanderung - auch heterogener ("bunter") - so lautet die Kurzformel für den "demographischen Wandel". Sie ist prägnant und beliebt, verstellt aber bisweilen den Blick auf die niedrige Fertilität als zentrale Ursache dieses Wandels, der vor allem einen drastischen Anstieg der Anteile der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung bedeutet. Wer angesichts dessen Verluste an sozialer Dynamik und wirtschaftlicher Leistungskraft und Verteilungskonflikte befürchtet, muss mit dem Vorwurf des "Katastrophismus" rechnen. Seit den 1970er Jahren gründen die Hoffnungen auf steigenden Wohlstand in einer alternden Gesellschaft darauf, dass eine steigende Produktivität weiteres Wirtschaftswachstum ermöglicht. Angesichts der rückläufigen Produktivitätszuwächse und Wachstumsraten in den letzten Jahrzehnten erscheinen die Annahmen dieser "Produktivitätsstrategie" allerdings ausgesprochen optimistisch. Selbst wenn es gelingt das absolute Wohlstandsniveau weiter zu steigern, müssen die Jüngeren einen wachsenden Anteil ihres Einkommens für die Versorgung der Älteren aufwenden. Ein alterndes Gemeinwesen fordert von den Erwerbsfähigen mehr Solidarität mit den Älteren. Betrachtet man auch die Solidarität der Menschen als knappe Ressource, dann muss eine höhere Fertilität als gesellschaftspolitisch erstrebenswert gelten, denn nur auf diesem Weg lassen sich die asymmetrisch gewordenen Generationenverhältnisse langfristig wieder besser ausbalancieren (Verlag).