Die Neuerfindung als Wissensgesellschaft: Inklusionen und Exklusionen eines kollektiven Selbstbildes.
In: Grenzen & Differenzen. Zur Macht sozialer und kultureller Grenzziehungen; 35. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde Dresden 2005., S. 545-559
Der Beitrag geht der Frage nach, welche Grenzfragen durch die Selbstzuschreibung als Wissensgesellschaft aufgeworfen und verhandelt werden. In den Mittelpunkt der Argumentation stellt die Autorin das Individuum und wählt somit die akteurszentrierte Perspektive. Basierend auf empirischem Datenmaterial für den Zeitraum 1998 bis 2004 wird hier die These untersucht, dass subjektive Erfahrung und der Lebensalltag von Menschen von den Veränderungen geprägt werden, die sich aus der Selbstzuschreibung als Wissensgesellschaft ergeben. Bildung schafft Differenzen zwischen denen, die sie haben, und jenen, die sie nicht haben. Um in der Wissensgesellschaft dazuzugehören, sind Individuen im Alltag immer wieder und in vielfältiger Weise gefordert, sich an symbolisch hergestellten Grenzziehungen zu orientieren und zu verhandeln, ob sie lernbereite Menschen mit guten Partizipationschancen sind. Drei 'Fronten' dieser Grenzverhandlungen werden hier betrachtet, die zentrale Dimensionen der individuellen Erfahrungswelt ansprechen: (1) Zeitökonomie bzw. Lernen versus Freizeit, Muße, Familie, Ehrenamt, (2) Bildungsinhalte zwischen berufsqualifizierenden und humanistischen Bildungsidealen sowie (3) Bildungsentscheidungen zwischen Normierung und Individualisierung. Menschen, die an der Wissensgesellschaft partizipieren wollen, müssen ein neues Verständnis für den Umgang mit Bildung entwickeln, die zunehmend zum Gegenstand ökonomischer Aktivitäten wird. Inklusionen und Exklusionen, die in den gesellschaftlichen Diskursen zur Wissensgesellschaft entlang der hier geschilderten Grenzlinien verhandelt werden, sind keine, die den Prinzipien der Wissensgesellschaft inhärent sind. (ICG2). Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum 1998 bis 2004.