Die Anerkennung der DDR als Messlatte für Progressivität: die innenpolitische Instrumentalisierung des komplizierten Dreiecksverhältnisses Niederlande - Bundesrepublik - DDR in den 1960er und 1970er Jahren
In: Die Destruktion des Dialogs: zur innenpolitischen Instrumentalisierung negativer Fremd- und Feindbilder ; Polen, Tschechien, Deutschland und die Niederlande im Vergleich, 1900-2005, S. 195-210
Die Niederlande und die DDR nahmen erst am 5. Januar 1973 diplomatische Beziehungen zueinander auf. In den Jahren zuvor wurde die DDR von den Niederlanden nicht anerkannt und es gab keine offiziellen Beziehungen. Die Regierung in Den Haag unterstützte hiermit die NATO-Politik, weil sie in der Nichtanerkennung der DDR einen Eckpfeiler der gemeinsamen westlichen Verteidigungspolitik sah. Die Nichtanerkennung der DDR sollte darüber hinaus der jungen Bundesrepublik eine möglichst starke Position in der internationalen Politik zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich ein kompliziertes Dreiecksverhältnis zwischen den Niederlanden, der Bundesrepublik und der DDR, wie im vorliegenden Beitrag näher gezeigt wird. Der Autor problematisiert vor allem die Instrumentalisierung antideutscher Ressentiments für innenpolitische Zwecke. Denn Mitte der 1960er Jahre waren in den Niederlanden negative Deutschlandbilder weit verbreitet. Es fanden bei verschiedenen Anlässen Protestaktionen gegen die Bundesrepublik und ihre angeblich fehlende Distanz gegenüber dem Dritten Reich und gegen die "guten" niederländisch-westdeutschen Beziehungen statt, die von der Regierung in Den Haag gepflegt wurden. Diese Protestaktionen wurden getragen von (1) der gegenkulturellen Bewegung und der studentischen Protestbewegung, (2) einigen linksoppositionellen Parteien, wie insbesondere der Pazifistisch-Sozialistischen Partei (PSP), und (3) der sogenannten Neuen Linken (Nieuw Links). (ICI2)