Das Buch sucht nach Überschneidungen und Zwischenräumen zwischen "Geschlecht" und "Umwelt". Was leisten Ansätze der Geschlechterforschung für das umweltsoziologische Denken? Und was kann das Unbehagen an gegenwärtigen Naturverhältnissen von feministischen Debatten lernen?
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1996 in Dresden ; Band 2: Sektionen, Arbeitsgruppen, Foren, Fedor-Stepun-Tagung, S. 769-773
"Die Natur-Gesellschafts-Differenz ist eine Basisstruktur des modernen Denkens. In der letzten zwei Jahrhunderten war mit ihr idealtypisch die Geschlechterdifferenz verbunden. Heute - in der Post- oder Spätmoderne - verliert diese Differenzbestimmung jedoch ihr (natur-)produktivistisches Fundament. Die der Kultur zugeordnete Produktionssphäre bzw. die sie repräsentierende Sphäre der politischen Öffentlichkeit wird nicht mehr ausschließlich mit den Männern verbunden, die mit Natur assoziierte Reproduktionssphäre wird nicht mehr ausschließlich als die Privatsphäre der Frauen verstanden. Mit der (gen-)techischen Überformung der kreatürlichen Reproduktion verschwindet zudem die Differenz zwischen Produktion und Reproduktion. Reproduktion wird tendenziell zur Produktion. Verschwindet damit aber auch die den Geschlechtern zugeordnete Natur-Kultur-Differenz? An zwei Beispielen der gesellschaftlichen Integration der Umweltthematik: 1. am Beispiel geschlechtssspezifischer Reaktionen auf den Atomunfall in Tschernobyl 1986 und 2. am Beispiel der aktuellen Konsumdebatte (über 'Sustainable Consumption') möchte ich dreierlei zeigen: 1. daß die Integration dieser Umweltthemen zentral über die Geschlechterdifferenz läuft 2. daß die Debatte über diese Umweltthemen von einer Natur-Kultur-Differenz bestimmt ist, in der Natur - im Gegensatz zum Begriff Umwelt - nur noch als moralische Kategorie vorkommt 3. daß ganz besonders über Umweltthemen wieder eine geheimnisvolle Verbindung zwischen Frauen und Natur hergestellt wird (Frauen als 'ökologische Krankenschwestern des kranken Planeten Erde' Christa Wichterich). Fazit: Auch in der Postmoderne gibt es eine Natur-Gesellschafts-Differenz-Bestimmung, die mit der Geschlechterdifferenz verbunden wird: aber auf einem neuen, globalökologischen Fundament." (Autorenreferat)
"Bei der Bearbeitung der Problembereiche der ökologischen Krise hat sich die Soziologie bisher nicht sonderlich hervorgetan. Am Beispiel der Mobilität und des Verkehrs werden in dem Beitrag zunächst einige Gründe für dieses Defizit analysiert. Insbesondere erweist sich die in der Soziologie klassisch gewordene Abgrenzung von sozialer und räumlicher Mobilität als revisionsbedürftig. Sie hat vergessen lassen, daß soziale Mobilität immer auch an konkrete räumliche Strukturen gebunden ist; vor allem aber hat sie den Blick dafür verstellt, daß räumliche Mobilität im Zeichen des Automobils eine enorme soziale und kulturelle Bedeutung gewonnen hat. Vor diesem Hintergrund waren und sind soziologische Mobilitätsuntersuchungen weder an die raumbezogenen Planungsdisziplinen noch an die Umweltforschung anschlußfähig; frühere vereinzelte Versuche zu einer 'Verkehrssoziologie' sind nicht weiterverfolgt worden. In dem Beitrag wird versucht, ausgehend von den Konzepten 'Leitbild' und 'Lebensstil' einen sozialwissenschaftlichen Zugang zu dem ökologischen Problembereich Verkehr zu skizzieren. Dabei werden Lebensstile sowohl mit den kulturellen Aspekten und Bedeutungsgehalten von Mobilitpt als auch mit der Dimension des Raumes verknüpft. Auf diese Weise soll auch eine Verbindung zu umweltpolitischen Handlungsstrategien wie zu Konzeonzepten der Raum- und Verkehrsplanung hergestellt werden." (Autorenreferat)