Ethik-Unterricht in den neuen Bundesländern: zum Verhältnis von Religion, Staat und Gesellschaft in Deutschland
In: Politik, Religion und Gemeinschaft: die kulturelle Konstruktion von Sinn, S. 202-215
Der Autor beschäftigt sich mit dem Konflikt um das in Brandenburg existierende Schulfach Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde (L-E-R) als symptomatisch für das Verhältnis von Religion und Staat unter den Bedingungen fortschreitender Säkularisierung in der modernen Gesellschaft. Er legt den Schwerpunkt auf die besonderen Ausformungen in den postkommunistischen neuen Bundesländern. Nach einem historischen Abriss über die spezifischen Prozesse der Religionsentwicklung und Säkularisierung im 19. und 20. Jahrhundert charakterisiert er anschließend das Brandenburger Modell L-E-R in seinem religions- und gesellschaftspolitischen Umfeld. Er gelangt zu der Schlussfolgerung, dass religiöse Sinnfindung in modernen Gesellschaften nur noch bedingt in den tradierten kirchlichen Bahnen stattfindet. Die Schule kann unter den Bedingungen fortschreitender religiöser und säkularer Pluralisierung immer weniger ein Ort staatlich abgesicherter konventioneller Moralbildung in Form des konfessionellen Religionsunterrichts sein. An die Stelle einer konventionell-konfessionellen und konventionell-aufklärerischen Wertevermittlung sollte an den Schulen vielmehr ein reflexiv-postkonventionelles interreligiöses und interkulturelles Lernen im Sinne des L-E-R-Unterrichts treten. (ICF)