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Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich in den westlichen Industrieländern das Krankheits- und Sterblichkeitsgeschehens, besonders für das Säuglingsalter und für die Altersklassen über 60 Jahre, gewandelt. Diese Veränderungen bilden einen 'epidemiologischen Übergang', dessen positive und negative Seiten, vor allem dessen einzelne Phasen und wichtigste Merkmale nachgezeichnet werden. Globale Entwicklungslinien werden nur kurz angesprochen. Den Schwerpunkt bilden die demographischen Befunde aus Deutschland bzw. Preußen, größtenteils aus dem Zeitraum 1816-1913. Anhand von Schaubildern werden u.a. die Veränderungen des 'Todesursachen-Panoramas' in Preußen bzw. seit dem Ersten Weltkrieg und der Zuwachs an 'verlorenen Lebensjahren' aufgezeigt. Internationale Erklärungsansätze für den Sterblichkeitsrückgang während der letzten 100 Jahre sowie Teilerklärungen für den Sterblichkeitsrückgang in Deutschland seit den 1870er Jahren werden wiedergegeben. Erst im achten Lebensjahrzehnt taucht der Tod 'im Prinzip unausweichlich' wieder auf. (prf)

In der hier vorgelegten Untersuchung werden die Verhaltensweisen privater Haushalte ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Einkommensverwendung betrachtet. Dabei werden die jeweils herausgearbeiteten Konsummuster als Reaktionen auf die Erfahrung von Ressourcenknappheit verstanden, die auf zweierlei Weise vermittelt wird: durch das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen einerseits, durch das Bedürfnis nach Statusgewinnung und -absicherung andererseits. Der Untersuchungszeitraum umfaßt die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Die Daten entstammen Rechnungsbüchern privater Haushalte, die in zwei Erhebungen des Statistischen Reichsamts 1907 und 1928 zusammengetragen wurden. Nach Vorstellung eines Bezugsrahmens, der die Entwicklung des Einkommens und des Konsums nachzeichnet, werden die Ergebnisse einer induktiven Bestimmung sozialer Gruppen dargestellt, wobei die Gruppenbildung entlang der Ähnlichkeit des Konsumverhaltens erfolgt. Als Methode wird die Clusteranalyse verwendet. Die Ergebnisse werden sodann hinsichtlich des Verhältnisses von Knappheit und Schichtenbildung bewertet: 'Schichten als differentielle Assoziationen mit ähnlichem Lebensstil fallen nicht mit bestimmten Berufsgruppen zusammen.' (ICD)

In dem Beitrag werden einige Daten über Unterschiede in der Fruchtbarkeit beim deutschen Kleinbürgertum und die langfristigen Veränderungen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu den 30er Jahren dieses Jahrhunderts dargestellt. Nach der Charakterisierung der rückgängigen Tendenz der säkularen Fruchtbarkeit in Deutschland seit den späten 80er Jahren des 17. Jahrhunderts stehen im Mittelpunkt Unterschiede in der Fruchtbarkeit zwischen verschiedenen Gruppen des Kleinbürgertums, je nach durchschnittlicher Anzahl der Kinder pro Ehe. Die unterschiedlichen Fruchtbarkeitsniveaus werden mit den Fruchtbarkeitsdaten anderer sozialer Gruppen verglichen. Es wird gezeigt, daß sich in der untersuchten Periode das Kleinbürgertum durch schnelles Reduzieren der ehelichen Fruchtbarkeit den sich verändernden Lebens- und Arbeitsbedingungen, der sich derändernden Verteilung der Einkommen und Löhne und dem sich verändernden sozialen Netz anpaßte. Dabei wird deutlich, daß im Hinblick auf die durchschnittliche Familiengröße im demographischen Verhalten zwischen den verschiedenen Gruppen verringert wurde, daß diese Unterschiede aber betont wurden im Hinblick auf die Anzahl kinderloser Paare wie auch der Anzahl sehr kleiner Familien, die dem Modell der Einzelkind-Familie folgen. Während das demographische Verhalten unabhängiger Handwerker diesem Trend wiederstand, waren die Selbständigen im Bereich des Handels im Hinblick auf die gesamte Gesellschaft eine der führenden Gruppen beim Geburtenrückgang. (KWübers.)

Der Autor untersucht die Auswirkungen der Professionalisierung der deutschen Ärzteschaft Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert auf den langfristigen sozialen Wandel. Ausgehend von einer starken Zersplitterung der Ärzteschaft in einzelne konkurrierende Untergruppen bis Beginn der achtziger Jahre entwickelte sich nach Maßgabe des Verfassers eine durch Professionalisierung geprägte, akademisch ausgebildete homogene Ärzteschaft durch den gemeinsamen Widerstand gegen das Anwachsen des Einflusses staatlicher Gesundheitspolitik. Diesem Prozeß steht eine wachsende Akzeptanz und Hochschätzung der Ärzteschaft durch die Bevölkerung, vor allem durch die vom sozialen Wandel stark betroffene Arbeiterschaft gegenüber. Die ansteigende Professionalisierung bewirkte hiermit, so der Autor, eine stärkere Akzeptanz rationaler Wertemuster durch die wachsende Bedeutung der 'medizinischen Kultur' und war deshalb ein Beitrag zur Abschwächung sozialer Gegensätze. ; The professionalization of German medicine during the late 19th and early 20th centuries apparently develops its specific dynamics precisely in a phase of social development characterized by a threat to the privileges of the bourgeoisie and to the health sector as a whole, which exposed especially the medical profession to the pressure of increasing tendencies towards socialization. The imagination with regard to organization and planning of a great number of doctors was not however limited during this period to the consolidation of medical organizations as combat units to establish professional autonomy, for clearly defined and in the long run increasing social status, or for an income appropriate to that status. Rather, by participating in the development of the system of social welfare and health-related infrastructure, doctors contributed - as a number of authors have emphasized - to a remarkable extent to the medicalization process of the German population. This process can be seen in the rapid growth of receptivity of the population, especially the lower strata, for the so-called 'medical culture' and thus for rationalistic patterns of values and behavior. This function of the 'Hidden Curriculum' of the social insurance and infrastructure system, which physicians helped to shape, went far beyond profession-specific goals, although such goals - especially the expansion and stabilization of the market for medical services - were also attained. In this light, the doctors can be seen as unconscious propagandists and promoters of a type of society which has often - misleadingly - been called 'nivellierte Mittelstandsgesellschaft' (leveled/uniform middle class society). Since the late 19th century, the medical profession has again and again attempted to exclude itself as an elite cultural and income group from these 'leveling tendencies'. In this manner it has functioned as an exceptional agent for the patterns of values and behavioral orientations which support socio-structural homogenization.

Der Autor untersucht die Auswirkungen der Professionalisierung der deutschen Ärzteschaft Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert auf den langfristigen sozialen Wandel. Ausgehend von einer starken Zersplitterung der Ärzteschaft in einzelne konkurrierende Untergruppen bis Beginn der achtziger Jahre entwickelte sich nach Maßgabe des Verfassers eine durch Professionalisierung geprägte, akademisch ausgebildete homogene Ärzteschaft durch den gemeinsamen Widerstand gegen das Anwachsen des Einflusses staatlicher Gesundheitspolitik. Diesem Prozeß steht eine wachsende Akzeptanz und Hochschätzung der Ärzteschaft durch die Bevölkerung, vor allem durch die vom sozialen Wandel stark betroffene Arbeiterschaft gegenüber. Die ansteigende Professionalisierung bewirkte hiermit, so der Autor, eine stärkere Akzeptanz rationaler Wertemuster durch die wachsende Bedeutung der 'medizinischen Kultur' und war deshalb ein Beitrag zur Abschwächung sozialer Gegensätze. (RS)

Zugrundegelegt werden: A.O. Hirschmann. Die Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung. Stuttgart 1967 (ökonomische Studien, Bd. 13); S. Klatt: Zur Theorie der Industrialisierung. Köln/Opladen 1959, S. 19-55, 166-264; R.C.O. Matthews: Konjuktur, München 1973 (sammlung dialog, Nr. 64); P.M. Sweezy: Theorie der kapitalistischen Entwicklung. Frankfurt/M. 1971, Kapitel V-XII (Edition Suhrkamp, Nr. 433). Ursachen und Bedingungen der zyklischen Schwankungen industriewirtschaftlichen Wachstums werden vor dem Hintergrund der Zyklizität des Wachstums in den ersten Phasen der Industrialisierung Deutschlands modelltheoretisch angegangen. Die sich in industriewirtschaftlichem Wachstum auf der Basis einer überproportionalen Expansion des sekundären Sektors darstellende Akkumulation industriellen Kapitals bringt notwendig periodisch ihre eigenen Schranken hervor. Nach einer Phase hoher Pioniergewinne im Verlauf des Aufschwungs wird die Profitrate gesenkt, die Kapitalverzinsung ist rückläufig. Das Zusammentreffen von Verwertungs- und Realisierungsproblemen läßt nur eine Krisenüberwindung durch Kapitalvernichtung zu. Industrialisierung in Form privatkapitalistischer Akkumulation und Konkurrenz ist nur als zyklisches Wachstum möglich und impliziert den Wechsel von Prosperität und Depression mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen und Konflikten. (IS)