Aufgrund gesellschaftlichen Strukturwandels und kultureller Veränderungen haben sich familiale Erscheinungsformen vervielfältigt. Familientypen, die nicht der normativen Leitvorstellung einer »Normalfamilie« entsprechen, sind in erhöhtem Umfang von Verarmung betroffen. Dies bringt veränderte ökonomische und politische Anforderungen an die Sozialpolitik mit sich. Da jede Thematisierung von Armut eine politische Handlungsaufforderung impliziert, wird die unterschiedliche Bereitschaft, sich mit Armutslagen von Familien zu beschäftigen, im historischen Kontext skizziert. Schließlich wird durch einen Blick über die Grenzen des deutschen Wohlfahrtsstaates hinaus gezeigt, dass das Armutsrisiko am ehesten durch sozialpolitische Programme, die auf die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit abzielen, vermindert werden kann. (DIPF/Orig.)
InhaltsÜbersicht -- Einführung -- Vom Ende einer Ausgrenzung? — Armut und Soziologie -- I. Die gesellschaftliche Definition von Armut -- Soziologie der Armut: Georg Simmel zum Gedächtnis -- Über die positiven Funktionen der unwürdigen Armen. Zur Bedeutung der "underclass" in den USA -- Wie mißt man Armut? -- "Culture of Poverty" — Eine Spurensuche -- Zum öffentlichen Stellenwert von Armut im sozialen Wandel der Bundesrepublik Deutschland -- II England und Deutschland: Kontraste in der Entwicklung von Armutsforschung, Sozialpolitik und Soziologie -- Armut, Sozialpolitik, Soziologie. Der englische Weg von der industriellen Revolution zum modernen Wohlfahrtsstaat (1830 bis 1950) -- Armutsdiskurs und Wohlfahrtsforschung. Zum deutschen Weg in die industrielle Moderne -- III. Armut und Wohlfahrtsstaat: Zum Problemstand in der Soziologie -- Großbritannien: Armut im Land des "welfare state" -- Ökonomische versus soziale Armut in den USA (1950–1990) -- Ghettoisierte Armut und Rasse. Zur öffentlichen Meinungsbildung in den USA -- Armut in der Bundesrepublik Deutschland. Die sozialwissenschaftliche Thematisierung nach dem Zweiten Weltkrieg -- IV. Armut in internationaler und vergleichender Perspektive -- Armut im internationalen Vergleich. Methodische Probleme und empirische Ergebnisse -- Armutsforschung in den USA. Kritische Anmerkungen aus europäischer Sicht -- Die "drei Gesichter" der Armut. Sozialpolitik jenseits des Nationalstaats -- Zur geschlechtsspezifischen Struktur von Armut -- V. Armut, Sozialpolitik und Wohlfahrtsgesellschaft: Neuere theoretische und empirische Analysen -- Einkommensmobilität und soziale Mindestsicherung. Einige Überlegungen zum Armutsrisiko -- Arbeitslosigkeit, Erwerbsarbeit und Armut. Längerfristige Armutsrisiken im Kontext von Haushalt und Sozialstruktur -- Gesundheit und soziale Ungleichheit. Über Klasse, Armut und Krankheit -- Feminisierung der Armut durch den Sozialstaat? -- Erzeugt der Wohlfahrtsstaat seine eigene Klientel? Eine theoretische und empirische Analyse von Armutsprozessen -- Die Autoren der Beiträge -- English Summaries -- Zusammenfassungen.
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
"In this chapter we seek to explore poverty and deprivation in Germany, drawing out comparisons between the western and eastern parts of the country. The first main section of the chapter reviews some of the existing evidence on poverty rates and risks, focusing in particular on the 1990s but also setting this evidence within the pre-unification context. The second main section then turns to the analysis of the European Community Household Panel data, and again makes comparison between the west and the east in respect of poverty and deprivation across our four main risk groups." (Text excerpt, IAB-Doku) ((en))
Die Arbeit berichtet über Ergebnisse einer Langzeitstudie aus Bremen, bei der die Entwicklung der Armutsbevölkerung, die Sozialhilfe bezieht, untersucht wurde. Die Analyse der Sozialhilfeakten von zwei Bremer Kohorten, die 1983 bzw. 1989 erstmals Sozialhilfe beantragt haben, zeigt die Einflüsse von gewandelten Familienformen, Migration und Arbeitsmarktentwicklungen auf die Struktur der Sozialhilfeempfänger. Anfang der 80er Jahre wird die Zusammensetzung insbesondere durch den Strukturwandel am Arbeitsmarkt beeinflußt, Ende der 80er Jahre sind es verstärkt Auswirkungen infolge der Zuwanderung. Die Entwicklungen zeigen neue Armutsrisiken, jenseits der Sicherungsbereiche der Sozialversicherungssysteme. Die klassischen Gruppen in der Sozialhilfe, wie Alleinerziehende, Frauen allgemein und Haushalte mit Kindern, bleiben im Zentrum der Sozialhilferisiken und weisen eine längere Sozialhilfedauer auf. (pra)
Die Autoren geben eine Einführung in die Thematik des Sammelbandes, welche sich auf die kritischen Übergänge im individuellen Lebensverlauf bezieht und neuere Forschungsergebnisse aus der Verbindung von Sozialpolitik und Lebenslauf- bzw. Biographieforschung vorstellt. Es werden insbesondere drei Perspektivenwechsel beschrieben, die sich aus der Annäherung der theoretischen Konzeptionen beider Forschungsrichtungen ergeben. Die Autoren interpretieren erstens die Entwicklung des Sozialpolitik-Verständnisses als eine 'nachträgliche Kompensation' der These sozialpolitischer 'Primärprägung'. Sie weisen zweitens auf den Wandel der Untersuchung von 'Normalbiographien' zu gegenwärtigen Konzepten sozialstaatlicher 'Normalitätsunterstellungen' hin, welche für die betroffenen Individuen handlungsanleitend sind. Die Autoren werfen drittens die Frage nach der Integration von Handlungs- und Strukturtheorie bzw. von Mikro- und Makrosoziologie in den neueren Untersuchungen auf. Im letzten Teil ihres Beitrags erläutern die Autoren die Konzeption des Sammelbandes und geben eine kurze Einführung in die einzelnen Beiträge. (ICI)
'Der vorliegende Beitrag erläutert zunächst die Bedeutsamkeit der Variable 'Beruf' für die empirische Haushalts- und Familienforschung. Dies geschieht vor dem Hintergrund der theoretischen Konzepte der Lebensstilforschung und der Theorie soziokultureller Ungleichheit. Nach einer Erläuterung der Interpretations- und Komparabilitätsproblematik bestehender Berufsklassifikationssysteme wird der Versuch unternommen, entlang der Analysedimension 'kulturelles Kapital' berufsbezogene Angaben aus sich bedeutsam unterscheidenden Klassifikationssystemen für die (international vergleichende) Haushalts- und Familienforschung empirisch nutzbar zu machen. Die Konstruktion und Überprüfung einer Skala berufsgebundenen kulturellen Kapitals erfolgt am Beispiel des Familiensurveys des Deutschen Jugendinstitutes von 1988 und des National Survey of Families and Households des Center for Demography and Ecology an der University of Wisconsin-Madison von 1987/88.' (Autorenreferat)
Although receiving social assistance is a dynamic process, analyses of such processes tend to be static. This is particularly so in Germany where there is no empirical data base for studying processes of poverty and receipt of social assistance, except for the Bremen Longitudinal Social Assistance Sample (LSA). This article draws on the German Socio-Economic Panel (GSOEP) to complement analyses of the dynamics of poverty undertaken by the authors on the basis of the LSA.
"Der Wohlfahrtsstaat erzeugt nicht nur Wohlfahrt. Er löst nicht nur Probleme, sondern schafft sie auch selbst. Der Aufsatz stellt zunächst allgemein das Problem unintendierter und nicht wohlfahrtsbezogener Folgen des Wohlfahrtsstaats anhand einschlägiger Beiträge aus verschiedenen Theorietraditionen dar. Es zeigt sich, daß diese Fragestellung nur bei Unterscheidung mehrerer sozialer Ebenen wohlfahrtsstaatlicher Folgen und einer Theorie sozialen Wandels bzw. Dynamik angemessen behandelt werden kann. In einem zweiten Schritt wird die Fragestellung auf die Erzeugung sozialer Problemlagen durch wohlfahrtsstaatliche Institutionen verengt. Anhand theoretischer Ansätze aus der Theorie sozialer Probleme und anderer einschlägiger Forschungsrichtungen werden institutionelle Bedingungen, Formen und Folgen der Problemerzeugung durch öffentliche Instanzen beschrieben. Als besonders geeignet erweist sich der Begriff individueller Problem-'Karrieren', verstanden als Handlungsprozesse im Schnittfeld von Individuum und Institution. Ergebnisse der US-amerikanischen Forschung zur Frage institutionell erzeugter Abhängigkeit von staatlicher Fremdversorgung werden einbezogen. In einem dritten Schritt wird anhand einer Analyse der Bremer Längsschnitt-Stichprobe von Sozialhilfe-Akten (LSA) der Frage wohlfahrtsstaatlich produzierter 'Sozialhilfekarrieren' nachgegangen. Eine Anwendung elaborierter, für die Bundesrepublik bisher nicht verfügbarer Verlaufsanalysen (Multi-Episoden-Modelle) sowie deskriptiver Analysen erzeugt. Dabei lassen sich verschiedene Typen wohlfahrtsstaatlich erzeugter Armut identifizieren, die auf eine differentielle Benachteiligungsstruktur verweisen." (Autorenreferat)