Der Europäische Gerichtshof: ein europäisches "Verfassungsgericht"?
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 52/53, S. 22-30
ISSN: 2194-3621
"Die europäische Rechtsordnung hat sich weitgehend von ihrer 'völkerrechtlichen' Grundlage gelöst und versucht, die Rechtsverhältnisse der Mitgliedstaaten und weite Bereiche der nationalen Rechtsordnungen umzugestalten und diese ihren 'eigenständigen' normativen Beschränkungen zu unterwerfen. Zentraler Akteur im Prozess der Konstitutionalisierung der europäischen Gründungsverträge ist der Europäische Gerichtshof (EuGH), der im Verlauf seiner Rechtsprechungstätigkeit unter der Selbstbeschreibung als 'umfassende Rechtsschutzinstanz' zum 'Hüter und Förderer der Integration' avancierte. Die Qualifizierung des Gerichtshofs als Quasi-Verfassungsgerichtsbarkeit ergibt sich sowohl aus seiner spezifischen Qualität und Stellung im institutionellen 'Mehrebenensystem' als auch aus den Rechtsprechungsergebnissen, die nach Art und Umfang maßgeblich traditioneller innerstaatlicher Verwaltungs- und Verfassungsrechtsprechung entsprechen." (Autorenreferat)