In seinem Essay zum Authentitätsgebot im Big Brother geht der Autor zunächst der historischen Entwicklung der Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit nach. In seinem historischen Rückblick bezieht er sich auf medienhistorische Literatur und insbesondere auf die 1983 erschienene Studie "Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität" des amerikanischen Kulturkritikers R. Sennet. In einem zweiten historischen Exkurs faßt der Autor die Entwicklung der gesellschaftlichen Bedeutung von Authentizität und Aufrichtigkeit als Modi der Selbstdarstellung. Von Typisierungen, ohne die eine Selbstdarstellung nicht möglich ist, werden die Theatralisierungen unterschieden, die sich gleichzeitig an zwei Adressaten richten, den Menschen gegenüber und das Publikum. Betrachtet man die angeforderten Authentizitätsdarstellungen der Container-Bewohner in Big Brother, werden die medial verbreiteten Masken der Authentizität offensichtlich. Wie der von Sennet beschriebene "Public Man" in den wachsenden Großstädten im 18. Jh. durch Masken und Zeichen des Theaters seine Identität den Fremden gegenüber bekundete, sind die Container-Bewohner hinter medialen Masken verborgen. Die Masken ermöglichen ihnen das öffentliche Sprechen über Emotionen, ohne daß das Innerste preisgegeben wird. Von der Tyrannei der Intimität schützen die Masken. (PT)
In this article, we retrace how sustainability in our study has been communicatively constructed and how it emerged as a dynamic, but also a relatively stable, social fiction. Also, we contribute to methodological reflections on the practical relevance of the (social) imaginary for action. We rely on an empirical study that explores social science-based conversations between and among individuals who talk about the sustainability of their everyday lives. Within daily life people act sustainably to a limited extent, in conflict to the universal claim of sustainability and its normative validity. The respondents see themselves confronted with this well-known dilemma. With the aid of the documentary method, and drawing on our empirical data, we elaborate on the communicative strategies used to meet the difficult combination of sustainability's demands. We focus on patterns of justification, normative-imaginary thought experiments, and rhetorical distancing from the need for action of the present via conjunctive constructions that lean on desirable or undesirable, dystopic or utopic, alternative scenarios. Theoretically, we rely on communicative constructivism and ISER's (1991) literary-anthropological concept of feigning, applying it to the sociology of knowledge. Talk about sustainability serves as an example of how social fictions with a universal claim to validity are communicatively constructed.
In this article, we reflect on the methodology of a digital storytelling workshop held in May 2016, gathering activists and academics across four generations to share and record their activist histories. Drawing on observational notes and participant feedback, we investigate whether and how the workshop challenged knowledge-production conventions, ageist assumptions, and intergenerational scripts. We offer the concept of a feminist intergenerational mic, arguing that the norm-challenging possibilities of this methodology lay not in providing access to a mic, but rather in particular, routinized, feminist and intergenerational practices. Through this article, we contribute to conversations about feminist methodologies, power and vulnerability in research, participatory media creation, and aging studies.
Als Verfahren zur Erweiterung von Erkenntnismöglichkeiten beruht die Perspektiventriangulation auf einer systematischen Kombination von Forschungsansätzen mit unterschiedlicher Aussagekraft. Damit erweist sie sich als interessant für interdisziplinäre Forschungszusammenarbeit, die gerade auf dem Gebiet der Interkulturellen Kommunikation bislang noch ein Desiderat darstellt. Der vorliegende Beitrag legt anhand der Verfahren und Ergebnisse einer interdisziplinären Evaluationsstudie dar, wie sich das Prinzip der Perspektiventriangulation forschungspraktisch umsetzen lässt. Als Beispiel dient die zur Evaluation eines interkulturellen Trainings eingesetzte Kombination der linguistischen Gesprächsanalyse und der qualitativen Inhaltsanalyse. So wird zum einen aufgezeigt, welche Erkenntnismöglichkeiten die Untersuchung von Trainingsaufzeichnungen und die Analyse von retrospektiv erhobenen Interviewdaten bieten. Zum anderen wird erläutert, wie sich die Ergebnisse zusammenführen lassen und damit einen besonders umfassenden Einblick in den Wirkungszusammenhang interkultureller Trainings ermöglichen.
"Die vorliegende Arbeit stellt einen Fragebogen zur Erfassung interkultureller Kompetenz in Kindheit und Jugendalter vor. Die zentralen Dimensionen Kontakthäufigkeit mit anderskulturellen Peers, die Adaptivität des Kontaktverhaltens, die Offenheit für interkulturelle Kontakte sowie der interkulturelle Wissenstransfer werden zeitökonomisch und altersangemessen erfasst. Die Faktorenstruktur sowie die psychometrischen Eigenschaften des Fragebogens wird anhand einer Primar- (n=546) und einer Sekundarschulstichprobe (n=976) überprüft. In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse erweist sich die Vier-Faktorenstruktur in beiden Stichproben als optimal. Die Reliabilitäten und Trennschärfen zeigen ebenfalls eine psychometrisch gute Erfassung interkultureller Kompetenz an." (Autorenreferat)
Einleitung: Demografische Veränderungen führen in Deutschland einerseits zu einer Verknappung der Personalressourcen, andererseits hat die Entwicklung hin zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft eine steigende Nachfrage an Wissensarbeitern zur Folge. Darüber hinaus bewirkt der Wertewandel der Gesellschaft, dass talentierte Mitarbeiter zunehmend selbstbewusster sind. Dadurch steigt der Handlungsbedarf seitens der Unternehmen. Besonders in den letzten Jahren werden zahlreiche Praxisbeispiele von Unternehmen und Studien von Beratungsunternehmen veröffentlicht, die angesichts dieser in Teilbereichen des Arbeitsmarktes angespannten Situation als Lösungsweg Talent-Management vorschlagen. Talent-Management ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus des Human Resources Managements gerückt. Je nach Veröffentlichung und Praxisbezug ist jedoch ein unterschiedliches Verständnis der Begrifflichkeiten Talent und Talent-Management zu finden. Das relativ junge Thema gilt in Forschung und Praxis als ausschlaggebend für die erfolgreiche Positionierung von Unternehmen im Wettbewerb um die besten Köpfe. Im Fokus stehen insbesondere jetzige und zukünftige Inhaber von Schlüsselfunktionen. Studien belegen, dass erfolgreiche Talent-Management-Systeme die Erreichung der Unternehmensziele sichern und die Profitabilität der Unternehmen steigern. Sie decken allerdings auch umfangreichen Handlungsbedarf auf, wie ein im Mai 2010 in der Fachzeitschrift Personal veröffentlichter Artikel zeigt: 'Die [Mercer-]Studie gibt Hinweise, dass der Begriff Talent Management im deutschsprachigen Raum noch nicht eindeutig definiert ist. Zwar setzt das Gros der befragten Unternehmen den Begriff mit der Identifikation von Leistungs- und Potenzialträgern (95 Prozent), mit Personalentwicklung (85 Prozent) und Nachfolgeplanung (75 Prozent) gleich. Einige Unternehmen verstehen unter Talent Management jedoch weit mehr – etwa internes und externes Recruiting, Personalmarketing oder Mitarbeiterbindung. Insgesamt zeigt sich, dass die einzelnen Maßnahmen zu selten aufeinander abgestimmt und auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind.' Ein Talent-Management-System hingegen, das auf die Ressource Talent zugeschnitten ist und die Kernbereiche Gewinnung, Identifikation, Entwicklung, Einsatz und Bindung ganzheitlich umfasst, trägt zur Leistungsfähigkeit und damit zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bei. Für die Funktionsfähigkeit eines Talent-Management-Systems ist es also wichtig, dass es '… auf die Unternehmensfaktoren wie Unternehmensgröße, -branche, -markt und -strategie zugeschnitten [wird] …' Ein für alle Unternehmen unverändert anwendbares Talent-Management-System kann es also nicht geben. Die beim Aufbau eines Talent-Management-Systems relevanten Aspekte lassen sich jedoch beschreiben und sie können aufzeigen, worauf es beim Aufbau eines modernen Talent-Management-Systems ankommt. Eine entwickelte Handlungshilfe und Checkliste dienen der Orientierung für die Unternehmen. Der Fokus dieser Fachstudie gilt klein- und mittelständischen Unternehmen, die sich neu mit dem Thema Talent-Management auseinandersetzen wollen und den Aufbau eines modernen Talent-Management-Systems anstreben. Die wesentlichen Begrifflichkeiten sollen geklärt werden, um dann einen Überblick über den aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft und Erfahrungen in der Praxis zu geben. Anschließend sollen daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet und in Form einer Checkliste die Planung beim Aufbau eines Talent-Management-Systems unterstützt werden. Die folgenden Fragestellungen gilt es zu klären: Was ist unter Talent, Talent-Management und Talent-Management-System zu verstehen und wie kann ein Unternehmen seine eigene Talentdefinition ableiten? Wieso ist Talent-Management ein aktuelles Thema und wird zukünftig für jedes Unternehmen immer relevanter? Welche Voraussetzungen sind für den Aufbau eines Talent-Management-Systems zu beachten? Welche Komponenten umfasst ein Talent-Management-System und welche HR-Instrumente können eingesetzt werden? Worauf sollte beim Aufbau eines modernen Talent-Management-Systems geachtet werden? Auf welche Art und Weise diese Zielsetzung erreicht werden soll, erläutert das folgende Kapitel. Nach diesem einleitenden ersten Kapitel klärt Kapitel zwei zunächst die Begriffe Talent, Talent-Management und Talent-Management-System. Es nennt die Gründe für die unterschiedlichen Begriffsbestimmungen und stellt die Elemente für eine Talentdefinition vor. Das dritte Kapitel beschreibt dann die verschiedenen Gründe für die zunehmende Relevanz von Talent-Management und nimmt Bezug auf die aktuellen Bedürfnisse der Talente sowie die ökonomische Bedeutung erfolgreicher Talent-Management-Systeme. Insbesondere wird auf die Wirksamkeit von HR-Instrumenten eingegangen. Kapitel vier beschäftigt sich mit den erfolgskritischen Voraussetzungen für den Aufbau eines Talent-Management-Systems. Das fünfte Kapitel gibt einen Einblick in die Komponenten eines Talent-Management-Systems und stellt eine Auswahl praxisrelevanter Methoden und Instrumente im Talent-Management vor. Das sechste Kapitel umfasst eine Handlungshilfe mit einer Checkliste, die die gewonnenen Erkenntnisse enthält und Orientierung beim Aufbau eines Talent-Management-Systems bietet. Das Fazit im siebten Kapitel schließt die vorliegende Studie mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung zum Thema ab. Fachbegriffe, die nur für bestimmte Textpassagen bedeutsam sind, werden im Glossar erläutert, um den Textfluss nicht zu unterbrechen. Eine Beschreibung der Vor- und Nachteile einer Softwarelösung für die Umsetzung eines Talent-Management-Systems würde den Rahmen dieser Studie sprengen. Auf sie wird an dieser Stelle deshalb bewusst verzichtet. Ebenso wird nicht auf die Entwicklung eines strategischen Talent-Management-Kennzahlensystems eingegangen, denn die Auswahl der Key-Performance-Indikatoren ist abhängig von der speziellen Situation eines Unternehmens. Aktuelle Diskussionen zum Talent-Management werden in dieser Fachstudie aufgearbeitet. Um die Praxisrelevanz zu gewährleisten, fließen Beispiele von Unternehmen mit ein sowie ein Interview mit einer Talent-Management-Expertin. Die Erkenntnisse aus diesem persönlich geführten Gespräch sind an entsprechender Stelle in den Text eingebunden.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: DanksagungI AbkürzungsverzeichnisV AbbildungsverzeichnisVI TabellenverzeichnisVII 1.Einleitung1 1.1Problemstellung1 1.2Ziel2 1.3Vorgehensweise3 2.Begriffserklärungen4 2.1Definition Talent4 2.2Definition Talent-Management6 2.3Definition Talent-Management-System9 3.Gründe für die zunehmende Relevanz von Talent-Management9 3.1Auswirkungen der demografischen Entwicklung und der Globalisierungsdynamik9 3.2Erwartungen von Talenten an ihre Arbeitgeber14 3.3Ökonomische Bedeutung von Talent-Management-Systemen16 4.Voraussetzungen für den Erfolg eines Talent-Management-Systems19 4.1Business-Kontext19 4.1.1Richtungsweisende Unternehmensstrategie20 4.1.2Verankerung in der Unternehmenskultur21 4.1.3Auswirkungen von Organisationsstruktur und Prozessen23 4.2Klärung der Rollen und Verantwortlichkeiten25 4.2.1Top-Management bzw. Unternehmensleitung26 4.2.2Personalmanagement27 4.2.3Führungskraft bzw. Linienmanager28 4.2.4Talent30 5.Komponenten eines Talent-Management-Systems31 5.1Bedeutung eines Kompetenzmodells im Talent-Management32 5.1.1Definition Kompetenz und Kompetenz-Management32 5.1.2Abgrenzung Talent-Management-System gegenüber Kompetenz-Management-System35 5.1.3Grundlagen für den Aufbau eines Kompetenzmodells36 5.2Fünf Kernbereiche des Talent-Managements38 5.2.1Gewinnung von Talenten39 5.2.1.1Employer Branding41 5.2.1.2Talent Relationship Management47 5.2.2Identifikation von Talenten51 5.2.2.1Mitarbeitergespräch52 5.2.2.2Portfoliokonferenz54 5.2.2.3Potenzial-Assessment und Management-Audits55 5.2.2.4Gängigste Instrumente zur Identifizierung externer Mitarbeiter57 5.2.3Entwicklung von Talenten57 5.2.3.1Entwicklungsplanung58 5.2.3.2Entwicklungsprogramme58 5.2.3.3Coaching und Mentoring61 5.2.4Einsatz und Bindung von Talenten63 5.2.4.1Nachfolgemanagement63 5.2.4.2Karrierepfade66 6.Handlungshilfe zum Aufbau eines Talent-Management-Systems70 7.Fazit79 Literatur- und Quellenverzeichnis81 Glossar94 Anhang 1: Schierz, H. (2010c), Präsentationsunterlagen 'Talentwirtschaft'100 Anhang 2: Schierz, H. (2010b), Präsentationsunterlage 'Potenzial'107Textprobe:Textprobe: Kapitel 5, Komponenten eines Talent-Management-Systems: Nachdem die Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Aufbau eines modernen Talent-Management-Systems geklärt wurden, sind die Komponenten eines Talent-Management-Systems festzulegen. Es werden die Rolle des Kompetenzmodells sowie die Kernbereiche eines Talent-Management-Systems vorgestellt. Daran anschließend wird eine Auswahl praxisrelevanter Methoden und Instrumente erläutert, mit deren Hilfe ein solches System gestaltet werden kann. 5.1, Bedeutung eines Kompetenzmodells im Talent-Management: Hervorragende Qualifikationen von Mitarbeitern reichen im modernen Arbeits- und Wirtschaftsleben nicht mehr aus. Das liegt daran, dass Qualifikationen nichts darüber aussagen, wie Menschen in komplexen oder problematischen Situationen selbst organisiert handeln können. Interkulturelle Kompetenzen, Lernfähigkeit und eine hohe Anpassungsfähigkeit sind inzwischen Standarderwartungen in den Unternehmen. Der verstärkte Wettbewerbs- und Kostendruck sowie der erwartete Mangel an hoch kompetenten Mitarbeitern lässt das Interesse der Unternehmen an Mitarbeiterkompetenzen steigen. Kompetenzen bzw. Kompetenzmodelle haben inzwischen einen großen Stellenwert im Rahmen eines Talent-Management-Systems erlangt. Im folgenden Kapitel wird zunächst vorgestellt, was unter Kompetenz und Kompetenz-Management zu verstehen ist. Da die Systeme Talent-Management und Kompetenz-Management nah beieinanderliegen, folgt eine Abgrenzung nach Heyse und Ortmann. Unterschiede werden an Beispielen aufgezeigt. Im weiteren Verlauf wird der grundsätzliche Aufbau eines Kompetenzmodells nach Steinweg vorgestellt. 5.1.1, Definition Kompetenz und Kompetenz-Management: Der Ursprung des Wortes Kompetenz ist das lateinische Wort 'competentia' und bedeutet, zu etwas geeignet, fähig oder befugt zu sein. In der Literatur herrscht kein Einvernehmen darüber, was unter Kompetenz zu verstehen ist. Die Bandbreite der Definitionsansätze ist groß und differiert je nach fachlicher Perspektive. Die Organisationsforschung versteht unter Kompetenz die Erlaubnis, also das 'Dürfen', während das Personalmanagement mit Kompetenz die Fähigkeit, das 'Können', meint. In der Psychologie wird unter Kompetenz die Entwicklung grundlegender Fähigkeiten verstanden und die Kommunikationswissenschaft betrachtet Kompetenz als die Fähigkeit zu sprechen und zu hören. Der Begriff Kompetenz wird vielfach mit Begrifflichkeiten wie Qualifikation, Fähigkeiten, Wissen, Kenntnisse oder Talent zusammengeworfen. Kompetenzen können nach Heyse und Erpenbeck in fachlich-methodische Kompetenzen, personale Kompetenzen, sozial-kommunikative Kompetenzen und Aktivitäts- und Umsetzungskompetenzen unterschieden werden. Diese sogenannten Basiskompetenzen werden von den Kompetenzforschern weitgehend akzeptiert. Sie sind nicht direkt überprüfbar, sondern aus der Handlungsausführung erschließbar und dann bewertbar. Kompetenzen benötigen Wissen und die Selbstorganisationsfähigkeit der konkreten Persönlichkeit. Schnurer und Mandl verstehen unter Kompetenzen lernbare, zielgerichtete komplexe Handlungen und stellen heraus, dass sie kein angeborenes Bündel von Fähigkeiten und Anlagen sind. Probst et al. hingegen verstehen unter Kompetenz einen übergeordneten Begriff von Wissen, das die Handlungs- und Problemlösungsfähigkeiten eines Menschen und damit die Fähigkeit im Umgang mit Wissen beschreibt. Kompetenz wird definiert als erlernbar und damit lehr- und förderbar. Sie ist eine notwendige Vorbedingung für Handlungen. Kompetenzen sind keine allein stehenden oder generellen Fähigkeiten, sondern ein komplexes Bündel unterschiedlicher Aspekte, die zusammenspielen müssen. Es ist jedoch anzumerken, dass Kompetenz keine hinreichende Bedingung für kompetentes Handeln darstellt. Die Handlungsausführung ist nicht dadurch gewährleistet, dass ein Mitarbeiter über Kompetenz verfügt. Für kompetentes Handeln müssen volitionale und motivationale Voraussetzungen berücksichtigt werden. Ähnlich wie beim Kompetenzbegriff existieren unterschiedliche Sichtweisen zum Kompetenz-Management, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung. Die Modelle befassen sich mit Themen wie dem individuellen und organisationalen Lernen sowie der Nutzung und dem Transfer von Mitarbeiterkompetenzen. Ebenso wird auf die organisatorische Ebene hinsichtlich des Ausbaus und des Erhalts unternehmerischer Kernkompetenzen fokussiert. Traditionell wird Kompetenz-Management aus Sicht der Kognitionswissenschaft betrachtet, insbesondere aus der Sicht der Soziologie und Psychologie. Die Anwendungsmodelle konzentrieren sich häufig auf die Entwicklung von Kompetenzklassifikationen und die Beschreibung individueller und kollektiver Kompetenzarten sowie die Regulierung von Lernprozessen. Kompetenz-Management ist allerdings auch eine Disziplin der Organisationswissenschaft, der strategischen Unternehmensführung und der Betriebswirtschaftslehre. Diese Modelle beantworten vorwiegend Fragen zum strategischen Aufbau und zur Aggregation von Kompetenzen. Die Herausforderung für die Praxis besteht in der Entwicklung einer integrierten Sicht. In der Unternehmenspraxis dient ein Kompetenz-Management der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Kompetenzstrategien sollten deshalb in Anlehnung an die Unternehmensstrategie entwickelt werden und deren integraler Bestandteil sein. Zu den wesentlichen Aufgaben eines Kompetenz-Managements gehören: die Ermittlung des zukünftigen Bedarfs an Mitarbeiterkompetenzen, abgeleitet aus den Unternehmenszielen; außerdem die Analyse der vorhandenen Kompetenzen der Mitarbeiter im Unternehmen, die Bewertung der Ergebnisse durch einen Soll- und Ist-Kompetenzabgleich sowie der Ausgleich der Kompetenzdefizite. In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Kompetenzmodellen, in denen strategisch relevante Einzelkompetenzen unterschieden werden. Jedes Unternehmen sollte individuell festlegen, welche Kompetenzen erforderlich sind. In der Praxis werden Kompetenzfamilien häufig in Anlehnung an die verschiedenen Stellen- und Funktionsgruppen definiert. Für die jeweiligen Kategorien werden Kompetenzanforderungen und -ausprägungen festgelegt, um eine einheitliche Sprache im Unternehmen sicherzustellen. Auf dieser Basis ist ein Soll-/Ist-Vergleich der Kompetenzen möglich. Bei Abweichungen können Entwicklungsmaßnahmen für bestimmte Zielgruppen abgeleitet werden. Die Umsetzung der Maßnahmen entsprechend den gewählten Zielsetzungen und die Kompetenzentwicklungsfortschritte sind durch die Arbeitsergebnisse bzw. Performanz der Mitarbeiter/Talente nachweisbar und wirken sich auf die Unternehmensergebnisse aus. Die Grundlage dafür schafft ein an der Unternehmensstrategie orientiertes Kompetenz-Management, das die Prozesse von der Personalbeschaffung bis hin zur Mitarbeiterentwicklung einbezieht. Das bedeutet, dass auch die Anforderungsprofile, Stellenbeschreibungen, Einarbeitungspläne, Beurteilungssysteme etc. die Formulierungen des Kompetenzmodells verwenden. Die Gestaltung eines Kompetenz-Managements muss bei einem Produktionsunternehmen aufgrund unterschiedlicher Prozesse und technischer Infrastrukturen anders gestaltet werden als in einem Beratungsunternehmen. Die unternehmensspezifischen Voraussetzungen müssen beim Aufbau eines Kompetenz-Management-Systems Beachtung finden.
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Alena Strohmaier prüft und novelliert in ihrer Dissertationsschrift den Begriff "Diasporafilm" aus einer raum- und kulturtheoretischen Perspektive. Am Beispiel zeitgenössischer iranischer Diasporafilme fragt sie, welche Bedeutung das Konzept Diaspora angesichts globaler gesellschaftlicher und medialer Transformationsprozesse heute habe. Sie leistet damit einen Beitrag zur transnationalen Film- und Medienwissenschaft. Bislang federführend im angelsächsischen Raum diskutiert, gewinnen diese transnational studies zunehmend auch im deutschsprachigen Raum an Sichtbarkeit (vgl. Ritzer 2018; vgl. Christen/Rothemund 2019). Strohmaier zeigt in ihrer Arbeit wechselseitige gesellschaftliche und filmische Wandlungsprozesse am Beispiel der iranischen Diaspora auf und erprobt ihre Idee von diasporafilmischen Räumen schließlich filmanalytisch. Unter diasporafilmischen Räumen versteht sie "filmische Räume, in denen Diasporakultur verstärkt, quasi wie durch ein Vergrößerungsglas, verhandelt wird" (S. 108). In ihrem zweiten Kapitel "Diaspora/Film im Wandel" verschränkt Strohmaier den Forschungsstand zur Diasporatheorie dafür mit topografischen Ansätzen. Sie zeichnet Verbindungslinien zu einigen verwandten Filmtheorien, beispielsweise zu "nationale[n] (exilic cinema; migrant cinema), sozio-politische[n] (third cinema; third world cinema), ökonomische[n] (world cinema), transnationale[n] (transnational cinema; cinema of transvergence) oder ästhetisch-stilistische[n] (accented cinema; intercultural/haptic cinema)" (S. 48, Herv. i. O.) Perspektiven. Den Diasporafilm mit einer der bereits etablierten Theorien vollständig zu fassen, scheitert jedoch – laut der Autorin – entweder an Unter- oder Überkomplexität. So kritisiert sie etwa das eindimensionale Medienverständnis des diasporischen accented cinema (vgl. Naficy 2011), demnach Film eine vermittelnde Funktion habe dafür, dass es in der binäroppositionellen Konstruktion von Herkunfts- und Heimatland verhaftet bleibe (vgl. S. 55). Als Medienästhetikerin ist es Strohmaier nämlich wichtig, Film nicht nur als Repräsentationsform, sondern auch als Reflexionsmöglichkeit zu verstehen: Film lasse uns über Seinsweisen nachdenken und bringe selbst neue – antiessentialistische – Arten des Seins hervor.Deshalb umreiße aus ihrer Perspektive auch das polyzentrische Konzept des "cinema of the world" (Nagib 2006, S. 31) das Diasporakino nur teilweise (vgl. S. 57): Am Beispiel von Deborah Shaws fünfzehnteiliger Liste von Analysemöglichkeiten (vgl. Shaw 2013, S. 52), die von Produktionsmodi bis hin zu ethischen Fragestellungen reichen, kritisiert Strohmaier dessen Überkomplexität und mithin die fehlende Spezifik des Begriffs transnational cinema. Sie merkt zudem an, dass sich der Terminus vor allem für die Untersuchung von Produktions-, Rezeptions- und Distributionsmechanismen durchgesetzt habe und Differenzen zwischen nationalen und transnationalen Bereichen häufig überspiele (vgl. S. 55). Als produktiver erachtet sie daher Will Higbees Verständnis eines cinema of transvergence (vgl. Higbee 2007), das kulturelle Differenz nicht glattbügle, sondern betone. Durch den zelebrierten Zwischenraum, der sich in Higbees Ansatz abzeichnet, gelangt Strohmaier schließlich zu einem für ihren eigenen Ansatz produktiven Diasporaverständnis, das sich als Raum zwischen Nationen, Kulturen oder transnationalen Bewegungen denken lässt.Dabei versteht die Autorin Raum nicht als einen gesetzten geografischen Ort, sondern ein bewegliches Konstrukt, das sich im reziproken Austausch mit sozialen, kulturellen oder medialen Entwicklungen stetig verändere. Film betrachtet Strohmaier darin "als Verhältnis, Beziehung oder auch Verbindung zwischen Kulturen" (S. 59) und schreibt diesem eine räumliche Logik zu, wie sie spätestens seit dem spatial turn an Bedeutung gewonnen hat. Im Rekurs auf Brigitte Hipfls (2004) Konzept des Zwischenraums entwirft Strohmaiers Arbeit eine diasporafilmische Topografie, in der sich eine besondere Verbindung zwischen filmischen und nicht-filmischen Welten abzeichne. Die Art und Weise, wie Medien in der Diaspora genutzt würden, brächte demnach neue, symbolische Räume hervor, in denen sich Diaspora selbst verhandle und (neu) figuriere. Im Anschluss an die Filmphilosophin Laura Frahm betont Strohmaier so die unbegrenzten Anschlüsse und Reihenfolgen sowie mitunter paradoxe Raummodelle, die sich aus dem Ineinanderfallen von filmischen und materiellen Raum ergeben, wodurch filmischen Räumen das Potenzial zur Veränderung stets inhärent sei (vgl. Frahm 2021, S. 272). Strohmaier behauptet nun in ihrer Publikation, diese filmeigene Raumlogik lasse sich in zeitgenössischen iranischen Diasporafilmen verstärkt vorfinden, wodurch unter dem Begriff Diasporafilm vor allem Produktionen gefasst werden könnten, die eine erhöhte Raum- und Mediensensibilität aufwiesen (vgl. S. 62). Bevor sich Strohmaier dem Close Reading der Filme zuwendet, um ihre These der erhöhten Raum- und Mediensensibilität zu prüfen, vollzieht sie im dritten Kapitel mit dem Titel "Verortung der iranischen Diaspora" ein Cross Reading zwischen Kultur- und Medienwissenschaft sowie den Postcolonial Studies, das die Parallelen zwischen den Disziplinen besonders eindrücklich zum Vorschein bringt. Im Rekurs auf Meilensteine dieser Ansätze veranschaulicht Strohmaier etwa mit Edward Saids Orientalism (1979) die Konstruiertheit von "kulturgeographischen Entitäten, wie auch Diaspora eine ist" (S. 74), die meist auf stereotypen Zuschreibungen basiere. Als dynamisches und transformatives Gegenbeispiel zum stereotypen Kulturbegriff nennt Strohmaier außerdem Arjun Appadurais Vorstellung von global scapes als mediascapes. Auch Homi K. Bhabas Idee des "dritten Raums" (2004), den dieser als eigenständigen Zwischenraum versteht, in dem kulturelle Differenz nicht aufgelöst, sondern produktiv gewendet werde, scheint hier auf. Um Diaspora als eigenständige Form kultureller Identität greifen zu können, folgt Strohmaier mithin Stuart Hall (1990), der kulturelle Identität nicht als gegeben und abgeschlossen, sondern als Prozess versteht. Ein diasporisches Selbstbewusstsein manifestiere sich noch "stärker entlang von Differenzen, Brüchen und Diskontinuitäten" (S. 86). Die Idee von Diaspora als Medienraum erprobt die Autorin im Kapitel vier, "Neue diasporafilmische Räume", dann an sechs Spiel- beziehungsweise Dokumentarfilmen, die in Europa und Nordamerika entstanden und situiert sind. Sie arbeitet drei zentrale Raumkonzepte heraus: Zwischenräume, kosmopolitische und rebellische Räume. Mit Women without Men (2009) und A Girl Walks Home Alone At Night (2014) widmet sie sich den Zwischenräumen über das Motiv des Gartens respektive der fiktiven Stadt Shahr-i bad. Der Garten fungiere als feministischer, dritter und filmisch-somatischer Raum und damit auch als Schnittstelle zwischen Sozial- und Medienkritik. Shahr-i bad erweise sich als filmisch-hybrider Raum, in dem kulturelle und generische Zuschreibungen kollabieren. In diesen Zwischenräumen drücke sich einerseits die Herausforderung kultureller Verortung aus, andererseits würden diese gerade deshalb filmische Wandlungsprozesse anstoßen. Um Fragen der Gemeinschaft geht es in der Besprechung kosmopolitischer Räume. Mit Walls of Sand (2001) sowie Persepolis (2007) entdeckt Strohmaier eine cosmopolitan attitude nach den Soziolog*innen Steffen Mau, Jan Mewes und Anne Zimmermann (2008). Als kosmofeministischer Raum sei Walls of Sand etwa als Aushandlungsort geteilter Erfahrungen der Protagonistinnen zu verstehen und mit Avtar Brahs diaspora space (1996) als Ort, der beispielsweise aufgrund ihrer Geschlechtsidentität marginalisierte Gruppen einschließt. Im Animationsfilm Persepolis hingegen werde, entsprechend des Konzepts des Pop-Kosmopolitismus nach Henry Jenkins (2006), der filmische Raum durch popkulturelle Elemente wie Musik, Kleidung oder auch Sprache stetig erneuert und durch Gleichzeitigkeit, Verschachtelung und Ambivalenz in Beziehung zu anderen Räumen gesetzt. "Identität wird darin als immer wieder, synchron und diachron, austarierende Beziehung zur Welt, dem Kosmos, gesehen" (S. 224). Weniger dem Kosmos als dem Politischen zugewandt ist Strohmaiers Analyse der rebellischen Räume in den Dokumentarfilmen The Green Wave (2010) und Schwarzkopf (2011). The Green Wave montiert unter anderem Interviewaufnahmen und Amateurvideos, die im Zuge der Grünen Revolution in Iran 2009 auf Straßenprotesten entstanden sind, hinzu kommen Motion Comics (eine Mischung aus Zeichnung und Animation), mit denen Textpassagen einzelner Blogeinträge und Tweets visualisiert und von Schauspieler*innen eingesprochen werden. Gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen des Irans würden hier zur filmischen Auseinandersetzung über Staats- und Mediengrenzen hinaus und brächten Solidarisierung und Handlungsmöglichkeiten als mediale Praktiken hervor. Um Handlungsmöglichkeiten geht es Strohmaier auch in ihrer Analyse von Schwarzkopf. Das in diesem Film im Mittelpunkt stehende Tonstudio, in dem drei Generationen männlicher Rapper mit prekären sozialen Hintergründen ihre Stimme erheben, sei als rebellischer Raum konzipiert, indem Herkunft und gesellschaftliche Teilhabe entkoppelt wären und so ein post-migrantischer Raum entstehe. Mit Schwarzkopf leitet Strohmaier zugleich in ihr Fazit ein, in dem sie die Aktualität des Begriffs Diasporafilm abschließend prüft. Folge man Michel Laguerre (2017), so stünde Diaspora für gesellschaftliche Ausgrenzung und Marginalisierung, während Postdiaspora deren Überwindung ausdrücke (vgl. S. 237). Strohmaier kommt daher zu dem Schluss: Wenn nun also die in dieser Arbeit analysierten diasporafilmischen Räume als Weiter-entwicklung bereits bestehender filmischer Räume zu sehen sind, die zunehmend kulturelle und filmische Zuschreibungen verunmöglichen, dann kann möglicherweise von Postdiaspora-Film gesprochen werden […]. (S. 238) Damit öffnet Strohmaier zugleich die Tür für zukünftige Auseinandersetzungen mit dem Postdiaspora-Film. Die Lektüre der Dissertationsschrift empfiehlt sich jedoch nicht nur Diasporaforschenden, sie vermittelt darüber hinaus Grundlagen und Dringlichkeit einer dekolonialen Filmwissenschaft, wie sie beispielsweise bereits im Sammelband De-Westernizing Film Studies von Saër Maty Bâ und Will Higbee (2012) gefordert wird. Literatur: Appadurai, Arjun: Modernity at Large: Cultural Dimensions of Globalization. Minneapolis/London: University of Minnesota Press 1996. Bâ, Saër/Higbee, Will (Hg.): De-Westernizing Film Studies. Abdingdon: Routledge 2012. Bhabha, Homi K.: The Location of Culture [1994]. London: Routledge 2004. Brah, Avtar: Cartographies of Diaspora: Contesting Identities. London/New York: Routledge 1996. Christen, Matthias/Rothemund, Kathrin (Hg.): Cosmopolitan Cinema. Kunst und Politik in der zweiten Moderne. Marburg: Schüren 2019. Frahm, Laura: "Logiken der Transformation: Zum Raumwissen des Films". In: Raum Wissen Medien. Zur raumtheoretischen Reformulierung des Medienbegriffs. Hg. v. Dorit Müller/Sebastian Scholz. Bielefeld: transcript 2012, S. 271–302. Hall, Stuart: "Cultural Identity and Diaspora". In: Identity: Community, Culture, Difference. Hg. v. Jonathan Rutherford. London: Lawrence & Wishart 1990, S. 222–237. http://www.gurunanakcollegeasc.in/userfiles/Stuart%20Hall%20Identity.pdf, abgerufen am 20.04.2021. Higbee, Will: "Beyond the (trans)national: towards a cinema of transvergence in postcolonial and diasporic francophone cinema(s)". In: Studies in French Cinema 7/2, 2007, S. 79-91. Hipfl, Brigitte: "Mediale Identitätsräume: Skizzen zu einem 'spatial turn' in der Medien- und Kommunikationswissenschaft". In: Identitätsräume. Nation, Körper und Geschlecht in den Medien. Eine Topografie. Hg. v. Brigitte Hipfl/Elisabeth Klaus/Uta Scheer. Bielefeld: transcript 2004, S. 16-50. Jenkins, Henry: "Pop Cosmopolitanism: Mapping Cultural Flows in an Age of Media Convergence". In: Fans, Bloggers, and Gamers: Exploring Participatory Culture. New York: New York University Press 2006, S. 152–172. Laguerre, Michel S.: The Postdiaspora Condition: Crossborder Social Protection, Transnational Schooling, and Extraterritorial Human Security. London: Palgrave MacMillan 2017. Mau, Steffen/Mewes, Jan/Zimmermann, Ann: "Cosmopolitan Attitudes through Transnational Social Practices?". In: Global Networks 8/1, 2008, S. 1–24. Naficy, Hamid: An Accented Cinema. Exilic and Diasporic Filmmaking. Princeton: Princeton University Press 2001. Nagib, Lúcia: "Towards a Positive Definition of World Cinema". In: Remapping World Cinema: Identity, Culture and Politics in Film. Hg. v. Stephanie Dennison/Song Hwee Lim. London/New York: Wallflower 2006, S. 26–33. Ritzer, Ivo: Medientheorie der Globalisierung. Wiesbaden: Springer Verlag für Sozialwissenschaften 2018. Said, Edward W.: Orientalism. New York: Random House 1979. Shaw, Deborah: "Deconstructing and reconstructing 'transnational cinema'". In: Contemporary Hispanic Cinema. Interrogating the transnational in Spanish and Latin American Film. Hg. v. Stephanie Dennison. Suffolk: Boydell & Brewer 2013, S. 47-66. https://core.ac.uk/download/pdf/29584501.pdf, abgerufen am 19.04.2021.
"So isser, der Ossi" titelte Der Spiegel am 25.8.2019. Nur vier Tage später erschien in der New York Times ein Artikel von Anna Sauerbrey mit dem Titel "30 Years After Reunification, Germany Is Still Two Countries". Hierdurch wird beispielhaft dargestellt, dass im dreißigsten Jahr nach dem Mauerfall deutsche BürgerInnen weiterhin in Ossis und Wessis unterteilt werden und die anscheinend mangelhafte deutsche Einheit internationale Beachtung erfährt. Doch ist Deutschland wirklich noch so gespalten? Zahlreiche Studien zeigen, dass sich der Graben zwischen Ost und West verringert. Beispielsweise nähern sich die Arbeitslosenquoten einander immer weiter an und es herrscht eine positive Grundstimmung im Land. Nach wie vor scheinen sich die beiden Teile jedoch voneinander zu unterscheiden; weiterhin ist die Rede von einer "Mauer in den Köpfen". Bei Wahlumfragen wird herausgestellt, dass Ost- und Westdeutsche ein unterschiedliches Wahlverhalten zeigen und auch die Differenz der Löhne zwischen den neuen und alten Bundesländern ist weiterhin Grundlage der Debatte, wenn es um die Frage der deutschen Einigkeit geht. Die Frage, ob Divergenzen auch medial existieren, ist Grundlage des vorliegenden Forschungsprojekts. Hierbei wird versucht eine Forschungslücke in der Kommunikationswissenschaft zu schließen. Zwar wurden bereits zahlreiche Untersuchungen zur deutschen Medienlandschaft durgeführt, diese fokussieren sich jedoch meist auf die 1990er Jahre oder liegen bereits zehn Jahre oder länger zurück. Ziel ist es die deutsche Presselandschaft auf Konvergenzen und Divergenzen hin zu untersuchen, wobei einerseits betrachtet wird welche Themen behandelt und andererseits, wie diese dargestellt werden. Mit der Annahme der Existenz medialer Teilöffentlichkeiten und strukturgleich abgebildeter heterogener Kommunikationsräume in Deutschland, wurde der Medienraum auf Grundlage des arenatheoretischen Modells der Öffentlichkeit von Tobler (2010) in drei Teilöffentlichkeiten geteilt um festzustellen, wie sehr sich diese thematisch ähneln. So wurde unterschieden zwischen der medialen Teilöffentlichkeit West, bestehend aus Westdeutsche Allgemeine Zeitung, der Rheinischen Post und der Neuen Westfälischen, der medialen Teilöffentlichkeit Ost, bestehend aus der Thüringer Allgemeinen, der Sächsischen Zeitung und der Mitteldeutschen Zeitung und der medialen Teilöffentlichkeit national, aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung. Diese acht Tageszeitungen wurden mittels eines Zwei-Methoden-Designs empirisch untersucht. Zuerst wurde eine quantitative Themenfrequenzanalyse durchgeführt, im Anschluss eine qualitative Analyse von Frames. Durch das Prinzip der künstlichen Woche ist eine Cluster-Stichprobe gezogen worden. Es ergab sich ein Sample von N = 3.934 Artikeln. Die Ergebnisse wurden hypothesengeleitet ausgewertet, nach welchen davon ausgegangen wurde, dass Divergenzen zwischen den medialen Teilöffentlichkeiten messbar sind. Zwischen den drei Medienagenden konnte jedoch eine Themenkonvergenz von 71,9% festgestellt werden. Die Rangkorrelationskoeffizienten der behandelten Themen in den drei Teilöffentlichkeiten bestätigen eine Angleichung: Ost und West rs=.744 (p < .001), National und Ost rs=.603 (p < .001), National und West rs=.658 (p < .001). Es liegt demnach eine sehr ähnliche Themensetzung und Presseberichterstattung zwischen den medialen Teilöffentlichkeiten vor. Auch wurde darauf eingegangen, ob sich die Medienagenda- West der nationalen Medienagenda eher angleicht als Letztere der Medienagenda- Ost. Diese Hypothesen lassen sich nicht bestätigen, da sich die Ränge der Teilöffentlichkeiten West und National zwar eher gleichen, Ost und National sich jedoch in Hinblick auf die Häufigkeiten der behandelten Themen ähnlicher sind. In einer zweiten vertiefenden Inhaltsanalyse wurden exemplarisch ein wirtschaftliches und ein politisches Thema (der Diesel-Skandal und Rechtsextremismus, anhand des NSU-Prozesses und der Ereignisse in Chemnitz) herangezogen und auf Medienframes hin untersucht. Die Ergebnisse der Frame-Analyse weisen darauf hin, dass Aussagen zu Divergenzen und Konvergenzen in der Darstellung nur themenabhängig möglich sind und sich nicht verallgemeinern lassen. So wird deutlich, dass in Bezug auf den Dieselskandal starke Divergenzen zwischen den erhobenen Deutungsmustern zu erkennen sind. Zwischen den Teilöffentlichkeiten liegen hierbei überwiegend unterschiedliche Medienframes vor. Entgegen der Annahmen verhalten sich die Medienframes zwischen nationaler und Ost-Ebene eher konvergent, während die zwischen nationaler und West-Ebene eher divergieren. Im Gegensatz dazu kann, bei den Fallbeispielen zum Rechtsextremismus, von größtenteils konvergent existierenden Medienframes zwischen den Ebenen gesprochen werden. Insgesamt kann eine positive Bilanz zur deutschen Presseberichterstattung gezogen werden. Es können zwar einige Divergenzen zwischen den konvergent verlaufenden Medienagenden festgemacht werden, jedoch sind diese weitestgehend regional und strukturell zu begründen. Durch eine hohe inhaltliche Konvergenz zwischen den Teilöffentlichkeiten liegt eine einheitliche Presseberichterstattung in Deutschland vor und es kann nicht von ost- beziehungsweise westspezifischen Medien gesprochen werden. ; "So isser, der Ossi" was the title of the German magazine Der Spiegel on the 25th of August, meaning "So he is, the East German". Only four days later, the New York Times published an article by Anna Sauerbrey titled "30 Years After Reunification, Germany Is Still Two Countries". This example shows that in the thirtieth year after the fall of the Berlin Wall, German citizens are still divided based on whether they come from Eastern or Western Germany, and the seemingly inadequate German unity is receiving international attention. But is Germany still that divided? Various studies show, that both parts of Germany are converging constantly. For instance, the unemployment rates in both are nearly identical, and there is an optimistic mood present within the country. Nevertheless, there seem to be differences; there still is talk of an existing wall within the heads. Citizens of Eastern and Western Germany often show different electoral behaviour in the voting booths and polls. Similarly, the wage gap between the new and old states is often referred to when talking about the question of the German unification. In addition, this research project questions whether such divergences also exist in the media. In this way, the study aims to fill a gap within the literature in this field which has previously been underresearched. Although the German media has been looked at several times in previous investigations, these works are almost all more than a decade old. The ambition of the project is to find out how the German press system is shaped by convergences and divergences nowadays. On the one hand, it tries expose which issues are discussed and on the other how they are referred to. Predicated on the assumption that there are differing communication spaces in Germany that are incongruently made up of public arenas portrayed by the mass media, the study differed between three public spheres using the Arenatheoretical Model of Public Sphere by Tobler (2010). The aim was to find out to what point they resemble each other. This study distinguishes the media-agenda-west, made up of the newspapers Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Rheinische Post and Neue Westfälische, the media-agenda-east, including the Thüringer Allgemeine, Sächsische Zeitung and Mitteldeutsche Zeitung and the national media-agenda, containing the Frankfurter Allgemeine Zeitung and the Süddeutsche Zeitung. These eight daily newspapers have been examined through the use of a multiple- method design. First a quantitative issue-frequency-analysis was conducted. Secondly, two inner-German issues were selected to analyse existing convergent and divergent media-frames in a qualitative matter. Following the principle of an artificial week a cluster-sample of N=3.934 was drawn. The results were evaluated through several hypotheses to be able to interpret the media agendas. Between all three of them a convergence of issues of 71.9% was determined. Using a rank correlation coefficient by Spearman, the issues were compared by their order of ranks, showing that they are rather similar: media agendas East and West rs=.704 (p < .001), media agendas National and East rs=.603 (p < .001), media agendas National and West rs=.658 (p < .001), the perfect convergence being one. Thus, the data indicate that there is a unified news coverage within the German press system. It has also been surveyed if the western media agenda is more similar to the national media agenda than the eastern one. This could not be confirmed since the rankings of issues between media agendas in the west and national in Germany equal one another, but a comparison of issues between east and national media agendas show that they are more similar. Following a more deepened content analysis, the framing of two topics were specifically analysed, one concerning the economy and the other politics (on the one hand far-right extremism, represented by the court case of the NSU and the incidents in Chemnitz of summer 2018, and on the other the emissions scandal). The results of the frame-analysis suggest that generalizing statements about divergences and convergences within the portrayal of issues are only possible separately. Furthermore, it is apparent that in terms of the emissions scandal, there are many clearly recognizable divergences between the interpretive patterns. As a whole, there appears to be largely juxta positional content in the media from different public spheres. Unexpectedly, the media frames of the eastern public sphere are more convergent to the national one, while the western public sphere is more divergent to it. Contrastively, the two case examples on far-right extremism show mostly convergent media frames. In conclusion, a positive picture of the German press system seems apparent. While there are some divergences within the convergent media agendas, these can to a great extend be explained through regional and structural differences. Due to a high media convergence between the three separate public spheres analysed in this project, a unified reporting within the German press system appears to exist. To differ between specifically Eastern or Western German media is not possible.
Am Psychologischen Institut der Universität zu Köln wird seit mehr als 40 Jahren eine spezifische qualitative Form der Film-Analyse, die von Wilhelm SALBER entwickelt wurde, angewandt. Film-Analyse ist dabei nicht Selbstzweck, sondern dient zugleich der Erforschung kultureller Zusammenhänge. Filme erscheinen insofern als Seismografen kultureller Tendenzen, als sie allgemeine Visionen und Bilder zukünftiger Entwicklung zum Ausdruck bringen. Sie zeigen sowohl den Zustand der Gesellschaft in seiner Entstehung und Komplexität als auch Entwicklungsperspektiven auf, die über Krisen, Verengungen des Spielraums und immanente Selbstheilungskräfte Aufschluss geben. Ähnlich wie bei der Traumdeutung wird die "manifeste" Film-Erzählung mit den Einfällen und eingehenden Beschreibungen der Zuschauer in Austausch gebracht, um die "latente" so genannte Komplexentwicklung, den Verlauf psychologischer Entwicklungslinien, zu rekonstruieren. Suspense und das Gefesseltsein der Zuschauer basiert darauf, dass eine bedeutungsvolle Verwandlungserfahrung aktiviert wird – nur Filme, denen es gelingt, solch einen Prozess anzustoßen, berühren die Zuschauer. Die psychologische Analyse arbeitet die morphologische Dramaturgie des Filmerlebens heraus, welche in ihrer besonderen dynamischen Figur ausgestaltet wird. Paradoxe unlösbare Problem-Konstellationen sind die treibenden Kräfte in diesem bewegenden Prozess. Die bloße Untersuchung des Drehbuchs oder der Film-Story berücksichtigt nicht, dass der Zuschauer stets Teil der Szene ist. Zuschauer modifizieren die Story in einer charakteristischen Weise, während sie den Film betrachten – entsprechend der Dynamik des psychologischen Prozesses, den sie durchmachen. Ein Zusammenspiel, eine Mischung aus Mitgehen und beobachtender Distanz, welche jeden wirkungsvollen Prozess – sei es in Psychotherapie, Werbung oder Erziehung – kennzeichnet, ist stets am Werk. Da die signifikanten Faktoren unbewusst wirksam sind, ist es notwendig, eine spezifische qualitative Methode anzuwenden, um in der Lage zu sein, diesen vielschichtigen Prozess adäquat zu erfassen. Kurze beispielhafte Analysen der Filme Das Piano, Fight Club, Dogville, Punch-Drunk Love, Catch Me If You Can, The Hours, City of God, Hero und Chihiros Reise ins Zauberland sollen einen Eindruck von der Vorgehensweise geben und demonstrieren, wie qualitative Film-Analyse zum Verstehen kultureller Prozesse beitragen kann. Außerdem wird exemplarisch Einblick in die Arbeit mit Märchenkonstruktionen gegeben.
"Im Übrigen ist das Lehrbuch mit gutem Grund so erfolgreich. Es ist leicht lesbar geschrieben. Es überfrachtet nichts." Helmut Goerlich Sächsische Verwaltungsblätter 2017, 28–29 "Wer dieses Buch ordentlich durchgearbeitet hat, braucht sich bei Prüfungen keine Sorgen machen." Stephan Schenk, jurawelt.com (12/2010) "[...] für Studenten, die ihren Schwerpunkt im Medienrecht gewählt haben, praktisch unentbehrlich." Bernd Holznagel Deutsches Verwaltungsblatt 2009, 1233 f.
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In den letzten elf Jahren hat sich der Anteil der Internet-Benutzer, gemessen an der österreichischen Gesamtbevölkerung, mehr als verdreifacht. Während die Anzahl der Personen, die das World-Wide-Web vom Arbeits- oder Ausbildungsplatz nutzen, stetig stieg, hat sich auch die Personengruppe, die Internet von zu Hause benutzen um 60% gesteigert. Für den Nutzer wurde das Internet fixer Bestandteil seines Lebens. Vor allem bei 'Onlinebanking, bei Behördenwegen, bei der gezielten Informationssuche und der Pflege sozialer Kontakte ist das Internet unverzichtbar geworden', so Maria Kostner, Online Expertin bei der GFK Austria dazu in der Presseaussendung zum Online Monitor 2009. Das liegt zum Einen an der technologischen und preislichen Entwicklung (Breitband Ausbau, Wlan), zum Anderen auch an einem gesellschaftlichen Wandel der Wahrnehmung und somit Nutzung des Internet. Galt es vor 15 Jahren noch als Zeitvertreib für junge Techniker, ist es heute ein akzeptiertes Medium, dessen Potential in vielen Bereichen erkannt wird. Da Medien unverzichtbare Funktionen für die politische Willensbildung ausüben, haben natürlich auch politische Kampagnenplaner das Potential erkannt und nutzen das Internet verstärkt im Wahlkampf. Trotz der oben genannten Steigerungsraten und einer überdurchschnittlichen Bedeutung unter Meinungsführern versteht nur ein geringer Teil der Internet-Nutzer das Netz als politische Informationsquelle. Doch das Internet hat 'unmittelbaren Einfluss auf die Praxis der Politikvermittlung'. Auf der Online-Plattform der österreichischen Tageszeitung Der Standard findet sich mittlerweile ein eigenes Ressort, das sich ausschließlich mit dem Thema Politik und Internet beschäftigt. Der Trend das WorldWideWeb in politischen Kampagnen einzusetzen, ist über die Jahre mit der Internetnutzung immer stärker gewachsen, und hat seinen Höhepunkt im Jahr 2008 mit dem Wahlkampf des derzeitigen amerikanischen Präsidenten Barack Obama gefunden. Der Präsidentschaftswahlkampf von Obama, gilt nach derzeitigem Stand, als das Vorzeigebeispiel für den aktiven, kreativen und vor allem effizienten Umgang der politischen Kampagnenplanern mit neuen Medien und insbesonders dem Web 2.0. Millionen von Amerikaner waren für einige Wochen Teil eines Obama Netzwerkes. Dabei waren weniger die Inhalte von Bedeutung (diese gab es auch schon bei klassischen Kampagnen), sondern ihre Individualisierung. Jeder konnte mitmachen und Obama unterstützen. Sehr viele nahmen das Angebot an und spendeten an die Demokratische Partei. Freiwillige Helfer erhielten über das Internet, Telefonnummern unentschlossener Wähler, inklusive Leitfaden für das Gespräch, um mit den Leuten über Obama zu sprechen. Markus Beckedahl, Betreiber des in Deutschland einflussreichen Politik-Blogs netzpolitik.org, dazu: 'Obama hat seinen Wahlkampf systematisch ausgelagert und in die Hände von Anhängern gelegt, die wiederum neue Sympathisanten angeworben haben'. Der Erfolg der Kampagne hat auch damit zu tun, dass zu diesem Zeitpunkt, bereits sehr viele Amerikaner in den sozialen Netzwerken vertreten waren. Weltweit gesehen, haben bereits 62% aller Internetnutzer ein Profil in einem der sozialen Netzwerke. Wie in Abbildung 1.2 zu sehen, ist also mehr als jeder zweite Internetnutzer weltweit bereits Mitglied in einem sozialen Netzwerk wie Facebook oder MySpace. Das bedeutet eine Steigerung von 130% innerhalb von drei Jahren. Auch in den letzten österreichischen Wahlkämpfen wurde von den Parteien immer mehr Geld in das Internet investiert. Vieles wurde erreicht, aber noch mehr wurde nur halbherzig umgesetzt. Vor allem das aktuelle Aushängeschild des Web 2.0, der Mirco-Blogging-Dienst Twitter wurde eher getestet als richtig eingesetzt. So war beispielsweise Willhelm Molterer im Wahlkampf 2008 laut seinem Twitter-Account auf zwei Veranstaltungen gleichzeitig. 'Jemand hat für Molterer eingetippt. Wir hatten einen eigenen Mitarbeiter, der fast durchgehend bei ihm war' gibt Gerhard Lob, Leiter der Webredaktion der ÖVP, zu. Zumindest wird von Parteien bzw. von den Kampagnenleitern der Schritt ins Internet gewagt. Vor allem während Wahlkämpfen wird auch auf die dialogorientierten sozialen Netzwerke gesetzt. Wie sieht es mit den Politikern selbst aus? Die Partei ist im Internet präsent, aber hat der einzelne Politiker Interesse am Medium Internet? Und nutzen Politiker überhaupt soziale Netzwerke? Was denken Österreichs Politiker über die Kommunikation im WorldWideWeb? In der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgegangen wie Politiker das Internet und insbesondere das Web 2.0 nutzen. Forschungsstand: Die beiden größten Themenbereiche, die in diese Arbeit Eingang finden, sind das Thema der Schaffung von Öffentlichkeit durch politische Öffentlichkeitsarbeit und das Forschungsfeld der politischen Kommunikation. Wobei besonders auf die Rolle der Massenmedien in der politischen Kommunikation eingegangen wird. Es gibt verschiedene Forschungstraditionen im Bereich der politischen Kommunikation, trotzdem (oder eher deswegen) keine Einigung auf eine einheitliche Einordnung in welchem Bereich der Forschungsschwerpunkt liegt. In der vorliegenden Arbeit wird vor allem auf die publizistischen und kommunikationswissenschaftlichen Forschungstheorien eingegangen. Man kann davon ausgehen, dass diese Forschungstheorien im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts in Europa und den USA entstand. Dabei ging es meistens um zwei unterschiedliche Blickwinkel: 'einmal Medienpolitik und die Versuche von Politikern und Parteien, Massenmedien zu instrumentalisieren, und viel mehr noch um die Auswirkungen von Presse und Rundfunk auf den politischen Prozess sowie die Frage, wie diese zustande kommen'. Am Anfang standen die in den 20er Jahren entwickelten Modelle der Propaganda, als das Radio zum Schlüsselmedium wurde und später von totalitären Systemen verwendet wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg ging der Glaube an das große Potential einer direkten Beeinflussung von Bürgern zurück. Stattdessen wurden Modelle der begrenzten Effekte massenmedialer Kampagnen entworfen. Ihr Ziel war die Verstärkung und Mobilisierung bestehender Präferenzen. Ab den 50er und 60er Jahren galt die Herbeiführung eines Einstellungswechsels, durch Massenmedien, zunehmend als unrealistisch. Ab den 80er Jahren dominierten Agenda-Setting-Modelle5, die in der Gegenwart zu verschiedenen Modellen einer prime-time-politics, als Konvergenz medialer Arbeit und politischer Kampagnen wurden. (Pseudo)Ereignisse mediengerecht vorzubereiten, ist das Credo dieser Modelle. Mitte der 90er Jahre, begann die Kommunikationswissenschaft, sich mit dem Internet wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Auch die politische Kommunikation wurde unter Berücksichtigung des neuen Mediums erforscht. Dabei ging es vordergründig darum, ob das Internet der Demokratie zu neuer Qualität verhelfen kann, bzw. wie sich die Demokratie verändert. So fragt Winfried Gellner in Demokratie und Internet, ob sich durch die technischen Eigenschaften des Internet, der Traum von der Wiederbelebung der antiken Agora verwirklicht oder ob die Bürger in einer 'Internetrepublik' einer neuen Variante von Totalitarismus entgegensehen. Die Forschung zum Thema Politiker im Web 2.0, ist noch nicht sehr weit fortgeschritten in Österreich. In Deutschland gibt es regelmäßige Studien die alle Aktivitäten der Parteien und Politiker in monatlichen Abständen vergleichen, oder Webseiten, welche die Twitter Accounts der großen Parteien übersichtlich darstellen und miteinander vergleichen. In Österreich gibt es eine Reihe von Diplomarbeiten, deren Autoren sich mit dem Thema beschäftigten. So schrieb Tina Brunauer 2007 ihre Diplomarbeit zum Thema 'Social Software in politischen Kampagnen'. Der zweite theoretische Schwerpunkt ist Öffentlichkeit. Trotz der zentralen Bedeutung von Öffentlichkeit in der politischen Kommunikation erfuhr der Begriff in den Sozialwissenschaften lange keine Ausarbeitung. Der Begriff Öffentlichkeit entstand im 18. Jahrhundert als Folge der politischen Forderung nach mehr Öffentlichkeit, zur vermehrten Durchsetzung von Bürgerfreiheiten. 'Öffentlichkeit leitet sich etymologisch aus der Eigenschaft, 'Offenheit' im Sinne von 'für jedermann zugänglich' ab. Als zentrale Stellung in der Theorie der Demokratie verleiht Öffentlichkeit den politischen Entscheidungen die demokratische Legitimation'. In den Klassikern der Soziolgie (Karl Marx, Max Weber, Georg Simmel) spielt Öffentlichkeit keine oder nur eine sehr kleine Rolle. Es dauerte bis Jürgen Habermas und seinem Strukturwandel der Öffentlichkeit von 1962, bis der Begriff Eingang fand in die Sozialwissenschaften. Darauf aufbauend entstanden kritische Gegentheorien und weiterführende Theorien. Habermas bezeichnete 'Öffentlichkeit als kommunikativen Bereich, in dem alle Bürger mit Argumenten öffentliche Belange diskutieren, an deren Ende eine vernünftige öffentliche Meinung steht, die die Grundlage politischer Entscheidungen bildet'. Ralf Dahrendorf betonte 1969, dass eine dauerhafte Beteiligung aller Bürger nicht nur utopisch, sondern auch nicht wünschenswert sei. Stattdessen kommt es auf die Möglichkeit der Teilnahme und die damit verbundene Verwandlung einer an sich passiven, in eine aktive Öffentlichkeit an. Friedhelm Neidhardt definierte moderne Öffentlichkeit als relativ frei zugängliches Kommunikationsfeld, in dem 'Sprecher' mit bestimmten Thematisierungs- und Überzeugungstechniken versuchen, über die Vermittlung von 'Kommunikateuren' bei einem 'Publikum' Aufmerksamkeit und Zustimmung für bestimmte Themen und Meinungen zu finden. Forschungsfragen: In den Forschungsfragen wird der Thematik nachgegangen, ob und wie Politiker in Österreich das Web 2.0 nutzen. Wie definieren sie den Begriff Web 2.0? Auf welchen Plattformen haben Politiker ein Profil angelegt? Nutzen sie ihre Profile um mit Bürgern in einen Dialog zu kommen? Dazu wurden drei Hypothesen aufgestellt: 1. Wenn Politiker auf Web 2.0 Plattformen ein eigenes Profil besitzen, dann tritt nur eine Minderheit davon regelmäßig in Dialog mit anderen Benutzern. 2. Wenn Politiker im Nationalrat vertreten sind, benutzen sie Facebook, Myspace und Youtube intensiver, als Politiker auf Landesebene. 3. Politiker, die mehrere Profile in verschiedenen Web 2.0 Plattformen haben, sehen ihre Aktivitäten vordergründig als Kontaktmöglichkeit mit Bürgern an, hingegen sehen Politiker mit nur einem Profil, ihre Aktivitäten nicht vordergründig als Kontaktmöglichkeit mit Bürgern. Gang der Untersuchung: Diese Arbeit setzt sich im Wesentlichen aus sechs Teilen zusammen: Eine einleitendes Kapitel in welchem die Problemdarstellung, der Erkenntnisstand und die Forschungsfragen dargestellt sind. Anschließend der theoretische Hauptteil, in dem das Grundgerüst behandelt wird, auf dem die vorliegende Arbeit aufbaut. Der Verfasser beginnt mit einer Begriffsbestimmung von Web 2.0 und weiteren, für die Arbeit relevanten, Web 2.0 Begriffen. Anschließend werden die bekanntesten Web 2.0 Plattformen, die in der vorliegenden Arbeit von Bedeutung sind, erklärt. Der grundlegende theoretische Teil beginnt mit der Definition des Begriffs Öffentlichkeit nach Bernhard Peters. Mit den definierten Peter'schen Kriterien des idealen Modells von Öffentlichkeit wird festgestellt, ob es im Internet bzw. den Web 2.0 Plattformen ein Modell der Öffentlichkeit gibt. Ausgehend von einer Netzöffentlichkeit im Internet, ist Kommunikation von Politikern im Internet als Öffentlichkeitsarbeit zu beschreiben. Aus diesem Grund wird Public Relations und insbesondere politische Öffentlichkeitsarbeit in diesem Kapitel erläutert. Im weiteren Verlauf wird der Frage nachgegangen, ob Kommunikation in sozialen Netzwerken dialogorientiert ist. Zu diesem Zweck werden die vier PR-Modelle von Grunig und Hunt beschrieben. Ziel der vorliegenden Arbeit ist auch herauszufinden, welches PR-Modell Politiker im Internet anwenden. Nach einem Zwischenfazit des grundlegenden theoretischen Teils, folgt zur besseren Abgrenzung und Übersicht, ein zweiter theoretischer Basisteil. Darin findet sich die Definition des Forschungsfeldes der politischen Kommunikation. Darauf aufbauend wird der Begriff Mediengesellschaft diskutiert. Es wird auf die Wechselbeziehung von Medien und Politik eingegangen und es werden die erforschten Modelle erwähnt. Anschließend wird politische Kommunikation mittels traditionellen Massenmedien im Vergleich zum Internet untersucht. Dazu werden die Merkmale von politischer Berichterstattung im Fernsehen, Radio und Print-Medien verglichen. Die politischen Potentiale vom Web 2.0 werden anhand der Social-Technographis-Leiter untersucht. Im fünften Kapitel wird die gewählte Forschungsmethode beschrieben und die ausgewerteten Ergebnisse werden überprüft. Zu jeder aufgestellten Hypothese wird Stellung genommen. Neben der quantitativ-empirischen Forschungsmethode, besteht eine weitere Methodik dieser Arbeit aus der Literaturanalyse diverser Fachbücher, Zeitschriften und Online-Medien, die den theoretischen Teil der Arbeit bildet. Im sechsten und letzten Kapitel fasst der Verfasser die Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht ein Fazit, um festzustellen, inwieweit die Forschungsfragen beantwortet werden konnten. Weiters wird ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: ZusammenfassungV AbstractVI AbkürzungsverzeichnisVII AbbildungsverzeichnisVIII TabellenverzeichnisIX 1.Einleitung1 1.1Problemdarstellung1 1.2Forschungsstand5 1.3Forschungsfragen8 1.4Aufbau der Arbeit9 2.Begriffsbestimmungen11 2.1Web 2.012 2.2Soziale Netzwerke14 2.3Tagging15 2.4Social Bookmarking16 2.5Blog16 2.6Plattformen17 2.6.1Youtube18 2.6.2Myspace18 2.6.3Facebook19 2.6.4StudiVZ / SchülerVZ / MeinVZ19 2.6.5Xing20 2.6.6Netlog20 2.6.7Twitter21 2.6.8Wikis21 2.6.9Flickr 22 2.6.10Delicious22 2.7Zwischenfazit22 3.Theoretische Grundlagen24 3.1Öffentlichkeit24 3.2Bedeutung von Öffentlichkeit nach Peters25 3.3Merkmale von Öffentlichkeit nach Peters27 3.4Netzöffentlichkeit28 3.5Zwischenfazit31 3.6Public Relations32 3.7Politische Öffentlichkeitsarbeit 33 3.8Die vier PR Modelle nach Grunig und Hunt35 3.8.1Publicity36 3.8.2Informationstätigkeit36 3.8.3Asymmetrische Kommunikation36 3.8.4Symmetrische Kommunikation37 3.9Zwischenfazit38 4.Theoretischer Teil40 4.1Politische Kommunikation40 4.1.1Begriffsbestimmung40 4.1.2Modelle des politischen Kommunikationsprozesses41 4.2Mediengesellschaft42 4.2.1Mediendemokratie44 4.2.2Politkvermittlung via Massenmedien45 4.3Zwischenfazit50 4.4Internet und politische Kommunikation50 4.5Politische Potentiale von Web 2.052 4.5.1Die Social Technographics Leiter54 4.5.2Zwischenfazit56 5.Empirischer Teil59 5.1Forschungsmethode59 5.1.1Aufbau des Fragebogens60 5.1.2Die politischen Ebenen61 5.1.3Datenerhebung64 5.2Methode im Detail64 5.3Detailergebnisse66 5.3.1Teilnahmen nach Parteizugehörigkeit66 5.3.2Politische Ebene der Teilnehmer67 5.3.3Teilnahme der Abgeordneten aus dem Nationalrat nach Parteizugehörigkeit68 5.3.4Teilnahme der Landtagsabgeordneten nach Bundesländern69 5.3.5Alter und Geschlecht70 5.4Inhaltliche Analyse71 5.4.1Übersicht der Web 2.0 Plattformen71 5.4.2Nutzung der Plattformen72 5.4.3Tätigkeiten im Internet74 5.4.4Medien der politischen Informationsvermittlung74 5.5Prüfung der Hypothesen75 5.6Einstellungen78 6.Schlusskapitel81 6.1Fazit Zusammenfassung81 6.2Ausblick83 Anhang94 Anhang A Fragebogen94 Anhang B Presseausendungen94 Anhang C SPSS Auswertung94Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.2, Bedeutung von Öffentlichkeit nach Peters: Nach Bernhard Peters, lassen sich in dem beweglich, semantischen Feld der Öffentlichkeit (mit teils überlappenden, ambigen Bedeutungen) allgemeine begrif?iche Strukturen identi?zieren, die einen gemeinsamen Rahmen darstellen. 'Diese haben sich seit dem 18. Jahrhundert in der politischen Kultur westlicher Gesellschaften herausgebildet und sind bis heute im wesentlichen stabil geblieben'. Unter Institutionalisierte Handlungssphären fasst Peters die erste Grenzziehung zwischen öffentlichen und privaten Handlungs-und Verantwortungsbereichen zusammen. So unterscheidet er öffentliche Ämter, die mit besonderen Kompetenzen, P?ichten und Verantwortlichkeiten verbunden sind, von privaten Rollen. Öffentlichkeit stellt in dieser Beziehung ein Kollektiv dar, die moderne rechtlich-politische und staatliche Gemeinschaft. Die Entscheidungen die in diesen Rahmen getroffen werden, sollen nicht für alle verbindlich sein, sondern als öffentliche Angelegenheiten im gemeinsamen oder allgemeinen Interesse des Kollektivs entschieden werden (public interests), sowie unter Kontrolle oder Beteiligung der Mitglieder. 'Öffentlichkeit im ersten Sinn ist als ein Prädikat das Angelegenheiten oder Aktivitäten beigelegt wird, die Gegenstand organisierter kollektiver Verantwortlichkeiten und Entscheidungen sind (oder sein sollten)'. Die zweite Bedeutung des Begriffs Öffentlichkeit bezeichnet Peters als Kommunikation und Wissen. Laut Peters sind Sachverhalte, Ereignisse oder Aktivitäten, die jeder beobachten oder von denen jeder wissen kann öffentlich. Außerdem Wissensbestände, die frei zugänglich sind, und Kommunikation, die jeder verfolgen oder an denen sich jeder beteiligen kann. Als Gegenbegriffe gelten die Begriffe privat und geheim, die sich überschneiden. Privat, vertraulich oder geheim sind entsprechende Sachverhalte oder Aktivitäten, die abgeschirmt sind gegen Beobachtungen oder Kenntnis von Unbefugten. Wobei Peters Geheimnis in diesem Begriffskontext vor allem auf staatliche Aktivitäten bezogen hat. 'Öffentlichkeit im zweiten Sinne ist all das, was vor aller Augen geschieht oder in aller Munde ist'. Als dritte De?nition bezeichnet Bernhard Peters Öffentlichkeit im emphatischen Sinn. Er spricht von einer 'sozialen Handlungssphäre, die mehr oder weniger frei zugänglich ist, und in der soziale Akteure sich an ein unabgeschlossenes Publikum wenden oder jedenfalls der Beobachtung durch ein solches Publikum ausgesetzt sind'. Dabei handelt sich um eine 'Sphäre öffentlicher, ungezwungener Meinungs- und Willensbildung der Mitglieder einer demokratischen politischen Gemeinschaft über die Regelung der öffentlichen Angelegenheiten. Das heißt in dieser Sphäre kommunikativen Handelns, kann sich eine öffentliche Meinung mit bestimmten Merkmalen bilden. Diese dritte De?nition von Peters lässt sich für eine grundlegende Bestimmung des Internet nutzen. Das Internet als technologische Infrastruktur dient kaum einen anderen Zweck, als der ?exiblen Herstellung eines inhaltlich prinzipiell universellen Kommunikationsraumes mit einer potentiell unlimitierten Anzahl an Teilnehmern. Bernhard Peters de?nierte Kriterien, mit denen vorhandene Strukturen von Öffentlichkeit demokratietheoretisch abgemessen werden können. Diese werden im nächsten Kapitel erläutert und dann auf das Internet, unter spezieller Berücksichtigung der Kommunikation im Web 2.0, umgelegt. 3.3, Merkmale von Öffentlichkeit nach Peters: Die drei grundlegenden Strukurmerkmale eines idealen Modells politischer Öffentlichkeit sind nach Peters Gleichheit, Offenheit und Diskursivität. Unter Gleichheit der kommunikativen Beziehungen sollen in einem idealen Modell der Öffentlichkeit alle Teilnehmer an der öffentlichen Kommunikation die Möglichkeit haben daran ungehindert zu partizipieren. Diese Kompetenz kann niemanden ohne spezielle Gründe abgesprochen werden (Kinder oder geistige Behinderung). So sollen weder familiäre Herkunft, Status, Vermögen, Ämter, Bildungsquali?kationen oder Expertise, die Chancen an kommunikativen Prozessen teilzunehmen, schwächen oder stärken. Er räumt jedoch ein, dass soziale Merkmale die faktische Teilnahmechance beein?ussen. Aber in dieser Bedingung der Gleichheit eingeschlossen, ist die Forderung nach Gegenseitigkeit (Reziprozität), also einer wechselseitigen Beziehung von Hörer und Sprechrollen: 'Nicht nur die Möglichkeiten, zuzuhören und sich selbst ein Urteil zu bilden, sondern auch die Möglichkeiten, sich öffentlich zu äußern und Gehör zu ?nden, sollen gleich verteilt sein'. Unter Offenheit und adäquate Kapazität bezeichnet Peters das zweite Merkmal der drei Grundmerkmale des Modells. Er fordert eine generelle Offenheit für Themen und Meinungen. Keine Beiträge dürften a priori ausgeschlossen werden. Außerdem soll über die Relevanz der Themen in der öffentlichen Debatte selbst entschieden werden. Diese Forderung setzt die Kompetenz des Publikums bzw. der Öffentlichkeit voraus, die wichtigsten Themen selbst zu erkennen sowie über diese ausreichend zu re?ektieren. Als drittes Merkmal identi?ziert Peters eine diskursive Struktur. An dieser Stelle muss zuerst auf den Unterschied zwischen diskursiver Kommunikation und reinen Verhandlungen hingewiesen werden. 'Bei Verhandlungen geht es darum durch wechselseitige Angebote, Drohungen oder Manipulation zu einer Einigung zu kommen. Wobei hingegen Kommunikation auf Argumentation und Verständigung aufbaut. Interaktionspartner legen ihre Werte und Normen offen und versuchen durch Austausch von Argumenten die Debatte voranzubringen. Voraussetzung dafür ist, dass gegenseitig die Argumente als solche auch anerkannt werden'. Die Forderung nach Diskursivität schließt also Strategien wie Manipulation und Drohungen aus und setzt auf Argumente, die einen kollektiven Anspruch erheben. 'Einwände und Kritik sind jederzeit möglich, sowie auch die Entkräftung von Kritik'. Gegenseitige Achtung und wechselseitiger Respekt der Kommunikationspartner wird als Bedingung von Peters genannt. Nachdem diese Kriterien nun erklärt sind, werden diese im nächsten Kapitel auf das Internet, mit besonderen Berücksichtigung der Kommunikation im Web 2.0, umgelegt. Dadurch soll festgestellt werden, ob es sich bei der Handlungssphäre im Web 2.0 um Öffentlichkeit handelt. 3.4, Netzöffentlichkeit: Zunächst muss festgehalten werden, dass über das Internet eine Vielzahl von unterschiedlichen Kommunikationsdiensten (Email, Chat, Webseiten, soziale Netzwerke etc.) angeboten werden. Diese Anwendungen unterscheiden sich in mehreren Hinsichten voneinander: Kommunikation kann entweder in Echtzeit oder versetzt, sowie einseitig oder respektiv wechselseitig statt?nden. Diese Vielfalt sollte berücksichtigt werden, wenn auf die Peter'schen Kriterien eingegangen wird. Web 2.0 Anwendungen fallen unter den Begriff der Öffentlichkeit im emphatischen Sinn, da laut Peters 'Öffentlichkeit im emphatischen Sinn durch Kommunikation unter Akteuren, die aus ihren privaten Lebenskreisen heraustreten, um sich über Angelegenheiten von allgemeinen Interesse zu verständigen, gebildet wird'. Nun ist dieser Fall bei Youtube, Wikipedia, Flickr und Twitter gegeben. In den sozialen Netzwerken wie Facebook, StudiVZ etc. können je nach Einstellungsgrad, nur 'Freunde' oder alle Benutzer auf das eigene Pro?l zugreifen. Die meisten User haben viel mehr 'Freunde" auf diesen Plattformen, als sie in ihren privaten Lebenskreis regelmäßig treffen. Man wird oft nach nur zweimaligen, persönlichen Gespräch als 'Freund' hinzugefügt. Gleichheit der kommunikativen Beziehungen: 'Nun ist schon in einer größeren Gruppe von Menschen die Redezeit nicht gleich verteilt. Es bilden sich zwangsläu?g Rollenverteilungen heraus, da sich oft eine Minderheit von Rednern an eine Mehrheit von Zuhörer wendet'. Nun sind durch das Internet sehr große Teilnehmerzahlen möglich geworden, aber trotzdem ist zumindest theoretisch Reziprozität gegeben, da traditionelle Sender-Empfänge Strukturen (wie in den Massenmedien) aufgebrochen werden. Sofern man einen Internet Zugang hat, kann man als Sender oder Empfänger agieren, ein Rollenwechsel zwischen Empfänger und Sender ist relativ unaufwendig. Statt nur one-to-many-, wird nun auch many-to-many-, many-to-one-oder one-to-one-Kommunikation möglich. 'Dabei erlauben die dialogischen Möglichkeiten eine gleichwertige Kommunikation zwischen den Teilnehmern'. Daran teilnehmen kann jeder, Voraussetzung dafür die technischen Gegebenheiten und das nötige Wissen mit dem Medium umzugehen. Nicht außer Acht lassen darf man den Umstand, dass im Internet den größten Zulauf die Online-Ableger der traditionellen Massenmedien haben. Und diese funktionieren (wie auch der Großteil der Webseiten) one-to-many. Wobei sich diese mittlerweile auch immer öfter den Web 2.0 Kriterien anpassen, und Funktionen eingebaut haben die many-to-many Kommunikation ermöglichen.