In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 908-913
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Herausgeber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie diese Quelle zitieren möchten.
Zu wenig aussagekräftig und vergleichbar, geprägt von starren Prüfungsformaten, veralteten Stoffvorgaben und Fächergrenzen: Das Abitur braucht ein großes Update, damit es eine Zukunft hat, sagen der Gymnasialleiter Jörg Droste und die frühere Vorsitzende des KMK-Schulausschusses, Cornelia von Ilsemann. Und sie haben Vorschläge.
Jörg Droste (links) ist Schulleiter des Einstein-Gymnasiums Rheda. Cornelia von Ilsemann (rechts) ist Reformpädagogin und war Senatsdirektorin in der Bremer Bildungsbehörde sowie Vorsitzende des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz. Beide engagieren sich im "Bündnis für ein zukunftsfähiges Abitur". Fotos: privat.
Herr Droste, das "Bündnis für ein zukunftsfähiges Abitur", zu dem Sie gehören, hat zu einem "Innovationskongress Oberstufe" eingeladen. Sie sind selbst Leiter eines Gymnasiums. Wollen Sie sagen, dass das Abitur, das Sie im Augenblick verleihen, nicht "zukunftsfähig" ist?
Jörg Droste: So pauschal kann man das nicht sagen. Es gibt Bestandteile, die weiter Relevanz haben. Andere haben sich überlebt, insgesamt gilt das Abiturzeugnis heute als weniger aussagekräftig als noch vor wenigen Jahrzehnten. Das stellen wir in Gesprächen mit Hochschulen oder Firmen bei uns vor Ort fest, das empfinde ich als Schulleiter aber auch selbst so. Im Mai habe ich wieder auf der Bühne in der Aula gestanden, Zeugnisse verteilt an unsere Abiturientinnen und Abiturienten und bei jedem Handschlag gedacht: Das, was diese Jugendlichen ausmacht, was sie wissen und was sie auszeichnet, kommunizieren wir durch die Noten, die sie erhalten, viel zu wenig. Weil viele der Kompetenzen und Fähigkeiten, auf die es heute ankommt, in der Oberstufe und im Abitur keine Rolle spielen.
Ist das eine Frage der Lerninhalte oder der Lernkultur?
Droste: Viele der traditionellen Lerninhalte haben durchaus weiter ihre Berechtigung, ich glaube auch nicht, dass wir alle Grenzen zwischen den Fächern auflösen sollten. Und doch spielt sich inzwischen sehr viel genau in diesen Zwischenräumen ab, an den Übergängen von einer Disziplin zur anderen. Genau das bildet das Abitur mit seinen Prüfungsformaten nicht ab. Was wiederum Auswirkungen auf Lernkultur und Unterricht hat: Die Lehrkräfte und Schüler wissen, was später abgeprüft wird, entsprechend findet ein "Teaching to the Test" statt. Eine Klausur ist ein sehr normiertes Konstrukt, stark auf die Fachlichkeit ausgerichtet, ohne viel Berücksichtigung der Kompetenzen rechts und links davon. Und so bedingen sich Lerninhalte, Lernkultur und Prüfungsformate gegenseitig.
"Sind Schülerinnen und Schüler in der Lage, ihrem eigenen Lernprozess eine Struktur zu geben? Wir alle wünschen uns, dass die Schule das vermittelt. Doch das gestückelte Lernen in nach Fächern aufgeteilten Portionen von je einer Dreiviertelstunde ist dazu nicht geeignet."
Frau von Ilsemann, Sie haben früher den Schulausschuss der Kultusministerkonferenz (KMK) geleitet, der auch für die Absprachen der Länder zum Abitur zuständig war. Wollen Sie jetzt über das Bündnis erreichen, was damals in der KMK nicht gelungen ist?
Cornelia von Ilsemann: Die Zeiten haben sich geändert. Die Schülerschaft ist deutlich heterogener. Die Arbeitsplätze der Zukunft erfordern erweiterte Kompetenzen, zum Beispiel im Umgang mit Digitalität. Die Bildungsforscherin Isabell von Ackeren von der Universität Duisburg-Essen hat vor zwei Jahren untersucht, woran Studierende in den ersten Semestern scheitern und warum darunter besonders viele Kinder aus Nichtakademiker-Haushalten sind. Das Ergebnis: Es hängt von den Selbstlernkompetenzen ab. Sind Schülerinnen und Schüler in der Lage, sich nach dem Übergang zur Universität selbst neue Inhalte zu erarbeiten, die richtigen Fragen zu stellen, sich Hilfe zu holen, ihrem eigenen Lernprozess eine Struktur zu geben? Wir alle wünschen uns, dass die Schule genau das vermittelt, auch um mehr Chancengerechtigkeit zu erzeugen. Doch das gestückelte Lernen in nach Fächern aufgeteilten Portionen von je einer Dreiviertelstunde, wie es zurzeit der Normalfall ist, ist dazu nicht geeignet. Für vertiefte Lernprozesse, in denen Schülerinnen und Schüler eigene Forschungsfragen erarbeiten, brauchen wir veränderte Zeitstrukturen.
Können Sie ein Beispiel geben?
Von Ilsemann: Nehmen wir das antike Rom als Weltmacht. Wie ist es überhaupt so mächtig geworden? Welche ökonomischen, geostrategischen, politischen und kulturellen Faktoren haben eine Rolle gespielt? Gab es Warnsignale, als seine Vorherrschaft zu bröckeln begann? Alles Fragen, die man auf die Weltmächte von heute beziehen kann. Zeigen sie vergleichbare Warnsignale? Und was lässt sich daraus folgern? Zum Verständnis unserer globalen Welt ist ein fachübergreifendes, interdisziplinäres Lernen unabdingbar.
Und an vielen Stellen längst Realität.
Droste: Richtig ist: Schon jetzt hängt viel von den einzelnen Schulen ab, wie sie den vorhandenen rechtlichen Rahmen ausfüllen. In Nordrhein-Westfalen etwa haben wir zuletzt einige Freiheiten erhalten, etwa in Form eines fachübergreifenden Projektkurses, den wir anbieten könnten und der eine andere Art der Prüfung ermöglicht. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass sich viele Schulen nicht an einen solchen Kurs herantrauen, weil der mit viel zusätzlichem Aufwand verbunden ist und einige Kollegien die zeitlichen Ressourcen nicht haben. Andere Kollegien haben den Wert noch nicht erkannt, ihnen ist das Format suspekt. Auch dazu dient unser Innovationskongress: die Möglichkeiten aufzuzeigen, die es im bestehenden System bereits gibt – und dass es sich lohnt, sie zu nutzen.
Von Ilsemann: Wir wollen die Kollegien darin unterstützen, mutiger zu werden. Wenn sie genauer wissen, was alles geht, wie bereits heute anderswo fachübergreifende Teams von Lehrkräften gemeinsam an neuen Unterrichtsmodellen arbeiten und welche veränderten Prüfungsformate dort realisiert werden, wird das mehr Nachahmer finden.
"Die Klausur hat weiter ihre Berechtigung, aber als einziges Prüfungsformat greift sie zu kurz. Was genau wo sinnvoll ist, darüber sollten wir uns unterhalten."
Die Kritik am Bestehenden, garniert mit ein paar Fallbeispielen, ist vergleichsweise einfach. Können Sie als Bündnis auch ein in sich stimmiges Gesamtkonzept für eine alternative Oberstufe und ein grundsätzlich anderes Abitur anbieten – ein Gesamtkonzept, das Chancen auf eine Realisierung hätte?
Droste: Genau ein solches Konzept haben wir dem Schulausschuss der KMK vorgelegt und gezeigt, wie eine dazu passende Abiturprüfung aussehen kann.
Von Ilsemann: Die Gelegenheit für weitreichende Veränderungen ist günstig, denn alle Länder überarbeiten gerade ihre Abiturregelungen, und das Erfreuliche ist: Man hört uns zu.
Droste: Dabei machen wir immer wieder klar, dass nicht alles weg muss, was seit Jahren vernünftig funktioniert und aus unserer Sicht die sehr notwendige bundesweite Vergleichbarkeit des Abiturs erhöht. Beispiel Klausur: Sie hat weiter ihre Berechtigung, aber als einziges Prüfungsformat greift sie zu kurz. Genau wie die Handschrift eine Bedeutung behält, aber das Digitale daneben tritt und weitere Prüfungsformate ermöglicht. Was genau wo sinnvoll ist, darüber sollten wir uns unterhalten. Und dann den Mut haben, auf die Curricula zu schauen und zu prüfen, welche Inhalte gegebenenfalls gestrichen werden könnten, um mehr Vertiefung zu ermöglichen. Wir sollten uns gemeinsam nochmal neu und ernsthaft die Frage stellen, was heute Allgemeinbildung bedeutet und woran wir das Erreichen der allgemeinen Hochschulreife messen. All das geht nicht, ohne dass die Politik den Schulen etwas mehr Vertrauen schenkt.
Geht das konkreter?
Droste: Ich gebe Ihnen ein weiteres Beispiel. Warum müssen alle Schülerinnen und Schüler das Abitur in derselben Geschwindigkeit ablegen? Wenn ich einen Schüler habe, der seit der Grundschule in Mathematik immer ein Jahr weiter war als alle anderen, für den ergibt es keinen Sinn, das letzte Jahr vor dem Mittleren Schulabschluss oder vor dem Abitur nur noch zu warten, bis die anderen auch soweit sind. Warum soll der das Mathe-Abitur nicht ein Jahr vorher ablegen und beweisen, dass er in diesem Fach bereits studierfähig ist? Danach kann er sich stärker auf die anderen Fächer konzentrieren oder schon erste Kurse an der Universität belegen.
Was etwa in den USA für sehr gute Schüler von High-Schools seit langem möglich ist.
Von Ilsemann: Genau! Es kommt für ein bundesweit vergleichbares Abitur nicht darauf an, wann ein Schüler die verlangten Kompetenzen erreicht, sondern dass er es tut. Die Vergleichbarkeit entsteht nicht über das Lerntempo, sondern über die inhaltlichen Standards. Würde man die gesamte Oberstufe wie in Kanada modularisieren, könnte man in einem Fach schon das Abitur ablegen und in einem anderen Fach einen Kurs nachholen. Das wäre ein echtes "Abitur im eigenen Takt". In Ansätzen bietet das Oberstufenkolleg Bielefeld Ähnliches, wenn es Geflüchteten eine zweijährige Eingangsphase für die Oberstufe ermöglicht. Warum sollte das nicht genauso funktionieren, wenn zum Beispiel Kinder und Jugendliche wegen einer Erkrankung keinen vollen Stundenplan durchhalten, aber 20 Stunden in der Woche prima schaffen könnten? Warum dann nicht das Abitur auf vier Jahre strecken? Umgekehrt könnte es auch verkürzt werden. Hybride Lernformate ermöglichen die Teilnahme an interessanten Kursen auch international. Warum bringen wir das nicht in die Breite? Auf die Weise würden sich viele Diskussionen um G8 und G9 entspannen, die Oberstufe wäre flexibler – und die Kompetenzen und Standards wären gewahrt.
"14 Länder im Schulausschuss votierten für eine fächerübergreifende fünfte Abiturprüfung, zwei dagegen. Hier zeigt sich, wie sehr das Einstimmigkeitsprinzip der KMK Innovationen hemmt."
Aber wie realistisch ist das alles? Die KMK ist mit ihrer letzten Reform des Abiturs längst fertig, und auch die kam, sagen ihre Kritiker, überhaupt nur zustande, weil das Bundesverfassungsgericht 2017 die mangelnde Vergleichbarkeit der bundesweiten Notendurchschnitte angemahnt hatte. Ihr Bündnis hatte 2023 vor den entsprechenden KMK-Beschlüssen auf Änderungen gepocht – größtenteils ohne Erfolg. Warum sollte es gerade jetzt besser klappen?
Droste: Das Spannende ist doch, wie die Länder den KMK-Beschluss jetzt für sich umsetzen. Immerhin ermöglicht er ein, zwei Freiheiten, und die wären nicht gekommen, hätten wir als Bündnis nicht Druck gemacht. Insofern sehe ich durchaus Erfolge.
Von Ilsemann: Wir hatten schon vor zwei Jahren ein sehr gutes Gespräch mit dem Leiter der Kommission Oberstufe innerhalb des KMK-Schulausschusses. Mein Eindruck war, dass wir auf offene Ohren stießen. Einer unserer zentralen Vorschläge lautete, dass es für alle Länder verbindlich eine fünfte Prüfung im Abitur geben sollte, die sich nicht auf ein einziges Fach bezieht, sondern fächerübergreifend ist und auch von einem Team bearbeitet werden kann. Und offenbar fehlte nicht viel, dass er beschlossen worden wäre: 14 Länder im Schulausschuss votierten dafür, zwei dagegen. Hier zeigt sich, wie sehr das Einstimmigkeitsprinzip der KMK Innovationen hemmt!
Droste: Die Länder sind unterschiedlich stark zu Veränderungen bereit, und wir bestärken die Veränderungswilligen aktuell in intensiven Gesprächen, den Spielraum des KMK-Abiturbeschlusses für neue Formate auszunutzen. Dabei ist es wichtig, immer wieder aufs Neue deutlich zu machen, dass mehr Freiheiten eben nicht eine Niveauabsenkung bedeuten oder die Vergleichbarkeit beim Abitur erschweren. Seien wir mal ehrlich: Die viel größeren Unterschiede kommen dadurch rein, dass es unterschiedliche Kulturen von Schule zu Schule und von Prüfungskommission zu Prüfungskommission gibt. Und zwar unabhängig davon, welche Standards Sie zentral setzen. Mehr Vergleichbarkeit erreichen Sie, wenn die Kollegien im Umgang mit dem Kompetenzbegriff und mit Standards geschult und gecoacht werden.
Von Ilsemann: Man stelle sich den Innovationsimpuls vor, den eine solche fünfte Abiturprüfung in den Schulen ausgelöst hätte. Viele Kollegien hätten gesagt: "Eine fachübergreifende Abiturprüfung, wie soll denn das gehen? Das haben wir noch nie gemacht!" Worauf Landesinstitute und Stiftungen ein hochwertiges Fortbildungsprogramm mit Schulnetzwerken hätten auflegen müssen, um Qualitätskriterien zu entwickeln und gute Beispiele anbieten zu können. Ja, das hätte etwas gekostet, aber wir wollen kein Billigmodell, sondern anregende und anspruchsvolle Aufgaben.
Wie könnte so ein Szenario für eine fünftes Abiturprüfung aussehen?
Von Ilsemann: Nehmen wir an, die Schüler sollen eine Expertengruppe bilden, die die Bundeskanzlerin in der Corona-Pandemie berät, ob die Schulen geschlossen werden oder nicht. Die einen sollen aus epidemiologischer Sicht argumentieren, die nächsten aus pädagogischer und wieder andere aus arbeitssoziologischer Sicht. Die Argumente werden gesammelt, bewertet und zu einem schriftlichen Gutachten zusammengefügt. Und dieses Gutachten ist die gemeinsam erbrachte Abiturleistung. Die Schüler stellen auf diese Weise unterschiedliche Kompetenzen unter Beweis: dass sie im Team arbeiten können. Und dass sie zu einem Perspektivwechsel zwischen den unterschiedlichen Fachrichtungen in der Lage sind – was besonders wichtig ist, wenn sich viele Lösungen für die heutigen Probleme nur gemeinsam zwischen Natur- und Geisteswissenschaften finden lassen. Die Schüler müssten Forschungsstand, Ethik und Politik zusammendenken. In einem abschließendem Kolloquium reflektieren sie zusätzlich ihren Arbeitsprozess. So sind sie gut vorbereitet für ein Studium oder eine anspruchsvolle Ausbildung.
"Wir wollen die Leute, die Lust auf Veränderungen haben, zusammenbringen, aus Schulen, Stiftungen und Bildungsverwaltung. Die Botschaft: Ihr seid nicht allein."
In zwei Wochen startet Ihr "Innovationskongress Oberstufe". Wer ist alles eingeladen?
Droste: Wir rechnen mit einer bunten Mischung. Die Idee des Kongresses ist, dass wir die Innovationen, die schon unterwegs sind, sichtbar machen und diskutieren wollen. Wir wollen die Leute, die Lust auf Veränderungen haben, zusammenbringen, aus Schulen, Stiftungen und Bildungsverwaltung. Die Botschaft lautet: Ihr seid nicht allein. Außerdem kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die uns Input geben, denn ohne den aktuellen Forschungsstand dilettieren wir als Schulpraktiker herum. Wir brauchen die Begleitung und Reflexion durch die Wissenschaft. Und zusammen mit der Politik wollen wir diskutieren, was rechtlich möglich ist, was Vergleichbarkeit und Chancengerechtigkeit tatsächlich erhöht. Ohne die Politik geht es nicht. Ohne die Schülerinnen und Schüler und deren Expertise aber auch nicht, und darum spielen sie mit ihrer Sicht ebenfalls eine wichtige Rolle auf dem Kongress.
Von Ilsemann: Die niedersächsische Kultusministerin Julia Hamburg ist per Video zugeschaltet und steht für eine Diskussion zur Verfügung, genauso der OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Die gute Nachricht ist: Unsere Veranstaltung war blitzschnell ausgebucht. Die schlechte ist: Wir haben schon jetzt eine Warteliste mit 50 Leuten. Das zeigt, wie groß das Interesse an und die Lust auf Veränderung ist. Im Nachhinein werden wir möglichst viel von dem Kongress auf unserer Website dokumentieren, versprochen.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
In eigener Sache: Weniger als 0,2 Prozent
Auf jeden 580. Blogbesuch kommt eine finanzielle Unterstützung. Das kann nicht gut gehen. Bitte helfen Sie mit!
Wie Sie Blog und Newsletter unterstützen können, erfahren Sie hier...
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Herausgeber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie diese Quelle zitieren möchten.
"Das Recht auf Entwicklung muss so verwirklicht werden, dass den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen der heutigen und der kommenden Generationen in gerechter Weise entsprochen wird" (Rio-Erklärung Grundsatz 3).Dieser Grundsatz wurde 1992 bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro von den Vereinten Nationen (VN) festgelegt. Damals kamen Vertreter*innen aus 178 Ländern zusammen, um über Fragen zu Umwelt und Entwicklung im 21. Jahrhundert zu beraten. Die Rio-Konferenz führte zu wichtigen klimapolitischen Ergebnissen wie der Agenda 21 und der Rio-Erklärung und endete mit der Unterzeichnung der Klimakonvention durch 154 Staaten. Die Klimakonvention, die zwei Jahre später in Kraft trat, beinhaltete in Artikel 2"... das Ziel der Stabilisierung der Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre auf einem Niveau, das eine gefährliche anthropogene Störung des Klimas verhindert sowie dessen Folgen abmildert" (Simonis et al. 2017, S. 267).Angekommen im 21. Jahrhundert, ist dieses Ziel als nicht verwirklicht anzusehen. Waren es im Jahr der Rio-Konferenz 1992 noch 23.230 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen, so sind es 2022 37.150. (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37187/umfrage/der-weltweite-co2-ausstoss-seit-1751/). Die Treibhausgasemissionen sind seit 1992 – mit Ausnahme der Zeit der Covid-19-Pandemie – konstant angestiegen. Und das, obwohl die VN 1995 bei der ersten COP (Conference of the Parties) in Berlin das Berliner Mandat veröffentlichten, das als Basis für das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll diente und in dem sich die Vertragsstaaten einigten, den Ausstoß von Treibhausemissionen zu senken (Vgl. Simonis et al. 2017, S.267). Die damalige deutsche Umweltministerin Angela Merkel sprach auf der COP zu den VN:"Wie wir hier in Berlin miteinander reden, wie wir fähig sind, Probleme zu lösen, wird ein Symbol dafür sein, ob es gelingen kann, globale Probleme gemeinsam in Angriff zu nehmen oder nicht."Gut gesprochen, doch sinnbildlich für das "gemeinsam in Angriff nehmen der globalen Probleme" und das Einhalten des Kyoto-Protokolls steht die USA, die mit dem Argument, dass Industrienationen bei der Reduktion des Treibhausgasausstoßes eine größere Last tragen als Entwicklungsländer, 2001 aus dem Protokoll wieder austraten (Vgl. Simonis et al. 2017, S.267). Die Treibhausgasemissionen sind trotz des verabschiedeten Kyoto-Protokolls stetig gestiegen und so hat es von Rio an 23 Jahre gebraucht, bis 2015 auf der COP 21 in Paris das Pariser Klimaabkommen verabschiedetet wurde, mit dem Ziel, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf 1,5 °C – mit einer Obergrenze von 2 °C – zu beschränken. 8 Jahre später gilt das 1,5-°C-Ziel als nicht mehr realistisch und auch die Obergrenze von 2 °C ist stark gefährdet (Vgl. von Brackel et al.).So kamen Ende des Jahres 2023 die Vertreter der Nationen in Dubai zusammen, um auf der COP 28 wieder einmal darüber zu verhandeln, wie die Welt den voranschreitenden Klimawandel aufhalten kann. Doch wenn das 2 °C Ziel stark gefährdet ist und die Treibhausgaswerte weiter ansteigen, kommen Fragen auf:Wie gedenken die VN, die Treibhausgasemissionen zu verringern?Wieso hat es von der Rio-Konferenz an 23 Jahre gedauert, bis das Pariser Abkommen verabschiedet wurde?Auf welche Maßnahmen konnten die VN sich im Kampf gegen den Klimawandel einigen?Welche Rolle und Verantwortung nehmen die Industrienationen ein?Diese Seminararbeit wird sich mit einer Einordnung der COP28 in die Entwicklung der vorangegangenen Klimakonferenzen befassen und einen Überblick über die komplexe Klimapolitik der Vereinten Nationen geben.Von Rio zur COP1 und dem Kyoto-AbkommenDen Beginn der zwischenstaatlichen Klimaverhandlungen markiert die Konferenz der VN über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro, die in zwei wichtigen umweltpolitischen Ereignissen mündete: der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung und der Agenda 21 (vgl. Simonis et al. 2017, S. 267).Rio-Erklärung: In der Rio-Erklärung legten die VN das Ziel fest"… durch die Schaffung von neuen Ebenen der Zusammenarbeit zwischen den Staaten, wichtigen Teilen der Gesellschaft und den Menschen eine neue und gerechte weltweite Partnerschaft aufzubauen, bemüht um internationale Übereinkünfte, die die Interessen aller achten und die Unversehrtheit des globalen Umwelt- und Entwicklungssystems schützen, anerkennend, dass die Erde, unsere Heimat, ein Ganzes darstellt, dessen Teile miteinander in Wechselbeziehung stehen." (Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung, S. 1).In der Erklärung wurde erstmals global das Recht auf nachhaltige Entwicklung, Forderungen sowie Voraussetzungen zur Umsetzung verankert. Daneben stehen Menschenrechte und der Schutz der Rechte zukünftiger Generationen im Mittelpunkt. Im ersten Grundsatz heißt es:"Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Sie haben das Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur" (Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung, Grundsatz 1).Insgesamt umfasst das Dokument 27 Grundsätze und Prinzipien, die die Rahmenbedingungen und Grundsätze für die Umsetzung der Ziele festlegen.Agenda 21: In der Agenda 21 wurden detaillierte Handlungsaufträge zur Erhaltung der Umwelt und Menschheit festgeschrieben, mit dem Ziel, der Verschlechterung der Situation des Menschen und der Umwelt entgegenzuwirken und eine nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen zu gewährleisten. Die Handlungsaufträge der Agenda 21 bestehen aus 40 Kapiteln und sind thematisch in vier Dimensionen unterteilt (Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015): Soziale und wirtschaftliche Dimension (Kapitel 2-8) – Armutsbekämpfung, Bevölkerungsdynamik, Gesundheitsschutz und nachhaltige Siedlungsentwicklung. Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen für die Entwicklung (Kapitel 9-22) – Schutz der Erdatmosphäre, Bekämpfung der Entwaldung, dem Erhalt der biologischen Vielfalt und die umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen. Stärkung der Rolle wichtiger Gruppen (Kapitel 23–32) – diversen gesellschaftlichen Gruppen, die für die Umsetzung der Agenda von besonderer Bedeutung sind. Möglichkeiten der Umsetzung (Kapitel 33-40) – Rahmenbedingungen zur Umsetzung der finanziellen und organisatorischen Instrumente (Technologietransfer, Bildung, internationale Zusammenarbeit). (Agenda 21, https://www.un.org/depts/german/conf/agenda21/agenda_21.pdf) Die Umsetzung der Handlungsdimensionen erfolgt mehrdimensional. Auf nationaler Ebene bspw. durch Planung von Strategien und Maßnahmen zur Umwelterhaltung. Auf institutioneller Ebene durch Akteure wie NGO. Eine exekutive Rolle fällt den Bürger*Innen zu, die durch ihre Bereitschaft zur Beteiligung an den Maßnahmen einer nachhaltigen Entwicklung mitentscheidend sind. Diese ist u.a. abhängig von der Kommunalverwaltung, die die Aufgabe der Vermittlung zwischen den Nationen und den Bürger*Innen hat (vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015).Klimarahmenkonvention: Die Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention durch 154 Staaten markiert das Ende der Rio-Konferenz und bildet die völkerrechtliche Basis für den weltweiten Klimaschutz. Das vorrangige Ziel war – wie in der Einleitung u.a. genannt – die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration auf ein Niveau, das verhindert, dass es zu gefährlichen Störungen des Klimasystems kommt. Die Umsetzung der Klimarahmenkonvention wird durch Berichterstattung über die Treibhausgasemissionen und Minderungsmaßnahmen geprüft. Diese Kontrolle sowie die Weiterentwicklung der Klimarahmenkonvention geschieht jährlich auf den seit 1995 stattfindenden Weltklimakonferenzen (COP) (vgl. Umweltbundesamt, 2024).COP1 und COP2Wie eben genannt, findet die Umsetzung, Beratung und Kontrolle der Maßnahmen auf der jährlichen Conference of Parties (COP) statt. Die COP stellt das wichtigste Organ der Klimarahmenkonvention dar und besteht aus 197 Mitgliedsstaaten (Stand COP28), die nach Einstimmigkeitsprinzip über die Maßnahmen und Umsetzung entscheiden (Simonis et al. 2017, S. 268). 1995 fand die erste COP in Berlin statt. Diese wurde geprägt durch zähe Verhandlungen zwischen der "Alliance of Small Island States" (AOSIS), auf deren Seite auch die BRD stand, und den "JUSCANZ-Staaten" (Japan, USA, Kanada, Australien, Neuseeland).Deutschland und die AOSIS forderten eine Reduktionsverpflichtung der Treibhausgasemissionen von 20 % bis zum Jahr 2005 im Vergleich zu den Emissionen aus dem Jahr 1990. Die USA, die im Jahr 1990 für 23 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich waren, und die anderen JUSCANZ-Staaten lehnten diese Verpflichtung ab. Die Verhandlungen endeten letztendlich in dem von US-Seite vorgeschlagenen "Berliner Mandat". In diesem verpflichteten sich die Vertragsstaaten, bis 1997 ein Protokoll zur Begrenzung und Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen auszuarbeiten (vgl. Simonis et al. 2017, S. 268f). Auf der in Genf stattfindenden COP2 wurden die Klimaverhandlungen weiter vorangetrieben. Einen großen Faktor hierfür stellte der Wandel der Klimaaußenpolitik der USA dar. Der damalige Präsident Bill Clinton stand in der Klimapolitik unter großem Einfluss des Vize-Präsidenten Al Gore und konnte durch diesen zu Zugeständnissen in den Verhandlungen bewegt werden. Die COP2 mündete in der Genfer Deklaration, in der die Aufforderung festgehalten wurde, die Klimaverhandlungen bis zur COP3 zu beschleunigen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 269).COP3 und das Kyoto-Protokoll Die COP3 fand 1997 im japanischen Kyoto statt. Im Vordergrund stand die Verhandlung des im Berliner Mandat festgelegten völkerrechtlich verbindlichen Protokolls zur Reduktionsverpflichtung von Treibhausgasemissionen. Sie waren geprägt von unterschiedlichen Positionen und Interessenlagen der Mitgliedsnationen. Die USA, als einer der größten Verursacher von Treibhausgasen, sprachen sich gegen eine einheitliche Zielvorgabe zur Reduzierung der CO₂-Emissionen für alle Länder aus. Auch andere Industrieländer wie Japan und die EU vertraten diesen Standpunkt.Aufgrund der anfangs unflexiblen Verhandlungshaltung der USA kam es auf Seiten der Entwicklungs- und Schwellenländer wie z.B. der Allianz der AOSIS, die sich für eine einheitliche Zielvorgabe aussprachen, zu Zweifeln, dass es zu einer Einigung kommen könnte. Letztendlich konnten sich die Nationen der Weltklimakonferenz auf eine Zielsetzung zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Zeitraum von 2008 bis 2012 (u.a. USA 7 %, Japan 6 % und die EU 8 %) einigen.Festgeschrieben wurden die Verpflichtungen im Kyoto-Protokoll, das (nach Artikel 25) in Kraft treten sollte, sobald "mindestens 55 Staaten, die zusammengerechnet mehr als 55 % der CO₂-Emissionen des Jahres 1990 verursachten, das Abkommen ratifiziert haben" (Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015).Das Kyoto-Protokoll unterscheidet zwischen Schwellen-/Entwicklungsländern und Industriestaaten. Industrieländer wie Russland, Japan, USA oder die EU (1997 bestehend aus 15 Ländern) verpflichteten sich, aufgrund ihrer historischen Verantwortung für den Anstieg der Treibhausgasemissionen, diese zu reduzieren. Schwellenländer wie China oder Indien mussten genauso wie die Entwicklungsländer keine verbindlichen Maßnahmen eingehen, erkannten jedoch durch die Unterzeichnung die Notwendigkeit an, gegen den Klimawandel vorgehen zu müssen.Neben den Reduktionszielen führte das Kyoto-Protokoll zur Gründung neuer Institutionen und Instrumente, die durch technische und wissenschaftliche Beratung das Erreichen der Emissionsreduzierung zusätzlich unterstützen sollten (vgl. Simonis et al. 2017, S. 270f.).Ratifizierung des Kyoto-Protokolls Bis zur Ratifizierung des Kyoto-Protokolls sollte es bis 2005 dauern. Grund dafür war u.a. die in Artikel 25 festgehaltene Hürde zur Ratifizierung. Die von den Unterzeichnern des Kyoto-Protokolls angestrebte schnelle Ratifizierung verzögerte sich durch offene Fragen im Protokoll. Ein zentraler Streitpunkt war der Umgang mit flexiblen Maßnahmen, um die Reduktionsziele einhalten zu können.Ein Beispiel für diese Maßnahmen betrifft Senken, also die Speicherung von Kohlenstoff durch Wälder, Böden und Meere sowie Maßnahmen zur Aufforstung und Wiederaufforstung. Die USA plädierten für eine großzügige Anrechnung flexibler Maßnahmen, um die vorgegebenen Ziele überhaupt erreichen zu können, während die EU nach außen hin für eine strengere Obergrenze eintrat, intern aber hinsichtlich dieser Thematik gespalten war.Bei den auf die COP 3 folgenden COP4 bis COP6 kam es zu keinen signifikanten Einigungen. Neben der Konfliktlinie zwischen den USA und der EU kam es zur Auseinandersetzung zwischen der Umbrella-Gruppe (ehemalige Mitglieder der JUSCANZ, die sich nach der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls aufgelöst und sich mit Island, Russland und der Ukraine neu formiert haben) und den G77-Staaten (Zusammenschluss der Entwicklungsländer der Vereinen Nationen) mit China, bei der die EU erfolglos versuchte zu vermitteln. Die andauernde Uneinigkeit zwischen den verschiedenen Parteien mündete letzten Endes darin, dass die USA unter Präsident George W. Bush 2001 aus dem Kyoto-Protokoll austrat (vgl. Simonis et al. 2017, S. 273 ff.). Nach dem Ausscheiden der USA übernahm die EU die Führung, um die Ratifizierung voranzutreiben. Industrieländer wie Japan, Russland oder Australien nutzten das drohende Scheitern des Kyoto-Protokolls als Druckmittel gegenüber der EU, um Regelungen bspw. für flexible Maßnahmen zu ihren Gunsten auszulegen. Die EU, die sich stark für das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls einsetzte, ging bei den Verhandlungen auf den auf die COP6 (Den Haag) folgenden Konferenzen Kompromisse ein. Daraus resultierte, dass die strikten Begrenzungen für flexible Maßnahmen, bspw. hinsichtlich von Senken, bei den Folgeverhandlungen auf der COP6II (Bonn) aufgehoben wurden, wovon vor allem Russland und Kanada stark profitierten.Bereits verhandelte Punkte wurden bei der COP7 (Marrakesch) auf erneuten Druck von Kanada, Russland und dazu auch Japan neu verhandelt. Das Resultat war das Übereinkommen von Marrakesch, was neben 15 Maßnahmen zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls die Regelungen für die Anrechnung flexibler Maßnahmen noch weiter aufweichte. Die folgenden Klimakonferenzen COP8 (Neu-Delhi) und COP 9 (Mailand) waren weiter von Verhandlungen und technischen Fragen geprägt, führten letztendlich im November 2004 zu der Ratifikation durch Russland und dadurch zum Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls im Jahr 2005.Bei der COP10 (Buenos Aires) war nach langen vorangegangenen Verhandlungen zur Ratifizierung erstmals wieder Platz für andere Themen, wie die Anforderungen an die Industrieländer, Maßnahmen und Ressourcen für die Anpassung von Entwicklungsländern an die Folgen des Klimawandels bereitzustellen. Am 16. Februar 2005 trat das Kyoto-Protokoll und seine Umsetzungsregeln in Kraft, kurz nachdem das Emissionshandelssystem der EU (erhebliche Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 und Netto-Null-Emissionen bis 2050) im Januar eingeführt wurde (vgl. Simonis et al. 2017, S. 274 f).Post-Kyoto-ÄraDas Inkrafttreten 2005 leitete eine neue Ära der Klimaverhandlungen ein, mit dem Ziel, ein neues Abkommen für die Zeit nach der Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls (2008-12) auszuarbeiten. Auf der COP11 (Montreal) traten die Mitglieder der MOP (Meeting of Parties of the Kyoto Protocol) unter der Führung der EU und gestützt von der AOSIS zusammen und einigten sich auf Folgeverhandlungen über die Verpflichtungen der Industrieländer für die "Post-Kyoto-Zeit." Ausgenommen waren Australien und die USA, die seit dem Austritt mehrmals versucht hatte, die Kyoto-Verhandlungen zu behindern und den Klimawandel infragezustellen.Neben den Folgeverhandlungen wurde die Miteinbeziehung der Schwellenländer und der USA in zukünftige Verhandlungen festgeschrieben. 2005 kam es durch den Hurrikan "Katrina" in den USA zu verheerenden Schäden, die offenlegten, dass die Kosten, die ein ungebremster Klimawandel durch z.B. Katastrophen verursacht, deutlich höher ausfallen als die Kosten für Treibhausgasreduktionsmaßnahmen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 275 f). Auf der COP12 (Nairobi) konnten die Staaten sich einigen,"... die bisherigen Ergebnisse des Kyoto-Protokolls nach Artikel 9 bis 2008 einer Effektivitätsprüfung zu unterziehen und die Entwicklungsländer bei CDM und Anpassungsmaßnahmen verstärkt einzubeziehen (Sterk et al. 2007: 141 f., zitiert nach Simonis et al. S.276)."COP13Ein erheblicher Fortschritt in der internationalen Klimapolitik gelang den VN 2007 auf der COP13 (Bali) hinsichtlich des Ziels, sich auf das Post-2012-Abkommen zu einigen. Die zwei zentralen Vorhaben hierfür waren zum einen die Verpflichtung der Industrieländer für eine zweite Kyoto-Phase zwischen 2013 und 2020 und die Aufnahme von Mitigationsmaßnahmen durch die Entwicklungsländer.Bei den letzteren standen vor allem China, das 2007 an der Spitze der Treibhausgasemissionen stand und sich in der Vergangenheit gegen freiwillige Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung durch Schwellen- und Entwicklungsländer ausgesprochen hatte, aber auch Indien in der Kritik. Die USA blockierten früh den Verlauf der Verhandlungen, was dazu führte, dass die Entwicklungsländer ankündigten, einem neuen Abkommen nur zuzustimmen, wenn die USA auch beteiligt sind.Die Position der USA führte zu massiver Kritik vonseiten der oppositionellen Demokraten in den USA und der amerikanischen Öffentlichkeit. Durch den steigenden Druck gab die US-Regierung ihre Blockade-Haltung auf, und die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen und Verlängerung des Kyoto-Protokolls mit Einbezug der Entwicklungsländer konnten weitergeführt werden.Für die Post-Kyoto-Zeit wurde festgelegt, dass für die Anpassungsmaßnahmen der Entwicklungsländer ein Anpassungsfonds bis 2012 gegründet werden muss. Das Geld hierfür wird von den Vertragsstaaten bereitgestellt und von der Weltbank sowie dem globalen Umweltfonds verwaltet. Des Weiteren wurden finanzielle Zusagen für den REDD+-Mechanismus, der für die Förderung der Erhaltung und Erhöhung der Kohlenstoffbestände in den Wäldern und für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sowie vermiedene Entwaldung steht, vereinbart, was vor allem für die Entwicklungsländer einen bedeutenden Schritt darstellte (vgl. Simonis et al. 2017, S. 276 ff.). Die Verhandlungen über das Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls sollten über die COP14 (Posen) hinaus auf der COP15 in Kopenhagen abgeschlossen werden.COP15 - COP17Die COP15 in Kopenhagen, die den Erwartungen nicht gerecht werden konnte und als gescheitert (vgl. SPD, 2010) betitelt wurde, kann rückblickend gesehen als ein Zwischenschritt zu dem anstrebten Folgeabkommen verstanden werden. Früh wurde klar, dass das Ziel des Nachfolgeabkommens für die Post-Kyoto-Zeit in Kopenhagen nicht zu erreichen sein wird. Obgleich die Staaten es nicht schafften, ihr Ziel zu erreichen, erzielten sie in einigen Punkten einen Konsens. Das wichtigste Ergebnis der COP15 stellt die Anerkennung des 2°C-Ziels und die daraus resultierende Notwendigkeit tiefer Einschnitte bei den globalen Emissionen dar.Neben diesem Beschluss wurde festgelegt, dass in einem pledge and review-Verfahren (versprechen und überprüfen) die Staaten ihre Emissionsziele angeben müssen und diese im Hinblick auf die Erreichbarkeit des 2°C-Ziels überprüft werden. Im Vergleich zu früheren Beschlüssen wurden neben den Industrieländern in diesem Verfahren auch die Entwicklungsländer mit einbezogen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 278 f). Der damalige deutsche Bundesumweltminister Norbert Röttgen sagte nach der COP15:"Wir haben nicht das erreicht, was wir uns gewünscht haben, aber das, was erreicht werden konnte – die Alternative von wenig wäre nichts gewesen… Trotz der Enttäuschungen von Kopenhagen dürfen wir das Ziel eines umfassenden, weltweiten Klimaschutzabkommens nicht aufgeben." (BMUV, 2009).Nachdem die Übereinkunft von Kopenhagen (https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Gesetze/copenhagen_accord_bf.pdf) aufgrund des Einspruchs von Ländern wie u.a. Bolivien nicht formal rechtlich verabschiedet und nur zur Kenntnis genommen werden konnte, wurde auf der COP16 im Cancun-Abkommen das 2°C-Ziel als offizielles international gemeinsames langfristiges Ziel festgelegt. Bis 2015 sollte zudem überprüft werden, ob es erforderlich ist, das 2°C-Ziel auf 1,5 °C herabzusetzen. Daneben wurde für die Entwicklungsländer, die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, ein Programm zur Unterstützung sowie ein grüner Klimafonds eingerichtet, der ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar bereitstellen soll (vgl. Simonis et al. 2017, S. 279). Die COP17 in Durban läutete eine neue Phase der Klimaverhandlungen ein. Nachdem im Vorfeld der Verhandlungen die BASIC-Staaten (ein Verbund aus Brasilien, Südafrika, Indien und China) sich auf die gemeinsame Forderung geeinigt hatten, dass auch nach dem Ablauf des Kyoto-Protokolls die Verantwortung für die Treibhausgasemissionen weiterhin ausschließlich bei den Industrieländern liegt, und China, Indien und die USA sich gegen verpflichtende Ziele ausgesprochen hatten, gestalteten sich die Verhandlungen anfangs schwierig.Im weiteren Verlauf gelang es der EU, die Blockadehaltung zu lösen und China und Indien dazu zu bewegen, das Durban-Abkommen zu unterzeichnen, das die Industrieländer sowie China und Indien dazu verpflichtet, sich bis 2015 rechtlich verbindliche Emissionsziele zu setzen. Trotz diesem Erfolg gab es von Seiten der NGO Kritik, dass es erneut nicht gelungen sei, verbindliche Emissionsziele festzusetzen, was auf die Blockadehaltung der USA zurückgeführt wird. Die Weiterführung der Post-Kyoto-Verhandlungen wurde auf die COP18 in Doha vertagt (vgl. Simonis et al. 2017, S. 282 f).COP18 - COP20 Bei der COP18 in Katar gelang es, das Kyoto-Protokoll von 2013 bis 2020 zu verlängern, mit dem Ziel eines Folgeabkommens, das 2020 in Kraft treten sollte. Die Verlängerung des Kyoto-Abkommens wurde von einem faden Beigeschmack geprägt, da mit Japan, Kanada, Russland und Neuseeland vier Industrieländer aus dem Protokoll austraten. Das hatte zur Folge, dass die teilnehmenden 37 Kyoto-Staaten für nur noch 15 % der weltweiten Emissionen verantwortlich waren und das Kyoto-Protokoll realpolitisch an Relevanz und Glaubwürdigkeit einbüßte. Im selben Zeitraum veröffentlichte die UNEP (UN Environment Programme) einen Bericht mit dem Ergebnis, dass die weltweiten Emissionen seit 2000 um 20 % angestiegen sind (vgl. Simonis et al. 2017, S. 283). 2013 fand die COP19 in Warschau statt, mit der Aufgabe, offen gebliebene Fragen der COP18 abzuschließen. Ein Erfolg konnte bei der Finalisierung des Waldschutzmechanismus REDD (siehe Abschnitt COP13) verbucht werden, bei der sich die Entwicklungsländer mit der Idee eines fondsbasierten Mechanismus zur Finanzierung von Waldschutzprojekten gegenüber den Industrieländern, die eine marktbasierte Lösung durch einen Zertifikatshandel präferierten, durchsetzten. Bei der Frage nach konkreten Zusagen über die Verpflichtung für ein Folgeabkommen nach 2020 einigte man sich, dass die Staaten, die bereit sind, diesem beizutreten, bis Anfang 2015 ihre Emissionsziele bekannt geben müssen (vgl. Simonis et al. 2017, S. 283). Bei der COP20 in Lima stand die Vorbereitung eines neuen Klimaschutzabkommens, das auf der COP21 in Paris finalisiert werden und 2020 in Kraft treten sollte, im Vordergrund. Im Beschluss von Lima wurden die Staaten dazu aufgerufen, bis Mai 2015 eigene Klimaschutzbeiträge vorzulegen und anzugeben, wie sie ihre Treibhausgasemissionen mindern können. Des Weiteren wurde bekannt gegeben, dass Staaten in den grünen Klimafonds, der bis 2020 100 Mrd. USD schwer sein soll, 10 Mrd. USD eingezahlt und dadurch die finanzielle Basis geschaffen haben (vgl. Umweltbundesamt, 2014).COP21 und der Pariser KlimaabkommenNachdem seit der Ratifizierung des Kyoto-Abkommens über ein Folgeabkommen ab 2020 verhandelt wurde, konnten sich die Vertragsstaaten 2015 auf der COP21 in Paris einigen und erreichten mit dem Pariser Klimaabkommen (https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf), was 2009 auf der COP15 in Kopenhagen noch scheiterte. Die Staatengemeinschaft einigte sich völkerrechtlich verbindlich auf folgende Hauptziele, die in Artikel 2 des Abkommens festgeschrieben sind:a) "der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau gehalten wird und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, da erkannt wurde, dass dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich verringern würde; b) die Fähigkeit zur Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen erhöht und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen sowie eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung so gefördert wird, dass die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird; c) die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung." (BMUV, 2015. Übereinkommen von Paris)Im Vergleich zum Kyoto-Protokoll sind im Pariser Abkommen nicht nur die Industrieländer, sondern alle Vertragsländer dazu verpflichtet, nationale Klimaschutzpläne (nationally determined contributions, kurz NDCs) umzusetzen, die in 29 Artikeln festgehalten sind. Die Artikel enthalten u.a. Elemente zur Milderung und Anpassung an den Klimawandel, Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, Technologietransfer, Ausbau von Kapazitäten sowie Transparenz von Maßnahmen und Unterstützung. Entwicklungsländer sollen bei den Maßnahmen zur Umsetzung unterstützt werden.Um zu überprüfen, ob die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden, soll ab 2023 alle fünf Jahre eine Bestandsaufnahme durchgeführt werden. Damit das Klimaabkommen in Kraft treten konnte, war wie beim Kyoto-Protokoll eine Ratifizierung durch mindestens 55 Staaten, die mindestens 55 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verursachen, nötig. Die Ratifizierung erfolgte im Vergleich zum Kyoto-Ankommen schneller, sodass das Pariser Klimaabkommen am 4. November 2016 offiziell in Kraft treten konnte.Durch das Pariser Klimaabkommen wurde der Klimawandel sowie die Notwendigkeit, diesen zu bekämpfen, auf internationaler Ebene anerkannt, es wird daher als ein Meilenstein in der internationalen Klimapolitik angesehen. Kritik gab es von Forschenden und Klimabewegungen dafür, dass das 1,5°Grad Ziel realistisch gesehen mit den im Abkommen festgelegten Rahmenbedingungen nicht mehr zu erreichen ist und auf internationaler Ebene die Rechtsverbindlichkeit fehlt (vgl. Watjer, 2020).Post-COP21-ÄraCOP22 - COP27Auf die Weltklimakonferenz in Paris folgte die COP22 in Marrakesch, die am 7. November 2016, sechs Tage nach dem Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens, startete. Auf der Agenda stand neben der Ausgestaltung des Pariser Klimavertrags die Finanzierung des Klimaschutzes für Entwicklungsländer, mit besonderem Fokus auf Afrika (vgl. Lili Fuhr et al., Nov. 2016).Diese Themen rückten durch den Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen früh in den Hintergrund, was zu einer gedrückten Stimmung unter den Vertragsstaaten führte, da die Sorge bestand, die USA könnte aus dem Pariser Abkommen wieder austreten, da Trump den Klimawandel in der Vergangenheit als chinesische Verschwörung bezeichnet und das Klima-Engagement der USA kritisiert hatte (FAZ, 2020).Nach unruhigem Start der COP22 konnten die VN mit der "Proklamation von Marrakesch" (https://unfccc.int/files/meetings/marrakech_nov_2016/application/pdf/marrakech_action_proclamation.pdf) eine Proklamation verabschiedeten, in der 197 Staaten – darunter auch die USA – zu maximalem politischen Engagement gegen den Klimawandel aufgerufen haben. Fast 50 Staaten erklärten in der Proklamation, schnellstmöglich - spätestens bis 2050 - klimaneutral zu werden und komplett auf erneuerbare Energien umstellen zu wollen. Die Industriestaaten gaben die Zusage, den Grünen Fond, der ab 2020 jährlich 100 Milliarden für Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel bereitstellen soll, zur Verfügung zu stellen (vgl. Europäisches Parlament, 2016).Am 5. August 2017 verkündete Donald Trump bei den VN den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2020. Im November 2017 trafen sich die Vertragsstaaten in Bonn auf der COP23. Die Präsidentschaft hatten die Fidschi-Inseln inne, die als erster kleiner Inselstaat den Vorsitz bei einer Klimakonferenz übernahmen. Auf der Agenda stand die Ausarbeitung eines Regelwerks zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, mit dem Ziel, dieses im Folgejahr bei der COP24 in Katowice zu verabschieden.Die Konferenz endete damit, dass zu allen Kapiteln des Regelwerks umfassende Textbausteine mit Kommentaren und Vorschlägen der Länder vorgelegt werden konnten. Weitere Ergebnisse stellten eine internationale Allianz zum Ausstieg aus Kohlekraftwerken von 25. Ländern und Regionen dar, darunter Kanada, die UK, Frankreich und mehrere US-Bundesstaaten, ein Arbeitsprogramm für die Landwirtschaft und die Talanoa-Dialoge als neues Gesprächsformat. Bei diesem handelt es sich um ein traditionelles, auf gegenseitigem Respekt basierendes Kommunikationsformat, das dazu beitragen soll, dass Staaten ihre Ziele beim Klimaschutz nachbessern, ohne sich gegenseitig mit vergangenen Versäumnissen und Verhaltensweisen zu konfrontieren (Vgl. Lili Fuhr et al., 2017).Im Oktober 2018 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) einen Sonderbericht (https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2020/07/SR1.5-SPM_de_barrierefrei.pdf), der die Auswirkungen eines Temperaturanstiegs um 1,5 °C gegenüber vorindustriellen Werten bewertet. Der Bericht kam zu dem Ergebnis, dass die aktuellen Klimaziele der Staaten nicht ausreichen und nach derzeitigem Stand sich die globale Temperatur bis 2030 um über 3 °C erhöhen wird.Dieser Sonderbericht sorgte auf der COP24, die kurz nach Erscheinen des Berichts im Dezember in Katowice stattfand, für große Diskussion. Die USA, Saudi-Arabien und weitere arabische Ölstaaten gaben an, den Bericht nicht anzuerkennen und versuchten, diesen zu verwässern. Letztendlich konnten sich die Vertragsstaaten auf das Katowice-Klimapaket (https://unfccc.int/sites/default/files/resource/Informal%20Compilation_proposal%20by%20the%20President_rev.pdf) einigen. In diesem wurden Details zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens festgeschrieben und festgelegt, wie die einzelnen Staaten ihre nationalen Klimabeiträge messen, vergleichen und an das Klimasekretariat der VN zu übermitteln haben.Beim Versuch, den Sonderbericht der IPCC in das Katowicer Dokument aufzunehmen, musste eine Kompromisslösung gefunden werden, indem die Vertragsstaaten im Regelwerk dazu aufgefordert werden, die Informationen des Berichts zu nutzen. Beim Thema eines globalen Emissionshandelssystems wurden Kernfragen weiterhin offengelassen (Vgl. Lehr, Schalatek, 2019).Nachdem sich im Vorfeld der COP25 in Madrid 66 Staaten zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 bekannt hatten, stellte die EU-Kommission auf der Konferenz den "Green Deal" (https://www.esdn.eu/fileadmin/ESDN_Reports/ESDN_Report_2_2020.pdf) mit dem Ziel vor, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Hierfür stellte die Kommission rund 50 Maßnahmen aus den Bereichen Klima- und Umweltpolitik, Energiepolitik, Industrie, Verkehrspolitik und Landwirtschaft vor und plante, um die Klimaneutralität bis 2050 voranzutreiben, diese per Gesetz festschreiben zu lassen (vgl. Auswärtiges Amt, 2019).Insgesamt verlief die COP25 ohne konkrete Ergebnisse. Beim Thema globaler Emissionshandel konnten die VN sich, wie schon auf der COP24, nicht einigen. Das lag unter anderem daran, dass sich Staaten wie Australien, USA und Brasilien wenig kompromissbereit zeigten:"Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas komme nun in eine ernsthafte Phase, deshalb organisieren einige Staaten wie die USA, Brasilien und Australien, die eng mit der fossilen Lobby verbandelt sind, eine letzte Abwehrschlacht" (Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, DW, 2019).Im November 2020 setzte sich Joe Biden bei der Wahl gegen Donald Trump durch. Daraufhin trat die USA dem Pariser Abkommen im Februar 2021 wieder bei. Im Juli 2021 trat das europäische Klimagesetz in Kraft, in dem die EU die Klimaneutralität bis 2050 zum verbindlichen Ziel, mit dem Zwischenziel einer Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030, festgelegt.Im November 2021 kamen die Vertragsstaaten in Glasgow auf der COP26 (die 2020 aufgrund der Covid19-Pandemie auf 2021 vertagt wurde) zusammen, mit dem Ziel, sich auf einen gemeinsamen Kohleausstieg zu einigen. Dieses Ziel konnte teilweise erreicht werden: Im Klimapakt von Glasgow einigte man sich aufgrund des Drucks der von Kohle abhängigen Staaten wie China und Indien lediglich auf einen schrittweisen Abbau.Festgehalten wurde auch, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen weltweit noch in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken muss, wenn das 1,5-Grad-Limit erreichbar bleiben soll. Daneben wurden die reichen Länder aufgefordert, das Geld für die 100 Mrd USD, mit denen die Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel unterstützt werden sollen, bereitzustellen. Eine Überraschung stellte der USA-China-Pakt dar, in dem beide Länder verkündeten, eine gemeinsame Arbeitsgruppe einrichten zu wollen, um den Umbau zu einer klimaneutralen Weltwirtschaft zu beschleunigen (vgl. Dlf, 2021).Die COP27 wurde 2022 im ägyptischen Scharm El-Scheich ausgetragen. Das wichtigste Ergebnis stellt der Fond für klimabedingte Schäden und Verluste dar, der von den Entwicklungsländern seit mehreren Jahren gefordert wurde. Durch diesen sollen ärmere, durch den Klimawandel stark bedrohte Länder bei Schäden, die durch Klimakatastrophen verursacht wurden, Ausgleichszahlungen erhalten. Keine erheblichen Fortschritte konnten dagegen bei den Lösungsansätzen zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels aus dem Pariser Abkommen gemacht werden. Versuche, weitergehende Formulierungen zu einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und Kohle zu verfassen, wurden von China und Saudi-Arabien blockiert. Als Erfolg wird die Klimapartnerschaft zwischen Industrieländern wie den USA und Deutschland mit Entwicklungsländern wie Ägypten, Mexiko und Südafrika gesehen. Die Industrieländer stellen Mittel bereit, um bei den kleineren Ländern die Energiewende voranzutreiben (vgl. Dlf, 2022). COP28 in DubaiAuf der COP28, die vom 30. November bis 12. Dezember 2023 in Dubai stattfand, wurde seit dem Pariser Klimaabkommen erstmals offiziell Zwischenbilanz gezogen. Die EU (-7,4 %) und die USA (-3,0 %) haben es 2023 geschafft, ihre Emissionen im Vergleich zu 2022 zu verringern. In Indien (+8,2 %) und China (+4,0 %) sind sie dagegen angestiegen. Die selbst gesetzten Ziele zur Treibhausgasemission, die sich die Staaten gesetzt hatten, konnten nicht erfüllt werden.Im Vergleich zum Vorjahr sind die Emissionen um 1,1 % angestiegen und liegen bei 36,8 Milliarden ausgestoßenen Tonnen CO₂. Diese werden ergänzt durch Maßnahmen wie z.B. das Roden von Wäldern, sodass die Endbilanz bei 40,9 Milliarden Tonnen CO₂ liegt (vgl. Appelhans, 2023). Die Zwischenbilanz zeigt deutlich, dass die aktuellen Maßnahmen und Umsetzungen der Nationen nicht ausreichen, um das 1,5°C-Ziel zu erreichen.Das "sichtbarste" Ergebnis der Konferenz stellt die Einigung der Weltgemeinschaft auf einen Beschlusstext zu einem "Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen" dar. Ziel ist es, durch einen Ausstieg aus fossilen Energien (Öl, Gas, Kohle…) den globalen Süden, den die Auswirkungen des Klimawandels am stärksten treffen, vor weiteren drohenden Katastrophen zu schützen.Bei den fossilen Brennstoffen (Öl und Gas) wurde sich auf den Begriff "Abkehr" anstatt Ausstieg als Kompromiss geeinigt. Dies ist zurückzuführen auf Staaten wie Saudi-Arabien, deren Wirtschaft auf dem Handel mit fossilen Brennstoffen beruht und für die ein Ausstieg, Stand jetzt, nicht in Frage kommt. Um den Ausstieg zu erreichen, benötigt es einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien. Im Beschlusstext wurde das Ziel formuliert,"... die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und das Tempo bei der Energieeffizienz in diesem Zeitraum zu verdoppeln." (BMZ, COP28 Abschnitt 2)Neben dem Ausstieg einigten sich die Staaten auf die Ausgestaltung des auf der COP27 beschlossenen Fonds für Klimaschäden im Globalen Süden. Deutschland und Saudi-Arabien kündigten an, für diesen jeweils 100 Millionen Euro bereitzustellen (vgl. bpb, 2023).Fazit und AusblickDie Historie der zurückliegenden Klimakonferenzen zeigt klar auf, wie kompliziert und hoch angespannt die internationale Klimapolitik ist. Um einen Konsens zu erzielen und ein Vorankommen zu ermöglichen, müssen in der Regel package deals und Kompromisse eingegangen werden, was eine schnelle und effektive internationale Zusammenarbeit erschwert.Ergebnisse zu erzielen, kostete in der Vergangenheit viel Zeit - Zeit, die die Welt und vor allem der globale Süden nicht mehr hat. 2009 scheiterte der erste Versuch, den Klimawandel als ein ernstzunehmendes Problem international offiziell anzuerkennen, auf der COP15 in Kopenhagen. Und es dauerte bis 2015, dass die Vertragsstaaten sich einigen konnten und mit dem 1,5°C-Ziel den Klimawandel anerkannten und ihm gemeinsam den Kampf ansagten. Die Historie von Rio bis Paris offenbart zwei Probleme der internationalen Klimapolitik:Die internationale Klimapolitik ist träge und kommt nur langsam voran. Um überhaupt einen Konsens zu finden, mussten zwischen den Nationen in der Regel immer Kompromisse eingegangen werden. Dies ist am Verlauf des Kyoto-Protokolls, als die EU bei Maßnahmen wie den Senken Industrieländern wie Kanada und Russland entgegenkam, damit das Protokoll überhaupt noch ratifiziert werden kann, gut ersichtlich. Wenige Jahre später stiegen Russland und Kanada bei der Verlängerung des Kyoto-Protokolls bis 2020 dann aus.Es gibt keinen internationalen Souverän, der die einzelnen Staaten maßregelt und Konsequenzen verhängt, wenn Staaten es nicht schaffen, ihre Emissionen zu verringern. Trotz des Pariser Abkommens sind die Treibhausgasemissionen seit 2015, mit Ausnahme der Phase der Covid19-Pandemie, angestiegen. Konsequenzen gab es für die Industrienationen, die Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen sind, nicht. Das 1,5°C-Ziel, das bereits 2015 von Kritiker*innen als unrealistisch angesehen wurde, ist acht Jahre später mit dem Trend, dass die CO₂-Emissionen weiter ansteigen, kaum noch zu erreichen. Die Prognose in Bezug auf den Klimawandel sieht für die kommenden Jahre düster aus. Hoffnung könnte der auf der COP28 beschlossene Ausstieg bzw. die Abkehr von fossilen Brennstoffen, die über 80 % der CO₂-Emissionen ausmachen, bieten. Dieser Beschluss könnte - nach dem Pariser Abkommen - ein weiter großer Schritt in die richtige Richtung sein. Wie groß dieser Schritt ausfällt, ist abhängig davon, wie sich die Vertragsstaaten an dem Ausstieg beteiligen und wie schnell sie versuchen, diesen umzusetzen.Ein weiterer Hoffnungsschimmer könnte die steigende Verantwortung sein, die die Industrieländer für den Klimawandel übernehmen. Der globale Süden, der vom Norden über Jahre hinweg ohne große Rücksicht auf Folgen ausgebeutet wurde (und immer noch wird), bekommt das Ausmaß des Klimawandels am deutlichsten zu spüren. Durch den auf der COP27 verabschiedeten Fond für Klimakatastrophen erhält er von den Industrienationen finanzielle Unterstützung, was einen Anfang darstellt. Die Industriestaaten, allen voran die EU, haben sich dazu bekannt, den globalen Süden nicht mehr im Stich zu lassen. Dies kann man gleichzeitig als Zeichen sehen, dass die VN erkannt haben, dass der Klimawandel nur im Kollektiv aufgehalten werden kann.Der Trend der letzten Klimakonferenzen ist positiv. Ob dieser Trend anhält, hängt klimapolitisch stark von den USA, China und mit einigen Abstrichen Indien und den Öl-Staaten ab. Die USA, die eine lange Historie besitzt, sich in der Klimapolitik querzustellen und nicht zu kooperieren, steht vor einem Wahljahr 2024, in dem Donald Trump die Chance hat, nach 2016 erneut zum Präsidenten gewählt zu werden. Trump, dessen Politik unberechenbar ist, ist kein Befürworter von Maßnahmen gegen den Klimawandel und trägt die Verantwortung dafür, dass die USA 2020 aus dem Pariser Abkommen ausgetreten sind.Die USA pflegen trotz des gemeinsamen Pakts für eine klimaneutrale Wirtschaft ein angespanntes Verhältnis zu China, das eskalieren könnte. China, das in Sachen Treibhausgasemissionen seit über zehn Jahren an der Spitze steht, hat lange versucht, sich unter dem Deckmantel "Schwellenland" vor klimapolitischer Verantwortung zu drücken. In der nahen Zukunft könnte sich dies mit Indien, das inzwischen bei den Emissionen auf Platz 3 (Stand 2022) steht, wiederholen.Sollten sich die USA, China und Indien als Top 3 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/179260/umfrage/die-zehn-groessten-c02-emittenten-weltweit/) in Sachen Treibhausgasemissionen aus dem Kampf gegen den Klimawandel zurückziehen bzw. bei dem Ausstieg aus fossiler Energie nicht mitziehen, sieht es düster für den Rest der Welt aus. Auch die Blockadehaltung in Bezug auf den Ausstieg aus fossilen Brennstoffe der Ölstaaten wie Saudi-Arabien muss beobachtet werden.Neben den Wahlen in den USA darf die EU-Wahl nicht unterschätzt werden. In den vergangenen Jahren konnten rechtspopulistische Parteien, von denen viele Klimawandelleugner (vgl. Schmidt-Mattern, 2019) sind, fast in allen EU-Ländern Stimmen dazugewinnen. Sollte es innerhalb des EU-Parlaments zu einem starken Rechtsruck kommen, könnte dies auch Auswirkungen auf die Klimapolitik der EU haben. Das wäre fatal, da die EU schon seit der Rio-Konferenz im Kampf gegen den Klimawandel als Vorreiter agiert und regelmäßig zwischen Parteien mit verschiedenen Standpunkten als Zwischenhändler agiert und so Kompromisse erreicht. Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel stehen auf wackligen Beinen, doch der Trend der vergangenen Jahre ist positiv, was Anlass zur Hoffnung gibt. Dennoch müssen die Staaten, wenn sie noch eine Chance haben wollen, den Klimawandel einzudämmen, geschlossener und vor allem schneller agieren als noch in der Zeitspanne zwischen Rio de Janeiro und Paris. LiteraturAuswärtiges Amt. 2018. "Erfolgreicher Abschluss der "COP24" in Kattowitz". https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/klimaaussenpolitik/cop-24-kattowitz/2171152 (24.03.24).Auswärtiges Amt. 2019. "COP25: nationale Anstrengungen zum Klimaschutz deut-lich ausbauen". https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/klimaaussenpolitik/cop25-madrid/2283322 (24.03.24).BMUV 2009. "Kopenhagen Vereinbarung". https://www.bmuv.de/gesetz/die-kopenhagen-vereinbarung (24.03.24).BMUV. "Übereinkommen von Paris". https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf (25.03.24)BMZ. "Klimaabkommen von Paris". https://www.bmz.de/de/service/lexikon/klimaabkommen-von-paris-14602 (24.03.24).BMZ. "2023 Weltklimakonferenz in Dubai (COP 28)". https://www.bmz.de/resource/blob/196012/cop28-ergebnisse.pdf (24.03.24).Dlf. 2021. "UN-Klimakonferenz in Glasgow – Aufforderung zum Kohleausstieg". https://www.deutschlandfunk.de/klimakonferenz-cop26-klimawandel-glasgow-100.html (24.03.24).Dlf. 2022. "Klimakonferenz in Ägypten – Was von den Ergebnissen des Klimagipfels zu halten ist". https://www.deutschlandfunk.de/weltklimakonferenz-abschlusserklaerung-aegypten-cop27-100.html (24.03.24).Dlf. 2023. "Was der Beschluss der Weltklimakonferenz für fossile Energien bedeu-tet". https://www.deutschlandfunk.de/cop-weltklimakonferenz-abschlusstext-fossile-energien-100.html (24.03.24).DW. 2019. "Weltklimakonferenz endet fast ergebnislos". https://www.dw.com/de/weltklimakonferenz-in-madrid-geht-fast-ergebnislos-zu-ende/a-45925392 (24.03.24).Europäisches Parlament. 2016. "Fragen und Antworten zur COP22 in Marrakesch 2016". https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20161114STO51118/fragen-und-antworten-zur-cop22-in-marrakesch (24.03.24).Europäisches Parlament. 2017. "Reform des Emissionshandelssystems der EU". https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20170213STO62208/reform-des-emissionshandelssystems-der-eu (25.03.24).Fuhr, Lili, Liane Schalatek und Simon Ilse. 2016 "Uns bleibt immer Paris' – eine Analyse zur Klimakonferenz in Marrakesch". Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2016/11/24/uns-bleibt-immer-paris (25.03.24).Fuhr, Lili, Liane Schalatek und Simon Ilse. 2016 "Die COP 22 in Marokko muss das Paris-Abkommen mit Leben erfüllen". Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2016/10/28/die-cop-22-marokko-muss-das-paris-abkommen-mit-leben-erfuellen (24.03.24).Fuhr, Lili, Liane Schalatek und Don Lehr. 2017. "Wir werden nicht untergehen, wir sind hier um zu kämpfen!": Eine Auswertung der COP 23". Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2017/11/27/wir-werden-nicht-untergehen-wir-sind-hier-um-zu-kaempfen-eine-auswertung (24.03.24).ESDN. 2020, "Green Deal". https://www.esdn.eu/fileadmin/ESDN_Reports/ESDN_Report_2_2020.pdf (24.03.24).FAZ. 2020. "Amerika offiziell aus Pariser Klimaabkommen ausgetreten". https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-nachhaltigkeit/usa-offiziell-aus-pariser-klimaabkommen-ausgetreten-17035358.html (24.03.24).Hintergrund aktuell-Redaktion. 2020. "Fünf Jahre Pariser Klimaabkommen". Bpb. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/322749/fuenf-jahre-pariser-klimaabkommen/ (24.03.24).Hintergrund aktuell-Redaktion. 2023. "Weltklimakonferenz in Dubai (COP28)". Bpb. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/543080/weltklimakonferenz-in-dubai-cop28/ (24.03.24).IPCC Sonderbericht. 2018. IPPC. https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2020/07/SR1.5-SPM_de_barrierefrei.pdf (24.03.24).Kopenhagen Vereinbarung. 2009. Bmuv. https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Gesetze/copenhagen_accord_bf.pdf (24.03.24).Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. "Pariser Klimaabkommen". https://www.lpb-bw.de/pariser-klimaabkommen (24.03.24).Lehr, Don und Liane Schalatek. 2019. "Hohe Erwartungen, große Enttäuschung: Auswertung der UN-Klimakonferenz von Katowice (COP 24)". Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2019/01/15/hohe-erwartungen-grosse-enttaeuschung-eine-auswertung-der-un-klimakonferenz-von-katowice (24.03.24).Lennon, Erika, Sebastien Duyck und Nikki Reisch. 2021. "Auf der COP26 setzen sich Scheinlösungen gegenüber echten Ambitionen durch". Heinrich-Böll-Stiftung. https://www.boell.de/de/2021/12/17/auf-der-cop26-setzen-sich-scheinloesungen-gegenueber-echten-ambitionen-durch (24.03.24).Lexikon der Nachhaltigkeit. 2015. "Agenda 21". https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/agenda_21_744.htm (24.03.24).Lexikon der Nachhaltigkeit. 2015. "UN Klimakonferenz Kyoto, 1997". https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/un_klimakonferenz_kyoto_1997_1453.htm (24.03.24).Schmidt-Mattern, Barbara. 2019. "Rechtspopulistische Parteien beeinflussen Klimapolitik". https://www.deutschlandfunk.de/europa-rechtspopulistische-parteien-beeinflussen-100.html (24.03.24).Simonis, Georg (Hg.) (2017). "Handbuch Globale Klimapolitik". Brill/Schönigh Verlag. SPD. 2010. "Klimaschutz: Die richtigen Lehren aus Kopenhagen ziehen" https://www.spdfraktion.de/themen/klimaschutz-richtigen-lehren-kopenhagen-ziehen (24.03.24).Statista Research Department. 2023. "CO₂-Emissionen weltweit in den Jahren 1960 bis 2022". https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37187/umfrage/der-weltweite-co2-ausstoss-seit-1751/ (24.03.24).Statista. 2022. "CO₂-Emissionen: Größte Länder nach Anteil am weltweiten CO₂-Ausstoß im Jahr 2022". https://de.statista.com/statistik/daten/studie/179260/umfrage/die-zehn-groessten-c02-emittenten-weltweit/ (24.03.24).SZ. 2021. "Weltklimarat: Zwei-Grad-Ziel droht unerreichbar zu werden". https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-ipcc-weltklimarat-erderwaermung-co2-duerre-starkregen-meeresspiegel-1.5377150 (24.03.24).Übersicht über die Klimaverhandlungen. Europarl. https://www.europarl.europa.eu/infographic/climate-negotiations-timeline/index_de.html#event-2023 (24.03.24).Umweltbundesamt. 2024. "Klimarahmenkonvention und das Übereinkommen von Paris". https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/klimarahmenkonvention (24.03.24).Umweltbundesamt. 2014. "Zwanzigste UN-Klimakonferenz (COP 20 | CMP 10)". https://sns.uba.de/chronik/de/concepts/t-2f28febf_14a9fe1f1a8_-5f73.html (24.03.24).Umweltbundesamt. 2024. "Übereinkommen von Paris". https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/internationale-eu-klimapolitik/uebereinkommen-von-paris#nationally-determined-contributions-ndcs (24.03.24).UNFCCC. "1 MARRAKECH ACTION PROCLAMATION FOR OUR CLIMATE AND SUSTAINABLE DEVELOPMENT". https://unfccc.int/files/meetings/marrakech_nov_2016/application/pdf/marrakech_action_proclamation.pdf (24.03.24).UNFCCC. 2018. "Katowicer Klimapaket". https://unfccc.int/sites/default/files/resource/Informal%20Compilation_proposal%20by%20the%20President_rev.pdf (24.03.24).UNFCC. 2019. "Statement by the Executive Secretary of UN Climate Change, Patri-cia Espinosa, on the Outcome of COP25". https://unfccc.int/news/statement-by-the-executive-secretary-of-un-climate-change-patricia-espinosa-on-the-outcome-of-cop25 (24.03.24).Vereinte Nationen. "Rio Erklärung über Umwelt und Entwicklung". https://www.un.org/depts/german/conf/agenda21/rio.pdf (24.03.24).Vereinte Nationen. "Agenda 21 Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung Rio de Janeiro, Juni 1992". https://www.un.org/depts/german/conf/agenda21/agenda_21.pdf (24.03.24).Von Brackel, Benjamin, Christoph von Eichhorn und Marlene Weiß. 2021. "Weltklimarat: Zwei-Grad-Ziel droht unerreichbar zu werden". SZ. https://www.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-ipcc-weltklimarat-erderwaermung-co2-duerre-starkregen-meeresspiegel-1.5377150 (24.03.24).Wajer, A. 2020. "Pariser Klimaabkommen". Bpb. https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-europalexikon/309438/pariser-klimaabkommen/ (24.03.24).Yasmin, Appelhans. 2023. "CO2-Emissionen erreichen neuen Höchstwert". Tagesschau. https://www.tagesschau.de/wissen/klima/kohlenstoffbericht-100.html (24.03.24).
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813-1858) was and still is primarily known as the author of Österreich und dessen Zukunft, the most important programmatic brochure of the estatist opposition in the late Vormärz. But it is almost unknown, that he kept a diary for most of his adult life. These diaries are now presented in a scholarly edition. Between the first entry of 20 October 1839 and the last surviving entry of 10 March 1858 lie 19 years which transformed Andrian from a young subordinate public servant in Northern Italy, Istria and Vienna to the idol of the Vormärz opposition, from a respected member and vice-president of the National Assembly in Frankfurt and German envoy in London to the proscribed demolisher of the pre-revolutionary paradise, from the advisor of the Austrian politicians in the years past 1849 to the member of the boards of capitalist railway companies in the 1850s. Throughout this whole time, Andrian saw himself as an unrecognized genius who could have rescued society from the oppression and stagnancy of the Vormärz and from the chaos of the revolution and lead it towards a better future. During all these years, the diaries show a mixture of private and public events. Reflections on family, friends, and personal developments are blended with statements and reflections on politics and policy and Andrian's own role in public life. While focus and denseness of the entries change along with Andrian's private and political situation, at center stage is always the interest in the developments in Austria and her future constitution in close connection with his personal conditions. It is this interaction between public interest and private experience that make the Andrian diaries one of the most impressive private sources on Austrian history from the Vormärz through the revolutionary years of 1848/49 well into the last years of the Neoabsolutism. Narratives about financial problems and strategies for a solution, for example through a rich marriage, alternate with analyses of internal and foreign politics and plans on the re-creation of Austria. Phases of active political involvement change with periods of voluntary and enforced retreat. Therefore, there are entries on discussions with leading politicians and court dignitaries and on audiences with Emperor Francis Joseph as well as accounts of journeys from Helgoland to Rome, from the French Atlantic coast to the South of Egypt. But the central aspect is always the interplay between private experience and public influence. Viktor Andrian felt to be a born leader, not a subordinate, and believed that he could wait for the moment when he was called to lead. Therefore he remained, with the exception of the revolutionary period of 1848/49 when he got actively involved in politics, an observer, adviser and critic at the fringes, waiting for the moment when the reins of power would fall to him. Although he realized in his later years that this was an illusion, Andrian was complacent with his personal development: "Thank God, I never had to blame myself for wicked, vicious things." This edition in three volumes contains the annotated diary entries, an introduction on Viktor Andrian's life and works, an account of the history of the diaries, and, for the first time, a complete listing of Andrian's publications. Numerous excerpts from Andrian's preserved correspondence in the commentary complement and broaden the diaries. An annotated index refers to more than 2.800 persons mentioned in the entries. - Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813-1858) war und ist vor allem als Autor der bedeutendsten Programmschrift der ständischen Opposition des späten Vormärz, Österreich und dessen Zukunft bekannt. Kaum bekannt ist, dass er Zeit seines erwachsenen Lebens Tagebuch geführt hat. Nunmehr liegen seine gesamten erhaltenen Tagebücher in einer wissenschaftlichen Edition vor. Zwischen dem ersten Eintrag vom 20. Oktober 1839 bis zum letzten erhaltenen Eintrag liegen 19 Jahre, die Andrian vom jungen subalternen Beamten in Norditalien, Istrien und Wien zum Idol der vormärzlichen Opposition, vom geachteten Abgeordneten und Vizepräsidenten der Frankfurter Nationalversammlung und deutschen Reichsgesandten in London zum geächteten Zerstörer des vorrevolutionären Paradieses, vom Berater österreichischer Politiker der Jahre nach 1849 zum Verwaltungsrat kapitalistischer Eisenbahngesellschaften der 1850er Jahre machten. Dabei sah sich Andrian als verkanntes Genie, das es in der Hand gehabt hätte, die Gesellschaft aus der Unterdrückung und dem Stillstand des Vormärz und dem Chaos der Revolution in eine bessere Zukunft zu führen. Während all dieser Jahre vermischen sich in den Tagebüchern private und öffentliche Ereignisse, Reflexionen über familiäre und freundschaftliche Verhältnisse und persönliche Entwicklungen mit politischen Aussagen und Betrachtungen über die eigene Rolle im öffentlichen Leben. Die Schwerpunkte und die Dichte der Einträge verändern sich je nach Andrians Lebenslage. Als Konstante bleibt aber das unmittelbare Interesse an der Entwicklung Österreichs und seiner zukünftigen Gestaltung in direkter Verbindung mit der eigenen Situation. Diese Wechselwirkung von öffentlichem Interesse mit persönlichem Erleben machen die Tagebücher so zu einer der eindrucksvollsten privaten Quellen zur österreichischen Geschichte vom Vormärz über die Revolution von 1848/49 bis zur Spätphase des Neoabsolutismus. Schilderungen von finanziellen Problemen und Strategien zu ihrer Lösung, etwa durch eine reiche Heirat, wechseln mit Analysen der innen- und außenpolitischen Verhältnisse und Plänen zur Neugestaltung Österreichs. Phasen aktiven politischen Gestaltens wechseln mit Zeiten freiwilliger und erzwungener Zurückgezogenheit. Daher finden sich Einträge über Diskussionen mit führenden Politikern und höchsten Würdenträgern des Hofes bis hin zu Audienzen beim Kaiser ebenso wie Berichte von Reisen von Helgoland bis Rom und von der französischen Atlantikküste bis in den Süden Ägyptens. Zentral bleibt dabei immer das Wechselspiel zwischen privatem Erleben und öffentlicher Einflussnahme. Viktor von Andrian fühlte sich zum Führer, nicht zum Untergebenen berufen und meinte, auf jenen Zeitpunkt warten zu können, an dem man ihn rufen müsste. So blieb er mit Ausnahme des Jahres 1848, als er für kurze Zeit aktiv in das politische Geschehen eingriff, ein Beobachter, Ratgeber und Kritiker von außen, der auf den richtigen Zeitpunkt wartete, an dem ihm die Zügel der Macht zufallen sollten. Obwohl er sich in seinen letzten Lebensjahren bewusst war, dass es sich hierbei um eine Illusion handelte, war Andrian mit dem Verlauf seiner persönlichen Entwicklung zufrieden: "Schlechtes, Gemeines habe ich Gottlob mir nie vorzuwerfen gehabt." Die dreibändige Edition enthält neben dem kommentierten Text der Tagebücher eine Einleitung zu Leben und Werk Viktor von Andrians, eine Darstellung der Überlieferung der Tagebücher sowie erstmals ein exaktes Werkverzeichnis Andrians. Ergänzt und erweitert wird das Tagebuch durch zahlreiche Auszüge aus seinem erhaltenen Briefwechsel im Kommentar. Erschlossen ist die Edition durch ein kommentiertes Personenregister mit über 2.800 Einträgen.
Zugang zum Internetportal des "Krankenhaus-Report" mit allen Abbildungen und Tabellen sowie Zusatzmaterial unter Berücksichtigung des Copyrights. - Literaturangaben - TEIL I Schwerpunktthema: Versorgungszentren - Kapitel 1 Zentrierte Versorgung - Ziele und Optionen - Günter Neubauer und Christof Minartz - 1.1 Problemstellung - 1.2 Theoretische Erklärungsansätze - 1.2.1 Economies of Scale - 1.2.2 Spezialisierung und Qualität - 1.2.3 Reduktion der Transaktionskosten - 1.3 Ausprägungsformen der zentrierten Versorgung - 1.3.1 Veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen - 1.3.2 Zentrumsbildung in einem Betrieb - 1.3.3 Versorgungszentrierung in einer Unternehmensgruppe - 1.3.4 (Sektorübergreifende) Versorgungszentrierung in einer Region - 1.4 Weiterentwicklung - 1.5 Europäische Perspektive - 1.6 Literatur - Kapitel 2 Zentrenbildung in Deutschland - eine Bestandsaufnahme auf Basis der - Qualitätsberichte - Bettina Gerste - 2.1 Hintergrund und Ziel - 2.2 Qualitätsberichte als Datengrundlage - 2.3 Empirische Analyse der Zentrenbildung - 2.4 Fazit - 2.5 Literatur - Kapitel 3 Eine empirische Analyse der MVZ am Krankenhaus - Leonhard Hansen - 3.1 Einleitung - 3.2 Entwicklung der Medizinischen Versorgungszentren 2004 bis 2008 - 3.2.1 Anzahl und Rechtsform - 3.2.2 In MVZ tätige Ärzte und vertretene Fachgruppen - 3.2.3 Räumliche Verbreitung der MVZ - 3.3 Medizinische Versorgungszentren mit Krankenhausbeteiligung - 3.3.1 Anzahl und Rechtsform - 3.3.2 In MVZ mit Krankenhausbeteiligung tätige Ärzte und vertretene Fachgruppen - 3.3.3 Räumliche Verbreitung der MVZ mit Krankenhausbeteiligung - 3.4 Fazit - 3.5 Literatur - Kapitel 4 Ausländische Erfahrungen mit ambulanten Leistungen am Krankenhaus - Reinhard Busse und Markus Wörz - 4.1 Einleitung - 4.2 Typen von Gesundheitssystemen - 4.3 Ambulantes Operieren im internationalen Vergleich - 4.4 Gegebenheiten und Entwicklungstrends in ausgewählten Ländern - 4.4.1 Österreich - 4.4.2 England - 4.5 Schlussfolgerungen für Deutschland - 4.6 Literatur - Kapitel 5 Zentrenbildung im Krankenhaus - ein ungesteuerter Großversuch - Uwe Deh und Ralf Dralle - 5.1 Überblick - 5.2 Medizinisch-inhaltliches vs. vergütungsrechtlich-allokatives Primat - Das Henne-Ei-Problem der Zentrenbildung - 5.3 Medizinisch-inhaltliche Zentrenbildung - Versorgungspolitischer Aspekt - 5.4 Vergütungsrechtliche Zentrenbildung - ökonomischer Aspekt - 5.5 Der versorgungspolitische Aspekt als inhaltliche Füllung für die leere Hülle des Vergütungstatbestandes - ein Ausweg für die Zentrumsbildung - 5.6 Fazit - Kapitel 6 Zentrierte Versorgungsformen als Antwort auf die Bevölkerungsentwicklung - Matthias Schäg, Markus Herrmann, Andreas Klement, Thomas Lichte und Bernt-Peter Robra - 6.1 Einführung - 6.2 Regionale Versorgungszentren in Regionen mit drohender Unterversorgung - 6.3 Personalentwicklung durch ein regionales MVZ - 6.4 Mobile medizinische Teams - 6.5 Möglichkeiten für die Krankenhäuser einschließlich der Universitätsklinika - 6.6 Ausblick - 6.7 Literatur - Kapitel 7 Zentrenbildung zur Verbesserung von Qualität und Effizienz - Evidenz am Beispiel der Universitätsklinik Köln - Ludwig Kuntz und Michael Wittland - 7.1 Einleitung - 7.2 Das Zentrum als Organisationsform der Wahl - 7.2.1 Zentrenstrukturen an Universitätskliniken und Krankenhäusern - 7.2.2 Potenziale der Zentrenbildung - 7.3 Zentrenbildung an der Universitätsklinik Köln - 7.3.1 Ziele - 7.3.2 Erfahrungen - 7.4 Diskussion - 7.5 Fazit - 7.6 Literatur - Kapitel 8 Psychosoziale Interaktionsqualität aus Patientenperspektive in den NRW-Brustzentren - Petra Steffen, Oliver Ommen, Nicole Ernstmann und Holger Pfaff - 8.1 Einleitung - 8.2 Methode - 8.2.1 Stichprobe - 8.2.2 Messinstrument - 8.2.3 Analysen - 8.3 Ergebnisse - 8.4 Diskussion - 8.5 Implikationen und weiterer Forschungsbedarf - 8.6 Literatur - Kapitel 9 Die Bildung von Versorgungszentren und Leistungsnetzen im Praxistest am Beispiel der Rhön-Klinikum AG - Wolfgang Pföhler - 9.1 Der Ansatz der Rhön-Klinikum AG als privatem Gesundheitsdienstleister - 9.2 Die Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien für die - standortübergreifende Zusammenarbeit von Krankenhäusern - 9.3 Die Bildung von Kompetenzzentren und Netzwerken am Beispiel onkologischer - Behandlungen - 9.4 Beispiele für die konzerninterne und trägerübergreifende Vernetzung von - Kliniken - 9.5 Schlussfolgerungen und Zusammenfassung - TEIL II Zur Diskussion - Kapitel 10 Wirtschaftliche Steuerung von Krankenhäusern in Zeiten der G-DRGs - Markus Lüngen, Christina Hochhuth und Christian Ernst - 10.1 Hintergrund - 10.2 Zielsetzung und Methode - 10.3 Instrumente der wirtschaftlichen Steuerung im stationären Bereich - 10.3.1 Kostenträgerrechnung - 10.3.2 Prozesskostenrechnung - 10.3.3 Behandlungspfade (Clinical Pathways) - 10.3.4 Balanced Scorecard - SWOT- Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats)/ - 10.3.5 Portfolioanalyse - 10.4 Kritik/Diskussion - 10.5 Literatur - Kapitel 11 Neue Wege der Krankenhausfinanzierung - leistungsbezogene Investitionsförderung in NRW - Arndt Winterer - 11.1 Einleitung - 11.2 Bisherige Investitionsförderung der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen - 11.3 Wesentliche Kritikpunkte am Status Quo - 11.4 Eckwerte des neuen Ordnungs- und Finanzierungsrahmens - 11.5 Flexible Verwendung und verwaltungsarmes Verfahren für die Baupauschale - 11.6 Die Baupauschale in der Diskussion - 11.7 Erste Zwischenbilanz - 11.8 Literatur - Kapitel 12 Patientenwege ins Krankenhaus: Räumliche Mobilität bei Elektiv- und Notfallleistungen am Beispiel von Hüftendoprothesen - Jörg Friedrich und Andreas Beivers - 12.1 Ausgangslage: Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung bei zunehmender Patientensouveränität - 12.2 Zielsetzung: Empirische Validierung der Patientenwege - 12.3 Untersuchungsmethodik - 12.3.1 Datengrundlage - 12.3.2 Geokodierung der Krankenhausstandorte - 12.3.3 Geokodierung der Patientenwohnorte - 12.3.4 Distanzmessung - 12.3.5 Bestandsaufnahme: Patientenwege in Deutschland - 12.4 Empirische Detailuntersuchungen am Beispiel der Hüftoperationen - 12.4.1 Auswahl der untersuchten Leistung und Identifikation der Erbringer - 12.4.2 Patientenwege bei Notfällen und elektiven Leistungen im Vergleich - 12.4.3 Wohnortnächste Versorgung und Zusatzdistanz - 12.4.4 Patientenwege und Alter - 12.4.5. Patientenwege und Siedlungsstruktur - 12.4.5.1 Nach siedlungsstrukturellen Kreistypen - 12.4.5.2 Nach den Regionstypen des BBR - 12.4.6 Krankenhauswahl wandernder Patienten - 12.4.7 Krankenhauswahl bei wohnortnächster Versorgung - 12.5 Fazit - 12.6 Literatur - Kapitel 13 Auswirkungen der Einführung von Mindestmengen in der Behandlung von sehr untergewichtigen Früh- und Neugeborenen (VLBWs) - Eine Simulation mit Echtdaten - Günther Heller - 13.1 Einführung - 13.2 Material und Methoden - 13.3 Ergebnisse - 13.4 Diskussion - 13.5 Zusammenfassung - 13.6 Literatur - TEIL III Krankenhauspolitische Chronik - Kapitel 14 Krankenhauspolitische Chronik - Jutta Visarius und Andreas Lehr - TEIL IV Daten und Analysen - Kapitel 15 Die Krankenhausbudgets 2005 bis 2007 unter dem Einfluss der Konvergenz - Gregor Leclerque und Jörg Friedrich - 15.1 Einführung - 15.2 Auswirkungen der Konvergenz auf die Krankenhausbudgets - 15.2.1 Gewinner und Verlierer - 15.2.2 Abstand zum LBFW - 15.2.3 Annäherung an den LBFW - 15.3 Allgemeine Budgetentwicklung - 15.3.1 Budget aus DRGs, sonstigen Entgelten und Zusatzentgelten - 15.3.2 Budgetverteilung - 15.4 Entwicklung der Basisfallwerte - 15.5 Fazit - 15.6 Literatur - Kapitel 16 Statistische Krankenhausdaten: Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser 2006 - Ute Bölt - 16.1 Vorbemerkung - 16.2 Kennzahlen der Krankenhäuser - 16.3 Die Ressourcen der Krankenhäuser - 16.3.1 Sachliche Ausstattung - 16.3.2 Angebot nach Fachabteilungen - 16.3.3 Personal der Krankenhäuser - 16.4 Die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen - 16.4.1 Vollstationäre Behandlungen - 16.4.2 Teil-, vor- und nachstationäre Behandlungen. - 16.4.3 Ambulante Operationen - 16.5 Psychiatrische Krankenhäuser - 16.6 Kosten der Krankenhäuser - Kapitel 17 Statistische Krankenhausdaten: Diagnosedaten der Krankenhauspatienten 2006 - Torsten Schelhase - 17.1 Vorbemerkung - 17.2 Kennzahlen der Krankenhauspatienten - 17.3 Strukturdaten der Krankenhauspatienten - 17.3.1 Alters- und Geschlechtsstruktur der Patienten - 17.3.2 Verweildauer der Patienten - 17.3.3 Regionale Verteilung der Patienten - 17.4 Struktur der Hauptdiagnosen der Krankenhauspatienten - 17.4.1 Diagnosen der Patienten - 17.4.2 Diagnosen nach Alter und Geschlecht - 17.4.3 Verweildauer bei bestimmten Diagnosen - 17.4.4 Regionale Verteilung der Diagnosen - 17.5 Entwicklung ausgewählter Diagnosen 2001 bis 2006 - 17.6 Ausblick - Kapitel 18 Fallzahlbezogene Krankenhausstatistik: Diagnosen und Prozeduren der Patienten auf Basis des § 21 Krankenhausentgeltgesetz - Jutta Spindler - 18.1 Vorbemerkung - 18.2 Erläuterungen zur Datenbasis - 18.3 Eckdaten der vollstationär behandelten Krankenhauspatientinnen und -patienten - 18.4 Ausgewählte Hauptdiagnosen mit den wichtigsten Nebendiagnosen der Behandelten - 18.5 Operationen und medizinische Prozeduren - 18.6 Behandlungsspektrum bei den Patientinnen und Patienten in den Fachabteilungen - Kapitel 19 Statistische Krankenhausdaten: Grund- und Diagnosedaten der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen 2006 - Thomas Graf - 19.1 Vorbemerkung - 19.2 Kennzahlen der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen - 19.3 Das Angebot von Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen - 19.3.1 Sachliche Ausstattung - 19.3.2 Personelle Ausstattung - 19.3.3 Fachlich-medizinische Ausstattung - 19.4 Die Inanspruchnahme von Leistungen der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen - 19.4.1 Vollstationäre Behandlungen (Grunddaten) - 19.4.2 Diagnosedaten der Patienten in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen mit mehr als 100 Betten - TEIL V Krankenhaus-Directory - Kapitel 20 Krankenhaus-Directory 2007: DRG-Krankenhäuser im dritten Jahr der - Budgetkonvergenz
1. Veränderte Medienlandschaft und Rezeptionsgewohnheiten: Voraussetzungen der Medienerziehung im Kindergarten -- 2. Medienerziehung — ein Erziehungsfeld zwischen Akzeptanz und Resignation -- 3. Medienerziehung im Kindergarten, was kann das sein? -- 4. Medienerziehung im Kindergarten, aber wie? -- 5. Zum Aufbau des Handbuches "Medienerziehung im Kindergarten" -- Literatur -- I. Medienpädagogische Professionalisierung von Erzieherinnen -- Medienerziehung in Kindergarten — was Erzieherinnen davon halten. Stichwörter und empirische Belege -- 1. Zur Kritik an der Medienqualifikation von Erzieherinnen -- 2. Einstellungen der Erzieherinnen zur Medien- bzw. Fernseherziehung -- 3. Problemwahrnehmungen zum Medienkonsum der Kinder -- 4. Pädagogische Qualifikationen -- 5. Selbsteinschätzung der Qualifikation -- 6. Medienerziehung im Kindergarten -- 7. Ausblick -- Literatur -- Medienpädagogische Fortbildungsangebote für Erzieherinnen. Ergebnisse einer Recherche -- Produktions- und lebensweltbezogene Medienpädagogik in der Ausbildung -- 1. Medienpädagogik in Ausbildung und Kindergarten -- 2. Ziele einer produktions- und lebenswelt-orientierten Medienpädagogik -- 3. Medienarbeit in der Ausbildung und Praxistransfer -- 4. Erfahrungen aus der Ausbildungspraxis -- 4.1 Thematisierung alltäglicher Lebenswelt -- 4.2 Entfaltung von Kreativität und Phantasie -- 4.3 Die Produkte: Kritische Phantasien, Alltag, Selbstdarstellungen -- 5. Aktive Medienarbeit: Folgerungen für die zukünftige Praxis -- Literatur -- Medienpädagogik in den Lehrplänen der Fachschulen für Sozialpädagogik. Eine Bestandsaufnahme -- Ausgewertete Dokumente -- Literatur -- Dreißig Jahre Lehrerin für Kinder- und Jugendliteratur. Interview: Christine Feil (DJI) -- Die Ansprüche an den Kindergarten. Zur gesellschaftlichen und pädagogischen Bedeutung des Kindergartens heute -- 1. Kinder als Rechtsobjekte -- 2. Veränderte familiale und gesellschaftliche Gegebenheiten -- 3. Ein Bundesgesetz zur Abstützung -- 4. Kindergarten und Kinderpolitik -- Literatur -- II. Medienalltag und Mediennutzung von Kindern im Kindergartenalter -- Medien in der Alltagsgestaltung von Kindern. Zwei Beispiele: Dorothea und Ramón -- 1. Dorothea und Ramön — zwei Kindergartenkinder werden vorgestellt -- 2. Der Vormittag im Kindergarten -- 2.1 Die (Medien-)Angebote des Kindergartens -- 2.2 Spiele und Gespräche im Freispiel -- 3. Der Nachmittag in der Familie -- 3.1 Die Medienangebote der Familien -- 3.2 Spiele und Rivalitäten mit Geschwistern und Freunden -- 3.3 Medienrituale am Abend -- 4. Kinderalltag — Medienalltag? -- Literatur -- Fernsehen, Bücher, Kassetten: Daten zur Nutzung durch drei- bis sechsjährige Kinder -- 1. Zum pädagogischen Wert allgemeiner Daten -- 2. Mediennutzungsforschung: Meßmethoden und Erhebungstechniken bei Vorschulkindern -- 2.1 Fernsehstatistik: Telemetrische Messungen und Maße -- 2.2 Klassische sozialwissenschaftliche Erhebungsmethoden -- 3. Die Medienausstattung in Familien mit drei- bis sechsjährigen Kindern -- 4. Die Fernsehnutzung der drei- bis sechsjährigen Kinder -- 4.1 Wieviel Zeit verbringen Kinder vor dem Fernseher? -- 4.2 Kindliche Fernsehnutzung in Kabelhaushalten -- 4.3 Internationaler Vergleich -- 4.4 Wann sehen am Tag Kinder fern, wo und mit wem? -- 4.5 Was sehen Kinder im Fernsehen? -- 5. Nutzung von Kinderbüchern -- 5.1 Wieviel Zeit verbringen Kinder mit Büchern? -- 5.2 Wann am Tag schauen Kinder Bücher an, wo und mit wem? -- 6. Nutzung von Tonkassetten -- 6.1 Wieviel Zeit verbringen Kinder mit Tonkassetten? -- 6.2 Wann am Tag hören Kinder Kassetten, wo und mit wem? -- 7. Mediennutzung: Generelle Dramatisierungen sind nicht angebracht -- Literatur -- Mädchenspiele — Jungenspiele: zwei getrennt Welten? -- 1. Erinnerungen an die eigene Spielzeugwelt -- 2. Eindrücke von Mädchen- und Jungenzimmern heute -- Der Medienalltag von Kindern im Kindergarten Beobachtungen im Tagesablauf -- Christine Feil -- Maria Furtner-Kallmünzer -- 1. Medienalltag von Kindern: Was ist das? -- 2. Mediensymbole als Brücke zwischen Familie und Kindergarten: Die Ankunft -- 3. Das Freispiel als Entwicklungsraum für medienbezogene Spiele und Gespräche -- 3.1 Medien als Orientierungshilfen in offenen sozialen Situationen: Beginn der Freispielzeit -- 3.2 Medienbezüge in spielbegleitenden Dialogen und in Genrespielen: Spiele in der Bauecke -- 3.3 Medienroutinen im Familienspiel: Spiele in der Puppenecke -- 3.4 Lesespiele mit Bilderbüchern des Kindergartens: Spiele in der Leseecke -- 3.5 Körperbetonte Medienspiele: Spiele in der Kuschelecke -- 3.6 Erzählen, Rechthaben, Auftrumpfen: Mediengespräche an den Tischen -- 3.7 Zwischen medienbezogener Phantasie und "Stören": Spiele und Austoben im freien Raum und im Garten -- 4. Medienpädagogische Initiativen der Erzieherin: Das Beispiel Stuhlkreis -- 5. Die tägliche Routine: Aufräumen, Gang zur Toilette, Brotzeit, Warten aufs Abholen -- 6. Medien im Tagesablauf des Kindergartens: Zusammenfassung -- Richtung Gegenwelt? Kinderkultur als gleichaltrigenorientierte Konsumkultur -- 1. Stichwort Kinderkultur -- 2. Kinderkultur heute: gemeinsame Erfahrung mit Markt und Medien -- 3. Aufwachsen in einer horizontalen Gesellschaft oder: Warum Barbie und Co. nicht einfach austauschbar sind -- 4. Konsumentensozialisation als Ausdruck eines veränderten Eltern-Kind-Verhältnisses -- 5. Veränderte Marketingkonzepte oder: Die Vernetzung von Fernseh- und Spielzeugmarkt -- 6. Internationalisierung des Medienangebots und nationale Kinderkultur am Beispiel Italiens -- 7. Kultur für oder Kultur der Kinder? Zur Differenzierung eines traditionellen Gegensatzpaares -- Literatur -- III. Mediale Erfahrungswelten: Wahrnehmen, Erleben und Verarbeiten durch Kinder -- Wie Kinder Medien gebrauchen. Theoretische Erklärungsansätze zur Auseinandersetzung von Kindern mit Medienangeboten -- 1. Kinder als Medienkonsumenten: kindliche Orientierungen im mediatisierten Alltag -- 2. Kinder als Medienrezipienten: die Verarbeitung medialer Angebote durch Kinder -- 2.1 Der Wirkungsansatz -- 2.2 Der Uses-and-Gratifications Approach -- 2.3 Der Nutzenansatz -- 2.4 Der Ansatz der strukturanalytischen Rezeptionsforschung -- 3. Einige Ergebnisse aus den Untersuchungen der Freiburger Projektgruppe "Strukturanalytische Rezeptionsforschung" -- 3.1 Die Auseinandersetzung des Kindes mit der Sachwelt -- 3.2 Die Auseinandersetzung des Kindes mit seiner sozialen Umwelt -- 3.3 Die Auseinandersetzung des Kindes mit sich selbst -- 3.4 Das Bedürfnis nach Unterhaltung, Spaß und Spannung -- 4. Schlußbetrachtung: den "Eigensinn" der Kinder stärken -- Literatur -- Handlungsleitende Themen: Schlüssel zur Bedeutung der bewegten Bilder für Kinder -- 1. Auf der Suche nach einem Konzept: "Bedeutung von Medien für Kinder" -- 2. Hilfestellungen, um die handlungsleitenden Themen zu verstehen -- 2.1 Märchen: symbolisch verdichtete Erzählungen von den Lebensthemen -- 2.2 Symbolische Darstellungen der Kinder entschlüsseln -- 2.3 Die Methode der Spielkonstruktion: Die Sendung mit der Maus — ein Beispiel -- 3. Warum weint ein durchsetzungsfahiger Junge beim Fernsehen? -- 4. Die Erschließungsfunktion handlungsleitender Themen -- Literatur -- "Handlungsleitende Themen" im Fernsehprogramm: das Beispiel "Alf" -- 1. Medienpräferenzen und handlungsleitende Themen -- 2. "Alf"oder das Thema "Benimm Dich" -- 3. "Alf" oder wider die Grenzen der Bedürfnisbefriedigung -- 4. "Alf" oder Chaos braucht Ordnung und Stabilität -- 5. Fernsehprogramme—Orientierungshilfen für den Alltag? -- Entwicklungspsychologische Voraussetzungen der Medienrezeption bei Kindern -- 1. Kindliche Erlebensweisen -- 2. Emotionale Entwicklungsschritte, dargestellt am Beispiel der Angstentwicklung -- 2.1 Die Urangst des Kindes -- 2.2 Konflikte während der Loslösung -- 2.3 Ängste und Alltag -- 2.4 Angst, Aggression und "Zensur" -- 3. Die Entwicklung der Moral -- 3.1 Moralischer Rigorismus -- 3.2 Phantasie und Phantasielügen -- 4. Kindliche Wahrnehmungsweisen -- 4.1 Egozentrismus und vermenschlichende Weltsicht -- 4.2 Das Primat der Wahrnehmung und die Allianz zwischen Wahrnehmung und Vorstellung -- 4.3 Veränderungen im beobachtbaren Wahrnehmungsverhalten -- 5. Drei verschiedene Arten der Welterfassung -- 5.1 Die Welt ist Tun -- 5.2 Die Welt ist Büd -- 5.3 Die Welt ist Sprache -- 6. Schluß-folgerungen -- Literatur -- Aufmerksamkeit und Informationsaufnahme beim Medienkonsum von Kindern -- 1. Kinder sehen anders als Erwachsene -- 2. Primäres Sehmuster: "Übrige Zeit" -- 3. Entwicklung von Präferenzmustern durch Bindung an Figuren und Inhalte -- 4. Nichtsehen beim Sehen: Der Verlauf der Aufmerksamkeit beim Fernsehen -- 5. Fernsehinhalte verstehen und begreifen -- 6. Die Bedeutung des sozialen Kontextes beim Fernsehen -- Literatur -- Medien, Sprachentwicklung und Alltagskommunikation -- 1. "Mann, sind die Dickmanns!" Verändern Medien die Sprache von Kindern? -- 2. Sprachlosigkeit durch Fernsehen? -- 3. Sprache ist mehr als nur der Wortschatz -- 4. Gespräche über das Fernsehen -- 5. Die Bedeutung von Bilderbüchern für den Spracherwerb -- 6. Pädagogische Ein-flußmöglichkeiten im häuslichen Bereich und im Kindergarten -- Literatur -- Medienvorlieben von Mädchen und Jungen im Prozeß der Geschlechtsfindung -- 1. Medienforschung ist primär Jungenforschung -- 2. Medienpräferenzen und Identifikation von Mädchen und Jungen -- 3. Stereotype Geschlechterrollen und Identitätsfindung -- 4. Differenzierte Medienangebote sind notwendig -- Literatur -- Medienbilder und Angst aus psychoanalytischer Sicht -- 1. Wie echte Angst aussieht und wozu sie gut ist -- 2. Medien und die Angst vor äußeren Gefahren -- 3. Medien und die Angst vor inneren Gefahren -- 4. Wie Medienbilder Angst zugleich befördern und bewältigen helfen -- 5. Veränderte Ängste beim Älterwerden -- 6. Was tun bei Angst durch Medien? -- Literat.
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Herausgeber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie diese Quelle zitieren möchten.
Endlich nennt die BMBF-Chefin eine Zahl: Maximal 2,5 Milliarden Euro will sie für einen neuen Digitalpakt ausgeben. Und die Länder sollen jetzt ganz schnell einschlagen.
ES GEHT ALSO DOCH: Nachdem Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sich lange geweigert hatte, den Ländern einen Finanzrahmen für die Digitalpakt-Fortsetzung zu nennen, hat sie es am Freitagmorgen in einen Brief an KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot (SPD) doch getan.
"Seitens des Bundes schlage ich Ihnen einen Digitalpakt 2.0 mit einer Laufzeit von 2025 bis 2030 und einem Gesamtvolumen von bis zu fünf Milliarden Euro vor", schreibt Stark-Watzinger. "Das wäre möglich, wenn Bund und Länder jeweils ihren hälftigen Anteil zur Gesamtfinanzierung beitragen (50:50-Finanzierung) und wir zu den grundlegenden, derzeit noch offenen Fragen des Gesamtkonzepts zeitnah eine Einigung finden." Auch wiederhole sie die bereits mehrfach geäußerte Position des Bundes, dass der Digitalpakt 2.0 die Kommunen dabei nicht zusätzlich finanziell belasten solle.
Am Montag treffen sich die Kultusminister zu einer Sondersitzung, auch um nach dem jüngsten Schlagabtausch zwischen Bund und Ländern in Sachen Digitalpakt das weitere Vorgehen zu beraten.
Zuletzt Ende Juli hatte Streichert-Clivot im Namen der Länder kritisiert, dass Stark-Watzinger sich weigerte, einen Finanzrahmen zu nennen. "Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Schulträger und vor allem unserer Schülerinnen und Schüler. Das können wir nicht hinnehmen", sagt die KMK-Präsidentin. Zudem sei Forderung die damalige Forderung der BMBF-Chefin, die Länder sollen zunächst ihre Beiträge zu einem Digitalpakt 2.0 benennen, nicht üblich für Bund-Länder-Programme.
Jetzt zeigt sich, dass Stark-Watzinger mit dieser Forderung offenbar nur Zeit gewinnen wollte, um selbst sprechfähig zu werden. Denn bislang war unklar, woher genau sie das nötige Geld nehmen wird, ein eigener Budgetposten für den Digitalpakt 2.0 im Haushaltsentwurf für 2025 fehlte Mitte Juli.
Seit diesem Freitag ist die Katze jedoch aus dem Sack: Maximal 2,5 Milliarden Euro will oder kann die Bundesbildungsministerin laut ihrem Brief an die KMK-Präsidentin zahlen. Stark Watzinger betonte darin das "gemeinsame Ziel, den Digitalpakt 2.0 Anfang 2025 zu starten". Bei einer Laufzeit von sechs Jahren bis 31. Dezember 2030 liefe die Bundesbeteiligung also auf knapp 417 Millionen Euro pro Jahr hinaus – nicht einmal ein Drittel der bisherigen Höhe.
Zum Vergleich: Die Länder hatten im Juli über den Bundesrat mindestens 1,3 Digitalpakt-Milliarden jährlich für sechs Jahre Fortsetzung gefordert. Abgeleitet von den insgesamt 6,5 Bundesmilliarden für die vergangenen fünf Jahre Basis-Digitalpakt samt Corona-Zusatzpaketen. Dass es deutlich weniger werden würde, damit hatten viele Kultusminister bereits gerechnet. Aber so wenig?
Dafür sollen die Länder jetzt umso schneller einschlagen: "Auf Grundlage dieses konkreten Angebots des Bundes erwarte ich für die kommende Verhandlungsrunde der Staatssekretäre am 17. September 2024 ebenso konkrete Aussagen darüber, in welcher Höhe die Länder Ihrerseits zur hälftigen Kofinanzierung des Digitalpakt 2.0 bereit sind", schreibt Stark-Watzinger weiter an KMK-Präsidentin Streichert-Clivot. Denn die Zeit dränge und insbesondere die Schulen bräuchten Planungssicherheit. "Bitte nutzen Sie daher auch die anberaumte Sondersitzung der KMK, ein entsprechendes
Einvernehmen der Länderseite herzustellen."
Gemeinsam habe man es in der Hand, die Schulen digitaler zu machen und das volle Potenzial digitaler Bildung auszuschöpfen, schließt Stark-Watzinger. "Ich freue mich auf die weiteren Verhandlungen und einen zügigen Abschluss, damit der Digitalpakt 2.0 wie geplant im kommenden Jahr starten kann."
Wie die Kultusminister reagieren
Am späteren Nachmittag meldete sich zuerst Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien zu Wort, die die Bildungspolitik der CDU-regierten Länder koordiniert und in den Digitalpakt-Verhandlungen zu Stark-Watzingers schärfsten Kritikern zählt.
"Gut, dass die Bundesbildungsministerin endlich den Mut aufbringt, die Karten auf den Tisch zu legen", sagte Prien. "Der Bund will sich aus der gemeinsamen Verantwortung für die Digitalisierung der Schulen dramatisch zurückziehen. Der Bundesanteil soll drastisch reduziert werden auf nicht einmal 40 Prozent des Volumens des DigitalPaktes I." Dabei sei noch nicht einmal die Inflation berücksichtigt. Länder und Kommunen gäben bereits jetzt ein Vielfaches dieser Summe für die Digitalisierung aus. "Die Ankündigung der Bundesministerin bleibt also weit hinter den Erwartungen zurück. Und es bleibt bei der Wiederholung von Forderungen, die für die Länder nicht verhandelbar sind."
Man könne nur hoffen, dass die Koalition und die sie tragenden Fraktionen nachbessern würden, fügte Prien hinzu. Denn so bringe der Bund den dringend benötigen Digitalpakt nicht voran.
Die Koordinatorin auf SPD-Seite, die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig, sprach dagegen von einem "Schritt in die richtige Richtung". Stark-Watzinger zeige mit ihrem Vorschlag, dass ihr ernsthaft an einem Digitalpakt 2.0 gelegen sei. "Auf der Hand liegt, dass die vorgeschlagenen 2,5 Milliarden Euro für fünf Jahre deutlich hinter den Notwendigkeiten und Erwartungen der Länder zurückbleiben."
Die Kommunen als Schulträger und die Länder hätten in den vergangenen Jahren enorme Summen in die Digitalisierung der Schulen und die Bildung der Kinder und Jugendlichen investiert und, so Hubig, würden dies auch weiter tun. "An dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe muss sich auch der Bund verlässlich und spürbar beteiligen. Wir sollten deshalb jetzt mit aller Kraft daran arbeiten, sehr schnell eine gute und auch für die Länder tragfähige Lösung zu finden."
KMK-Präsidentin Streichert-Clivot, im Hauptberuf die Bildungsministerin des Saarlandes, nannte Stark-Watzingers Vorschlag ebenfalls einen "Schritt in die richtige Richtung", doch der könne nicht das Endergebnis der Verhandlungen sein. Die Offerte des Bundes falle deutlich hinter die Erwartungen der Länder zurück.
Die Länder würden nun bei der Sonder-KMK am Montag über das Angebot Stark-Watzingers beraten und ihre Vertreterinnen und Vertreter in der Digitalpakt-Verhandlungen entsprechend beauftragen, die Verhandlungen konstruktiv weiterzuführen. "Wir müssen für alle Seiten tragbare finanzielle Lösungen erarbeiten, damit der DigitalPakt 2.0 zum 1. Januar 2025 starten kann."
Hinweis: Dieser Artikel wurde am 03. September korrigiert. Da sich die vom BMBF angebotenen 2,5 Bundesmilliarden auf sechs Jahre verteilen sollen, ergäben sich knapp 417 Millionen Euro pro Jahr.
Länder kritisieren Stark-Watzingers Digitalpakt-Angebot
Wie die Länder auf die 2,5-Milliarden-Offerte aus dem BMBF reagieren. (02. September 2023) >>>
Kostenfreien Newsletter abonnieren
In eigener Sache: Weniger als 0,2 Prozent
Auf jeden 580. Blogbesuch kommt eine finanzielle Unterstützung. Das kann nicht gut gehen. Bitte helfen Sie mit!
Wie Sie Blog und Newsletter unterstützen können, erfahren Sie hier...
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Herausgeber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie diese Quelle zitieren möchten.
Fraunhofer-Präsident Holger Hanselka hat seine Governance-Reform erfolgreich durchgebracht. Ein guter erster Schritt. Doch bis die von ihm beschworene Aufbruchstimmung die Forschungsgesellschaft wirklich erfasst, bleibt für ihn noch viel zu tun.
Bild: Foto Mecky / Pixabay.
FRAUNHOFER-PRÄSIDENT Holger Hanselka hat es geschafft. Die Mitgliederversammlung der Forschungsgesellschaft hat am Donnerstag umfangreiche Governance-Reformen durchgewinkt, die Hanselka öffentlich erstmals hier im Blog präsentiert hatte. Die Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Reimund Neugebauer, gegen den die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt, waren ein wesentlicher Grund, warum der Senat als Aufsichtsorgan deutlich mehr Kontrollkompetenzen (und -verantwortung!) gegenüber dem Vorstand erhält. Ein Rechnungsprüfungsausschuss soll entstehen, ein Ausschuss für Vorstandscompliance und ein Normierungsausschuss, letzter um den Senat nach transparenten Regeln und Prozessen zu besetzen – damit sich da kein Präsident mehr einmischen kann.
Es bräuchte gar nicht mehr die ebenfalls beschlossene Abschaffung der Richtlinienkompetenz des Präsidenten, um zu erkennen: Mit der Reform schwächt Hanselka vor allem seine eigene Macht. Formal zumindest. Denn moralisch beansprucht er so eine Führungsrolle in der Zeit nach Neugebauer.
Leider jedoch gibt es ein paar Schönheitsfehler beim Neustart-Narrativ. Wie die Fraunhofer-Pressestelle bestätigte, wurde am Donnerstag der gesamte Vorstand von der Mitgliederversammlung entlastet, inklusive Elisabeth Ewen, Vorständin für Personal, Unternehmenskultur und Recht, die zu schon zu Neugebauers Zeiten Personalchefin war und als entsprechend umstritten gilt. Sie bleibt im Amt. Vielen Beobachtern innerhalb und außerhalb von Fraunhofer erscheint dies als schlechtes Omen dafür, ob Hanselka wirklich die Kraft hat, die alten Strukturen zu durchbrechen.
Das große Fraunhofer-Netzwerk als Rezept gegen Good Old Boys?
Apropos alte Strukturen: Während viele in der Forschungsgesellschaft Neugebauer als Mitglied eines viel größeren Old Boys' Network beschreiben, das anders als Neugebauer größtenteils weiterwirke, äußerte sich Hanselka im Interview diesbezüglich zurückhaltend. "Natürlich gibt es immer Netzwerke von Menschen. Die kann, muss man aber nicht Seilschaften nennen", sagte er. Er wolle aber das große Netzwerk Fraunhofer "so offen und attraktiv machen, dass man dort mitspielen will und sich proaktiv einbringt".
Ist das noch visionär oder schon naiv? Und wie geht Hanselka mit der Tatsache um, dass an der Spitze des Fraunhofer-Senats mit Hildegard Müller eine Frau sitzt, die über Monate Reimund Neugebauer stützte und ihn noch als Eröffnungsredner zum Technischen Kongress der VDA einlud, als BMBF-Chefin Bettina Stark-Watzinger und weitere Bundestagsabgeordnete wegen der Affäre bereits seinen Abtritt forderten? Wer das Interview mit Hanselka liest, erlebt Müller dort als Aufklärerin und Mitstreiterin für den Neustart.
Als Nachfolger des im vergangenen Herbst entlassenen Innovationsvorstands und Neugebauer-Vertrauten Alexander Kurz wählte der Fraunhofer-Senat am Mittwoch den derzeit geschäftsführender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT in Aachen, Constantin Häfner, dessen neu zugeschnittenes Ressort Forschung und Transfer umfassen soll. Was das für die Machttektonik bei Fraunhofer bedeutet? Man wird sehen.
Klar ist: Anders als Hanselka suggerieren möchte, ist die Forschungsorganisation bislang längst nicht überall von Aufbruchstimmung erfasst. Das Misstrauen, das sich in der Neugebauer-Ära auf allen Ebenen breitgemacht hatte, ist höchstens in Ansätzen gewichen. Und auch wenn Hanselka mit Nachdruck beschwört, es existiere keine ominöse Liste "von mehr als 20 Instituten, für die es Schließungspläne gebe", kursieren derlei Gerüche munter weiter – vielleicht auch weil Insider bei weit mehr als den zwei Instituten, deren Zukunft zur Disposition steht, grundsätzlichen Sanierungsbedarf sehen. Während es aus den beiden Instituten, dem INT (das in ein anderes integriert werden soll) und dem IMW (geplante Schließung) weiter offen Gegenwehr gibt – und Kritik an Hanselkas Vorgehen, das dieser als besonders transparent verstanden wissen möchte.
Von ausbleibenden Mitarbeiterbefragungen und einer "modernen Feedback-Landschaft"
Unklar bleibt, warum Hanselka, der so auf Partizipation setzt, nicht eingeht auf Forderungen des Gesamtbetriebsrats, die unter Neugebauer letztmals 2015 stattgefundene Fraunhofer-weite Mitarbeiterbefragung endlich zu wiederholen. Ja, die Stimmung mag schlechter sein, als er es öffentlich einräumt, aber wenn er die Umfrage regelmäßig wiederholt, könnte sie zugleich den von ihm angestrebten Aufbruch begleiten.
Auf Anfrage heißt es dazu aus der Fraunhofer-Pressestelle, der Präsident plane "ergänzend zu den bestehenden Befragungselementen weitere gezielte Befragungen der Mitarbeitenden als wichtigen Baustein für die Weiterentwicklung von Fraunhofer und die Stärkung der gemeinsamen Kultur zu etablieren." Von einem "umfangreichen Feedbackinstrumentarium" ist die Rede, das "Befragungen mit Partizipations- und Mitgestaltungsformaten" kombiniere, Zielszenario sei "eine moderne Feedback-Landschaft". Puh. Auf Nachfrage kommt immerhin der Satz: "Dass ist in dem Instrumentarium auch einmal eine Fraunhofer-weite Befragung geben wird, schließen wir nicht aus. Wir prüfen, welche Instrumente am sinnvollsten sind."
Ein erster Schritt – oder mehr von der altbekannten Hinhaltetaktik? Ressortverantwortlich für die versprochene neue "Feedback-Landschaft" wäre übrigens die alte Personalvorständin Elisabeth Ewen.
Unterdessen steigt der finanzielle Druck auf Fraunhofer. Zwar hatte Hanselka Recht, als er im Interview sagte: "Es sind schwierige Zeiten, aber es ist auch ein Fraunhofer-Markt da draußen." Nur müssen die Institute richtig aufgestellt und organisiert sein, um in diesem Markt bestehen zu können. Und anders als in den vergangenen Jahren kann Fraunhofer nicht mehr mit Extra-Schlucken aus der staatlichen Pulle rechnen. Im Gegenteil: Statt Corona-Unterstützungsmillionen (deren Rückzahlung jetzt geprüft werden soll) stellen erste Finanzpolitiker intern sogar in Frage, ob es auf Dauer mit dem jährlichen Drei-Prozent-Budgetplus für die Forschungsorganisationen aus dem Pakt für Forschung und Innovation (PFI) weitergehen kann.
Holger Hanselka gilt als persönlich integer und hat in seinen zehn Jahren beim Karlsruher Institut für Technologie (KIT) den strategischen Turnaround bis hin zur erneuten Auszeichnung als Exzellenzuniversität geschafft. Man kann ihm zutrauen, dass er auch für Fraunhofer einen Plan hat und dass dieser Plan aus verschiedenen Etappen besteht, von denen wir bislang nur die ersten ein, zwei beobachten konnten. Nur muss ihm nach bald einem Jahr im Amt bewusst sein, dass er immer nur so viel Partizipation und Aufbruchstimmung beschwören sollte, wie er auch kurz- bis mittelfristig einlösen kann. Nein, nicht alles geht auf einmal. Aber fest steht: Da muss noch mehr kommen.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
In eigener Sache: Bitte unterstützen Sie meine Arbeit hier im Blog
Zuletzt hat sich die Blogfinanzierung verbessert, besten Dank dafür! Bitte helfen Sie auch im Juni mit, damit alle Artikel weiter für alle kostenfrei zugänglich bleiben können. Mehr lesen...
Wie Sie Blog und Newsletter unterstützen können, erfahren Sie hier...
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Herausgeber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie diese Quelle zitieren möchten.
Angesichts des erstarkenden Rechtsextremismus braucht es einen starken Berufsverband der Professor:innen. Was bedeutet das für sein Verhältnis zu einzelnen wissenschaftspolitischen Gruppen? Ein Gastbeitrag von Geraldine Rauch und Jürgen Zimmerer.
Fotos: Saskia Uppenkamp/Sebastian Engels,UHH.
DIE ZWEITE DEUTSCHE REPUBLIK steht am Scheideweg! Erstmals sitzt eine Partei im Deutschen Bundestag, deren Jugendorganisation ebenso wie einige Landesverbände vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeschätzt werden; eine Partei mit realen Optionen auf eine Regierungsbeteiligung auf Länderebene. Überall in Europa beobachten wir ein Erstarken rechter, nationalistischer und demokratiebedrohender Parteien und Organisationen. Diese Entwicklungen machen auch vor Hochschulen nicht halt. Gleichzeit gehen Hunderttausende auf die Straßen, um für die Demokratie zu demonstrieren, darunter viele Studierende, Wissenschaftler*innen und Professor*innen. Die Idee der wehrhaften Demokratie ist eine der zentralen Lehren aus dem Untergang der Weimarer Republik.
Doch lang nicht alle stellen sich so geschlossen gegen die Bedrohung von Rechtsaußen. Dabei spielt gerade die Wissenschaft eine zentrale Rolle in der demokratischen Gesellschaft, legt sie doch die rationalen Grundlagen des politischen Diskurses. Deshalb ist sie besonders geschützt etwa durch die grundgesetzlich verbriefte Wissenschaftsfreiheit und die weitgehende Verbeamtung der Professor*innenschaft, die bewusst die Lehrenden öffentlichem wie institutionellen Druck entziehen soll. Dass dieser Schutz nur einer privilegierten Minderheit zugutekommt, während ein Großteil der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen in Abhängigkeitsverhältnissen unter oft schwierigen Beschäftigungsbedingungen arbeitet (Kettenbefristungen, Vollzeitarbeit bei Teilzeitstellen), wurde in den vergangenen Jahren wiederholt thematisiert. Dies schafft auch Einfallstore für politischen Druck.
Warum wir einen starken Berufsverband brauchen
Rechtsextreme Tendenzen unter Professor*innen sind besonders gefährlich, da diese meist gut zu unterscheiden wissen, was rechtlich noch erlaubt ist und wie man auf dem schmalen Grat zum juristisch Angreifbaren und zur Verfassungsfeindlichkeit balanciert. Auch sind Hochschullehrer*innen meist gut vernetzt und geben sich oftmals gegenseitig Rückendeckung. Zudem scheinen nicht alle Lehrstuhlinhaber*innen zur Selbstkritik fähig. Manch privilegierte Lehrstuhlinhaber*innen fühlen sich herausgefordert von denen, die nachkommen, die andere Ansätze vertreten, emanzipatorische Anliegen forcieren. Ein öffentlicher Diskurs, der eigentlich als normaler wissenschaftlicher Prozess aufzufassen ist, scheint mitunter von den Etablierten als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit verstanden zu werden. Wer als Lehrstuhlinhaber*in seit Jahren keinen Widerspruch erfuhr, mag dies auch als Sakrileg verstehen, als Angriff auf das vermeintliche Recht, gefeit vor Widerspruch zu sein. Die großen Debatten um Wissenschaftsfreiheit und "Cancel Culture" scheinen von einem Generationen- und Geschlechterkonflikt beeinflusst.
Deswegen braucht es einen starken Berufsverband, der die Interessen aller Wissenschaftler*innen unabhängig vom Beschäftigungsstatus vertritt. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) bezeichnet sich selbst als "die Berufsvertretung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland", mit rund 33.500 Mitgliedern, überwiegend Professorinnen und Professoren. Damit ist der DHV die größte Vereinigung von Wissenschaftler*innen in Europa. Entsprechend kommt dem DHV in der Öffentlichkeit eine besondere Bedeutung und Verantwortung zu. Aber kommt der DHV dieser Verantwortung angemessen nach?
Was passieren kann, wenn mächtige und etablierte Professor*innen kritisiert werden, kann man aktuell am Verhältnis des Deutschen Hochschulverbands (DHV) zum Netzwerk Wissenschaftsfreiheit beobachten. Der DHV als Berufsverband nimmt einseitig Professor*innen des Netzwerkes in Schutz, prangert andere Wissenschaftler*innen öffentlich an und äußert sich nicht direkt zu konkreten Vorwürfen und Nachfragen, sondern weicht mit einem pauschalen Bekenntnis gegen Rechtsextremismus aus.
Das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit ist ein Verein von mehr als 700 Professor*innen, der sich selbst als Verein gegen die wissenschaftliche "Cancel Culture" beschreibt. Über das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit gibt es nun mehrere kritische Meinungen, auch weil ein Mitglied des Netzwerks an der berüchtigten Konferenz in Potsdam teilgenommen hatte. Das Netzwerk selbst weist Anschuldigungen vehement zurück und droht sofort schriftlich mit Klage.
Nun gehört das Recht zur Vereinsbildung, zu den konstitutiven Rechten, ja zu den Voraussetzungen demokratischer Teilhabe. Insofern ist die Gründung des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit nicht zu beanstanden. Aber handelt es sich um ein neutrales Netzwerk oder um eine politische Gruppierung? Wenn das Netzwerk im Namen der Wissenschaftsfreiheit offene Briefe an Universitäten und damit ihre Leitungen oder Politiker*innen im In- und Ausland schreibt, um etwa gegen postkoloniale Studien zu polemisieren, dann hat dies zumindest den deutlichen Anschein, politisch Einfluss nehmen zu wollen. Ein Brief an Universitätsleitungen dient nicht dem offenen Meinungsaustausch! Die Botschaft ist viel mehr: Unterbinden Sie das, fördern Sie das nicht!
Insbesondere Hochschullehrer*innen dürfen sich jetzt nicht wegducken
Die Empfänger*innen dieser Botschaften können dies durchaus als Einschüchterungsversuch verstehen. Wer eine Zukunft in der Wissenschaft will, halte sich tunlich von bestimmten Themen fern, so könnte man dies lesen. Eine komplette Umkehrung des im Namen angelegten Programms. Offen bleibt also, wer das Canceln tatsächlich praktiziert und wer es versucht zu unterbinden. Dies ist im politischen Raum allerdings durchaus im Rahmen des Erlaubten. Hochproblemtisch wird es, wenn der Deutsche Hochschulverband als zentrale Vertretung DER Wissenschaftler*innen in Deutschland einseitig eine politische oder zumindest wissenschaftspolitischen Gruppe zu vertreten scheint.
Die Verteidigung der liberalen, offenen Gesellschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, vor der sich insbesondere Hochschullehrer*innen nicht wegducken dürfen, gerade weil diese Berufsgruppe beim Zusammenbruch der ersten deutschen Demokratie so eklatant versagte Damals machten sich viele zu Erfüllungsgehilfen des "Dritten Reiches" und zu Anstifter*innen von Menschheitsverbrechen, nur um sich nach dem Krieg auf die Position zurückzuziehen, lediglich reine, apolitische Wissenschaft betrieben zu haben.
Der DHV leistet in vielen Dingen hervorragende Arbeit. Umso enttäuschender ist es, dass eine kritische Auseinandersetzung und Aufklärung über konkrete Vorfälle und Entwicklungen auch unter den eigenen Mitgliedern fehlt. Wie steht der DHV dazu, dass ein Mitglied des Netzwerkes Wissenschaftsfreiheit auf der Konferenz in Potsdam vorgetragen hat? Billigt er dies? Verteidigt er dies? Wie steht der DHV dazu, dass sich eine Vielzahl der Beiträge aus dem Netzwerk gegen Genderdiversität und Migration richten? Wie steht der DHV dazu, dass eine Vorsitzende des Netzwerks gerade ein Buch veröffentlicht hat mit dem Titel "Der neue Kulturkampf – Wie eine Woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht"? Das sind einige der unbeantworteten Fragen.
Eine Berufsvertretung wie der deutsche Hochschulverband muss den Anspruch haben, alle Mitglieder gleichermaßen zu vertreten. Mit einem pauschalen Bekenntnis zur offenen Gesellschaft – wie in seiner Erklärung vom 20. Februar 2024 – ohne konkrete Aufarbeitungen wird der DHV seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht.
Der DHV schreibt: "Für pointierten argumentativen Streit basierend auf Fakten ist in der Wissenschaft Platz, für Einschüchterungen, Mobbing oder Boykott dagegen nicht." Wir teilen diese Ansicht! Allerdings war es der DHV, der über Social Media eine unerschrockene wissenschaftliche Mitarbeiterin namentlich und öffentlich in ein kritisches Licht rückte, nachdem sie hier im Blog Kritik geübt hatte. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich der DHV von einer einseitigen Parteinahme zugunsten des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit distanziert und öffentlich aufarbeitet, wie es dazu kommen konnte. Die Auseinandersetzung mit manchen Themen mag unbequem sein, aber gerade angesichts der aktuellen politischen Lage ist sie umso notwendiger. Ein zu langes Schweigen ist irgendwann als Zustimmung zu werten.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
In eigener Sache: Bitte die Unterstützung dieses Blogs nicht vergessen
Mehr lesen...
Hinweis: Bitte bewahren Sie beim Kommentieren einen sachlichen Ton, unterlassen Sie persönliche Angriffe und beachten Sie, dass dieser Beitrag nur mit Klarnamen kommentiert werden kann.