Broken body: situating trauma in the visual cultures of Cambodia and its diaspora -- Scarred resilience: the legacy of the United States' secret bombing of Cambodia -- Portraits of a dictator: Khmer Rouge ideology and the politics of aesthetics -- Of krama and Khmer identity: the land where the sugar palm trees grow -- Performing Khmer cultural identity: the tale/tail of the serpent princess.
In den letzten Jahren ist das Interesse der Sozialwissenschaften am "Visuellen" stetig gewachsen, und es wurden in diesem Zusammenhang zahlreiche Methoden konzipiert und genutzt. Mittlerweile ist eine kritische Masse auch mit Blick auf die Reflexion der Verwendung visueller Verfahren im Rahmen je spezifischer Themenstellungen erreicht. FQS 11(2) beschäftigt sich mit Arbeiten, die aus den Sozialwissenschaften und den Visual Arts hervorgegangen sind und sich mit Migration und sozialer Abgrenzung befassen. In diesem Einleitungsbeitrag wird zunächst ein Überblick über die Schwerpunktausgabe und die ihr zugehörigen Artikel gegeben. Danach diskutieren wir, in welcher besonderen Weise visuelle Verfahren zu Forschung über Migration und soziale Abgrenzung beitragen können.
Ausgangspunkt und Modell dieses Aufsatzes ist "Projekt Migration", eine Ausstellung zur Geschichte der Arbeitsmigration nach Deutschland und zum europäischen Grenzregime, die Alltagsgegenstände und Kunstwerke umfasste. Dieser Aufsatz konzentriert sich auf die Materialität von Ausstellungsobjekten und stellt gegenwartshistorische Ausstellungsansätze innerhalb und außerhalb etablierter öffentlicher Institutionen infrage, die sich hauptsächlich auf Artefakte wie Dokumente und Objekte des täglichen Gebrauchs stützen, wenn sie Migrationsprozesse und das Leben eingewanderter Familien repräsentieren. Die Geschichten, die mit diesen Objekten verbunden sind, beziehen sich besonders auf den Alltag von Männern und Frauen während ihrer ersten Jahre als Arbeitskräfte in Deutschland. Indem sie die Immigranten und Immigrantinnen so zu "ewigen Migrant/innen" machen, neigen Migrationsausstellungen zu einer Fiktionalisierung der Einwanderer und Einwanderinnen, die dann als realistische und neutrale Darstellung erscheint. Im Gegensatz zu Historiker/innen übernehmen Künstler/innen, die ihre Arbeiten signieren, auf eine direktere Weise Verantwortung für die Geschichten und Anspielungen, die bei den Betrachtenden Emotionen evozieren. Sie schaffen so eine kritische Distanz zwischen der betrachtenden Person und dem Objekt und machen die cultural spaces (LIPPARD 2003) zwischen ihnen und der Autorin oder dem Autor wahrnehmbar. Die grundsätzliche Präsentation der Immigranten und Immigrantinnen als "die Anderen" und die damit verbundene voyeuristische Haltung kann so vermieden werden. Künstlerische Arbeiten in Ausstellungen zur Migrationsgeschichte machen es möglich und nötig, dass die Zuschauer und Zuschauerinnen mit und ohne Migrationshintergrund selbst Position beziehen. Dieser Aufsatz spricht für künstlerischer Interventionen in migrationsgeschichtlichen Ausstellungen.
Die Exhumierungen von Opfern der repressiven Franco-Politik sind kulturelle Praktiken von großem heuristischem Wert, die eine Analyse des öffentlichen Auftretens, der Verbreitung und der Aneignung eines traumatischen Gedächtnisses im lokalen Kontext erlauben. Der Einsatz visueller Medien zur Aufzeichnung der sozialen Aktivitäten im Umfeld der Ausgrabungen dient nicht allein als Protokollierungsinstrument, sondern ist häufig sogar der Auslöser für ein entstehendes soziales Gedächtnis. Im ersten Teil des Aufsatzes beleuchten wir die verschiedenen Formen visueller und audiovisueller Intervention vonseiten der diversen Beteiligten, welche die Exhumierungen von Massengräbern als Veranstaltungen gestalten. Im zweiten Teil fokussieren wir auf die von Sozialwissenschaftler/innen eingesetzten visuellen Methoden, insbesondere auf die Videoaufzeichnung der narrativen Zeugnisse von Überlebenden und Augenzeugen.
This article discusses the photo interview method used in a participatory inter- and transdisciplinary research setting. The photo interview has proven particularly useful for sustainability and environmental studies in which eliciting community points of view is crucial to the research effort. Based on experiences in several countries, the author describes and analyses the photo interview process and its three phases—involving, sharing and analysing—and explores potential influences on data quality. In the first phase, researchers use the photo interview method to involve community residents from different levels of society in the research process. In the second phase, the photo interview method encourages community residents and scientists to share insights and perspectives and to partner in developing a common understanding of local structures, processes, and possible solutions. In the third phase, the photo interview method allows researchers to analyse visual and textual data as a representation of a local societal context. In decoding images, researchers ground the analysis in subjective perspectives, use residents' visual codes along with other methods to further analyse community data, and explore the wider societal context in which the study is embedded.
This article examines the place that Nepalese immigrant workers occupy in Qatar, a country where migrants' social and spatial positions are determined by their nationality and qualifications. The article uses visual images, mainly photographs, to illustrate the divided nature of society in Qatar. While trying to adopt the migrants' point of view, the author spent time both in the place where they live, that is the labor camps, and in central Doha where migrants spend their free time. Thus, except for the work place, pictures were taken both in private and public spaces to outline migrants' living spaces. They illustrate the strong constraints migrants have to face in everyday life. For the author himself, pictures are a means of taking a closer look at these places, once back from a field trip. By playing with different scales, zooming from the labor camp setting to the details of how rooms are arranged, pictures enable us to grasp the multiple facets of segregation and the way Nepalese migrant workers draw on their own resources to make foreign places their own. However, the adjustments made to these living spaces continue to reflect their lowly position in a highly segmented society.
Lange Zeit war die Untersuchung von Beziehungen zwischen "Rassen" von spezifischen Paradigmen – insbesondere Assimilation vs. Multikulturalismus – dominiert, die auf Unterschiedlichkeit abhoben (als Problem bzw. als besondere Potenz). In neuerer Zeit hat die Vorstellung der "Mischung" von und des Austausches zwischen "Rassen" und Kulturen, haben Konzepte wie "creolization" oder "hybridization" an Bedeutung gewonnen. Ausgangspunkt dieses Artikels ist die Beobachtung, dass die Vorstellung "rassischer" oder kultureller "Mischung", von Hybridität bzw. "mestiçagem", eine zentrale ideologische Bastion der letzten Dekade des portugiesischen Kolonialismus war. Wenn Hybridität also kein neuer Begriff und Diskurs im zeitgenössischen Portugal ist, worum geht es bei diesem Konzept heute? Und was können wir aus dem portugiesischen Hybriditätsdiskurs über die portugiesische Situation hinaus lernen? Der Beitrag geht diesen Fragen mittels einer Kombination von visuellen und linguistischen Analysen des Lifestyle-Magazins Afro nach als einem Ort, an dem zeitgenössische Diskurse über "Rassen" ineinandergreifen.
This paper presents five consultation workshops with 29 community pharmacists, stakeholders and patients that examined "patient-centred professionalism" in terms of pharmacists' working day and environment. The concept is ill-defined in both medical and pharmacy literature and the study aimed to clarify the situated nature of the term for patients and health professionals across settings. Workshops were supported by bio-photographic datasets of "in-situ" practice and Nominal Group Work. The thematic content analyses led to the following aspects: building caring relationships; managing external forces; the effects of space and environment, and different roles and expectations. The study reveals how patient-centred professionalism cannot be defined in any singular or stationary sense, but should be seen as a "moveable feast", best understood through everyday examples of practice and interaction, in relation to whose experience is being expressed, and whose needs considered. The phrase is being mobilised by a whole set of interests and stakeholders to reshape practice, the effect of which remains both uncertain and contested. Whilst patients prioritise a quick and efficient dispensing service from knowledgeable pharmacists, pharmacists rail against increasing public demands and overtly formalised consultations that take them away from the dispensary where the defining aspects of their professionalism lie.
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"Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus" – so lautet das jüngst im Suhrkamp Verlag erschienene Buch von Olga Shparaga[1], in dem die belarusische Philosophin die aktuelle Protestbewegung in ihrer Heimat analysiert. Wie schon der Titel verrät, steht dabei die Rolle der Frauen im Fokus. Sie sind es, die das Bild der revolution-in-progress, wie Shparaga die Ereignisse in Belarus seit den gefälschten Wahlen vom Sommer 2020 nennt, maßgeblich bestimmen.Auch in Polen ist es eine Frau, die das Bild der belarusischen Proteste prägt und es damit in den letzten Wochen regelmäßig auf die Titelseiten der polnischen und internationalen Zeitungen geschafft hat. Die Rede ist von der Künstlerin und Aktivistin Jana Shostak aus Hrodna in Belarus. Stets in ein weiß-rot-weißes Kleid gekleidet – den Farben, die für den Widerstand gegen das Regime von Alexander Lukaschenko stehen – macht sie zudem mit ihrer Aktion "Krzyk dla Białorusi" ("Schrei für Belarus") unermüdlich auf die politische Situation in ihrer Heimat aufmerksam. Eine Minute lang dauert ihre Aktion, die mittlerweile unter dem Hashtag #globalscream bekannt ist. Eine Minute schreit sie mit voller Lautstärke und lädt die Herumstehenden zur Teilnahme ein. Shostak nannte es zuletzt eine "krzykoterapia" – eine "Schreitherapie". Diese bringe das Wechselbad der Emotionen zum Ausdruck, die durch die hoffnungsvollen Proteste und die blutigen Gegenreaktionen des Lukaschenko-Regimes hervorgerufen werden. In Kunstkreisen ist Shostak, die aus einer belarusisch-polnischen Familie stammt und 2010 zum Kunststudium nach Polen kam, schon seit einigen Jahren bekannt und ist regelmäßig auf zahlreichen polnischen und europäischen Ausstellungen vertreten. Zuletzt war sie auf Schönheitswettbewerben in Polen unterwegs, die sie als Plattform für künstlerische Projekte nutzt. Erstmals Aufmerksamkeit erregte sie 2017 mit ihrer Abschlussarbeit, die im Atelier des bekannten Installationskünstlers Mirosław Bałka an der Warschauer Kunstakademie entstand und als Gegenentwurf zur restriktiven Flüchtlingspolitik der Regierung gelesen werden kann.Sensibilisiert durch ihren eigenen Migrationshintergrund begab sich Shostak hier auf die Suche nach einer Alternative für das polnische Wort "uchodźca", zu Deutsch "Flüchtling".In Gesprächen mit in Polen lebenden Ausländer:innen, polnischen Bürger:innen und Sprachwissenschaftler:innen ging sie der Bedeutung des Begriffs "Flüchtling" nach. Um die mit diesem Wort verbundene stigmatisierende Wirkung in eine positive Assoziation zu wandeln, schlug sie vor, "Flüchtling" mit "Nowak" zu ersetzten – also mit dem in Polen am häufigsten vorkommenden Nachnamen, der ins Deutsche mit "Neuling", ins Englische mit "newcomer" übersetzt werden kann. Dies diskutierte sie auch in der beliebten TV-Show "Słownik Polsko-Polski" ("Polnisch-Polnisches Wörterbuch") und präsentierte ihre Ergebnisse öffentlich im beliebten Warschauer Einkaufszentrum "Złote Tarasy". Shostaks Ziel ist es, die polnische Sprache nachhaltig zu verändern und auch andere zum Gebrauch der neuen Wortschöpfung zu bewegen. Zu diesem Zweck benutzt sie seitdem in allen Interviews und öffentlichen Auftritten konsequent die Substantive "Nowak, Nowaczka, Nowacy", wenn sie von Flüchtlingen spricht und zählt darüber hinaus zum kleinen Kreis von Verfechter:innen einer gendersensiblen Sprache in Polen.[2] Seit dem Beginn der Protestbewegung gegen das Regime von Alexander Lukaschenko setzt sich Jana Shostak nun vor allem für ihre aus Belarus geflüchteten Landsleute ein. Mit ihrer einminütigen Schrei-Aktion appellierte sie im Herbst 2020 mehrere Dutzend Mal im musealen Kontext und vor dem Warschauer Büro der Europäischen Kommission für mehr Aufmerksamkeit für die Probleme von Belarus:innen. Angefangen hat sie mit dieser performativen Aktion bereits Ende August, als sie aus ihrer belarusischen Heimatstadt Hrodna von den Protesten nach der gefälschten Wahl nach Warschau zurückkehrte. Zudem engagiert sich Shostak seitdem bei der praktischen Organisation von Unterstützung für die nach Polen vor Repressionen und Folter Geflüchteten und fordert von der polnischen Politik die Einhaltung der versprochenen Hilfeleistungen. Erfolgreich war die mittlerweile 28-Jährige damit bereits im September 2020. Während eines Treffens zwischen dem polnischen Premierminister Mateusz Morawiecki mit der belarusischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja konnte Jana Shostak auf die formellen Visa-Probleme aufmerksam machen, mit denen die belarusischen Flüchtlinge zu diesem Zeitpunkt zu kämpfen hatten. Nachdem sie bei einem offiziellen Spaziergang durch die Warschauer Innenstadt lautstark ihre Stimme erhoben hatte, suchte der Amtschef des polnischen Ministerpräsidenten das Gespräch mit ihr. Shostak erreichte, dass die Ausgabe von Touristenvisa für Belarusen wieder aufgenommen und den Inhabern von humanitären Visa der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht wurde. Zuvor hatte sie ohne Ergebnis versucht, andere Abgeordnete sowie die Helsinki- Stiftung für Menschenrechte in Polen mit Sitz in Warschau zu kontaktieren. "Dank des Trainings durch meine Schrei-Minute (…) habe ich mir eine starke Stimme erarbeitet", erklärte sie ihren Erfolg im Nachhinein der Presse und setzte so auch diese Aktion in Bezug zu ihrem Schrei-Protest für Belarus.[3]Viral ging ihr Schrei-Protest, als sie bei der vom EU-Parlamentarier Robert Biedroń einberufenen Pressekonferenz nach der Gefangennahme des Bloggers und Journalisten Roman Protasewitsch teilnehmen durfte. Am 24. Mai, einen Tag nach dem Vorfall, kamen in Warschau vor der Botschaft der Republik Belarus Politiker:innen zusammen; auch in Polen lebende belarusische Oppositionelle waren bei der Pressekonferenz dabei. Shostak, wie immer in ihrem weiß-rot-weißen Kleid und diesmal mit einem Pappschild mit SOS-Schriftzug in den Händen, beendete ihren verzweifelten Appell an die EU mit dem einminütigen Schrei. Nicht nur hielt die internationale Presse diesen eindrücklichen Moment fest, in Polen erregte vor allem ihr Dekolleté oder vielmehr die Tatsache, dass sie unter ihrem Kleid keinen BH trägt, große Aufmerksamkeit.Dabei kam die Kritik nicht, wie zu erwarten wäre, vonseiten der rechtskonservativen Kreise, sondern von der Linken-Abgeordneten Anna-Maria Żukowska. Auf Twitter postete diese unter dem Foto von Shostaks Aktion einen inzwischen gelöschten Kommentar: "Warum habe ich nicht das Gefühl, dass es ihr tatsächlich um Belarus geht?"[4] Die mit der linken Zeitschrift Krytyka Polityczna verbundene Journalistin Wiktoria Bieliaszyn repostete sofort: "Jana Shostak reißt sich seit Monaten die Beine aus, ihre ganze Zeit opfert sie dem Aktivismus und realen Hilfeleistungen für Belarusen und die Opfer des Regimes. Anna-Maria Żukowska, angeblich eine Abgeordnete der Linken, sieht einen Bildschirm, auf dem man sich abzeichnende Brustwarzen sieht, also veröffentlicht sie einen blöden, ordinären, sexistischen und misogynischen Kommentar. Würden männliche Brustwarzen bei Ihnen auch so viele Emotionen hervorrufen? Schäm dich, Linke!"[5] #DekoltDlaBiałorusi – ein Dekolleté für Belarus Es folgten heftige Reaktionen in den sozialen Medien und eine große Solidarisierungwelle. Künstler:innen und Aktivist:innen organisieren seitdem in ganz Polen Schrei-Aktionen für Belarus. Besonders aktiv ist der Künstler Arek Pasożyt in Toruń. Bartosz Bielenia, der Hauptdarsteller des Oscar-nominierten Films "Corpus Christi" nutze wiederum eine offizielle Preisverleihung im Europarlament für seinen Schrei für Belarus.Shostak selbst drang in Warschau sogar bis in den Senat vor[6] und nutze die ihr zuteilwerdende Aufmerksamkeit: Über ihre sozialen und inoffiziellen Netzwerke initiierte sie die Aktion #DekoltDlaBiałorusi. Hierfür kam sie erneut vor dem Warschauer Büro der Europäischen Kommission mit einer Gruppe von Künstlerinnen und Aktivistinnen zusammen, die nur mit einem BH bekleidet oder mit ganz nacktem Oberkörper ihre Schrei-Performance begleiteten. Alle hatten dabei mit schwarzer Schrift auf dem Dekolleté die Namen von polnischen und internationalen Firmen stehen, die weiterhin mit dem Regime von Alexander Lukaschenko zusammenarbeiten. Abb. Mit freundlicher Erlaubnis von Künstlerin und vom Fotografen Die Aktion erinnert auf den ersten Blick an die Femen-Proteste – also an die in der Ukraine entstandene und mittlerweile von Frankreich aus weltweit tätige Aktivistinnen-Gruppe, die mit entblößten Brüsten und auf die Haut gemalten Sprüchen nicht unumstritten auf Frauenunterdrückung und Sexismus aufmerksam macht. #DekoltDlaBiałorusi wirkt allerdings vorsichtiger und durch die Mischung von bekleideten und obenherum entblößten Frauen weniger provokant. So ist auch zu erwähnen, dass die Brustwarzen der obenherum unbekleideten Frauen abgeklebt waren, um so die Zensur durch die sozialen Medien zu umgehen und die Weiterverbreitung der Aktion nicht zu gefährden.Nichtsdestotrotz ist es auch hier der nackte Frauenkörper in Verbindung mit dem lauten Schrei, der die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit fordert und so Veränderung – in diesem Fall die Aufgabe der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem belarusischen Diktator – erreichen will. #DekoltDlaBiałorusi im Kontext der feministsichen Kunst und des Frauenstreiks in Polen Die Aktion #DekoltDlaBiałorusi hat folglich offensichtliche feministische Elemente. Im polnischen Kontext geht der Einsatz des nackten Frauenkörpers als Werkzeug des politischen und gesellschaftlichen Protests bereits auf die 1970er und frühen 1980er Jahre zurück. So kann die Aktion #DekoltDlaBiałorusi auch in die Tradition der Arbeiten der polnischen Performancekünstlerin Ewa Partum gestellt werden. Die seit 1983 in Berlin lebende Partum, die heute als Pionierin der feministischen Kunst Ostmitteleuropas gilt, schuf 1980 unter dem Titel "Samoidentyfikacja" ("Selbstidentifikation") einen Zyklus von Fotomontagen. In diesen komponierte sie ihren eigenen nackten Körper in Fotografien des grauen, sozialistischen Warschauer Alltags hinein, so dass es wirkt, als würde sie unbekleidet durch die Innenstadt laufen.Partums so in Szene gesetzte Nacktheit wird zu einem Moment der Kritik gegenüber dem kommunistischen System. Adressiert wird in der Serie "Selbstidentifikation" allerdings ebenso die konservative polnische Gesellschaft samt ihrer politischen Opposition, die mit ihrer Nähe zur katholischen Kirche ein traditionelles Frauenbild propagierte. Letzteres führte schließlich auch dazu, dass die seit 1956 geltende liberale Regelung auf Abtreibung 1993 im Sinne der Wiederherstellung der nationalen polnischen Ordnung und Überwindung des kommunistischen Systems verschärft wurde. Ab da war Abtreibung nur in Ausnahmefällen möglich.[7] Hatten die Frauen in Polen dies noch weitestgehend stillschweigend akzeptiert und waren feministische Stimmen wie die Ewa Partums noch eine Seltenheit, kommt es seit 2016 zu regelmäßigen Protesten gegen Versuche der weiteren Verschärfung des Rechts auf Abtreibung. Als das regierungsfreundliche Verfassungsgericht in Polen schließlich am 22. Oktober 2020 durchsetzte, dass fortan Schwangerschaftsabbrüche auch aufgrund schwerer Fehlbildungen des Fötus als verfassungswidrig gelten, überzog eine Welle von Protestaktionen das Land. Bis heute flammen diese immer wieder auf und haben sich zu einem zivilgesellschaftlichen Gegengewicht zur offiziellen Politik der PiS-Partei entwickelt. Geprägt sind die Proteste von performativen Aktionen und visuellen Symbolen wie dem roten Blitz, der zum Erkennungszeichen der Bewegung geworden ist. Sowohl im öffentlichen Raum wie auch in den sozialen Medien sind diese anzutreffen und stehen für die Forderung nach körperlicher Selbstbestimmung. Auch in diesem Kontext sind die Aktionen #DekoltDlaBiałorusi und #globalscream zu sehen. So soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass das gemeinsame Schreien bereits im Kontext des Frauenstreiks eine Form des Protests darstellte.[8] Nun allerdings von der internationalen Empörung getragen, die die perfide Verhaftung Roman Protasewitsch auslöste, hat der #globalscream durch Jana Shostak in Polen eine Erweiterung und gleichzeitig Neu-Kontextualisierung erhalten. Ohne Zweifel geht es allen, die sich aktuell daran beteiligen, hauptsächlich um Aufmerksamkeit für die Situation in Belarus und Hilfe für die aus dem Land Geflüchteten. So wurde insbesondere durch die Verbindung mit der Aktion #DekoltDlaBiałorusi auch vermehrte Aufmerksamkeit auf den ebenfalls vor dem vor dem Warschauer Büro der Europäischen Kommission Anfang Juni parallel andauernden Hungerstreik der Belarusinen Stasia Glinnik, Bażena Szamowicz und Karalina Sauka gelenkt, die ähnliche Ziele wie die Schreienden verfolgten und Sanktionen der EU gegen das Lukaschenko-Regime forderten.Abb. Mit freundlicher Erlaubnis vom Künstler und vom Fotografen Aber wäre die Kritik an Jana Shostaks Dekolleté auch so viral gegangen, bestünde aktuell weniger Sensibilität für feministische Themen, zu denen auch die selbstbestimmte Wahl der Kleidung gehört? Hätte sie auch dann soviel Solidarität und Aufmerksamkeit für ihr Anliegen bekommen? Wäre es Jana Shostak ohne ihr bestehendes Netzwerk in der polnischen Kunstszene gelungen, so viele Menschen für die Solidarität mit Belarus zu mobilisieren und damit auch die Politik zum Handeln aufzufordern?Zwischen Kunst und politischem Aktivismus Neben Personen aus der belarusischen Diaspora handelt es sich nämlich bei vielen der Protagonist:innen, die Shostak bei ihren aktuellen Aktionen unterstützen, um Aktivist:innen und Künstler:innen, die auch den Frauenstreik mitprägen. Auch Jana Shostak selbst gehört zu jenen, die den Frauenstreik unterstützen und die sich ebenso immer wieder für Klimaschutz, gegen Rassismus und Homophobie einsetzen. Dabei werden jenseits der parteigelenkten Politik "postartistische", meist performative Praktiken an der Grenze von Kunstbetrieb und politischem Aktivismus entwickelt. Diese überwinden den musealen Kontext und gemeinsam mit einer breiten Masse wird für Minderheitenrechte und gegen Diskriminierung in Polen und weltweit eingestanden.Shostaks Engagement in dieser Sache offenbart nicht nur ihr eingangs erwähntes Projekt "Nowak, Nowaczka, Nowacy". Deutlich wurde dies zuletzt auch während der "Parada Równości", der "Pride-Parade", die am 19. Juni 2021 in Warschau stattfand. Hier taten sich Vertreter:innen des Frauenstreiks mit den belarusischen Aktivist:innen zusammen und demonstrierten gemeinsam mit der LGBTQI-Community friedlich gegen die von der Regierung mitbefeuerte Homophobie. Shostak appellierte dabei auch an die belarusische Oppositionsbewegung, bei den eigenen Bemühungen um die europäischen Werte und Rechte selbst auch keine Minderheiten auszugrenzen. Dafür musste sie wiederum Stimmen der Kritik von der oftmals konservative Werte vertretenden belarussischen Diaspora hinnehmen. Abb. Facebook-Screenshot mit freundlicher Erlaubnis der Künstlerin [1] Olga Shparaga: Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus, Berlin 2021.
[3] Maciek Piasecki: Historia jednego protestu: nakrzyczała na Morawieckiego i wywalczyła pomoc dla Białorusinów, oko.press vom 3. Oktober 2020, https://oko.press/nakrzyczala-na-morawieckiego-i-wywalczyla-pomoc/ (29.6.2021)
[4] Anna Maria Żukowska komentuje zdjęcie aktywistki. "Dlaczego nie mam wrażenia, że naprawdę chodzi jej o Białoruś?", wprost.pl vom 25. Mai 2021, https://www.wprost.pl/polityka/10450242/jan-shostak-wzniosla-krzyk-rozpaczy-anna-maria-zukowska-krytykuje-aktywistke.html (29.6.2021).
[6] "Łukaszenka uczynił z polskiej mniejszości kozła ofiarnego", TVN 24 Polska vom 11. Juni 2021,https://tvn24.pl/polska/senat-debata-na-temat-dzialan-polskiego-rzadu-w-sprawie-bialorusi-5118137 (29.6.2021).
[7] Vgl. Stephan Raabe (unter Mitarbeit von Janina Härtel): Zur Korrektur eines Klischees: Abtreibung in Polen Zahlen und Schätzungen, Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen, 9. Mai 2007, https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=4f270774-45bc-a804-cf3c-49183e68ca6f&groupId=252038 (29.6.2021)
[8] Akcja "Global Scream" w Poznaniu - minuta krzyku kobiet na Półwiejskiej, in: Polska Times (Onlineausgabe) vom 9. März 2019. https://polskatimes.pl//akcja-global-scream-w-poznaniu-minuta-krzyku-kobiet-na-polwiejskiej-zdjecia-wideo/ar/13949883 (29.6.2021). In Berlin organisiert das mit dem polnischen Frauenstreik verbundene Kollektiv Dziewuchy Berlin seit 2019 auch #globalscream-Aktionen. Vgl. HERstoria współczesna – o Global Scream, https://www.dziewuchyberlin.org/2021/06/19/herstoria-wspolczesna-o-global-scream/?fbclid=IwAR3iqp1iYEpz3fW_3NUWEBRCGzJpmhI0rnDl0H67qYF_e9bZIhiItxJMREI (29.6.2021)
Introduzione Questo elaborato si pone come obiettivo quello di esaminare il processo penale minorile sotto una duplice chiave di lettura, da un lato quella di illustrare il ruolo del Tribunale minorile nelle sue vari articolazioni e funzioni, analizzando i singoli organi giudiziari con cui il minore entra in contatto, dall'altro quella di esaminare il ruolo dell'Ufficio dei Servizi Sociali della Giustizia Minorile ( il cui acronimo è U.S.S.M.) durante l'intero iter processuale trattando lo stretto rapporto fra quest'ultimo e l'Autorità Giudiziaria. Filo conduttore dell'elaborato sarà la figura del minore deviato, i suoi diritti e doveri e i progetti di reinserimento sociale, con particolare attenzione all'istituto della messa alla prova, quale mezzo privilegiato per la rapida fuoriuscita dal circuito penale. Dopo un breve excursus storico sull'origine dell'U.S.S.M. e del Tribunale minorile, che risale al Regio Decreto 1404/34 e, trattando le tappe principali, fino al DPR 448/88, verranno analizzate la struttura e le funzioni del Tribunale con particolare attenzione alla singole figure istituzionali che intorno ad esso gravitano. L'analisi dei principali organi giudiziari che il minore incontra fin dall'ingresso nel circuito penale si concretizzerà nell'esame della Polizia Giudiziaria che provvede all'arresto ovvero al fermo, del Pubblico Ministero quale organo che presiede e coopera al conseguimento del peculiare interesse – dovere dello Stato di recupero del minore, del Giudice minorile diviso nelle figure di giudice monocratico e organo collegiale, ed infine del Magistrato di Sorveglianza, quale giudice specializzato che vigila sull'esecuzione delle misure penali e di sicurezza, al fine che ogni forma di custodia sia attuata conformemente a leggi e regolamenti e nel rispetto dei diritti dei giovani detenuti. Verrà evidenziato come, nel processo penale minorile, vi sia la tendenza alla marginalizzazione del carcere e all'adozione di altri tipi di sanzioni. Infatti, ove non risulti necessario far ricorso ad altre misure cautelari, il Giudice, sentito l'esercente la potestà dei genitori, può impartire al minore prescrizioni relative alle sue attività di studio, di lavoro o altrimenti educative, e solo in caso di gravi e ripetute violazioni, potrà disporre la misura della permanenza in casa. A loro volta, solo nel caso di gravi e ripetute violazioni degli obblighi inerenti questa misura, il Giudice potrà disporre il collocamento in comunità, e ancora in caso di gravi e ripetute violazioni la custodia cautelare presso un Istituto Penale Minorile. Tale misura viene vista, nel nuovo processo penale minorile, come estrema ratio e vi si procede solo per i delitti per i quali è stabilita la reclusione in misura non inferiore nel massimo a nove anni. Sotto il secondo profilo verrà analizzato il ruolo dell' U.S.S.M., evidenziando in particolare i compiti istituzionali, gli obiettivi, l'organizzazione interna, le modifiche e le principali innovazioni che riguardano l'ufficio e i suoi operatori. Verranno, a tal proposito, esaminate la legge 1085/ 1962 isitutiva dei ruoli del personale del Servizio Sociale e il DPR 448/88 che ha completamente ridisegnato l'assetto della giustizia minorile con il D. lgs 272/89 che ne ha previsto l'attuazione. Infatti, il DPR 448/88, contenendo, per la prima volta in un testo organico, le disposizioni sul processo penale a carico di imputati minorenni, ha ridefinito il ruolo professionale dell'U.S.S.M. confermando la "specializzazione" degli interventi nel penale minorile. Il modello di intervento a cui sono chiamati a rispondere i Servizi Sociali e il Tribunale per i minorenni prevede, quindi, un percorso più educativo che punitivo, individualizzato e modificabile in itinere che, considerando i mutevoli bisogni del minore, coinvolga in un intervento integrato le risorse del territorio e ambientali. Sulla scia di quanto suddetto, il legislatore dell'88 offre al minore la possibilità di essere "messo alla prova". Tema centrale dell'elaborato sarà proprio la concedibilità o meno di questo beneficio e le sue conseguenze applicative. Infatti la messa alla prova, detta anche "probation", è uno degli strumenti più innovativi del nostro codice di procedura penale e consiste nella sospensione del processo da parte di un giudice minorile con messa alla prova del minore (art 28 del DPR 448/88) per la durata massima di tre anni. L'istituto è il massimo esempio di coordinamento fra i compiti dell'Autorità Giudiziaria e il ruolo dell'U.S.S.M. specie per quanto concerne la costruzione del progetto di messa alla prova. Infatti, il principale interlocutore dell'U.S.S.M. durante la misura è evidentemente l'Autorità Giudiziaria, in quanto il processo assume senso e prende forma all'interno dello scambio tra questi "attori istituzionali". Le modalità di tale scambio si possono evincere dalla lettura dell'articolo 27 del D. lgs 28 luglio 1989 n° 272 "Il giudice provvede a norma dell'articolo 28 del DPR 448/88 sulla base di un intervento elaborato dai Servizi Minorili dell'Amministrazione della Giustizia, in collaborazione con i Servizi socio-assistenziali degli Enti Locali". La messa alla prova, infatti, consiste nella sottoposizione del minore ad un progetto di intervento elaborato parallelamente dall'U.S.S.M. e dal Giudice, e successivamente approvato da quest'ultimo. Tuttavia, nella prassi si è da tempo consolidata la regola secondo cui l'U.S.S.M. prima dell'udienza, sia preliminare che dibattimentale, predisponga autonomamente il progetto di messa alla prova, concordandolo con il minore e sottoponendolo solo successivamente al Giudice in sede di udienza. Una volta che il progetto è disposto e il processo è stato sospeso con ordinanza, il Giudice affida il minore, sottoposto alla prova, ai Servizi minorili, i quali devono periodicamente informarlo sull'attività svolta e sull'andamento di questa, proponendo eventuali modifiche e abbreviazioni del progetto, nonché la revoca del provvedimento di sospensione nel caso di gravi e ripetute trasgressioni del minore. Il Giudice dunque, quale organo giudiziario, coordina una attività di tipo assistenziale, concernente l'evoluzione della personalità e il recupero sociale del minore, che abbia commesso un reato. Ulteriore obiettivo sarà, così, quello che di valutare l'offerta dei progetti che il territorio offre per reinserire il minorenne, messo alla prova, nella società. Nello specifico l'articolo 27 del Decreto attuativo 272/89 delinea un progetto di intervento articolato che deve contenere diversi elementi quali: il coinvolgimento del minore e dei famigliari, l'impegno specifico del soggetto, la partecipazione degli operatori e l' eventuale riparazione del danno e conciliazione con la vittima. Tra gli obiettivi del progetto si possono individuare obiettivi generali che riguardano tutti i minori sottoposti alla messa alla prova, riconducibili allo sviluppo delle necessarie competenze relazionali e sociali al fine di evitare la ricaduta. Tra questi troviamo sia quello relativo al rafforzamento della personalità del minore e della sua autostima attraverso il superamento positivo dei singoli punti del progetto come scuola, lavoro, volontariato, sia quello relativo alla responsabilizzazione e alla riparazione rispetto al reato e alla vicenda penale. Altro principio a cui il progetto di intervento dovrebbe attenersi è rappresentato dalla flessibilità durante il corso della prova. Questo criterio risulta necessario affinché il progetto possa modularsi in relazione ai cambiamenti che emergono dal percorso congruenti con i "movimenti evolutivi" del minore nella sua scalata al reinserimento sociale. In ultima analisi, verranno analizzati, concretamente, i progetti che il territorio mette a disposizione, in particolare, il progetto "Crei" relativo ad attività di giardinaggio e manutenzione per giovani messi alla prova; il progetto "Cosmi" relativo alla comunicazione sociale e volto all'inserimento dei minori stranieri nei sistemi di giustizia europei, i "Percorsi di Legalità-Azione di accompagnamento e inserimento lavorativo dei minori/giovani detenuti in area penale", evidenziando come spesso le "work esperience" siano un elemento positivo per evitare la ricaduta in percorsi devianti, ed infine i percorsi di mediazione penale e giustizia riparativa. Inoltre, grazie all'incontro con la Dottoressa Anna Maria Scazzosi, Direttore dell'Ufficio di Servizio Sociale per i Minorenni di Genova del Centro per la Giustizia Minorile, è stato possibile analizzare da vicino alcuni progetti rieducativi come quello denominato "La stanza del tesoro" in cui i giovani messi alla prova sono entrati in contatto con il mondo del museo e della fotografia, provando a diventare, essi stessi, piccoli fotografi ed esponendo, poi, le loro opere. Concludendo, si evince che l'obiettivo primario a cui l'elaborato tende è giungere alla consapevolezza che il minore non vada "rieducato" alla società quanto "educato" a vivere nella società. Per questo fine, parallelamente all'attività del Giudice minorile, tratterò l'operato dei Servizi Sociali.