Biographietheorie und -analyse stellen in den letzten Jahren nicht nur ihre Bedeutung für Forschung und Wissenschaft unter Beweis, sondern ihre Relevanz wird zunehmend auch unter praxisrelevanten Gesichtspunkten im Hinblick auf soziale, pflegerische und pädagogische Handlungsfelder diskutiert - Stichwort: Professionalisierung. Die Einführung in die biographieorientierte Fallrekonstruktion verfolgt das Ziel, zentrale Paradigmen der Biographieforschung vorzustellen sowie die Bedeutung der Methode für die Praxis zu skizzieren. Methodologische, methodische und praxisbezogene Aspekte werden auf der Grundlage empirischer Beispiele plastisch illustriert.
1 Einleitung -- 2 Wer ist Single? — Definitionsproblem und Problemdefinitionen -- 2.1 Vorbemerkungen -- 2.2 Sozialstrukturelle Annäherung -- 2.3 Defmition von Singles über 'objektive' Indikatoren der Sozial- und Haushaltsstruktur -- 2.4 Subjektorientierte Defmition über die individuelle Betroffenheit: Single als Selbstdeutung -- 3 Singles als individualisierte Biographiebastler? — Der theoretische Rahmen -- 3.1 Singles und Individualisierung -- 3.2 Lebenslauf als Institution und biographisches Zuordnungsschema -- 3.3 Kriterien zur Bestimmung der Untersuchungsgruppe -- 4 Vom Forschungsproblem zu den Daten -- 4.1 Der Feldzugang und das Sample -- 4.2 Erzählungen in Alltag und Wissenschaft -- 4.3 Biographien von Singles als Gegenstand von Erzählungen -- 4.4 Zur Interviewsituation -- 4.5 Transkription der Interviews -- 5 Methodische Positionierung der Untersuchung -- 5.1 Narrative Analyse und objektive Hermeneutik -- 5.2 Zur Logik von Fallrekonstruktionen -- 5.3 Anmerkungen zum Problem der Generalisierbarkeit -- 6 Fallrekonstruktionen -- 6.1 Pragmatische Stabilität — Konversionsprozeß vom "Dasein für andere" zum"eigenen Leben": Rekonstruktion des Falles von Frau Sabine Steirer -- 6.2 Zentrierung — Single-Leben als Befreiung von einer 'marginalen Persönlichkeit': Rekonstruktion des Falles von Frau Franziska Zeillinger -- 6.3 Biographische Bricolage — Das Dilemma der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Rekonstruktion des Falles von Frau Dr. Martina Gans -- 6.4 Risikoabwehr — Leben als Balance von Fatalismus und Kontingenz: Rekonstruktion des Falles von Herrn Richard Bergler -- 6.5 Differenzierung — Entwicklungsgeschichte als zweigleisiger Marsch durch die Institutionen: Rekonstruktion des Falles von Herrn Michael Raimund -- 6.6 Spannungssuche — Das Paradoxon der Gleichzeitigkeit von Nähe und Distanz: Rekonstruktion des Falles von Herrn Martin Seidel -- 6.7 Ein Fall zur Kontrastierung: Rigide Prinzipienorientierung — Das Leben als Alleinstehende im Schnittpunkt einer Charakter- und Schicksalstragödie: Rekonstruktion des Falles von Frau Helene Erhardt -- 6.8 Tabellarischer Überblick der Fallstrukturen -- 7 Schlußfolgerungen aus kontrastierender Perspektive der Fallrekonstruktionen -- 7.1 Formen von Sozialbeziehungen -- 7.2 Zum Verhältnis von Biographie und Lebenslauf als Ausdruck von Subjektivität und Gesellschaft -- 7.3 Abschließende Betrachtung: Biographische Konstruktionen von Singles als subjektive Arrangements institutioneller Versatzstücke -- Verzeichnis der Abkürzungen -- Verzeichnis der Abbildungen -- Literatur.
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Jugendarbeitslosigkeit wird von staatlicher Seite in besonderer Weise begegnet: Einem Mehr an "Fördern" wird ein Mehr an "Fordern" gegenübergestellt. Pflichtverletzungen ziehen empfindliche Leistungskürzungen nach sich, die einschneidende Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Betroffenen haben. Anhand von biographischen Fallrekonstruktionen werden die psychosozialen Konfliktdynamiken junger mehrfachsanktionierter Männer untersucht. Das Wechselspiel struktureller Widersprüche und subjektiver Ambivalenzen führt in den untersuchten Fällen in die "Sanktionsspirale" hinein und treibt diese beständig an.
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Jugendarbeitslosigkeit wird von staatlicher Seite in besonderer Weise begegnet: Einem Mehr an "Fördern" wird ein Mehr an "Fordern" gegenübergestellt. Pflichtverletzungen ziehen empfindliche Leistungskürzungen nach sich, die einschneidende Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Betroffenen haben. Anhand von biographischen Fallrekonstruktionen werden die psychosozialen Konfliktdynamiken junger mehrfachsanktionierter Männer untersucht. Das Wechselspiel struktureller Widersprüche und subjektiver Ambivalenzen führt in den untersuchten Fällen in die "Sanktionsspirale" hinein und treibt diese beständig an. (Verlagstext)
Anhand von Ausschnitten aus einer biographischen Fallrekonstruktion beleuchtet dieser Beitrag brüchige Aushandlungen von Eltern mit der Schule im Kontext institutionell vermittelter ökonomisierter Rationalitäten, Elternschaftsnormen und Machtverhältnisse. Gefragt wird, wie Eltern in die normierten und ökonomisierten Verhältnisse in Bildungskontexten verstrickt werden und wie sie sich zu den an sie normativ herangetragenen Erwartungen und Anrufungen verhalten. Die Analyse verdeutlicht machtvolle Effekte der schulisch wirksamen Normen und Leistungserwartungen des ökonomisierten Bildungswesens und zeigt auf, wie diese normativen Kontexte und Machtverhältnisse elterliche Subjektivitäten und Handlungsspielräume bei der Zusammenarbeit mit Schule ordnen.
In der vorliegenden Studie werden Subjektivierungsprozesse im Kontext von Schule und Behinderung erforscht. Die Arbeit verortet sich in den Disability Studies in Education und ist durch einen theoretischen Rahmen gekennzeichnet, der sich aus machtkritischen Überlegungen zu Subjektbildung, Schule und Fähigkeit zusammensetzt. Im empirischen Teil wird anhand von drei biographischen Fallrekonstruktionen untersucht, wie sich ableistische Normalitäten von Schule auf die Subjektivitäten junger behinderter Personen auswirken. Die vom Autoren nachgezeichneten schulischen Erfahrungsräume verweisen auf Praktiken von Peers und Lehrer*innen, die zwischen fähigkeitsbezogenen Normalisierungsimperativen und ermöglichender Unterstützung changieren. Anhand der biographischen Texte wird rekonstruiert, über welche Selbsttechniken Subjekte sich zu den schulischen Normalisierungsregimen in Relation setzen. Die Ergebnisse werden abschließend hinsichtlich ihrerBedeutung für Professionalisierung im Bereich inklusive Bildung aufbereitet.
Wer sind die Juden, die die gegenwärtige und zukünftige jüdische Gemeinschaft in der Bundesrepublik prägen? Es sind die Kinder der russischsprachigen Kontingentflüchtlinge. An ihren Identitätsentwürfen lässt sich ermessen, wie jüdisches Selbstverständnis in Deutschland aussehen wird. Maja Vataman zeigt mit ihrer Studie die Komplexität der Identitätskonstruktionen der sogenannten 1,5-Generation jüdischer Jugendlicher auf, die während ihrer Kindheit bzw. ihrer frühen Jugend aus ihrem Herkunftsland, der ehemaligen Sowjetunion, nach Deutschland migrierten. Den empirischen Kern der Studie stellen autobiographische Erzählungen und Lebensverläufe, die sequenzanalytisch anhand der objektiven Hermeneutik und biographischen Fallrekonstruktion ausgewertet werden, dar.
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"Der Aufsatz versteht sich als Beitrag zur methodischen Diskussion über die Grenzen der Interpretationsabsicherung in biographischer Fallrekonstruktion und beschäftigt sich mit der Frage, welchen Erkenntniswert die verwalteten Biographien für die Biographieforschung haben. Werden Stasi-Unterlagen in ihrem Produktions- und Nutzungskontext betrachtet, lässt sich sofort erkennen, dass sie keine passiven Abschriften von Lebensereignissen sind. Vielmehr sind sie insofern aktive Leistungen ihrer Verfasser, als sie zu dem der Institution eigenen Zweck entstanden sind, Misstrauen zu generieren und deviante Lebensläufe zu konstruieren. Anhand von kontrastierenden Formaten wie einem Eröffnungsbericht zu einer Akte und einem Transkript eines abgehörten Telefonates werden die Besonderheiten von Stasi-Akten als Quellen für die Biographieforschung herausgearbeitet. Als Resultat lässt sich erkennen, dass amtliche Dokumente zwar eine Version des biographischen Geschehens liefern, aber in erster Linie als Lösung für relevante institutionelle Aufgaben dienen." (Autorenreferat)
In der vorliegenden Studie werden Subjektivierungsprozesse im Kontext von Schule und Behinderung erforscht. Die Arbeit verortet sich in den Disability Studies in Education und ist durch einen theoretischen Rahmen gekennzeichnet, der sich aus machtkritischen Überlegungen zu Subjektbildung, Schule und Fähigkeit zusammensetzt. Im empirischen Teil wird anhand von drei biographischen Fallrekonstruktionen untersucht, wie sich ableistische Normalitäten von Schule auf die Subjektivitäten junger behinderter Personen auswirken. Die vom Autoren nachgezeichneten schulischen Erfahrungsräume verweisen auf Praktiken von Peers und Lehrer*innen, die zwischen fähigkeitsbezogenen Normalisierungsimperativen und ermöglichender Unterstützung changieren. Anhand der biographischen Texte wird rekonstruiert, über welche Selbsttechniken Subjekte sich zu den schulischen Normalisierungsregimen in Relation setzen. Die Ergebnisse werden abschließend hinsichtlich ihrer Bedeutung für Professionalisierung im Bereich inklusive Bildung aufbereitet. (DIPF/Orig.)
Dieser Artikel geht der Frage nach, wie jugendliche "Systemsprenger*innen" ihre Hilfegeschichte im Sozialisationskontext der (stationären) Erziehungshilfe erleben. Hierfür wurden sechs biographisch-narrative Interviews mit jungen Menschen geführt, welche zum Interviewzeitpunkt in Einrichtungen der Heimerziehung untergebracht waren. Gemeinsam ist ihnen, dass sie mehrere Abbrüche und Wechsel im Hilfe- als auch Bildungssystem erfahren haben sowie aus Sicht der Fachkräfte als schwierig wahrgenommene Verhaltensweisen zeigten. Das erhobene Datenmaterial wurde auf Basis des von Gabriele Rosenthal (1995) entwickelten Verfahrens der biographischen Fallrekonstruktion interpretiert. Es bietet einen Einblick in die biographische Bedeutung der erlebten Hilfegeschichte sowie den darin eingebetteten und sich wiederholenden Aufnahmen als auch Abbrüchen und den damit verbundenen Wechseln des Hilfesettings. In diesem Zusammenhang lässt sich die Heimerziehung als "neuer Kontinent" beschreiben, für dessen gelingende Aneignung es ein Bewusstsein für die Hilfeentscheidung und eine Passung zur biographischen Struktur bedarf. Die Befunde geben Impulse für eine biographieorientierte Weiterentwicklung der Heimerziehung.
"Die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse gilt als massive Verunsicherung biographischer Modelle: Obgleich sie schon einmal verabschiedet und von der 'Bastelbiographie' abgelöst werden sollte, ist die Erosion der Normalbiographie im Zuge der Auseinandersetzung mit einer zunehmenden Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse erneut zum sozialwissenschaftlichen Topos geworden. Dabei ist in den letzten Jahren die Perspektive auf die desintegrativen Wirkungen des Verlusts kontinuierlicher Erwerbsarbeit und entsprechender biographischer Perspektiven dominant gewesen. Demgegenüber werden heute auch die Freiräume für eine Neugestaltung von Arbeit und Leben betont, die durch die Prekarisierung und die ihr inhärente Erosion der Normalbiographie entstünden. Die individuelle Deutung von 'Leben' im Zuge der Prekarisierung ist dabei allerdings bisher kaum untersucht worden. Im Beitrag wird auf der Grundlage biographischer Fallrekonstruktionen die biographische Deutung prekär Beschäftigter untersucht, bei denen eine, wenn nicht die derzeit deutlichste Auseinandersetzung mit 'Leben' und seinem Bezug zur Arbeitsgesellschaft erwartet werden kann. Im Ergebnis zeigt sich, dass dieser Zusammenhang nicht nur soziohistorisch - als soziale Institution des Lebenslaufs - besteht, sondern auch in den Deutungsmustern der Einzelnen das eine (Leben) nicht ohne das andere (Arbeitsgesellschaft) gedacht werden kann und dies von den Befragten reflektiert wird." (Autorenreferat)
Der Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung des Holocaust arbeitet heraus, dass es auch in der Gruppe der Überlebenden Frauen und Männer gibt, die nicht nur einzelne Episoden in ihrem Leben umschreiben, sondern auch Erlebnisse, die einen ganz zentralen Teil ihrer Biographie bzw. Identität ausmachen. So kommt die Autorin z. B. bei einigen Frauen, die sexuelle Gewalt im Lager oder im Ghetto erlebt hatten, aufgrund der Fallrekonstruktionen zu der Hypothese, dass sie ihre ersten Ehemänner "erfanden", um damit ihre Defloration erklären zu können. Mit der Fiktion, es habe eine Heirat vor der Lagerzeit gegeben, muss dann noch etliches mehr erfunden werden, um auf die Nachfragen, vor allem von Familienangehörigen, entsprechende Geschichten erzählen zu können. So müssen Fragen nach dem Kennenlernen des Mannes, nach der Hochzeit und auch über die Trennung beantwortet werden können. Man kann sich vorstellen, wie enorm belastend solch eine Lebenslüge und vor allem das Schweigen über die erlittene sexuelle Gewalt ist. Wie die Analysen zeigen, hat eine derart in Geheimnisse und fiktive Erlebnisse eingewobene Vergangenheit ganz erhebliche psychische und biographische Folgen für die Nachfolgegenerationen und wird dann auch vor allem von der Generation der Enkel und Enkelinnen in psychischen und psychosomatischen Symptomen ausagiert. Die Studie umfasst mit der jüdischen Familie Zweig eine Fallstudie mit dem Schwerpunkt auf den vermutlich fiktiven Anteilen in der Lebensgeschichte. Damit zeigt die Autorin das methodische Vorgehen des biographisch-narrativen Interviews auf und verdeutlicht, welche Chancen man bei der Aufdeckung von Mythen und von fiktiven Vergangenheitskonstruktionen mit einer sorgfältigen Interviewführung und mit biographischen Fallrekonstruktionen hat. So plädiert die Verfasserin bei der Auswertung von erzählten Lebensgeschichten nicht für eine Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion, sondern für die Unterscheidung zwischen verschiedenen Wirklichkeiten: der erlebten und der erzählten. (ICG2)
Mehr als 90% aller deutschen Unternehmungen sind Familienbetriebe und in etwa einem Fünftel davon vollzieht sich derzeit ein Generationswechsel. Trotz vielfältiger beruflicher Möglichkeiten in einer Multioptionsgesellschaft übernimmt fast die Hälfte der Kinder den Betrieb. Auf der Basis von acht narrativen Interviews wurde in der vorliegenden Arbeit eine biographietheoretische Analyseperspektive auf dieses soziale Phänomen gewählt: In welchen biographischen (Selektions-) Prozess ist die Entscheidung für oder gegen eine Übernahme des Familienbetriebes eingebettet? In fünf Fällen zeigt sich, dass die Position des Nachfolgers, die einem der Kinder von klein auf zugewiesen wurde, besonders strukturwirksam für die Betriebsnachfolge und die Beteiligten ist. Der Generationswechsel in diesen Familienbetrieben lässt sich als Übernahme einer Position charakterisieren. In drei weiteren Fällen zeigt sich, dass die jahrelange Konkurrenz um die Betriebsnachfolge für den Übernahmeprozess und die NachfolgerInnen eine wesentliche Rolle spielt. Der Generationswechsel in diesen Familienbetrieben lässt sich als gewonnener Wettkampf charakterisieren. Die vorgestellten Fallrekonstruktionen zeigen, dass das Thema Gerechtigkeit im Generationswechsel in kleinen Familienbetrieben ein strukturrelevanter Aspekt ist, der in einen lebenslangen Prozess eingeflochten ist und in Form eines Wettbewerbs oder durch das Einnehmen einer Position biographisch bearbeitet wird
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Die Verfasserin setzt sich zunächst auf methodischer Ebene mit Problemen des Typisierens auf der Basis von Fallrekonstruktionen auseinander. Der Weg vom "Fall" zum Typus wird im folgenden anhand eines Beispiels aus einem Sample von Zeitarbeitern dargestellt, das im Rahmen eines Forschungsprojekts über die Vermittlung sozialer Zeitstrukturen und biographischer Zeitperspektiven erhoben wurde. Bei der Beschreibung von "Idealisierung" als Typus biographischer Konstruktion bilden die Kategorien Umweltbezug, Bewältigungsform, Handlungssteuerung, Selbstbezug und biographische Zeitperspektive das analytische Gerüst. Hier stehen Verfahren der objektiven Hermeneutik im Vordergrund. Qualitative Verallgemeinerungen werden möglich durch anschließende interne Vergleiche mit ähnlich strukturierten Fällen und externe Vergleiche mit anderen Typen. (ICE2)