Im Beitrag wird zunächst eine idealtypische methodologische Entscheidungsstruktur für die Konzeption empirischer Forschungsarbeiten vorgestellt. Der werden die zentralen Methodologiediskurse der feministischen Frauen- und Geschlechterforschung in Deutschland gegenübergestellt. In der abschließenden Reflexion werden breit diskutierte Themenbereiche wie Schwachstellen der feministischen Methoden- und Methodologiediskussion aufgezeigt.
Vor 100 Jahren galt die Psychoanalyse als progressivste Theorie zur Sexualität. Doch was ist heute davon im feministischen Diskurs übrig geblieben? Wohin bewegt sich die feministische Forschung? Die Erfindung der Psychoanalyse ist auch eine Geschichte der Frauen rund um Freud, die von Anfang an auf Brüche und Verirrungen in der Theoriebildung zur weiblichen Psychosexualität hingewiesen haben. Die erstarkende Frauenbewegung, später Feminismus genannt, fand auch unter den Psychoanalytikerinnen Verbündete, die den patriarchalischen Unterbau der Psychoanalyse aufspürten und ideologiekritisch reflektierten. So wird heute der frühen prägenitalen Sexualität zwischen Mutter und Tochter mehr Einfluss zugestanden, die Wichtigkeit betont, den eigenen Körper lustvoll zu besetzen und aggressive Triebregungen aktiv bestimmend nach außen zu richten. Exemplarisch für die feministische Forschung wird die seit Freud bestehende theoriebezogene Leerstelle zur Schwesterlichkeit erörtert und dazu eine aktuelle Studie zur symbolischen Schwesternschaft und deren spezifischen Übertragungsdynamiken in der Berufswelt präsentiert.
In dem Beitrag werden methodologische Grundprinzipien feministischer Wissenschaft anhand der Erforschung geschlechtsspezifischen Sprachverhaltens konkretisiert. Es wird gezeigt, daß sich auf dem gegenwärtigen Diskussionsstand vier Kriterien, die feministischer Forschung zugrunde liegen, als zentral erweisen: (1) der "andere, feministische Blick" auf die Gesellschaft; (2) der Subjektbezug; (3) Normativität; (4) aus diesen Aspekten folgend das implizite oder explizite Aufzeigen realer Veränderungsperspektiven. Diese vier methodologischen Grundprinzipien feministischer Wissenschaft werden anhand des Forschungsgebietes Sprachverhalten und Geschlecht diskutiert. Es zeigt sich, daß der andere, feministische Blick auf Gesellschaft bzw. das Geschlechterverhältnis eine Identifikation mit den Forschungsobjekten, den Frauen, mit sich bringt und damit einhergehend auch eine explizite Bewertung dieses Verhältnisses. Als entscheidend stellt sich heraus, daß eine Interdependenz dieser vier Prinzipien grundlegend für feministische Wissenschaft ist. Als problematisch erweist sich die Dominanz jeweils eines methodologischen Grundprinzips. Sind die ersten drei methodologischen Grundprinzipien erfüllt, ergibt sich daraus eine Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen feministischer Wissenschaft mit dem Ziel, bestehende Verhältnisse aufzuzeigen, bewußt zu machen und schließlich zu verändern. Einer Sprachforschung aus feministischer Perspektive muß es daher darum gehen, Dimensionen und Auswirkungen eines weiblichen Stils in Abgrenzung zu einem männlichen Stil aufzuzeigen. (ICA)
Welchen Stand und Ertrag haben gender-spezifische Fragestellungen bisher in Forschung und Gesellschaft erreicht und welche Perspektiven zeichnen sich ab? - Ausgehend von dieser Fragestellung geben Theologinnen und Vertreterinnen benachbarter Wissenschaften Einblick in ihr jeweiliges Forschungsgebiet und setzen charakteristische Akzente. Auf dem Hintergrund des durch die Frauenbewegung in Gang gesetzten feministischen Aufbruchs (Dorothee Sölle) kommen mit dem Alten und Neuen Testament (Irmtraud Fischer, Angela Standhartinger), der Kirchengeschichte (Ruth Albrecht), der Dogmatik (Helga Kuhlmann) und der Praktischen Theologie (Sybille Becker) nicht nur die Disziplinen der Theologie zu Wort, sondern auch die Jüdischen Studien (Monika Richarz), die Philosophie (Elisabeth Conradi), die Sprechwissenschaft (Christa Heilmann) und die Soziologie (Bettina Heintz). So entsteht ein Panorama, das nicht nur eine bilanzierende Rückschau ermöglichen, sondern auch Perspektiven eröffnen, weitere Fragestel lungen anregen und Austausch in Gang setzen soll
"Die modernisierungstheoretische Diagnose einer Individualisierung von Geschlechterordnungen wurde in der feministischen Forschung kontrovers diskutiert. Die Kritik kann aus einer hegemonietheoretischen Perspektive aufgegriffen werden: Individualisierung lässt sich als ein hegemoniales Subjektivierungsprogramm analysieren, das die Reproduktion integraler Bestandteile traditioneller Geschlechterordnungen impliziert." (Autorenreferat)
Die feministische Auseinandersetzung mit der Bibel hat im letzten Jahrzehnt an Breite und Tiefe gewonnen. Die Bücher der Bibel werden aus der Perspektive von Frauen neu gelesen, die Zeitgeschichte, in der die beiden Teile der christlichen Bibel entstanden sind, wird neu rekonstruiert, die Geschichte der Kanonbildung kritisch hinterfragt. Das Kompendium Feministische Bibelauslegung bündelt diese Ansätze und Ergebnisse erstmals für den deutschsprachigen Raum. An die sechzig Frauen unterschiedlicher konfessioneller/religiöser Orientierung und geographischer Herkunft haben daran mitgearbeitet. Als feministisches Projekt will es die frauenzentrierte exegetische Arbeit an der Bibel sichtbar machen. Deshalb besteht das Autorinnenteam ausschließlich aus Frauen, die mit unterschiedlichen feministisch-exegetischen Ansätzen arbeiten. Gemeinsam ist ihnen die Option, daß christlicher Antijudaismus, westlicher Kolonialismus und alle Formen von Rassismus zugleich mit Frauenverachtung bekämpft werden müssen. Das Projekt richtet sich auf eine feministische Bibelauslegung. Ausgelegt werden alle (christlichen) biblischen Schriften, d.h. alle Schriften der hebräischen Bibel, alle sogenannten deuterokanonischen Schriften und alle Schriften des Neuen Testaments. Darüber hinaus wurden ausgewählte nicht kanonische Schriften einbezogen, die für die Frauengeschichte der biblischen Zeit aufschlußreich sind. Im Sinne eines Kompendiums hat jede Autorin eine feministische Gesamtlesart der jeweiligen Schrift entwickelt, die Schwerpunkte feministischer Forschung sichtbar gemacht und dem Beitrag eine eigene Bibliographie mit frauenspezifischem Schwerpunkt gegeben. Mehrere Register erschließen das Gesamtwerk auch für querliegende Fragestellungen. Das Kompendium richtet sich an alle theologisch und feministisch vorgebildeten Frauen (und Männer), die selbst mit der Auslegung der Bibel beschäftigt sind: StudenntInnen, DozentInnen, PfarrerInnen, ReligionslehrerInnen und BibelkreisleiterInnen.
Cover -- Inhalt -- Einleitung -- (1) Ausgangspunkte feministischen Denkens: Theorie und Aktivismus -- Feministische Herrschafts- und Gesellschaftskritik -- Kontroversen über Unterdrückungsverhältnisse: Race, Class und Gender in der feministischen Debatte -- »Oppositioneller Blick« und »Speaking Nearby«: Schwarze und postkoloniale Interventionen im Feld von Gender und Medien -- Queer (Media) Studies -- Intersektionalität und Kommunikationsforschung: Impulse für kritische Medienanalysen -- Gleichheit, Differenz, Konstruktion und Dekonstruktion: Ansätze feministischer Forschung revisited
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Analysiert werden Forschungen zu den Themen internationale Konflikte, politische Psychologie, Kriegsursachenforschung, Militarismus, gesellschaftliche Organisation aus feministischer Sicht. Die Autorin resümiert: "Die Geschlechterdifferenz als Analysekategorie widersetzt sich zunächst jedenfalls der Abgrenzung der einzelnen Bereiche gegeneinander, da gerade sie auf die nicht beachteten Zusammenhänge deutet... Auch die Forschung zu jenem scheinbar fernen Bereich der internationalen Konflikte entläßt niemanden aus der Dringlichkeit, der Geschlechterdifferenz als konstitutivem Element Rechnung zu tragen. Andernfalls muß er (oder sie) sich den Vorwurf gefallen lassen, mehr zu verschleiern als zu enthüllen. Denn gerade jeder Versuch, die Ursachen und Folgen der im gegenwärtigen Weltsystem nicht wegzudenkenden Militarisierung zu erfassen, ohne die Geschlechterverhältnisse zu berücksichtigen, läuft nicht nur Gefahr, eine fehlerhafte politische Analyse darzustellen, sondern boykottiert auch alle Möglichkeiten einer Veränderung." (psz)
Das Thema Materialität wird innerhalb feministischer Forschungen in den letzten Jahren erneut diskutiert. Vor dem Hintergrund des material turn widmet sich der Band aktuellen Auseinandersetzungen mit Materialität und Materialismus. Dabei sollen zum einen bestehende Konfliktfelder zwischen Diskurs und Materialität sowie Struktur, Handlungsfähigkeit und Subjektivität aus feministischer Perspektive aufgezeigt werden. Zum anderen strebt der Band an, Potenziale einer verbindenden Perspektive auf 'neue' und 'alte' Konzeptionen von Materialität und Materialismen innerhalb feministischer Theorien und Praxen kritisch auszuloten.
Der Beitrag beginnt mit einem historischen Exkurs, mit der Erinnerung daran, was die Frauenbewegung einmal wollte und was aus diesen Forderungen geworden ist. Dabei wird auf den Beginn des vorigen Jahrhunderts, der Ersten Frauenbewegung, und dann auf die siebziger Jahre, die Zweite Frauenbewegung, zurückgegriffen. Geprüft wird so, welche Forderungen gestellt, dann, wie sie aufgenommen wurden und wie das die Lage von Frauen verändert hat. Diese "Erinnerung" dient dazu, die heutige Entwicklung des neoliberalen Kapitalismus in seinen Folgen für die "klassischen" Frauenforderungen zu lesen. Dies ist dann Grundlage für gemeinsame Diskussionen, wie Frauenpolitik und feministische Forschung heute aussehen könnten und ob sie notwendig sind, und wenn ja, warum. An Hand von zwei Beispielen - Arbeit und Familie - wird vorgeführt, wie und um was historisch theoretisch gestritten wurde, was politisch praktisch erreicht wurde und was heute aus den damaligen Forderungen wurde. Die gegenwärtige Lage der Frauen im neoliberalen Projekt sieht die Autorin "unterhalb der Folie von Wettbewerb, Standortattraktivität, Deregulierung, verborgen im Köderwort der individuellen freien Lebensgestaltung". Frauen sind implizit im neoliberalen Projekt vorgesehen; sie verrichten ehrenamtlich die "Einbettungsarbeit". Diese Positionierung erzeugt gleichzeitig "Scheuklappen, den Glauben, dass man frei ist, etwas zu werden oder unterzugehen". Daher ist es äußerst dringlich für feministische Forschung, diese Alltagserfahrung zu studieren. (ICA2)
Der Beitrag kritisiert Entwicklungen in der feministischen Genderforschung. Im Grunde wird beklagt, dass die feministische Forschung ihre theoretische Klarheit und politische Potenz verloren hat, da sie Kompromisse mit Vorgehensweisen der "Mainstream"- bzw. "Malestream"- Wissenschaft machen muss, um gehört zu werden. Der Artikel wendet sich dann Konstruktionen von Karl Marx zu. Marx hatte die Frage gestellt, was denn einen "Standpunkt" begründen könnte, der "objektiv" eine Analyse in "befreiender Perspektive" ermöglicht. Für ihn war dies die "Arbeit", die dann zu einem wichtigen Bestandteil seines Werkes wurde. Der Beitrag stellt die Frage, ob "Arbeit" auch für eine feministische Theorie einen "analytischen Standpunkt" begründen könnte. Abschließend wird der Gedanke ausgeführt, dass die "De-Konstruktion von Geschlecht und Zweigeschlechtlichkeit" für die Kritik von Gesellschaftsstrukturen wichtig ist, in denen eine Unterordnung von Frauen gegeben ist. Sie darf aber nicht von der Praxis in den Geschlechterverhältnissen abgetrennt werden. (ICB)
"Victoria Pitts-Taylor unterzieht Wacquants karnale Soziologie einer Kritik aus feministischer Perspektive. Sie weist darauf hin, dass feministisches Denken und Forschen schon lange Wacquants Forderungen nach Embodiment umsetzt. Sie kritisiert, dass Wacquant diese Forschungen in seinen Ausführungen übergeht, und arbeitet seine Übereinstimmungen mit feministischen Ansätzen bei der Ablehnung des Körper-Geist-Dualismus und bei der Betonung des körperlichen Aspekts von Denken und Erfahren heraus. Dabei hebt sie die Impulse von Neurokognitionsforschung und naturalisierter Philosophie hervor, die sowohl für Wacquant als auch für die feministische Forschung eine wichtige Grundlage lieferten." (Autorenreferat)