Bewertung des Landschaftsbildes im Landkreis Zlin in Tschechien : ein Methodenvergleich ; Landscape character assessment in Region Zlin in Czech Republic : methods comparison
In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/7734
Bewertungen der landschaftlichen Typizität, Eigenart und Schönheit dienen hauptsächlich der Landschafts- und Regionalplanung mit Schwerpunkt der Erholungsplanung und der Bemühung um Erhaltung historischer Kulturlandschaften. Sie werden seit Jahren in vielen Ländern der Erde diskutiert. Bild und Charakter der Landschaft und ihre Bedeutung für die Bevölkerung sind dementsprechend zu einem wichtigen Thema geworden. Im Jahre 2004 wurde in Tschechien eine Vereinheitlichung unterschiedlicher methodischer Vorgehensweisen zur Erfassung und Bewertung des Landschaftscharakters politisch und fachlich gefordert. Ergebnis der Vereinheitlichung sollte ein operationales Vorgehen zur Landschaftsbildbewertung sein, welches weiterhin zum Schutz und zur Entwicklung des Landschaftsbildes beitragen sollte. Diese Forderung machte die Anpassung eines neuen Vorgehens zur Landschaftsbildbewertung notwendig. Um dieses entwickeln zu können, mussten zuerst die bestehenden Methoden analysiert werden, um konkrete Mängel und Lücken der Bewertungsprozesse festzustellen. Da die Landschaftsplanung in Deutschland kontinuierlich entwickelt wurde, während dies in Tschechien auf Grund der politischen Situation in dem Zeitraum 1968 – 1989 nicht möglich war, wird in der vorliegenden Untersuchung die aktuelle Situation in beiden Ländern analysiert. Gegenstand der Untersuchung sind die Expertenmethoden zur Bewertung des Landschaftsbildes und des Landschaftscharakters in Deutschland und in Tschechien, welche die ästhetische Qualität der Landschaft messen. Diese wurden im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse bezüglich ihrer Objektivität, Validität und Reliabilität untersucht. Die für die Landschaftsbild- und Landschaftscharakterbewertung entwickelten Gütekriterien wurden auf insgesamt 13 Expertenmethoden angewandt und auf diese Weise auf ihre Tauglichkeit hin geprüft. Die Inhalte sowie die formalen Rahmenbedingungen der Expertenmethoden wurden auf ein Untersuchungsgebiet angewendet. An Beispielen aus dem Testgebiet im Landkreis Zlin in Tschechien wurden diese Aspekte dargestellt und veranschaulicht. Nach einer kartografischen Erfassung der Landschaftselemente wurde anschließend die Bewertung des aktuellen Zustandes anhand von Kriterien aus den untersuchten Theorien zur Landschaftsbildbewertung durchgeführt. Während der Zusammenfassung von notwendigen Forschungsgrundlagen wurden drei unterschiedliche Perspektiven zur Annäherung an die Landschaftsästhetik formuliert. Es sind die künstlerische, die philosophische und die gesellschaftliche Perspektive. Erforschung und Definition dieser Perspektiven waren notwendig, weil diese als Referenz zur Beurteilung untersuchter landschaftsbildbewertender Methoden als geeignet eingestuft wurden. Neben den Expertenmethoden wurden die landschaftsplanerischen Paradigmen und die naturschutzfachliche Gesetzgebung aus beiden Ländern zur Bewertung des Landschaftsbildes und -charakters analysiert. Die Bestandsaufnahme ergab, dass die aktuelle Landschaftsbildbewertung mittels Expertenmethoden sich durch ihre inhaltliche sowie formale Vielfalt auszeichnet. Beispiele sind hier die Nutzung von qualitativ unterschiedlichem Material (Luftbilder, historische und aktuelle Landnutzungskarten vom Maßstab 1:5000 bis 1:200 000 und Literaturquellen), die unterschiedlich stark ausgeprägte Einbeziehung von Geoinformationssystemen sowie die als relevant definierten Kriterien und Indikatoren für die Bewertung des Landschaftsbildes. Weiterhin zeigte sich ein Unterschied in der Auswahl von theoretischen Hintergründen zur Ableitung der Bewertungsskalen. Die Auswertung der Ergebnisse wurde mit Beispielen aus dem Testgebiet in Zlin belegt. Die Gesetzesanalyse von tschechischen und deutschen Landschaftsschutzgesetzen zeigte, dass die deutsche naturschutzfachliche Gesetzgebung eine sehr komplexe Aufgabenaufstellung für die Landschaftsplanung mit sich bringt, welche über Bewertung und Interpretation des Landschaftszustandes zu Planung von zukunftsorientierten Handlungsmaßnahmen hinausgeht. Die tschechische Gesetzgebung begrenzt sich im Vergleich dazu ausschließlich auf Schutzmaßnahmen. Die Europäische Landschaftskonvention schließt hingegen zukunftsorientierte Aspekte, wie Aufwertung und Gestaltung von Landschaften ein. Auf Grund dessen sind die durch die tschechische Gesetzgebung bestimmten Maßnahmen als nicht ausreichend zu betrachten und sie entsprechen nicht dem aktuellen Stand des Wissens in der Landschaftsplanung. Ein Vergleich zwischen Gesetzesinhalten und landschaftsplanerischen Paradigmen hat deutlich gemacht, dass sowohl die tschechische als auch die deutsche Gesetzgebung mehr fordert, als die Expertenmethoden zu leisten im Stande sind. Es wurde belegt, dass der Komplex der ästhetischen Qualität von Landschaft nur mit einer Paradigmen- bzw. Methodenkombination bewertbar ist. Die Lösung besteht in einer Annäherung und in der Zusammenarbeit von Experten und der beteiligten Bevölkerung. Das Landschaftsbild und der Landschaftscharakter als Instrumente der Landschaftsplanung sind nur dann gesellschaftlich begründet und berechtigt, wenn sie in der Bevölkerung unterstützt werden. Gerade Landschaftsexperten mit ihrem Fachverstand, ihrer Erfahrung und einer oft stark ausgeprägten positiven Beziehung zu bestimmten Landschaften haben die Möglichkeit, solche Diskussionen zu eröffnen. Denn alle Maßnahmen der Landschaftsplanung sowie der Landespflege haben nur dann eine langfristige Chance, wenn sie von der Bevölkerung bewusst akzeptiert werden. Unter dieser Prämisse ist der Ausbau von Kommunikation auf mehreren Ebenen der erste Schritt zu einem langfristig positiv wahrgenommenen Landschaftsbild. Eine konstruktive und transparente Kommunikation zwischen Experten aller Landschaftsdisziplinen, der Bevölkerung sowie den Investoren fördert die Identifikation mit der Landschaft und schafft Akzeptanz gleichermaßen für Prozesse der Bewahrung und der Veränderung. ; Evaluations of a landscape's typicism, uniqueness and beauty mostly serve leisure planning as well as the efforts to preserve historical cultural landscapes as part of the overall landscape and regional planning. For years these evaluations have been discussed in many countries. Accordingly, the appearance and character of a landscape and their meaning for the local population have become increasingly important issues. In the Czech Republic harmonisation of different landscape evaluation methods was called for by politicians and experts in 2004. The purpose of this harmonisation was to bring forth an operational evaluation method, which would continue to contribute to the preservation and development of the landscape's appearance. This demand required an adaptation of the landscape evaluation methods applied. In order to facilitate this existing methods had to be analysed first to identify specific shortcomings and gaps within existing evaluation procedures. Since landscape planning in Germany had been developed continuously, whereas such a development was hindered in the Czech Republic due to the political situation between the years 1968 and 1989, this study analyses the current situation in both countries. The research focused on the examination of expert methods used for evaluating the appearance and character of the landscape in Germany and the Czech Republic, measuring the aesthetic quality of the landscape. As part of a qualitative content analysis these expert methods were examined with regard to their objectivity, validity and reliability. The quality criteria developed for evaluating the appearance and character of the landscape were applied to a total of 13 expert methods testing the criteria's practicability. The contents as well as the formal overall conditions of the expert methods were applied to an investigation area in the Czech administrative district Zlin using examples from that area. Following the mapping of landscape elements the current state was evaluated applying the criteria based on landscape evaluation theories. As part of the synopsis of the necessary research fundamentals three different perspectives on approaches to landscape aesthetics were formulated. These are the artistic, the philosophical, and the societal perspective. Researching and defining these perspectives was necessary because they were considered to be suitable references for the assessment of the landscape evaluation methods that were analysed. Landscape planning paradigms and legislation with regard to nature protection drawn upon for the evaluation of the appearance and character of the landscape in both countries were analysed in addition to the expert methods. The analysis of the current state showed that contemporary landscape evaluation by means of expert methods is very heterogeneous in form and content. Examples are the use of materials of different qualities (aerial photos, historical and recent land use maps of scales between 1:5000 to 1:200 000, and literature sources), various degrees of employing geographical information systems, as well as differences with regard to the criteria and indicators considered to be relevant for evaluating the landscape. Furthermore the choice of theoretical backgrounds serving as a basis for evaluation scales differ. The evaluation of the results were backed up by examples from the investigation area in Zlin. The analysis of Czech and German landscape protection legislation showed that the German legislation includes a very complex catalogue of landscape planning tasks going beyond the evaluation and interpretation of the state of the landscape carried out to plan future-oriented measures. In comparison Czech legislation solely focuses on protection measures. The European Landscape Convention includes future oriented aspects though, e.g. improving and designing the landscape. Due to this the measures defined by Czech legislation are considered to be insufficient and do not comply with the current standard of knowledge in relation to landscape planning. A comparison of the legislations' contents and landscape planning paradigms made it clear that both Czech and German legislation demand more than the expert methods can provide. It was proven that aesthetic quality of the landscape can only be evaluated by combining paradigms and methods. The solution lies in the cooperation of experts and the population that is involved. The appearance and character of a landscape as instruments of landscape planning are only justified at societal level, if the population supports them. Especially landscape professionals – with their expertise, experience, and often very positive relationship with landscapes – can initiate discourses. All landscape planning and management measures can only be successful in the long term, if the population consciously approves. Based on this precondition communication at different levels is the first step towards a lasting positive perception of the landscape. Constructive and transparent communication between experts of all landscape disciplines, the population, as well as investors supports the identification with the landscape and serves as a basis for accepting both preservation and change.