Der Verfasser gibt zunächst einen Überblick über den Stand der Forschung auf dem Gebiet des demographischen Übergangs, der mikroökonomischen Theorie der Familie, der Sozialdemographie und der Kohortenanalyse, um dann neuere theoretische Entwicklungen und aktuelle empirische Arbeiten zu referieren. Behandelt werden empirische Untersuchungen zu den Themenkreisen Auszug aus dem Elternhaus, erste Eheschließung, neue Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens und nichteheliche Lebensgemeinschaften, Familienentwicklung und Empfängnisverhütung, Perspektivenwechsel in der Geburtenforschung, Geburt des ersten und weiterer Kinder sowie Konsequenzen der Familienentwicklung. Der Verfasser zeigt, daß die Analyse von Prozessen der Familienbildung im Rahmen breiter angelegter Lebensverlaufsdaten zum Verständnis und zur Erklärung des Wandels im Heirats- und Geburtsverhalten nicht nur mehr beitragen kann als die herkömmliche Aggregatdatendemographie, sondern auch als rein demographisch orientierte "marital" oder "fertility histories". (ICE)
"Im Zuge des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses haben sich die Strukturen der Familienentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland bedeutsam verändert. So kann man feststellen, daß sich die Bedeutung von Familie und ehelicher Partnerschaft überhaupt verringert hat. Mehr noch aber scheint sich die lebensphasenspezifische Relevanz der Gründung einer eigenen Familie bedeutsam verschoben zu haben. Das Ziel dieses Beitrages ist, die Entwicklung der neuen Muster einer Eingliederung der Familienkarriere in den individuellen Lebensverlauf zu beschreiben und als eine inhärente Dimension des gesellschaftlichen Wandels theoretisch zu entschlüsseln." (Autorenreferat)
Grundbegriffe, zentrale Modelle und Methoden der Sozialstrukturanalyse werden in dieser Einführung erklärt. Dabei werden die beiden zentralen Themenfelder "Bevölkerung" und "soziale Ungleichheit" umfassend behandelt sowie der Zusammenhang zwischen der Sozialstruktur und grundlegenden gesellschaftlichen Institutionen wie Arbeitsmarkt oder Wohlfahrtsstaat anhand empirischer Befunde verständlich gemacht. Der Band schließt mit einer Anleitung zum Umgang mit Datenquellen der Sozialstrukturforschung.
In: Comparative population studies: CPoS ; open acess journal of the Federal Institute for Population Research = Zeitschrift für Bevölkerungsforschung, Band 46, S. 487-502
AbstractIn diesem Beitrag untersuchen wir, welche Bedeutung familienpolitische Maßnahmen für die Entscheidung zur Familiengründung und -erweiterung haben. Datenbasis ist die zweite Welle des deutschen Beziehungs- und Familienpanels (pairfam). Unsere Analysen zeigen, dass je nach Lebenslage unterschiedliche Typen von Maßnahmen entscheidungsrelevant sind: Für Kinderlose und höher Gebildete sind ökologische Maßnahmen, die auf die Vereinbarkeit von Lebensbereichen zielen, besonders attraktiv. Finanzielle Maßnahmen, insbesondere eine Erhöhung des Kindergeldes, werden dagegen von Personen mit Kindern und niedrigem Einkommen präferiert. Eine Erhöhung des Elterngeldes dagegen hat insgesamt wenig Einfluss auf die Bereitschaft zu einem (weiteren) Kind.
"Die rasche Zunahme der Vielfalt von Familienformen und Familienstrukturen, neue Elternschafts- und Kindschaftskonstellationen und damit einhergehende Veränderungen der Familienbeziehungen stellen für die Gesetzgebung und Rechtsprechung eine Herausforderung dar. Diese Feststellung ist bei den Vertretern des Familienrechts unumstritten. Umstritten ist jedoch die Frage, ob und wie die Gesetzgebung auf diese Veränderungen reagieren soll. Eine ähnliche Diskussion gibt es in der sozialwissenschaftlichen Literatur. Auch dort werden unterschiedliche Einschätzungen und Positionen vertreten. Im Beitrag wird diese Diskussion weitergeführt und gefragt: Werden die Regelungen des Familienrechts in Familiensachen heutigen Familien und Kindern noch gerecht? Unter Bezugnahme auf die in diesem Themenschwerpunktheft enthaltenen rechtswissenschaftlichen Beiträge sowie auf die neueren rechtswissenschaftlichen Diskussionen werden Gesetzeslücken aufgezeigt und aus sozialwissenschaftlicher Perspektive Lösungen dafür vorgeschlagen. Es wird aber auch die Frage kritisch diskutiert, wohin letztendlich eine auf die Schließung von Gesetzeslücken fokussierte Ausdifferenzierung und Erweiterung des Familienrechts unter Berücksichtigung neuer Elternschafts- und Familienkonstellationen führen kann, Sind aus sozialwissenschaftlicher Sicht ernstzunehmende Bedenken bezogen auf den bisher eingeschlagenen Weg anzumelden? Und gibt es möglicherweiseandere, bisher nicht in Erwägung gezogene Marschrouten, um der Herausforderung gerecht zu werden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Schlusskapitels dieses resümierenden Beitrages." (Autorenreferat)
In: Comparative population studies: CPoS ; open acess journal of the Federal Institute for Population Research = Zeitschrift für Bevölkerungsforschung, Band 37, Heft 3-4, S. 463-490
"Fertilitätsverhalten ist eng mit den anderen Dimensionen des Lebenslaufs verbunden, die wiederum untereinander in einer starken Wechselwirkung stehen. Ein Einflussfaktor aus dem Erwerbsbereich ist das berufsbedingte Mobilitätsverhalten. Studien zeigen, dass zeitaufwändiges Pendeln vor allem bei Frauen eher mit Kinderlosigkeit einhergeht. Bis jetzt fehlen jedoch Untersuchungen, die in diesem Zusammenhang schon die Intention, ein Kind zu bekommen, berücksichtigen. Darüber hinaus fehlen Längsschnittanalysen. In diesem Beitrag untersuchen die Autoren Effekte des Pendelverhaltens von Frauen und Männern sowohl auf die Intention, innerhalb von zwei Jahren ein Kind zu haben, als auch auf die Wahrscheinlichkeit ihrer Realisierung. Sie nehmen an, dass nach Kontrolle weiterer relevanter Faktoren (Erwerbsstatus, Bildung, Partnerschaftsstatus, Kinderzahl, residenzielle Mobilität) das Mitteldistanz- und Fernpendeln negativ mit der Intention und mit deren Realisierung korreliert. Bei den Männern sollten keine oder nur schwach positive Effekte zu finden sein. Zur Prüfung der Hypothesen verwenden sie Daten der ersten drei Wellen des Deutschen Familienpanels (pairfam). Zunächst wird eine multivariate Probit-Regression (mit korrelierten Fehlern) auf die Intention, auf die gegenwärtige Kinderlosigkeit und auf das Mittel- und Fernpendeln im Querschnitt geschätzt. Es ergeben sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen dem Berufspendeln und der Fertilitätsintention, wohl aber zwischen dem Berufspendeln und der Wahrscheinlichkeit noch kinderlos zu sein. Zum zweiten wird ein Zwei-Wellen Panelmodell (Differenzenmodell) auf Veränderungen der Fertilitätsintention zwischen Welle 1 und Welle 3 geschätzt. Hier zeigen sich für Frauen, wie erwartet, positive Effekte auf die Aufnahme einer Intention, ein Kind in den nächsten zwei Jahren zu bekommen, für den Fall, dass das Mittel- und Fernpendeln beendet oder - zu unserer Überraschung - zwischen den Wellen kontinuierlich aufrechterhalten wird. Schließlich wird für diejenigen, die in der ersten Welle angegeben haben, ein Kind haben zu wollen, eine Probit-Regression (mit Heckman-Korrektur) auf die Wahrscheinlichkeit der Realisierung einer Schwangerschaft zwischen Welle 1 und Welle 3 berechnet. Die Ergebnisse weisen hier wie erwartet negative Effekte von aufwändigem Berufspendeln auf das Auftreten einer Schwangerschaft aus. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse die Annahme, dass das Berufspendeln eine unterschiedliche Bedeutung im Entscheidungsprozess der Familiengründung und -erweiterung hat." (Autorenreferat)
Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in Deutschland liefert der Beitrag einen Überblick zum aktuellen Forschungsstand der Migrationsforschung. Dabei stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: (1) Warum migrieren Personen oder Haushalte, was fördert und was beeinträchtigt individuelle Wanderungsmotive und welche Merkmale von Städten und Regionen tragen dazu bei, dass vergleichsweise viele Personen ab- oder zuwandern? (2) Was sind die Bedingungen einer erfolgreichen Integration von Immigranten in die aufnehmende Gesellschaft? Somit behandelt die Migrationsforschung zwei Säulen, nämlich die Frage der Ursachen der Migration selbst sowie die Analyse der Integration von Einwanderern. In den weiteren Ausführungen werden nun empirische Daten zu folgenden Untersuchungsgegenständen präsentiert und erörtert: (1) der Wanderungssaldo zwischen Ost- und Westdeutschland 1990 bis 2008, (2) Wanderungssalden nach Alter und Geschlecht in Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg, (3) Außenwanderungssalden Deutschland 1991 bis 2007, (4) Anteile von Personen mit Migrationshintergrund nach Alter 2008, (5) sozioökonomischer Status nach ethnischer Herkunft unter Schülern der 9. Jahrgangsstufe sowie (6) die Lesekompetenz und Anteil der Kinder, deren Eltern nicht die PISA-Sprache sprechen 2001 bis 2002. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Bevölkerungsrückgang in Deutschland derzeit nicht durch Zuwanderung kompensiert wird. Der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund wird trotzdem erheblich ansteigen und ist in den jüngeren Altersgruppen der ab 1970 Geborenen mit 24 bis 33 Prozent schon jetzt relativ hoch. (ICG2).