Die zunehmende Bedeutung von Gerechtigkeitsdiskursen auf unterschiedlichen Feldern hat auch für die zukünftige Stadtentwicklung in der Verknüpfung von räumlicher und zeitlicher Gerechtigkeit Gewicht. Obwohl jedes der Themen Raum, Zeit und Gerechtigkeit teilweise eine lange Tradition hat, ist die Verknüpfung noch sehr jungen Datums. Für diese Integration zu sensibilisieren und Forschungs- und Handlungsdesiderata herauszuarbeiten, ist der Anspruch des Bandes. Damit eine Integration auch aus notwendigerweise unterschiedlichen Disziplinen und Perspektiven gelingen kann, wird in der Einleitung einerseits die Struktur des Themenfeldes beschrieben. Zudem werden zentrale Begriffe und ihre Verknüpfung (Unterschiede, Ungleichheit, Ungerechtigkeit) definiert sowie die beiden für den Band zentralen Gerechtigkeitsperspektiven (Verteilungsgerechtigkeit und Verfahrensgerechtigkeit) formuliert. Auf dieser Basis wird die Struktur des Sammelbandes erläutert und begründet.
Wenn ein Leitbild "Zeitgerechte Stadt" entwickeln werden soll, so muss danach gefragt werden, wie man eine raumzeitliche Verteilungsgerechtigkeit und eine ebensolche Verfahrensgerechtigkeit ermöglichen kann. Ausgehend von verschiedenen Gruppen, Räumen und Zeiten gilt es, die Kräfteverhältnisse der beteiligten Akteure zu erkennen, wobei der öffentlichen Hand bei der Umsetzung des Leitbilds eine zentrale Rolle zukommt. Es muss aber auch danach gefragt werden, für wen diese Stadt gestaltet werden soll. Dabei gilt es, Konflikte zwischen den verschiedenen Zielgruppen zu erkennen und abzuwägen, was eine große Herausforderung an die Zeitpolitik und die Raum-Zeit-Planung der Städte darstellt. Die Verzahnung von zeitlichen Aspekten und Rhythmen mit räumlichen Strukturen muss auf den verschiedenen räumlichen Skalen stattfinden. Bei der Umsetzung in konkrete Maßnahmen kann man an Sensibilisierungsstrategien, an Zeitverträglicheitsprüfungen oder auch an gesetzliche Regelungen denken. Langfristig sollten Raumzeitpolitik und Raum-Zeit-Planungen als integrative Ansätze den Bürgerinnen und Bürgern zu einem Recht auf Zeit und einem Recht auf Stadt verhelfen.
Obwohl es ein weitverbreitetes Bewusstsein dafür gibt, dass Zeit(politik) ein expliziter Bestandteil städtischer Politik sein sollte, ist die Implementierung in die Praxis – trotz aller impliziten Bedeutung von zeitrelevanten Politiken – noch nicht sehr weit entwickelt. Das Thema "Raumzeitpolitik" wurde bereits vor einigen Jahren in seinen vielfältigen Dimensionen beleuchtet. Dennoch erwies es sich aktuell erneut als sinnvoll und notwendig, vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Debatten um Gerechtigkeit in der Stadt (soziale Gerechtigkeit, Raumgerechtigkeit, Umweltgerechtigkeit, Recht auf Stadt), auch die Zeitgerechtigkeit in den Fokus eines Arbeitskreises zu stellen. Der vorliegende Sammelband behandelt dieses wichtige Thema in jeweils mehreren spezifischen Beiträgen aus vier zentralen Perspektiven: Normative Überlegungen zu Zeit, Raum und Planung; Rhythmus und Takt als Strukturmuster urbanen Lebens; Zeit-Räume in der Stadt; Lebenszeit und Zeiterleben in der Stadt. Der Schlussbeitrag stellt die Verbindung zwischen den verschiedenen Perspektiven her, arbeitet die Komplementaritäten und Widersprüche heraus und entwickelt eine Forschungs- und Handlungsagenda. Diese beansprucht nicht, die Probleme vollständig zu lösen, leistet aber doch einen Beitrag zur bewussteren Planung in Bezug auf Zeit und damit zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten.
'In diesem Bericht werden die wichtigsten Maße zur regionalen Ungleichheit zusammengestellt und mit Beispielen erläutert. Dabei wird zwischen den allgemeinen Maßen zur Ungleichheit, wie Punkt-Distanzmaße und Dichtemaße und den Maßen, die regionale Prozesse und deren Ergebnisse abbilden, unterschieden. Diese Zusammenstellung verfolgt das Ziel, die Bedeutung regionaler Ungleichheit als eine zusätzliche und bisher vernachlässigte Form der Ungleichheit in der Sozialberichterstattung aufzuzeigen und gleichzeitig Vorgehensweisen zur Integration dieser Dimension vorzuschlagen. Dabei ist von großer Bedeutung, jeder Fragestellung konzeptionelle Überlegungen zur Wahl der Maßstabsebene vorauszuschicken, auf der die Analyse erfolgen soll. Mit den hier vorgestellten Konzepten zur Typisierung von Variablen, die im herkömmlichen Sinne nicht 'regionalisierbar' sind (d.h. flächendeckend auf einzelne räumliche Einheiten herunterzubrechen), wird ein Verfahren vorgeschlagen, mit dem es möglich ist, über die objektiven Indikatoren zu den Lebensbedingungen auch die subjektiven Indikatoren zur Lebensqualität in eine Regionalisierung der Sozialberichterstattung einzubeziehen.' (Autorenreferat)
Sozialwissenschaftliche Methoden der Raumanalyse fokussieren Ergebnisse raumbezogener Handlungen in bestimmten Raumausschnitten auf lokaler, regionaler und nationaler Maßstabsebene. Sie können im Wesentlichen nach den zugrunde liegenden Raumkonzepten und Raumrepräsentationen sowie den eher quantitativ oder qualitativ ausgerichteten Erhebungsinstrumenten und Auswertungsinteressen differenziert werden.
Obwohl es ein weitverbreitetes Bewusstsein dafür gibt, dass Zeit(politik) ein expliziter Bestandteil städtischer Politik sein sollte, ist die Implementierung in die Praxis - trotz aller impliziten Bedeutung von zeitrelevanten Politiken - noch nicht sehr weit entwickelt. Das Thema "Raumzeitpolitik" wurde bereits vor einigen Jahren in seinen vielfältigen Dimensionen beleuchtet. Dennoch erwies es sich aktuell erneut als sinnvoll und notwendig, vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Debatten um Gerechtigkeit in der Stadt (soziale Gerechtigkeit, Raumgerechtigkeit, Umweltgerechtigkeit, Recht auf Stadt), auch die Zeitgerechtigkeit in den Fokus eines Arbeitskreises zu stellen. Der vorliegende Sammelband behandelt dieses wichtige Thema in jeweils mehreren spezifischen Beiträgen aus vier zentralen Perspektiven: Normative Überlegungen zu Zeit, Raum und Planung; Rhythmus und Takt als Strukturmuster urbanen Lebens; Zeit-Räume in der Stadt; Lebenszeit und Zeiterleben in der Stadt. Der Schlussbeitrag stellt die Verbindung zwischen den verschiedenen Perspektiven her, arbeitet die Komplementaritäten und Widersprüche heraus und entwickelt eine Forschungs- und Handlungsagenda. Diese beansprucht nicht, die Probleme vollständig zu lösen, leistet aber doch einen Beitrag zur bewussteren Planung in Bezug auf Zeit und damit zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten.
Als Postwachstum oder Degrowth werden Modelle bezeichnet, die eine Veränderung der globalen und lokalen Lebensstil- und Wirtschaftsmuster hin zu weniger Konsum fordern. Gemeinsam ist Vertretern der wachstumskritischen Denkrichtung die Überzeugung, dass für eine zukunftsfähige Entwicklung Formen von Wirtschaft und Gesellschaft aufzubauen sind, die unabhängig von Wirtschaftswachstum funktionieren. Einen wichtigen Aspekt in der der lebensweltlichen Umsetzung von Postwachstumsmodellen stellt häufig der veränderte Umgang mit Zeit dar: Wachstumsdruck und Konsumzwang führen, so vielfach die Argumentation, zu Beschleunigung, zu individuellem Zeitmangel und psychischen Belastungen. Folge sei entweder eine Erhöhung der Geschwindigkeiten (z.B. von Produktion, Transport, Konsum, Information) oder die Vergleichzeitigung der Prozesse, also eine Zeitverdichtung. Durch eine Reduzierung der Erwerbsarbeitszeit könne, so die Argumentation der Vertreter von Postwachstumsmodellen, der Lebensstil konsumärmer, suffizienter und ökologisch nachhaltiger werden. Diskussionen zu Zeitgerechtigkeit und Postwachstum weisen Verbindungen auf, die sich, bezogen auf die Erfüllung der verschiedenen Daseinsgrundfunktionen, in der Stadt konkretisieren lassen.
Rhythmusanalyse ist ein Begriff, der in den 1930er Jahren angedacht wurde und seit den 1990er Jahren vor allem in der französischen Denktradition intensiv diskutiert wird. Er könnte Aporien in der Zeitdebatte produktiv umgehen helfen. Rhythmus wird als "Produktion" von Zeit im Maßstab von einer Gegenwartssituation bis zur Generationenfolge verstanden und umfasst idealerweise alle einander bedingenden städtischen Zyklen. Rhythmusanalyse ist ein pluridisziplinäres Konzept für das Verstehen von kulturellen und sozialen Zeiten in Gemengelage; sie eignet sich als Grundlage für Verfahren, mit denen städtische Zeitstrukturen kritisch empirisch kontextualisiert und auf Rhythmusgerechtigkeit hin untersucht werden. Der Beitrag nimmt das "Gehen zwischen", alltägliche Gehpraxen in technisierten Umgebungen, als Beispiel für die Betrachtung der kulturellen Widerständigkeit rhythmischer städtischer Phänomene.
Das planerische Ziel der Herstellung von Zeitgerechtigkeit setzt voraus, potenzielle zeit-räumliche Konflikte im Stadtraum zwischen verschiedenen Nutzergruppen erkennen und lokalisieren zu können. Ausgehend von klassischen zeitsoziologischen und zeitgeographischen Ansätzen werden im Beitrag vier zentrale Dimensionen herausgearbeitet, die für die zeit-räumliche Differenzierung von Städten bedeutsam sind. Dies sind: die funktionale Beschaffenheit eines Chronotops, die maßgeblich für seinen Rhythmus und damit auch für typisch auftretende Nutzungskonflikte ist; die Ausdehnung von Aktivitätszeiten, die durch eine zunehmende Belebung bestimmter Chronotope in den Abendstunden konfliktiv verlaufen kann; die Zugänglichkeit eines Chronotops, welche in Abhängigkeit von der Kapitalverfügbarkeit sowie der individuellen Wohnlage für bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht immer uneingeschränkt gewährleistet ist; das Tempo, wobei neben der Frage nach dem Umgang mit dem dominanten Beschleunigungsdruck im Stadtraum auch Zonen der Entschleunigung zu finden sind, die unter dem Gesichtspunkt des Stressausgleichs als besonders schützenswert verstanden werden können. Im Anschluss an die theoretische Herleitung dieser Handlungsfelder werden Methoden zur Erhebung geeigneter Indikatoren anhand von Beispielen vorgestellt und diskutiert. Der Beitrag schließt mit der Regionalisierung zeit-räumlicher Stadtstrukturen in Form idealtypischer Chronotope und einer Diskussion zeit-räumlicher Konfliktkonstellationen, die aktuell Regulationsbedarfe erkennen lassen.
Zeitpolitische Bemühungen setzen oftmals an Zeitkonflikten zwischen Akteuren an (z.B. Konflikte zwischen Arbeitgeber und -nehmer über Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitszeitflexibilisierung). Der vorliegende Beitrag hingegen richtet den Fokus auf einzelne Akteure und ihren Anspruch, Zeit zu gestalten ("Mikroanalyse"). Der Beitrag unterscheidet zwischen zwei Arten von Zeitgestaltern: (1) Zeitpioniere und (2) Agenten von institutionellem Wandel. Zeitpioniere betonen die Absicht der eigenen individuellen Zeitwohlstandserhöhung durch die Gestaltung ihres Lebensstils, während Gestalter des institutionellen Wandels von Zeitstrukturen kollektive Wohlstandsgewinne und deren Verteilung in den Vordergrund stellen. Institutionenorientierte Zeitgestalter sind von besonderer Bedeutung für die Realisierung einer zeitgerechten Stadt. Theoretisch liegt es nahe, dass institutionenorientierte Gestalter das informelle Instrument der Stadtentwicklungsplanung nutzen, um Schritte in Richtung einer zeitgerechten Stadt zu gehen, z.B. um das Querschnittsthema der Zeitgestaltung in den bestehenden räumlichen Planungsinstrumenten und in den Fachplanungen zu verankern. Ein Blick in die Planungspraxis ist allerdings ernüchternd. Zeitgestaltung spielt sowohl im Stadtentwicklungsplan der Stadt Aachen aus dem Jahr 2012 als auch im Integrierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Dresden aus dem Jahr 2016 keine prominente Rolle. Hierfür gibt es fallspezifische Ursachen (z. B. der Prozessverlauf in Aachen, die geringe Bedeutung von Zeit als planerisches Gestaltungsthema in Dresden). Der Beitrag formuliert anhand dieser konzeptionellen Überlegungen und Beispielanalysen einige Hinweise für die künftige Planungsforschung als Beitrag zur Realisierung einer zeitgerechten Stadt.