Sanktionserleichterungen stehen im Mittelpunkt der laufenden Atomverhandlungen mit dem Iran. In welcher Reihenfolge und in welchem Umfang diese gewährt werden, ist entscheidend für eine Lösung des Atomkonflikts. Viele der unilateralen US-Sanktionen können jedoch nicht einseitig vom Präsidenten, sondern nur durch den Kongress ausgesetzt oder beendet werden. Um das Einflusspotential, das mit den Sanktionen aufgebaut worden ist, tatsächlich auszuschöpfen, müsste der bislang unwirksame, auf immer stärkeren Zwang setzende Ansatz um eine Angebotskomponente erweitert werden. Angesichts der hohen institutionellen Hürden in den Vereinigten Staaten sind die Europäer gefragt, mit Sanktionserleichterungen ihre sicherheitspolitische Rolle wieder eigenständiger wahrzunehmen. (Autorenreferat)
Die USA haben die Herausforderung der Covid-19-Pandemie im ersten Jahr weniger gut bewältigt als andere hochentwickelte Staaten, obwohl das Land in der Forschung führend ist und sein Umgang mit Krisen bislang als vorbildlich galt. Ein Hindernis bei der Pandemiebekämpfung bildeten die Lücken in der Gesundheitsversorgung und die massiven sozialen Unterschiede des Landes. Besonders die große Zahl Nichtversicherter, hohe Behandlungskosten und eine ungleiche Ausstattung der Krankenhäuser erschwerten es, Corona durch effektive Maßnahmen einzudämmen. Durch großzügige Rettungspakete konnte zunächst verhindert werden, dass die Armut im Land wuchs. Aber die Hilfen sind inzwischen ausgelaufen, und das niedrige Niveau sozialer Absicherung erhöht die wirtschaftlichen Kosten der Pandemie – mit drastischen Folgen für die Wohnungs- und Ernährungssicherheit einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen. Gravierende Konsequenzen hatte die gesellschaftliche und parteipolitische Polarisierung in den USA. Sie verhinderte eine sachliche Diskussion, untergrub die Zusammenarbeit im Kongress wie auch zwischen Bundesregierung und Einzelstaaten und sorgte dafür, dass die Schutzmaßnahmen politisiert wurden. Das Führungsversagen von Präsident Donald Trump hat erheblich zur schlechten Bilanz der USA im Umgang mit Covid-19 beigetragen. Besonders sein geringes Vertrauen in Wissenschaft, ein ideologisch motivierter Verwaltungsabbau sowie Trumps charakterliche Schwächen standen konstruktiven Lösungsansätzen im Weg. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden über Jahre als Hypothek auf der US-Demokratie lasten. Auch unter Joe Bidens Präsidentschaft werden die Vereinigten Staaten vorrangig mit sich selbst beschäftigt sein, während ihre strategischen Rivalen versuchen dürften, vom Ansehensverlust des amerikanischen Gesellschaftsmodells zu profitieren. (Autorenreferat)
Auf dem internationalen Ölmarkt nehmen (geo-)politisch motivierte Eingriffe zu. Dies zeigt sich gerade auch am Einsatz unilateraler US-Sanktionen, mit denen Washington erdölproduzierende Länder direkt unter Druck setzen kann. Grundlage dieser Politik sind die Dominanz des Dollars in der Weltwirtschaft und die prägende Rolle im Energiemarkt, welche die Vereinigten Staaten mittlerweile erlangt haben. Verdeutlichen lässt sich der US-amerikanische Kurs an drei aktuellen Beispielen. Im Fall des Iran dient der Einsatz unilateraler Sanktionen als vorrangiges Instrument einer sogenannten Strategie des maximalen Drucks. Mit Blick auf Venezuela soll mit diesem Mittel ein Regimewechsel befördert werden. Und in Bezug auf Russland könnten verschärfte US-Sanktionen bald gravierende Auswirkungen auf die europäische Energieversorgung entfalten. Offensichtliche geopolitische Risiken werden auf dem Ölmarkt derzeit kaum oder nur sehr kurzfristig eingepreist. Es überwiegt die Sorge, dass sich die weltweite Konjunktur angesichts der massiven Handelskonflikte abschwächen wird. Die US-Fracking-Industrie hat den Ölmarkt fundamental verändert und eigentlich für mehr Wettbewerb gesorgt. Gleichzeitig aber begünstigen Washingtons Sanktionen die Politisierung des Marktes und unterminieren den Primat des Ökonomischen. Auf der systemischen Ebene wird so die Fragmentierung des Ölmarkts in Großregionen vorangetrieben ("Multipolarisierung"). Durch die Neukartierung des Ölmarkts schwinden Möglichkeiten für multilaterales Handeln. Die Europäische Union droht langfristig an Marktmacht zu verlieren und in eine Zuschauerrolle gedrängt zu werden. Bestehende Instrumente bieten europäischen Unternehmen keinen ausreichenden Schutz vor unilateralen US-Sanktionen. Die deutsche und europäische Autonomie in der Energieversorgung könnte dadurch auf absehbare Zeit empfindlich beeinträchtigt werden. (Autorenreferat)
Die Prävention von Krisen und gewalthaltigen Konflikten sowie der Aufbau stabiler Friedensstrukturen sind Ziele deutscher Außenpolitik, die sich konzeptionell im Aktionsplan der Bundesregierung "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung" von 2004 niedergeschlagen haben. Wer Krisen vorbeugen, die Ursachen gewalthaltiger Konflikte beseitigen und die Voraussetzungen für einen dauerhaften friedlichen Konfliktaustrag schaffen will, muss wissen, ob Eingriffe von außen diesem Ziel förderlich sind. Was funktioniert unter welchen Bedingungen, was nicht? Wie lässt sich das eigene Handeln verbessern, wie der Ressourceneinsatz optimieren? Das sind die Fragen, die das Interesse an Evaluation speisen, wie es seit einiger Zeit vor allem im Deutschen Bundestag geäußert wird.
Vor diesem Hintergrund liefert die Studie eine Orientierungsbasis dafür, wie Möglichkeiten und Grenzen von Außenpolitikevaluation gerade im Aktionsfeld "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedensaufbau" bewertet werden können. Dabei baut sie auf dem Diskussionsstand in der Evaluationsforschung und den bisherigen Erträgen einschlägiger Evaluationen auf. Ausgelotet wird, was von herkömmlicher Evaluation bei nüchterner Betrachtung grundsätzlich erwartet werden kann und welche Alternativen zur Verfügung stehen. (Autorenreferat)
"Obama erbte eine Iran-Politik, die im dominierenden Konfliktfeld, nämlich Teherans Streben nach nuklearer Ausbruchsfähigkeit, in eine Sackgasse geraten war. Irans Unwilligkeit, vielleicht auch Unfähigkeit zum Kompromiss im Atomkonflikt wurde offenbar, als das Land ein konkretes, von der Obama-Regierung konzipiertes Kooperationsangebot ('Brennstofftausch') zurückwies. Obamas strategische Wende zum engagement hatte von Anfang an ein taktisches Moment: Sie sollte im Falle der keineswegs unerwarteten iranischen Kompromissverweigerung die USA glaubwürdiger als bis dahin in die Lage versetzen, die unerlässliche internationale Unterstützung für ein härteres Sanktionsregime zu mobilisieren. Mit ihrer Bereitschaft zu schärferen Strafmaßnahmen haben die europäischen Partner politisches Kapital angehäuft, das sich im Dialog mit den USA dafür nutzen ließe, den bisherigen, gescheiterten Verhandlungsansatz zu überdenken und neu zu justieren. Es ginge darum, ihn auf ein vielleicht realistischeres Ziel auszurichten (begrenzte »internationalisierte« Urananreicherung), bestimmte iranische Schritte mit bestimmten Reaktionen zu verknüpfen und auf die Androhung und Anwendung militärischer Gewalt zu verzichten, solange Iran keine Atomwaffen baut. Jedoch könnte ein solcher Ansatz, selbst wenn Präsident Obama sich überhaupt darauf einließe, erfolglos bleiben. Die deutsche Politik wäre daher gut beraten, schon jetzt über zwei Herausforderungen nachzudenken: zum einen darüber, wie man sich verhält, wenn die USA Unterstützung für ein militärisches Vorgehen suchen sollten; zum anderen darüber, welche Folgen und Gestaltungsaufgaben sich ergeben, sollte Washington gegenüber einem atomwaffenfähigen Iran auf eine Politik umfassender Eindämmung und erweiterter nuklearer Abschreckung setzen." (Autorenreferat)
Seit Beginn der russischen Militärintervention in der Ukraine Anfang 2014 befinden sich die Regierungen der Vereinigten Staaten und der Russischen Föderation in einer geopolitischen Auseinandersetzung, die überwiegend mit wirtschaftlichen Mitteln ausgetragen wird. Neben unilateralen Wirtschaftssanktionen setzt die US-Regierung dabei auf den Export von verflüssigtem Erdgas (liquified natural gas, LNG). Damit will sie neben den russischen Staatseinnahmen auch die europäische Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern. Ins Fadenkreuz gerät in diesem Kontext vor allem die deutsche Bundesregierung, die von Präsident Donald J. Trump als »Gefangener Russlands« bezeichnet worden ist. Je stärker der europäisch-russische Energiehandel in den Konflikt zwischen Washington und Moskau hineingezogen wird, desto schwerwiegender dürften die Folgen für die europäische Energieversorgung sein. (Autorenreferat)
Triggered by Russia's annexation of Crimea and military intervention in Ukraine in early 2014, the governments of the United States (US) and the Russian Federation have since been locked in a geopolitical confrontation, which is largely playing out on the economic stage. In addition to unilateral economic sanctions, the US government is focussing on the export of liquefied natural gas (LNG). In doing so, it wants to reduce not only Russian state revenues, but also European dependence on Russian energy imports. In this context, the US policy is aimed squarely at the German federal government, which was described by President Donald J. Trump as a "prisoner of Russia". The more the European-Russian energy trade is drawn into the conflict between Washington and Moscow, the more serious the consequences are likely to be for European energy supply. (Autorenreferat)
Die Europäische Union und die USA verfolgen zunehmend unterschiedliche Ziele und Strategien im Umgang mit Iran. Auf seiner ersten Auslandsreise im Mai 2017 rief US-Präsident Trump in Saudi-Arabien dazu auf, die Islamische Republik zu isolieren. Mit seiner Rede in Riad wurde deutlich, dass die US-Administration die Atomvereinbarung mit Iran als politisches Druckmittel sieht, um dessen regionale Aktivitäten einzudämmen. Die EU hingegen begreift den Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) als nichtverbreitungspolitischen Fortschritt und als langfristige Chance für bessere regionale Kooperation mit Iran. Diese divergierenden Perspektiven gefährden die bisher erfolgreiche Umsetzung der Vereinbarung. Daher sollte die EU Voraussetzungen dafür schaffen, sie auch dann am Leben zu halten, wenn Washington sie nicht mehr unterstützt. (Autorenreferat)
Viele politische Entscheidungsträger in Deutschland und anderen EU-Staaten dürften darauf hoffen, dass die transatlantischen Beziehungen nach den bevorstehenden US‑Präsidentschaftswahlen am 3. November wieder in ruhigere Fahrwasser gelangen, falls der Demokrat Joe Biden gewinnt. Allerdings wird der innen- und außenpolitische Handlungsspielraum des amerikanischen Präsidenten auch von langfristigen und strukturellen Entwicklungen bestimmt, die über die nächsten (und übernächsten) US-Wahlen hinauswirken. Sieben Trends sind in dieser Hinsicht besonders relevant. Zusammen betrachtet verdeutlichen sie, dass außenpolitische Anforderungen und innenpolitische Ressourcen in den USA zunehmend auseinanderklaffen.
Viele politische Entscheidungsträger in Deutschland und anderen EU-Staaten dürften darauf hoffen, dass die transatlantischen Beziehungen nach den bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen am 3.November wieder in ruhigere Fahrwasser gelangen, falls der Demokrat Joe Biden gewinnt. Allerdings wird der innen-und außenpolitische Handlungsspielraum des amerikanischen Präsidenten auch von langfristigen und strukturellen Entwicklungen bestimmt, die über die nächsten (und übernächsten) US-Wahlen hinauswirken. Sieben Trends sind in dieser Hinsicht besonders relevant. Zusammen betrachtet verdeutlichen sie, dass außenpolitische Anforderungen und innenpolitische Ressourcen in den USA zunehmend auseinanderklaffen. (Autorenreferat)