Die Große Transformation war keineswegs, wie man heute oft glaubt, durchweg mit politischer Liberalisierung oder gar Demokratisierung verbunden. Industrie führt nicht notwendig zu Demokratie. In Großbritannien und den USA hatte politische Liberalität vorindustrielle Wurzeln. Auch die Französische Revolution war kein Resultat von Industrialisierung. Sie hatte im Übrigen nur begrenzt liberale Wirkungen; Frankreich brauchte weitere neun Jahrzehnte, bis es zu einer funktionierenden demokratischen Ordnung fand. Im Deutschen Kaiserreich, in Japan und im zarischen Russland wurden autoritäre Strukturen durch fortschreitende Industrialisierung nur wenig erodiert. In der Sowjetunion nach 1928, im Deutschland der Vorkriegsaufrüstung oder in der Volksrepublik China seit den achtziger Jahren koexistierten industrielle Dynamik und politischer Autoritarismus. Aus diesem Befund lässt sich keine gehaltvolle Prognose für künftige Transformationen ableiten, aber doch ein Rat zur Nüchternheit: Gewiss fördern demokratische Entscheidungsprozeduren, Freiheit der öffentlichen Meinungsbildung und rechtsstaatliche Sicherheit rationale und gemeinwohlverträgliche Problemlösungen. Dies ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Felder möglichen Fortschritts entkoppelt sind, dass sie nur labil miteinander zusammenhängen. Transformationen scheinen Visionen zu erfordern, realisierbare Utopien, ausgearbeitete Gesellschaftsmodelle, kollektive Ziele von solcher Mobilisierungskraft, dass zähe Gewohnheiten - etwa eine konsumistische Lebenseinstellung - korrigiert werden können. (ICF2)
Vom Wort "Imperium" geht eine archaische Faszination aus. Es weckt Assoziationen von herrscherlicher Willkür und roher militärischer Gewalt, von oberster Autorität, die keine Gleichberechtigten anerkennt, von kommandierender Verfügung über riesige Räume, schließlich über den Erdball an sich. Das Bildgedächtnis wartet mit Spektakulärem auf: der Brutalität des Nebukadnezar, der Dynamik Alexanders, Peter Ustinovs Kaiser Nero, Chaplins Großem Diktator im Ballett mit dem Globus, Eroberungsschlachten seit Cortez' Vormarsch gegen die Azteken, Rückzugsgefechten bis Algier 1958 und Saigon 1975. Im Imperium kristallisiert sich der höchste Anspruch auf monopolisierte Macht. Allein aus Gründen symbolischer Politik musste daher jeder US-Präsident nach dem Zusammenbruch des strategischen Gleichgewichts der Supermächte eine imperiale Rhetorik und einen imperialen Gestus annehmen (was George W. Bush in besonders ausgeprägter Weise getan hat).
Vom Wort "Imperium" geht eine archaische Faszination aus. Es weckt Assoziationen von herrscherlicher Willkür und roher militärischer Gewalt, von oberster Autorität, die keine Gleichberechtigten anerkennt, von kommandierender Verfügung über riesige Räume, schließlich über den Erdball an sich. Das Bildgedächtnis wartet mit Spektakulärem auf: der Brutalität des Nebukadnezar, der Dynamik Alexanders, Peter Ustinovs Kaiser Nero, Chaplins Großem Diktator im Ballett mit dem Globus, Eroberungsschlachten seit Cortez' Vormarsch gegen die Azteken, Rückzugsgefechten bis Algier 1958 und Saigon 1975. Im Imperium kristallisiert sich der höchste Anspruch auf monopolisierte Macht. Allein aus Gründen symbolischer Politik musste daher jeder US-Präsident nach dem Zusammenbruch des strategischen Gleichgewichts der Supermächte eine imperiale Rhetorik und einen imperialen Gestus annehmen (was George W. Bush in besonders ausgeprägter Weise getan hat).