Die Politik der Menschenrechte: Etienne Balibar
In: Die Rückkehr des Politischen: Demokratietheorien heute, S. 113-128
Die Begriffe der Gleichheit und der Freiheit, zusammengedacht als "egaliberte", stehen im Zentrum des vorliegenden Beitrags, der sich mit der politischen Philosophie von Etienne Balibar beschäftigt. Für Balibar bedeutet - in kritischer Absetzung von seinem Lehrer Althusser - die Aufteilung des Sozialen in Basis und Überbau nicht mehr, dass der letztere eine bloß abhängige Variable ist - die Aufteilung wird vielmehr zur "Topik", zum Orientierungsschema, das ihre strukturelle Getrenntheit und ihre funktionale Wechselwirkung zu erfassen hilft. Ein zweites Prinzip von Althussers Methodik wird jedoch bewahrt, das, was Althusser mit Freud "Überdeterminierung" genannt hat. Dies bedeutet, dass sich funktional getrennte Strukturen beständig überlagern - etwa derart, dass die politischen Kämpfe nicht allein an ökonomischen, sondern zugleich auch an nationalen, religiösen, kulturellen und geschlechtlichen Fronten stattfinden. Wenn Balibar die Grenzen und Chancen der Demokratie ausmisst, spielen diese beiden Prinzipien eine entscheidende Rolle: Erst mit Althussers Konzeptionen der Strukturlogik und Überdeterminierung erschließen sich die notwendige Verbindung von Staatsbürgerschaft und Ausschluss, die historisch bedingte Überlagerung von nationalen und sozialen Grenzen sowie schließlich der Gedanke, dass die Menschenrechte nur als Bürgerrechte wirksam werden können. (ICA2)