Die Landwirtschaft der EU soll die Versorgung mit Lebensmitteln sicherstellen und gleichzeitig ökologisch und gerecht sein. Insbesondere in Zeiten der Krise muss dieses Politikfeld aber noch stärker mit anderen Bereichen koordiniert werden. (IP)
Seit Ende Februar liegen die Verhandlungsmandate der Europäischen Union (EU) und des Vereinigten Königreichs (VK) für das Abkommen vor, das die Handelsbeziehungen zwischen beiden ab dem 1. Januar 2021 regeln soll. Bedingung für dieses Handelsabkommen ist für die EU ein Fischereiabkommen, das sogar schon bis Juli getroffen werden soll, selbst wenn nun wegen der Corona-Krise der genaue Zeitplan gefährdet ist. Die Verhandlungsmandate weisen erhebliche Unterschiede auf: Die EU will das bislang im gemeinsamen Binnenmarkt Erreichte an gemeinschaftlicher, starker Regulierung auch für die Zukunft sichern. Dies spiegelt sich in dem jüngst veröffentlichten europäischen Verhandlungsvorschlag. Ziel des VK hingegen ist es, zukünftig nicht mehr an EU-Handelsregeln gebunden zu sein. Diese Differenzen sind substanziell - ein Abschluss der Verhandlungen wird große Kompromisse brauchen. Intelligente Vertragskonstruktionen könnten vorsehen, konkrete Probleme nach Vertragsschluss zu lösen
Lieferketten rückten jüngst durch die Corona-Krise ins Zentrum politischer Aufmerksamkeit. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zeigen einmal mehr, wie komplex die globale Arbeitsteilung über mehrere Staaten hinweg gestaltet ist. Aktuelle deutsche und europäische Gesetzesinitiativen streben mehr verbindliche Pflichten für endverbrauchende Unternehmen an, was Menschenrechte und Nachhaltigkeit in Lieferketten betrifft. Ziel ist eine nachhaltige Erzeugung in anderen Ländern. Gerade für die Landwirtschaft sollten aber neben diesen explizit auf Lieferketten bezogenen Ansätzen auch die Handels-, Investitionsschutz- und Agrarpolitik der Europäischen Union (EU) verbessert werden. Nur das Zusammenspiel aller Ansätze kann landwirtschaftliche Lieferketten so beeinflussen, dass die speziellen Nachhaltigkeitsprobleme dieses Sektors berücksichtigt werden. Schließlich wirken übliche Ansätze, die Lieferketten isoliert betrachten, lediglich in Richtung des Importstroms in die EU. Damit nehmen sie Entwicklungsländer nur in ihrer traditionellen Rolle als Zulieferer von Agrarrohstoffen wahr und blenden Optionen für mehr eigene Wertschöpfung und künftige Entwicklung aus.
The negotiating mandates for the next round of Brexit talks are on the table. The European Union is making talks on a deal regulating EU/UK trade from 1 January 2021 conditional on reaching a fisheries agreement first - originally by July, although the precise timetable may be derailed by the corona crisis. The negotiating mandates diverge in significant respects: The European Union wants to safeguard its Single Market with its strong, shared regulation. That is also reflected in its recently published draft proposal for a trade deal. The United Kingdom seeks liberation from EU trade rules. These differences are substantial, and significant compromises will be needed if the talks are to be brought to a successful conclusion. Intelligent prioritisation and structuring could allow resolution of certain details to be postponed until a later date.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wurde 1962 eingeführt. Sie stellt einen der am frühesten vergemeinschafteten Politikbereiche der heutigen Europäischen Union (EU) dar, auf den 1970 noch 90 % aller Ausgaben des damaligen EWG-Haushalts entfielen. Seit Beginn der 1990er-Jahre wurde die GAP grundlegend verändert: von einer einkommensorientierten und marktverzerrenden Agrarpreispolitik hin zu einer wettbewerbsorientierten Politik mit direkten, von der Produktion weitgehend unabhängigen, flächengebundenen Einkommenstransfers (Direktzahlungen) an Landwirte sowie freiwilligen agrarstrukturellen, agrarumweltpolitischen und regionalpolitischen Fördermaßnahmen (Politik zur Entwicklung ländlicher Räume). Dies ging einher mit multilateralen Vorgaben durch ein GATT-Abkommen, welches den Um- und Abbau von Subventionen vorschreibt und zur Reduzierung des Außenschutzes für Agrarprodukte führte. Im Mittelpunkt der zunehmend intensiver geführten Diskussionen über die GAP nach 2020 stehen die Direktzahlungen, auf die 2014–2020 mit jährlich 40 Mrd. Euro 73 % aller EU-Agrarausgaben entfallen. Die bisherigen Überlegungen der Europäischen Kommission zur GAP nach 2020 lassen erwarten, dass an dem überholten Instrument der Direktzahlungen festgehalten und die Chance für eine zielorientiertere, effiziente Agrarpolitik vertan wird.
The corona pandemic has placed supply chains back on the agenda. The economic repercussions spotlight the complexity of today's global division of labour. Current German and European initiatives are seeking to tighten the responsibility of final business consumers for human rights and sustainability in their supply chains. The objective is to enforce sustainable production in sovereign third countries. In the case of agriculture these explicitly supply chain-based approaches need to be backed up by improvements in the European Union's trade, investment and agricultural policies. Influencing agricultural supply chains in such a way as to overcome their specific sustainability and human rights problems will require all approaches to be combined. Currently, conventional approaches treat supply chains in isolation, and only address imports flowing into the EU. As such, they consider developing countries exclusively in their traditional role as suppliers of raw agricultural commodities and ignore options for increasing local value added and fostering development.
The European Union has been negotiating a new free trade agreement (DCFTA) with Tunisia since 2016, seeking to expand mutual market access for all goods, and also services and investments. But great obstacles remain to be overcome. The EU hesitates to grant concessions on agriculture that would make a deal attractive to Tunis, while overall resistance exists within Tunisian civil society, business and politics. A shrewd agreement could promote economic modernisation and growth, to strengthen and stabilise Tunisia's young democracy. That is obviously also in the EU's interest. But substantial progress cannot be expected until after elections to the European Parliament and parliamentary and presidential elections in Tunisia in late 2019. The intervening period should be used to generate a broader consensus in Tunisia and to enable Tunis to create a negotiating strategy of its own.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wurde 1962 eingeführt. Sie stellt einen der am frühesten vergemeinschafteten Politikbereiche der heutigen Europäischen Union (EU) dar, auf den 1970 noch 90 % aller Ausgaben des damaligen EWG-Haushalts entfielen. Seit Beginn der 1990er-Jahre wurde die GAP grundlegend verändert: von einer einkommensorientierten und marktverzerrenden Agrarpreispolitik hin zu einer wettbewerbsorientierten Politik mit direkten, von der Produktion weitgehend unabhängigen, flächengebundenen Einkommenstransfers (Direktzahlungen) an Landwirte sowie freiwilligen agrarstrukturellen, agrarumweltpolitischen und regionalpolitischen Fördermaßnahmen (Politik zur Entwicklung ländlicher Räume). Dies ging einher mit multilateralen Vorgaben durch ein GATT-Abkommen, welches den Um- und Abbau von Subventionen vorschreibt und zur Reduzierung des Außenschutzes für Agrarprodukte führte. Im Mittelpunkt der zunehmend intensiver geführten Diskussionen über die GAP nach 2020 stehen die Direktzahlungen, auf die 2014–2020 mit jährlich 40 Mrd. Euro 73 % aller EU-Agrarausgaben entfallen. Die bisherigen Überlegungen der Europäischen Kommission zur GAP nach 2020 lassen erwarten, dass an dem überholten Instrument der Direktzahlungen festgehalten und die Chance für eine zielorientiertere, effiziente Agrarpolitik vertan wird.
Es ist wieder einmal so weit: Bei den Verhandlungen über den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen für die Europäische Union (EU) werden auch Festlegungen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) getroffen, den nach wie vor größten Ausgabenblock. Kritiker der GAP verweisen in der Debatte wieder einmal auf deren entwicklungspolitische (Neben-)Wirkungen: Demnach fördern europäische Subventionen durch billige Exporte Armut und Ernährungsunsicherheit in Entwicklungsländern. Aber stimmt dieser Vorwurf?
Die EU verhandelt seit 2016 mit Tunesien über ein neues Freihandelsabkommen (DCFTA). Es soll nicht nur beidseitigen Marktzugang für alle Güter ermöglichen, sondern auch für Dienstleistungen und Investitionen. Doch die Hürden für das Abkommen sind hoch. Der EU fällt es schwer, Konzessionen im Agrarsektor zu machen, die für Tunis attraktiv sein könnten. Zudem gibt es Widerstände in Tunesiens Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik. Ein klug ausgehandeltes Abkommen könnte indes die wirtschaftliche Modernisierung und das Wachstum in Tunesien fördern. Dadurch würde die junge Demokratie gestärkt und das Land stabilisiert, was auch im Interesse der EU liegt. 2019 finden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Tunesien und Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Bis dahin sind keine Fortschritte zu erwarten. Die verbleibende Zeit sollte genutzt werden, um in Tunesien einen breiteren Konsens für Verhandlungen herbeizuführen und Tunis zu befähigen, eine eigene Verhandlungsstrategie zu konzipieren.
Once again, we have the same old story: The negotiations on a new financial framework for the European Union (EU) will also influence the Common Agricultural Policy (CAP). Critics of the CAP are increasingly using its development policy (side) effects in the debate: European subsidies would promote poverty and food insecurity in developing countries through cheap European exports and destroy prospects for those populations, especially for young people in rural areas. But is this accusation justified, and what implication does it have for the future CAP?
Kurz vor Weihnachten 2015 fand die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) erstmals in Afrika statt. Die Reaktionen auf die Ergebnisse dieser 10. Ministerkonferenz reichen von Urteilen wie »Tod der WTO-Doha-Runde« bis zur Einordnung als »historisches« Paket durch WTO-Generaldirektor Azevedo. Eine sachliche Betrachtung zeigt ein gemischtes Bild: In Nairobi wurden einige wichtige Beschlüsse gefasst, doch stand ein Großteil der strittigen Fragen gar nicht auf der Agenda. Unklarer als je zuvor ist, wie die Verhandlungen künftig weitergehen sollen. Das fortbestehende überragende gemeinsame Interesse am globalen öffentlichen Gut eines starken Welthandelssystems sollte die Mitgliedstaaten bewegen, konstruktive neue Ansätze zu finden. (SWP-Aktuell)
For decades the search for deeper integration characterised the European Union. Today the discussion revolves around disintegration. It began with the Greek debt crisis, but only came into its own with summer 2015's major influx of refugees and the reimposition of controls at certain borders. In June the United Kingdom will vote on whether to remain in the EU. In April, Dutch voters expressed their criticism of the EU through their referendum on the Association Agreement with the Ukraine, which may hinder its ratification. These developments are generating uncertainty over the Union's future. Closer examination of the common trade policy and the single market, as one of the central pillars of European integration, reveals that all member-states would have a great deal to lose if the Union were to break apart. (SWP Comments)
Jahrzehntelang war die Europäische Union von der Suche nach dem richtigen Weg zu weiterer Integration geprägt. Heute dagegen gibt es Überlegungen zur Desintegration. Sie kamen schon bei der Diskussion über Griechenlands Umgang mit der Finanzkrise auf, aber erst recht angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen, die in einigen Fällen sogar zur Wiederaufnahme von Grenzkontrollen führte. Das Vereinigte Königreich wird in diesem Jahr über seinen Verbleib in der EU abstimmen. Diese Entwicklung erzeugt Unsicherheit über den künftigen Kurs der Union. Ein vertiefter Blick auf die gemeinsame Handelspolitik und den Binnenmarkt, ein Hauptpfeiler europäischer Integration, zeigt, dass alle Mitgliedstaaten bei einem Zerfall der EU viel zu verlieren hätten. (SWP-Aktuell)
Im Zusammenhang mit der Unterzeichnung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Regionen hat ein altes Thema wieder Konjunktur: Wenn die afrikanischen Partnerländer ihre Märkte teilweise öffnen, könnten Importprodukte wie Hühnerteile, insbesondere bei künstlicher Verbilligung durch europäische Agrarsubventionen, die lokale Produktion in Afrika gefährden. Kritiker/innen zufolge droht dies Ernährungskrisen auszulösen, den Ländern ihre Zukunftsperspektiven zu rauben und damit letztlich Fluchtursachen zu verstärken. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass die schwache afrikanische Eigenproduktion eine Reihe von Ursachen hat - zur Lösung des Problems ist ein ganzes Bündel an Politikmaßnahmen nötig. (SWP-Aktuell)