Anpassungsprobleme in postsozialistischen Ländern Osteuropas im Vorfeld der EU-Osterweiterung
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 3/4, S. 29-42
ISSN: 0479-611X
"Die Osterweiterung der Europäischen Union hat eine Reihe von Anpassungsproblemen zur Folge, sie bietet aber zugleich auch politische wie ökonomische Chancen im Ost-West-Verhältnis. Die von der EU beabsichtigte Osterweiterung konfrontiert die neuen Beitrittsländer mit ordnungs- und stabilitätspolitischen Vorgaben, die sich aus den EG-Verträgen ergeben. Das Umsetzen einer umfassenden Rechtsstaatspolitik, einer mit dem internationalen Regelwerk kompatiblen Wachstumsstrategie sowie einer Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik nach marktkonformen Grundsätzen ist in den Beitrittsländern angesichts einer wirtschaftlich und politisch schwierigen Ausgangsposition nur mittel- und langfristig möglich. Erfolgreiche Reformen sowie die Lösung der Anpassungsprobleme in Osteuropa sind aus Sicht der Europäischen Union dreifach wünschenswert: Die EU-Exporte werden steigen und der Immigrationsdruck nachlassen, zugleich werden die budgetären Belastungen für die EU bei einer erfolgreichen Wachstumspolitik der postsozialistischen Transformationsländer begrenzt. Eine EU-Osterweiterung birgt Risiken nicht nur hinsichtlich erhöhter Strukturfonds, sondern verlangt auch im Interesse eines funktionsfähigen 'Politclubs', daß die EU institutionelle Reformen schon in der ersten Osterweiterungsphase energisch angeht. Die Prosperität und Stabilität der EU wie ihre Fähigkeit zu erfolgreichem regionalem Krisenmanagement - etwa im Hinblick auf Rußland - können nur erhalten bleiben, wenn neben den Erfordernissen demokratischer Legitimität auch effiziente Entscheidungsprozesse auf der supranationalen Ebene verankert werden. Der Kreis der osteuropäischen Transformationsländer könnte allerdings im Zuge einer ersten Osterweiterungsrunde ökonomisch verstärkt divergieren, was zu Instabilitäten führen kann, welche die Europäische Union aus Eigeninteresse eindämmen müßte. Im Vorfeld der Osterweiterung sind für alle osteuropäischen Transformationsländer auch massive technische Hilfen eine sinnvolle Investition in den Aufbau einer gesamteuropäischen Marktwirtschaft." (Autorenreferat)