Politische Institutionen sind Regelsysteme der Herstellung und Durchführung verbindlicher Entscheidungen und Instanzen der symbolischen Darstellung von Orientierungsleistungen einer Gesellschaft. Bei politischen Institutionen lässt sich der Institutionenwandel nicht aus der Rationalität der Institution als solcher und möglicherweise zusätzlich aus der Einbettung in ihre Umgebung begreifen, sondern aus dem Zusammenhang ihrer "institutionellen Konfiguration", die die Beziehungen der politischen Institutionen zu ihren Adressaten, den Bürgern, mit einschließt. Entstehung und Wandel von Institutionen lassen sich als Dynamik dieser institutionellen Konfiguration begreifen. Die Entstehung von Institutionen ist die Ausbildung einer institutionellen Konfiguration. Die Formen des Institutionenwandels (Konsolidierung, Erosion, revolutionärer Wandel) beschreiben eine positive oder negative Entwicklung der Beziehungen von Akteuren oder Adressaten in der institutionellen Konfiguration. (ICE2)
In: Politische Klasse und politische Institutionen; Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, S. 9-36
"Ob es eine Krise der politischen Institutionen in Deutschland gibt, ist immer wieder Gegenstand heftigen Streits - meist zwischen kritischen Publizisten und Wissenschaftlern (die das behaupten) und betroffenen Politikern (die das leugnen). Ob man von Krise spricht oder nicht - eines scheint gewiß: daß es gesellschaftliche Problembereiche gibt, die die politischen Institutionen in Deutschland offensichtlich nicht in den Griff bekommen. Die Staatsverschuldung, die Arbeitslosigkeit, der Verkehrsinfarkt, die Asylfrage, das sich verschlimmernde Siechtum des Kranken- und Rentenversicherungssystems - - alles große gesellschaftliche Probleme, denen von keiner politischen Richtung in Deutschland wirksam begegnet wird, gleich, welche Konzepte auf welcher weltanschaulichen Grundlage zur Anwendung kommen. In diesem Beitrag geht es daher auch nicht um Kritik an einer bestimmten Politik, sondern darum, was Politik prinzipiell leisten kann, und was offensichtlich nicht. Es geht damit nicht zuletzt um die Leistungsgrenzen politischer Institutionen in Deutschland. Einer Bestandsaufnahme zur verfassungsrechtlich-politischen Systematik der Institutionen folgt die Analyse der Konsequenzen, die aus den Defiziten der politischen Institutionen entstehen. Vor allem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die Gestaltung des politischen Lebens, die gesellschaftlichen Weichenstellungen, die notwendige Anpassung der Strukturen des Gemeinwesens an die sich stetig verändernde Umwelt zunehmend anderswo stattfinden als in den dafür primär vorgesehenen politischen Institutionen - sei es beispielsweise in der Justiz, in der Wirtschaft, in der Bürokratie oder in den Medien. Mit dieser Entwicklung ist nicht mehr sichergestellt, daß die Einflußnahme außerhalb der politischen Institutionen des Grundgesetzes demokratisch und pluralistisch verläuft. Schließlich stellt sich die Frage, wie mit diesem Auseinanderklaffen von Verfassungstheorie und Verfassungswirklichkeit umgegangen wird. Wenn die politischen Institutionen in Deutschland funktionieren wie ein Regelkreis, der zwar regelt, aber nicht steuert, wenn andererseits immer deutlicher Probleme zutage treten, die die Regelkreiskapazität überfordern und wirkliche Steuerung nötig machen - dann entsteht das Problem, ob man besser die Wirklichkeit der Verfassungstheorie anzupassen versucht, oder für die Realität einen neuen, adäquaten Verfassungsrahmen finden sollte." (Autorenreferat)
Im vorliegenden Beitrag will der Autor folgende These erhärten: Marx und Engels sowie ein beträchtlicher Teil der nachfahrenden Marxisten besitzen ein defizitäres Verhältnis zur Politik und zur politischen Theorie. Die Stoßrichtung der Argumentation wird verdeutlicht an der in der Politikwissenschaft verbreiteten typologischen Unterscheidung von (1) politics: das politische Ringen und die entsprechenden Auffassungen; (2) polity: die politischen Institutionen, die den politischen Prozessen teilweise ihren Rahmen geben; (3) policy: die auf bestimmten Politikfeldern konkret betriebene Politik. Die Ausgangsthese lautet daher genauer: Der Marxsche (und der Engelsche) Beitrag zur politischen Theorie liegt fast ausschließlich im Bereich von politics. Als Fazit seiner Interpretation der "Klassiker" des Sozialismus kann gelten: "Für defizitär halte ich einen politischen Diskurs, in welchem die Regelungen des Machterwerbs und -verlusts, der Machtkontrolle, die Verantwortung der Machthaber und die Dialektik von Politik und politisch entlasteten Räumen persönlicher Freiheit ausgeblendet werden." (pmb)
"Institutionen werden unter der theoretischen Perspektive der Gegensätze und der Dynamik gesehen. Fünf gegensätzliche Merkmalspaare kennzeichnen die Extreme hoher bzw. niedriger Institutionalisierung: 1. 'enacting' versus 'acting'; 2. Internalisierung versus Externalisierung von Werten und Normen; 3. Eigenwert versus Instrumentalität; 4. Entlastung versus Belastung; 5. Unpersönlichkeit versus Mikro-Abhängigkeit. Die Extreme hohe bzw. niedrige Institutionalisierung werden von Rigidität einerseits und Zerfall andererseits begrenzt. Politische Institutionen können drei Typen von Prozessen durchlaufen, mit denen je unterschiedliche Probleme des Flexibilitätsmanagements verbunden sind: I. Stabilisierung; II. Ent-Institutionalisierung (1. institutioneller Verfall und 2. institutioneller Zusammenbruch); III. Institutionalisierung (1. institutioneller Aufbau und 2. schleichende Institutionalisierung). Die je spezifischen Aufgaben des Flexibilitätsmanagements werden vor allem am Beispiel Italien diskutiert." (Autorenreferat)
Innerhalb der Transition, des Wechsels zwischen autoritärer Herrschaftsform und Demokratie, folgt der Phase der Liberalisierung die der Demokratisierung. Der Verfasser untersucht in seinem Beitrag, wann, warum, wie und welche Institutionen im Prozeß der Demokratisierung entstehen, von wem neue ins Leben gerufen beziehungsweise alte verändert werden und welche Folgen sie für den Übergang zur Demokratie und für deren Konsolidierungsphase haben. Einleitend gibt der Verfasser einen Überblick über den diesbezüglichen Forschungsstand. Im folgenden arbeitet der Autor fünf Modi der Entstehung politischer Institutionen während der Demokratisierungsphase heraus. Politische Institutionen entstehen (1) durch Pakt oder vertragsgemäße Demokratie; (2) durch Kompromiß, der zur Teilung der Macht führt; (3) durch demokratische Konkurrenz; (4) durch Kapitulation des alten Systems oder durch Revolutionen; (5) durch Sezession oder andere Formen der Nationenbildung. (ICC)
Der Autor beschäftigt sich mit dem Verhältnis von politischen Institutionen und ökonomischen Interessen im Blick auf die Diskussion um das Konzept des Neokorporatismus. Im Ergebnis wird u. a. festgehalten, daß das allgemeine Organisationswachstum sowohl die Einheit des Staats auflöst als auch das System gesellschaftlicher Interessenvermittlung strukturiert. Es wird gezeigt, daß die Autonomie staatlicher Politik wesentlich von intermediären Strukturen der Interessenvermittlung abhängt. Die Bedeutung von Institutionen für die Konstituierung und Vermittlung ökonomischer Interessen sei zweifach begründet: (1) ursächlich aus historischen Beharrungstendenzen von Interessenorganisation und etablierten Mustern der Interessenvermittlung; (2) funktional aus den in ihnen wirksamen Selektions- und Austauschmechanismen. Es wird festgestellt, daß Institutionen der Interessenvermittlung und Politikausführung sowie in deren Rahmen politikstrategische Weichenstellungen den Gang einer kapitalistischen Ökonomie beeinflussen. Institutionell werden drei Vermittlungsformen von Politik und ökonomie unterschieden: Pluralismus, Sektoralismus und Korporatismus. Aus dieser Typologie lassen sich Mischformen, Kalküle und Verlaufsmuster von Interessenpolitik ableiten. (TR)
"Eine Voraussetzung für den Bestand repräsentativer Demokratien ist, dass die Bürger den politischen Institutionen ein gewisses Maß an Vertrauen entgegenbringen. Nach Easton (1965) ist das Konzept des politischen Vertrauens in dem Konzept der politischen Unterstützung zu verorten. 30 Jahre später kommt mit Putnam (1993) ein zweiter theoretischer Strang auf, der politisches Vertrauen als zentralen Bestandteil von Sozialkapital betrachtet. Das Ziel des Beitrags besteht darin, zu klären, welche Rolle das Institutionenvertrauen im Zusammenhang mit dem Unterstützungskonzept Eastons einerseits sowie dem Sozialkapitalansatz Putnams andererseits spielt. Die Analysen, die für die Länder Deutschland, Schweiz, Norwegen, Schweden, Spanien und die USA durchgeführt werden, basieren auf Daten der dritten Welle des World Values Surveys (1995-97). Als Untersuchungsergebnis lässt sich festhalten, dass eine generalisierte Dimension des Institutionenvertrauens in der Bevölkerung besteht, die die Verortung in Eastons Konzept politischer Unterstützung rechtfertigt. Bei einer Differenzierung des Vertrauens der Bürger zu Institutionen des Rechtsstaats (Polizei, Justiz) und des Parteienstaats (Parlament, Parteien, Regierung) zeigt sich jedoch, dass Putnams Sozialkapitalkonzept ebenso einen relevanten Erklärungsbeitrag leistet." (Autorenreferat)
Quito, Buenos Aires, La Paz und wieder Quito. Die Fernsehbilder scheinen sich zu wiederholen: Massendemonstrationen gegen die Regierung, politisch motivierte Gewalt in den Straßen und Präsidenten, die fluchtartig ihr Amt abgeben oder zum Rücktritt gezwungen werden. Während Afrika als Region der "failed states" gilt, scheint sich Lateinamerika zur Region der "failed presidencies" zu entwickeln. Der vorliegende Beitrag geht den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ursachen für die Krise der politischen Institutionen in Lateinamerika nach und nimmt eine Bewertung vor. Dazu wird auf Umfragedaten des Latinobarómetro zurückgegriffen. Außerdem wird auf die Frage eingegangen, inwieweit der in Lateinamerika vorherrschende Regimetypus der Präsidialdemokratie ursächlich für die politischen Krisen verantwortlich gemacht werden kann oder diese verstärkt. (Brennpkt Lat.am/DÜI)
Die wichtigsten politischen Institutionen des Bundeslandes Bremen, wie die Bürgerschaft, der Senat und der Staatsgerichtshof, blicken auf eine vergleichsweise lange Geschichte zurück. Im vorliegenden Beitrag werden diese Institutionen einschließlich der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats in Bremerhaven in ihrer geschichtlichen Entwicklung sowie in Bezug auf ihre Wahl, Zusammensetzung, Organisation, Zuständigkeiten und Aufgaben näher beschrieben. (ICI)
Die Frage, warum die Politiker- und Parteienverdrossenheit seit Jahren zunimmt, wird vielfach mit dem sogenannten Wertewandel der "postindustriellen Gesellschaft" in Verbindung gebracht. Der vorliegende Beitrag eruiert einige der Gründe für diese Entwicklung: Das zunehmende Bedürfnis nach Autonomie und eigener Entscheidung, die Ablehnung autoritativer Vorgaben und würdevoll gespreizter Institutionen, das nüchterne Fragen nach den eigenen Interessen und die Ablehnung nicht begründbarer Pflichten - all das ist dazu angetan, die politischen Institutionen zu entzaubern und sie der kritisch rationalen Prüfung durch die Menschen zu unterwerfen. Das Ergebnis der vorliegenden Prüfung ist skeptisch. Der kritische Blick zeigt, daß das politische System in vielen wichtigen Bereichen nicht mit den Grundprinzipien übereinstimmt, auf die der demokratische Staat sich selbst beruft und mit denen die Menschen rationalerweise - und mit Augen, die durch den Wertewandel kritisch geschärft sind - den Staat tatsächlich auch messen. (ICE)
Hauptbeschreibung Sind Liberalismus und Demokratie widersprüchliche Ideale? Ist das deutsche Parteiensystem effizient organisiert? Warum delegiert ein Staat hoheitliche Aufgaben auf private Anbieter? Ist es überhaupt rational, Steuern zu zahlen? Diese und andere Fragen thematisierten die Autoren und unterziehen Institutionen aus der Politik einer ökonomischen Analyse. Zunächst wird das Verhältnis von Demokratie und Liberalismus beleuchtet, zwischen denen ein Spannungsverhältnis zu bestehen scheint, wenn Vertreter des Liberalismus die persönliche Freiheit betonen und umgekehrt Befürworter demokratischer Entscheidungsfindung großen Wert auf Bürgersouveränität legen. Hieran anschließend wird das deutsche Parteiensystem betrachtet, das den Parteien einen umfassenden, aus einem formalen Legitimationsmonopol abgeleiteten Machtanspruch einräumt. Politische Karriere setzt deshalb zumeist Parteienmitgliedschaft voraus, was zwar hohe Disziplinierungswirkungen entfaltet, sich aber negativ auf Partizipation und Repräsentativität bei der Rekrutierung zu politischen Ämtern auswirkt. Ein weiteres Thema des Bandes sind hybride Regulierungen, die öffentliche und private Regulierungselemente miteinander verbinden, weil entweder die Inhaltssetzung oder die Durchsetzung von Regeln privat erfolgt. Sie resultieren aus einem Kosten-Nutzen-Kalkül, wobei hybride Lösungen vor allem bei transnationalen Transaktionen bessere Ergebnisse als rein staatliche oder rein private Regulierungen erzielt. Schließlich präsentiert der Band eine Lösung für das "tax payer puzzle" und erklärt, warum Steuerzahler weit weniger Steuern hinterziehen oder schwächer auf mögliche Strafandrohungen reagieren, als dies Erwartungsnutzenkalküle vorhersagen. Inhaltsverzeichnis Inhalt: U. Vollmer, Einführung - V. J. Vanberg, On the Complementarity of Liberalism and Democracy. A Reading of F. A.
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In dem Beitrag wird die Darstellung des Institutionengefüges unter der zentralen Frage analysiert, ob und wie weit Institutionen als geronnene Prinzipien einer freiheitlich-demokratischen Ordnung vermittelt werden, ob sie in ihren Funktionen und Organisationsprinzipien einsehbar begründet werden und ob Ansatzpunkte zur Identifikation mit der politischen Ordnung einsichtig werden können aus der Erkenntnis, warum Institutionen eigentlich funktionieren sollen. Dabei werden einige Analysen über Grundfragen des Politischen, über Demokratieverständnis und den Begriff des Bürgers sowie über die Vermittlung politischer Willensbildungsprozesse berührt. Die Darstellung des Institutionsgefüges in den Schulbüchern wird im Kontext der Legitimationsgrundlagen der politischen Ordnung ebenso untersucht wie Aspekte der Kontrolle und Balancierung staatlicher Macht und der Herrschaftsorganisation des parlamentarischen Regierungssystems: Opposition - vertikale Gewaltenteilung - Rechtsbindung und Machtkontrolle - Verständnis des parlamentarischen Regierungssystems. Abschließend wird auf die Behandlung der einzelnen Institutionen eingegangen: Bundestag und seine Aufgaben als Gesetzgebungs-, Kontroll-, Regierungsbildungs- und Legitimationsorgan sowie die Wirklichkeit des Parlaments; Rolle der Institutionen beim Gesetzgebungsverfahren; Regierung; Bundesrat; Bundesverfassungsgericht; Bundespräsident. (RW)
"Quito, Buenos Aires, La Paz und wieder Quito. Die Fernsehbilder scheinen sich zu wiederholen: Massendemonstrationen gegen die Regierung, politisch motivierte Gewalt in den Straßen und Präsidenten, die fluchtartig ihr Amt abgeben oder zum Rücktritt gezwungen werden. Während Afrika als Region der "failed states" gilt, scheint sich Lateinamerika zur Region der "failed presidencies" zu entwickeln. Der vorliegende Beitrag geht den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ursachen für die Krise der politischen Institutionen in Lateinamerika nach und nimmt eine Bewertung vor. Dazu wird auf Umfragedaten des Latinobarómetro zurückgegriffen. Außerdem wird auf die Frage eingegangen, inwieweit der in Lateinamerika vorherrschende Regimetypus der Präsidialdemokratie ursächlich für die politischen Krisen verantwortlich gemacht werden kann oder diese verstärkt." (Brennpkt. Lat.am/DÜI)