Das Wort "Befreiungstheologie" ist in europäischen Ohren vorrangig christlich und mit Assoziationen zu Lateinamerika besetzt. Dabei ist das Anliegen der Befreiung des Menschen unverzichtbarer Bestandteil jeder modernen Theologie und kann nicht nur im Christentum, sondern genauso auch im Islam auf eine breite Auswahl an normativen Texten zurückgreifen.
Wie sieht das Verhältnis des Christentums zu staatlich organisierter politischer Herrschaft aus? Welchen Beitrag leistet es zur Herausbildung und geistigen Fundierung des modernen neuzeitlichen Staats? Diese Fragen werden häufig gestellt und - im Verlauf der Geschichte ebenso wie gegenwärtig - ganz unterschiedlich beantwortet. Die hier versammelten Beiträge von Robert Spaemann, Hans Maier, Josef Isensee, Udo Di Fabio und Wolfgang Huber gehen dieser Frage aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven nach. Ungeachtet mancher Bewertungsunterschiede im Einzelnen eint sie die wissenschaftlich jeweils unterschiedlich begründete Einschätzung , dass auch die politische Welt, in der wir leben, ohne das Christentum eine gänzlich andere wäre.
Das "Projekt der Moderne" ist ein Freiheitsversprechen, das nicht ohne seine christlichen Wurzeln verstehbar ist. Die Umbrüche und Aufbrüche der späten Moderne sind durch tiefe Ambivalenzen gekennzeichnet. Dabei liegen ungeahnte Entwicklungschancen und zunehmende Risiken eng beieinander. Anschaulich wird dies an Phänomenen wie Individualisierung, Beschleunigung, Digitalisierung, Ökonomisierung oder Re-Nationalisierung. Ein Schlüssel, um die damit verbundenen Transformationsprozesse der späten Moderne human zu bewältigen, ist das Verständnis für das Unverfügbare, das sich der unmittelbaren Planbarkeit entzieht. Ohne dieses wandelt sich das Fortschrittsstreben in "rückschlägige Utopien" (Eugen Biser). Das Christentum kann in dieser Dynamik eine orientierende und befreiende Kraft entfalten, jedoch nur dann, wenn es sich selbst radikal wandelt
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Politik ist Weltgestaltung durch öffentliche Macht - Religion ist die Realisierung des Heiligen. Auch Christentum und Islam gestalten mit. Als Konkurrenten? In Zusammenarbeit? Die neue religiöse Vielfalt Europas braucht eine neue politische Theologie. Felix Körner, Jesuit, Islamwissenschaftler, Dogmatiker, entwirft sie. Seine Ausgangsfrage: Wie beeinflussen die Religionen das Zusammenleben und die Machtverhältnisse? Und wie sind sie selbst davon beeinflusst? Diese politische Theologie bringt Erfahrungsberichte, Gesellschaftsanalysen, Textstudien und Theoriebausteine zusammen. Die Religionen werden als eigene Gestaltungskräfte sichtbar
Der Autor versucht in seinem Aufsatz zu skizzieren, was Religion ist und wie das Verhältnis zwischen Christentum und Islam in Europa beschaffen ist. Er diskutiert drei Gründe für die Existenz der Religionen in Europa: Erstens das unterschiedliche Bedürfnis nach Religiosität als Mittel zur Daseinsbewältigung in Abhängigkeit von den materiellen und sozialen Lebensbedingungen in einer Gesellschaft; zweitens der Grad der Entzauberung, Entritualisierung und Entsinnlichung der Religion und den damit verbundenen Tendenzen zur Selbstauflösung der Religion in verschiedenen Kulturregionen; drittens das Verhältnis zwischen den religiösen Institutionen und der Bevölkerung, das abhängig von den jeweiligen historischen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten eher konflikthaft oder eher harmonisch war und dazu führte, dass die Menschen eine engere oder distanziertere Haltung zu Kirche und Religion entwickelten. Für die europäische und speziell die deutsche Religionslandschaft bedeutet dies (1) eine striktere Trennung von Staat und Kirche bei gleichzeitiger Präsenz vieler Religionen im öffentlichen Raum; (2) die Erosion religiöser Oligopole zugunsten einer horizontalen, in der Struktur eher sektenartigen als kirchenförmigen Koexistenz von Religionsgemeinschaften; (3) mehr Volksfrömmigkeit und damit eine intensivierte Ausübung der Religionen bei gleichzeitiger Subjektivierung und Individualisierung der Religionspraxis. (ICI2)
Die Politikwissenschaft hat sich des Religionsthemas bislang kaum angenommen. Vielmehr war und ist die Religion in der Sozialwissenschaft ein klassisches Thema der Soziologie (Weber, Durkheim, Berger, Luckmann, Luhmann). Aus einer vergleichenden Perspektive heraus will diese politikwissenschaftliche Analyse Antworten auf folgende Fragen finden: Warum haben die christlichen Konfessionen in Europa an politischer Pragekraft verloren, wahrend sie in den USA noch die politische Sprache pragen und einen Bezugsrahmen fur die Artikulierung politischer Interessen darstellen, und aus welchem Grund ist der Islam im orientalisch-asiatischen Raum eine dynamische Kraft in der Politik.
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