Vermögenspreise, Zinseffekte und die Robustheit der öffentlichen Finanzen in Deutschland - eine Szenario-Analyse
Die äußerst günstigen Finanzierungskonditionen hatten in den 2010er Jahren einen wesentlichen Anteil daran, dass die Bruttostaatsschuldenquote in Deutschland nach der Weltfinanzkrise merklich zurückgeführt wurde. Die Autoren stellen fest, dass es jedoch keineswegs klar ist, wie lange die extreme Niedrigzinsphase andauert, was Fragen der Resilienz der Staatsfinanzen in der längeren Frist aufwirft. Die Folgen einer möglichen Zinswende für die öffentlichen Finanzen hängen maßgeblich von den Ursachen für die zurückliegende Niedrigzinsphase ab. Die in der Studie durchgeführte Szenarioanalyse konzentriert sich auf vier zyklische Einflussfaktoren auf das Zinsniveau: Geldpolitik- und Risikoprämienschock sowie Investitions- und Preisschock. Wird die Zinswende durch Faktoren verursacht, die auch eine höhere makroökonomische Dynamik induzieren, wirkt dies im öffentlichen Budget dem Anstieg der Zinslast entgegen. Die Zinswende stellt in solchen Fällen kein ernsthaftes Problem für die öffentlichen Haushalte dar. Wird die Zinswende durch Faktoren verursacht, die eine makroökonomische Abschwächung induzieren, ergibt sich ein deutlicher Anpassungsbedarf für die öffentlichen Haushalte. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank derzeit 'zu expansiv' ausgerichtet ist. In einem solchen Szenario befände sich die deutsche Wirtschaft in einem monetären Boom, der bei einer Normalisierung der Zinsen wegfallen würde. Fluktuationen von Vermögenspreisen, die durch Zinsschwankungen hervorgerufen werden, dürften hingegen eine untergeordnete Rolle spielen, da das deutsche Steuer- und Transfersystem in dieser Hinsicht vergleichsweise wenig sensitiv ist. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass sich Immobilienpreisschwankungen nur unwesentlich in Einnahmeveränderungen bei der Einkommensteuer übersetzen. ; The extremely low interest environment during the 2010s has significantly facilitated the reduction of the gross government debt-to-GDP ratio in Germany in the aftermath of the global financial crisis. The authors note that, it is unclear for how long the period of extremely low interest rates persists, bringing the question of longer-term resilience of public finances towards increasing refinancing cost to the fore. The effect of rising interest rates on public finances largely depends on the causes of low interest rates in the recent years. The study focuses on four cyclical factors on the rate of interest and investigates their impact by means of a scenario analysis: monetary policy and risk premia shocks and investment and price shocks. If higher interest rates are the result of stronger economic growth, then the positive budgetary effect of the latter counteract the increasing interest burden. In this case, higher interest rates do not question the resilience of public finances. By contrast, higher interest rates caused by factors that also lead to weaker economic growth imply significant readjustments of public finances, in particular if the ECB's monetary stance turns out to be too loose. In this case, the German economy would currently be under the influence of a monetary boom, the correction of which (i.e. a normalization of interest rates) would trigger a recession. Fluctuations in asset prices caused by interest rate fluctuations are likely to play a minor role, as the German tax and transfer system is comparatively insensitive in this respect. One major reason for this is that property price fluctuations translate only to a small extent into changes in income tax revenues.