Bei der Gesundheitsförderung auftretende Umsetzungsprobleme erfordern eine eigenständige Policy-Forschung in den Gesundheitswissenschaften. Projekte der kommunalen Gesundheitsförderung werden immer häufiger in Kooperation mehrerer Akteure geplant und umgesetzt. Die zur erfolgreichen Realisierung kooperativer Projekte erforderlichen Schritte kooperativen Planens sind Gegenstand einer empirischen Untersuchung, in der anhand von Fallanalysen eine bereichsbezogene Theorie kooperativen Planens und ein Leitfaden für die Planung und Durchführung kooperativer Projekte entwickelt wurde. Anhand eines Beispiels gescheiterter Kooperation wird der Einsatz des in Entwicklung befindlichen Leitfadens demonstriert. In der Diskussion werden Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes eines solchen Leitfadens besprochen.
In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, p. 103-110
'In der westlichen Öffentlichkeit gelten islamistische Parteien als Hindernis für eine Demokratisierung im arabischen Raum. Diese Sichtweise wird jedoch durch eine Analyse der Entwicklung jener arabischen Staaten relativiert, die islamistischen Parteien Gelegenheit zur politischen Teilhabe geben. Diese Studie vergleicht staatliche Strategien der Einbindung und Unterdrückung von Islamisten in Algerien, Marokko und Tunesien. Dabei stehen zwei Fragen im Vordergrund: Wie haben sich diese Strategien auf die islamistischen Akteure und deren Agenden ausgewirkt und was bedeuten sie für die von der EU im Rahmen des Barcelonaprozesses und der Europäischen Nachbarschaftspolitik verfolgte Stabilitäts- und Reformpolitik? Die Bilanz der unterschiedlichen Strategien legt nahe, dass die Unterdrückung von Islamisten, wie sie in Tunesien praktiziert wird, den Weg zu profunden politischen Reformen verbaut. Umgekehrt hat die Einbindung von Islamisten, die sich demokratischen Regeln unterwerfen, in Algerien und Marokko in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zu pluralistischeren, repräsentativeren und kompetitiveren Systemen geführt. Zudem sind die Islamisten durch ihre Einbindung kompromissbereiter und pragmatischer geworden. In Algerien hat diese Einbindung stabilisierend, in Marokko nicht merklich destabilisierend gewirkt. Paradoxerweise decken sich die Interessen der EU in wichtigen Politikfeldern - etwa Verfassungs-, Wahlrechts- und Wirtschaftsreformen oder Korruptionsbekämpfung - heute stärker mit denen der Islamisten als mit denen von Teilen der herrschenden Eliten. Eine breite Partizipation von Islamisten, die sich demokratischen Regeln unterwerfen, ist folglich - hinsichtlich der im Barcelonaprozess und in der europäischen Nachbarschaftspolitik verankerte Reformagenda für die Region - im europäischen Interesse.' (Autorenreferat)
Der Bericht gibt zunächst einen Überblick über Konzeption sowie organisatorische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen des in Karlsruhe, Kassel, Schwerin und Stuttgart durchgeführten Modellprojekts, das im Folgenden evaluiert wird. Ziel des Projekts war es, mit niederschwelligen Konzepten zur beruflichen Förderung am modernisierten Verständnis der Hilfe zur Arbeit des Par. 72 BSHG anzusetzen und die arbeitsmarktpolitischen Angebote der verschiedenen Sozialleistungsträger so zu kombinieren, dass sich vor allem jüngere Frauen langfristig wieder ein wirtschaftlich selbständiges Leben aufbauen können. Das Projekt traf auf eine hohe Motivation bei den Teilnehmerinnen und kann als Erfolg gewertet werden. Die Teilnehmerinnen erwiesen sich als beschäftigungsfähig und reintegrierbar. Sie wiesen eine hohe Bildungsmotivation und ein hohes Interesse an betrieblicher Erprobung auf. Alle Angebote des Projekts wurden doppelt genutzt (berufliche Weiterentwicklung, Überwindung schwieriger Lebenslagen). Als unabdingbare Erfolgsvoraussetzung erwies sich die sozialpädagogische Begleitung. (ICE)
This paper presents five consultation workshops with 29 community pharmacists, stakeholders and patients that examined "patient-centred professionalism" in terms of pharmacists' working day and environment. The concept is ill-defined in both medical and pharmacy literature and the study aimed to clarify the situated nature of the term for patients and health professionals across settings. Workshops were supported by bio-photographic datasets of "in-situ" practice and Nominal Group Work. The thematic content analyses led to the following aspects: building caring relationships; managing external forces; the effects of space and environment, and different roles and expectations. The study reveals how patient-centred professionalism cannot be defined in any singular or stationary sense, but should be seen as a "moveable feast", best understood through everyday examples of practice and interaction, in relation to whose experience is being expressed, and whose needs considered. The phrase is being mobilised by a whole set of interests and stakeholders to reshape practice, the effect of which remains both uncertain and contested. Whilst patients prioritise a quick and efficient dispensing service from knowledgeable pharmacists, pharmacists rail against increasing public demands and overtly formalised consultations that take them away from the dispensary where the defining aspects of their professionalism lie.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, p. 2605-2613
"In kaum einem Land hängen Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft ab wie in Deutschland. Entscheidende Weichen für den weiteren Bildungsweg werden dabei bereits früh gestellt, beim Übergang in die Sekundarstufe. Eine wichtige Rolle hat hierbei die Empfehlung der Grundschullehrer für die weiter führenden Schulen. Wie die Hamburger Schulleistungsstudie LAU5 gezeigt hat, spielen bei dieser Übergangsempfehlung nicht nur Leistungsgesichtspunkte eine Rolle: Kinder aus sozial benachteiligten Familien müssen deutlich bessere Leistungen erzielen, um eine Gymnasialempfehlung zu erhalten, als Kinder aus privilegierten Elternhäusern. Doch warum werden die verschiedenen sozialen Gruppen unterschiedlich behandelt? Was sind die konkreten Mechanismen, durch die soziale Herkunft bei der Bildungsempfehlung zu einem Diskriminierungsmerkmal wird? Welche Gründe haben die Gatekeeper, (auch) nach sozialen Kriterien zu selektieren und wie rechtfertigen sie ihre Entscheidungen? Um diese Fragen zu untersuchen, hat die Verfasserin in verschiedenen, sozialstrukturell unterschiedlich zusammengesetzten Berliner Bezirken Expertengespräche und Gruppendiskussionen mit Grundschullehrer/innen und Schulleiter/innen durchgeführt. Im Mittelpunkt standen die Kriterien, die bei den Empfehlungen für den Besuch der weiter führenden Schulen eine Rolle spielen. Zum einen wurde gefragt, wie die Entscheidungen interaktiv bearbeitet werden. Auf welche Weise sind die einzelnen Akteure - Lehrer, Schulleiter, Eltern und Schüler - an dem Verfahren beteiligt? Zum anderen wurde untersucht, auf welche Wissensbestände, auf welches Hintergrund- und Erfahrungswissen die Lehrer/innen bei ihren Empfehlungen zurückgreifen. Welche Erfahrungen, Vorstellungen und Zuschreibungen haben die Lehrer/innen bezogen auf den sozialen Kontext ihrer Schüler und Schülerinnen? (Zu denken ist etwa an Überlegungen bezogen auf familiale Unterstützungspotentiale, wie die häuslichen Arbeitsbedingungen oder die Möglichkeit zur Nachhilfe). Besonders interessierte, ob es Hinweise darauf gibt, dass sich die sozialstrukturelle Zusammensetzung der Schüler einer Schule (z.B. hoher Migrant/innenanteil, hoher Anteil an Kindern aus sozial privilegierten Elternhäusern etc.) auf die jeweilige Empfehlungspraxis auswirkt. Der Beitrag präsentiert Ergebnisse des Projekts, das im Sommer 2006 abgeschlossen wird." (Autorenreferat)
Qualitative Methoden könnten eine wichtige Rolle spielen im Rahmen einer lebendigen, an den Subjekten und ihren Lebenswelten orientierten, emanzipatorischen sowie selbstreflexiven Sozialen Arbeit. Sie finden bereits in drei Bereichen der Sozialen Arbeit Anwendung: in der Sozialarbeitsforschung, im beruflichen Alltag der Sozialen Arbeit und bei der professionellen Selbstreflexion. Diese drei Bereiche überschneiden sich zwar, sind aber jeweils unterschiedliche Wissens- und Handlungssphären mit je eigenen Zielen. Entsprechend müssen qualitative Methoden den Erfordernissen der Wissenschaft, der sozialarbeiterischen Praxis und der Praxisreflexion angepasst werden. Werden qualitative Methoden in diesem Sinne erlernt und eingesetzt, entsteht sowohl im Studium als auch später in der beruflichen Praxis eine "ethnografische Kompetenz und Bildung", die wesentliche Elemente sozialarbeiterischer Professionalität beinhaltet. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Kenntnis und die Anwendung qualitativer Methoden von zentraler Bedeutung sind für den Erwerb von Grundkompetenzen professionellen Handelns in der Sozialen Arbeit. So ist das, was auch mit dem Stichwort "Rekonstruktive Sozialpädagogik" bezeichnet wird, eher ein Konzept als nur eine unter anderen Methoden Sozialer Arbeit. Die Reformen im Zuge des "Bologna-Prozesses" erschweren jedoch an vielen Hochschulen die Implementierung dieses Ansatzes.
Face-to-face-Interviews sind seit langer Zeit die dominierende Interviewmethode in der qualitativen Forschung; zusätzlich fanden in den letzten zwei Jahrzehnten Telefoninterviews vermehrt Anwendung. Wegen der explosiven Verbreitung neuer, Computer vermittelter Kommunikationsmedien (zum Beispiel E-Mail und Chat) können mittlerweile weitere Interviewmethoden innerhalb der qualitativen Forschung eingeführt und verwendet werden. Für Forschung zu virtuellen Teams wurden verschiedene Interviewverfahren eingesetzt. In diesem Artikel werden hiervon ausgehend Vor- und Nachteile von vier Interviewformen – Face-to-face, E-Mail, Telefon und MSN Messenger – verglichen. Durch den Einbezug der beiden letztgenannten Interviewformen gehen die hier berichteten Befunde über den von BAMPTON und COWTON (2000) geleisteten Vergleich hinaus.
The thesis focuses on certain characteristics of the state and of state formation in Malawi, with particular emphasis on the effects of development aid. The methodological and theoretical approach draws primarily on social anthropology. Empirical research included multi-sited ethnographic fieldwork in Malawi during 2009. The thesis consists of three papers for publication in journals, each focusing on different aspects of the state and state formation, and an introductory discussion. The first paper – Chiefs and everyday governance: Parallel state organisations in Malawi – looks at the institutional set-up of the state. In Malawi, this includes not only the formal institutions, but also the chiefs: the paper sees the chiefs as not primarily "traditional" leaders, but as an integral part of the state. The paper discusses some implications of the fact that two seemingly incompatible state institutions, often filling the same or similar functions, exist in parallel and are available both for subjects/citizens and for public offices. People are thus subject to parallel rule: they are simultaneously subjects under a state-enforced chieftaincy, and citizens of a modern state. The position of the chiefs in Malawi has been strengthened and expanded during the last two decades. Ironically, this has been possible due partly to policy choices that have been promoted or introduced by donors, but that have paved the way for the strengthening of an institution incompatible with the liberal democratic values emphasised by the same donors. The second paper – Performing good governance: the aesthetics of bureaucratic practice in Malawi – focuses on bureaucratic practice. In the case observed – agricultural subsidy distribution – the policy of the government (and its donors), of targeting only the poorest farmers, contrasts with local norms for more equal sharing. The public office does not have the authority to overrule local norms, and the targeting procedures therefore fail completely to achieve what they were designed for. Nonetheless, they are carried out with enthusiasm. This may be because of the "aesthetic" qualities of those procedures: they create an image, albeit temporary, of a well-functioning state and a well-organised population. The case is used as basis for a discussion of the role of aesthetics in bureaucratic practice and in state formation, and the role of bureaucrats as mediators between incompatible norms and worldviews: by carrying out the stipulated procedures even when they "fail" – but with primacy to the aesthetic aspects rather than the instrumental effects – the bureaucrats make possible the continuation of the subsidy programme, in the interests of all those involved. The third paper – Making and shaping poor Malawians: Citizenship below the poverty line – explores some observed and some potential consequences of the poverty line. The idea of distinguishing between individuals and households according to a "poverty line" has been introduced in Malawi only recently, partly in connection with the UN Millennium Development Goals. The poverty line as it is applied in Malawi – the national response to the global poverty line known as one dollar a day – in most cases has no local equivalent. But when it is used to identify the intended beneficiaries of development interventions, it becomes of increasing economic, social and political relevance. Those classified as "below" the poverty line have exclusive access to certain state resources. But in practice, by the way poverty interventions are organised, these beneficiaries are also subjected to particular forms of governance, including more intense attempts to reform their rationality and behaviour than what is the case for those "above" the line. By the tendency to organise beneficiaries in groups they also tend to interact with government less as autonomous individuals than those who are classified as above the line. In effect, the poverty line serves to distinguish between two types of citizens – perhaps in contrast to policy objectives of including the poorest as equal citizens. The three papers refer to different academic debates, but they all point to aspects of state formation associated with aid and development. This is discussed in the introductory chapters. The main argument here is that all papers demonstrate some forms of dissonance: here used as a metaphor for the difference between how social phenomena appear when seen through the logic of the state, and how social life is experienced in actual, local, daily interactions. Such dissonance is well known in all states, but seems particularly evident in states receiving development aid. The introductory paper discusses aspects of aid and development that can explain this, building on recent critical studies of aid and development in social anthropology. It points to features that are inherent in all aid, but have become increasingly relevant with the recent changes in development discourse that seem to produce dissonance. Aid can therefore increase the dissonance inherent in all states between reality as it is seen in a state logic, and reality as it is experienced locally. ; Den norske tittelen er Bistand, utvikling og statsdannelse i Malawi. Avhandlingen er basert på antropologisk feltarbeid i Malawi og omhandler ulike sider ved stat og styring, med vekt på hvordan staten påvirkes av bistand og utvikling. Avhandlingen består av tre artikler. Den første artikkelen omhandler høvdingenes rolle. I Malawi er høvdingene en integrert del av statsapparatet. Folk på bygda forholder seg oftest til sin høvding som mellomledd til staten, men kan også ha direkte kontakt med offentlige institusjoner. Det fører til at staten består av to parallelle strukturer som i noen grad overlapper, og artikkelen diskuterer enkelte konsekvenser av dette. Videre viser artikkelen til at høvdingene har fått mer makt de siste to tiår. Det har i stor grad skjedd som følge av politikk som er fremmet gjennom vestlig bistand: For det første har høvdingene fått en relativt sett mye sterkere posisjon fordi andre statlige makthavere er blitt svekket. Det skyldes både introduksjon av flerpartidemokratiet (som reduserte partiapparatets makt) og reduksjon i offentlig sektor samt nye former for samhandling mellom offentlige kontorer og enkeltmennesker (mer mindre tvang og mer rettighetsbasert samhandling). For det andre insisterer donorene ofte på at utviklingstiltak skal være lokalsamfunnsbasert og organiseres lokalt på måter som gjør at man blir helt avhengig av høvdingen for å kunne gjennomføre tiltakene. Paradoksalt nok har altså slike donor-interesser ført til en styrking av høvdingene, som er en instisjon helt inkompatibel med de liberale, demokratiske verdiene som bistanden ellers forsøker å fremme. Den andre artikkelen ser på byråkratisk praksis. Den er basert på et case-studie av et statlig, donorstøttet progam for distribusjon av landbrukssubsidier, og ser særlig på prosedyrene som skal sørge for at subsidierte såfrø og kunstgjødsel bare gis til de fattigste bøndene. Artikkelen viser hvordan prosedyrene ikke lykkes i dette fordi landsbyene, under høvdingens ledelse, re distribuerer de subsidierte varene etter kriterier for mer lik fordeling. Men prosedyrene er meningsfulle selv om de "mislykkes". Det kan forstås ved å se dem som estetiske uttrykk framfor som instrumentelle handlinger. De skaper et slags bilde av et velorganisert samfunn og en velfungerende stat, som gir mening selv om det ikke gjenspeiler virkeligheten. Men prosedyrene har også noen praktiske konsekvenser: Det er i praksis ikke mulig å gjennomføre regjeringens (og donorenes) krav til fordeling av subsidier så lenge disse er inkompatible med lokale normer, fordi regjeringen har ikke kapasitet og autoritet nok til å tvinge gjennom sin egen politikk. Ved å gjennomføre prosedyrene likevel, tilfredsstiller man regjeringens og donorenes krav til målretting av landbrukssubsidier. Byråkratene kan (uten å lyve) dokumentere til regjeringen og donorer at subsidiene er blitt distrubert til utvalgte mottakere, og landsbyene kan omfordele i forhold til lokale normer like etterpå. Paradoksalt nok er det nettopp ved å "mislykkes" – og ved at prosedyrene derfor blir mer estetisk enn praktisk relevante – at prosedyrene gjør det mulig å gjennomføre subsidieprogrammet til fordel for alle involverte. Den tredje artikkelen ser på hvordan staten kategoriserer og klassifiserer enkeltmennesker og organiserer statlige tjenester etter dette. Fokuset er på den såkalte fattigdomslinjen, en malawisk tilpasning til den globale fattigdomsdefinisjonen kjent som "en dollar per dag". En slik definisjon samsvarer ikke med noen lokale skillelinjer i Malawi, men når den brukes til å peke ut mottakere av statlige tjenester, blir den både politisk, økonomisk og sosialt relevant. De som ligger "under" fattigdomslinjen får eksklusiv tilgang til noen statlige ressurser, men samtidig utsettes de for andre typer styring. Det er fordi de statlige tjenestene vanligvis kombineres med spesielle måter å organisere folk på, sammen med forsøk på å endre mottakernes måte å tenke og handle på. Det er en naturlig strategi dersom man antar at årsaken til fattigdom ikke er materielle eller eksterne sosiale og politiske forhold, men skyldes noe ved de fattiges egen oppførsel. I sin konsekvens kan man si at fattigsomslinjen etablerer et skille mellom to typer borgere: De som er "fattige nok" til å få hjelp av staten, og de andre som forventes å klare seg selv i markedet. Målet med fattigdomstiltak blir da å omskape de fattigste til gode, markedsvennlige borgere som klarer seg selv uten videre statlig inngripen. I praksis er det ofte liten økonomisk forskjell på de som er "under" og "over" fattigdomslinjen, men de blir gjenstand for forskjellige former for statlig styring. De tre artiklene representerer dermed ganske forskjellige perspektiver på stat og styring, både praktisk og teoretisk. Men de har til felles at de viser til noen endringer når det gjelder stat og styring, som synes å være påvirket av bistand og utviklingspolitikk. Dette diskuteres i avhandlingens innledende del. Denne diskusjonen tar utgangspunkt i at alle artiklene viser til noe som kan kalles "dissonans". Dissonans brukes som metafor på forskjellen mellom statlige måter å forstå og organisere virkeligheten på, og hvordan virkelighet erfares for folk lokalt. Det gjelder på ulike måter i de tre artiklene: I forholdet mellom høvdingstyre og den formelle statsapparatet, i byråkratiske prosedyrer som synes å mislykkes, men likevel har en funksjon, og i et statlig forsøk på å organisere en befolkning etter kriterier som ikke samsvarer med noen lokale måter å se lokalsamfunnet på. Slik dissonans synes å øke som følge av bistand og utvikling, og diskusjonen tar opp noen sider ved bistand som kan forklare dette. Et hovedargument er at de som jobber med bistand – særlig statsansatte i mottakerlandene – må forholde seg til abstrakte ideer i internasjonal utviklingstenking, som ikke passer sammen med lokale forhold. De kan velge ulike strategier for å løse dette problemet, men alle de mest relevante strategiene synes å føre til en økning i forskjellen mellom en "statlig" virkelighet og lokale erfaringer. Disse sidene ved bistand er blitt større med tiden som følge av to forhold. For det første legger de fleste bistandsaktørene stadig mer vekt på å reformere mottakeren, som representerer bredere og mer kompliserte utviklingsmål enn om hovedvekten er å overføre ressurser. For det andre har man nå mer fokus på spesifikke kategorier av enkeltmennesker framfor å se på fattige land og samfunn under ett. Begge disse utviklingstrekk fører til økt behov for å jobbe med aggregert, abstrakt informasjon, framfor spesifikk kunnskap om mottakerne og deres omgivelser. Det gjør at avstanden mellom abstrakte ideer og opplevd virkelighet blir større.
Der vorliegende Beitrags beschäftigt sich mit der sozialen Integration von Flüchtlingen in ein Aufnahmeland, indem nachvollzogen wird, wie deren ethno-soziale Präferenzen und Praktiken sich im Zeitverlauf verändern. Im Besonderen interessiert, wie soziale Verlaufskurven nach der Ankunft im Aufnahmeland mit Änderungen der persönlichen Identität verknüpft sind.
Ein inhaltliches Ergebnis ist, dass Identität und ethno-soziale Praktiken in die je konkrete Migrationsbiografie, in die Alltagserfahrungen und antizipierten Zukunftsvorstellungen der betroffenen Personen eingebettet sind. Dies hat zugleich wichtige methodologische Implikationen mit Blick auf das Potenzial, das aus biografischen Narrationen als qualitativem Datenmaterial erwächst. Indem Vorteile und Probleme im Umgang mit diesen Narrationen diskutiert werden, soll nicht nur ein Beitrag zu Forschung geleistet werden, sondern auch für Sozialarbeiter/innen und andere, die Dienstleistungen im Kontext sozialer Integration erbringen und die den hier vorgestellten Ansatz nutzen können, um Spezifika des sozialen Lebens von/mit Flüchtlingen zu eruieren.
Angesichts hoher Belastungen und unzureichender psychosozialer Betreuung von onkologischen Patient/innen im HNO-Bereich sind Logopäd/innen und Sprechwissenschaftler/innen mit speziellen Anforderungen konfrontiert, die über ihr engeres Berufsfeld hinausgehen. Um ihre Problemwahrnehmungen und Fähigkeiten im Umgang damit sowie einen möglichen Weiterbildungsbedarf zu ermitteln, wurden in einem mehrperspektivischen Mixed-Methods-Zugang folgende Aspekte untersucht: 1. Erfahrungen und Problemfelder der Arbeit mit psychisch belasteten onkologischen HNO-Patient/innen aus Sicht von Logopäd/innen; 2. Selbsteinschätzung der Stärken und Schwächen der Logopäd/innen im Umgang mit Patient/innen und deren Angehörigen; 3. Erfahrungen von Supervisor/innen von onkologisch tätigen Logopäd/innen und 4. Kommunikationskompetenz von Logopäd/innen in emotionalen Gesprächssituationen. Es zeigte sich ein hohes Bewusstsein der Therapeut/innen für die psychische Belastung der Patient/innen. Übereinstimmend wurde von einem sehr hohen psychosozialen Beratungsbedarf und großen Gesprächsanteilen in der logopädischen Therapie berichtet. Diese Sondersituation führte zu Abgrenzungsschwierigkeiten, Überforderungsgefühlen und belastenden Situationen. Das psychoonkologische Wissen und die Gesprächsführungskompetenzen waren bei vielen für diese Anforderungen nicht hinreichend; es besteht dringender Weiterbildungsbedarf.
Mein Beitrag hat einen doppelten Fokus: Zum einen geht es um methodologische Fragen, die entstehen, wenn mobile Populationen mit zumindest für einige Zeit eher wechselnden Wohnorten, hier Studierende vor ihrem Universitätsabschluss, Gegenstand der Analyse sein sollen; zum anderen sollen einige empirische Beispiele aus einer eigenen Studie vorgestellt werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt qualitative Erhebungsverfahren diskutiert, die mit Entwicklung der Informationstechnologien (insbesondere im Bereich der Computer-vermittelten Kommunikation) möglich wurden. Danach werden Ergebnisse aus einer Studie berichtet, in der solche Verfahren (konkreter: asynchrone E-Mails) zum Einsatz kamen, um Informationen für eine Studierenden-Mobilitätsstudie zu erheben. Abschließend werden Vor- und Nachteile benannt, die aus dem Einsatz dieser neuen Techniken entstehen (können). In der eigenen Studie spielten Transitionen an unterschiedlichen Stellen eine zentrale Rolle: Die Studierenden sind in einem Prozess des Statusübergangs, mit dem zusätzlich in vielen Fällen örtliche Änderungen einhergehen. Zugleich vollziehen sich wichtige Wechsel in ihrem Aktionsradius: sei es, dass sie eine Stelle suchen, sei es, dass sie sich anschicken, sich universitär weiter zu qualifizieren, Prozesse, mit denen wiederum häufig Änderungen der Zugehörigkeit zu sozialen Netzwerken verbunden sind.
Ausgehend von der These, dass biografische Strukturierung interaktiv erfolgt, wird die biografische Co-Strukturierung einer Mutter und ihres Sohnes analysiert. Die mehrgenerationale Fallrekonstruktion legt offen, wie es im Verlauf der biografischen Co-Strukturierung zu einer anhaltenden problematischen Lebenssituation des Sohnes kommt, der nach Stationen der Schulverweigerung und der Jugendpsychiatrie schließlich dauerhaft in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht wird. Ansatzpunkte für sozialpädagogische und therapeutische Interventionsmöglichkeiten werden sichtbar.
Der Beitrag leitet in das Thema der Schwerpunktausgabe ein und skizziert unterschiedliche Möglichkeiten der Verknüpfung zwischen qualitativer Sozialforschung und Problemgegenständen professionellen Handelns. In der sozialwissenschaftlichen Biografieforschung nimmt die Beschäftigung mit professionsanalytischen Fragestellungen traditionell einen wichtigen Platz ein. In vielen Studien wird nach den Folgen professioneller Interventionen in die Lebensgeschichten von Klientinnen und Klienten gefragt, in anderen Untersuchungen geht es um den Zusammenhang zwischen den lebensgeschichtlichen Erfahrungs- und Deutungsstrukturen von Professionellen einerseits und den Besonderheiten ihres professionellen Handelns, ihrer Deutungen und Fallanalysen andererseits. Die Biografieforschung bietet ein besonderes Kritik- und Aufklärungspotenzial für die professionelle Praxis, wird häufig an "professional schools" vermittelt und durchgeführt und kann – zusammen mit anderen interpretativen Untersuchungsansätzen – zur Erkenntnisressource von (angehenden) Professionellen selbst werden: Durch die Aneignung entsprechender Forschungskompetenzen verändert sich ihr Blick auf die (eigene und fremde) Arbeit mit Klient(inn)en, und es entstehen Anregungen für eine veränderte Praxis. Im Themenschwerpunkt sind Aufsätze (und ein Interview) zu Voraussetzungen, Problemgegenständen und Folgen der Arbeit in unterschiedlichen professionellen Handlungsfeldern vertreten, in denen dieser Zusammenhang von Analyse, Selbstreflexion und Praxisgestaltung sichtbar wird. Die Aufsätze stammen von Autorinnen und Autoren verschiedener sozialwissenschaftlicher Disziplinen und basieren auf unterschiedlichen Analyseansätzen aus dem aktuellen Spektrum insbesondere der deutschsprachigen interpretativen Sozialforschung.
Der Beitrag geht der Frage nach, welche durch den spezifischen Praxiskontext eingebrachten Problematiken sich ergeben, wenn die Milieuforschung im Feld der Marktforschung durchgeführt wird. Dabei wird die Milieuforschung verstanden als ein neues Paradigma der Sozialstrukturforschung und gleichzeitig als ein Bereich, in dem die Integration qualitativer und quantitativer Methoden beispielhaft erfolgt. Im Zentrum stehen die prominenten Milieumodelle von Gerhard SCHULZE und Sinus Sociovision. Differenziert wird zwischen dem Milieumodell, das die Einteilung der Gesellschaft in Lebensstilgemeinschaften darstellt ("Milieu-Landkarte") und dem Milieuinstrument, das das zugehörige Instrumentarium quantitativer und qualitativer Methoden ist, um die Milieueinteilung zu (re)produzieren und einzelne Produkte in der Marktforschung quantitativ und interpretativ auf die Milieus zu beziehen. Zwei Problematiken werden vorrangig behandelt: 1. Durch die theoretische und methodische Komplexität der Milieuforschung ergibt sich ein Akzeptanz- und Vermittlungsproblem in der Praxis der Marktforschung. Theorievermittlung im Beratungsprozess und die Einbindung des Kunden in die Interpretationsarbeit wird zum Erfolgskriterium der Marktforschung. 2. Die Feldlogik (hier ist der Bezug BOURDIEUs Feldkonzept) der kommerziellen Milieuforschung führt zu einer Strategie von Marktforschungsunternehmen, das eigene Milieumodell zum Standard machen zu wollen und gleichzeitig das technische Wissen um das Milieuinstrument und dessen kommerzielle Verwertung zu monopolisieren. Letzteres führt für die wissenschaftliche Sozialstrukturforschung zu einer Infragestelllung der Validität und damit zu einem Rezeptionshindernis avancierter kommerzieller Milieuforschung.