Eine nachhaltige Entwicklung bedeutet eine dauerhaft mögliche Entwicklung innerhalb des ökologischen Erdsystems. Durch das weltweite Bevölkerungswachstum, den ansteigenden Wohlstand und nicht-nachhaltige Lebensweisen drohen die ökologischen Belastungsgrenzen unsere Erde jedoch überschritten zu werden bzw. wurden teilweise bereits überschritten. Dies hat zur Folge, dass nachfolgende wie auch parallel existierende Generationen nicht die gleichen Möglichkeiten zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse haben, wie die heute in den Industriestaaten lebenden. Die landwirtschaftliche Erzeugung trägt dabei einen bedeutenden Teil zu dieser Bedrohung und Überschreitung der planetaren Grenzen bei, denn insbesondere der hohe und weiter ansteigende Konsum von tierischen Produkten weltweit hat zahlreiche ökologisch, jedoch auch sozial und gesundheitlich nachteilige Folgen. Einer der grundlegenden problematischen Aspekte tierischer Produkte ist der hohe Energieverlust im Laufe des Veredlungsprozesses von pflanzlichen Futtermitteln zu Fleisch- und Milchprodukten. Die Folge sind große intensiv genutzte Landwirtschaftsflächen, die notwendig sind, um jene Futtermittel zu produzieren. Dies führt zu Biodiversitätsverlusten, Treibhausgasemissionen, Landraub und gesundheitlichen Problemen aufgrund des Pestizidgebrauchs. Weitere Konsequenzen eines hohen Konsums tierischer Produkte umfassen einen hohen Wasserbedarf, Flächenkonkurrenzen zwischen dem direkten Lebensmittel- und dem Futtermittelanbau, aber auch den ethisch bedenklichen Umgang mit Tieren sowie Gefahren für die menschliche Gesundheit, z. B. koronare Herzerkrankungen und Antibiotikaresistenzen. Begründet liegt dieser hohe und weiter wachsende Konsum tierischer Produkte in persönlichen, sozialen, ökonomischen und politischen sowie strukturellen Faktoren, wobei in vorliegender Arbeit auf den durch die westeuropäische Kultur geprägten Menschen fokussiert wird. Persönliche und soziale Hindernisse für einen reduzierten Konsum tierischer Lebensmittel liegen insbesondere in einem fehlenden Wissen, dem psychologischen Phänomen der kognitiven Dissonanz, mangelnder Achtsamkeit sowie dem Druck sozialer Normen. Wirtschaftspolitische und strukturelle Hindernisse umfassen eine wachstumsorientierte Ökonomie, fehlende Preisanreize für einen nachhaltigen Konsum sowie eine Infrastruktur, die den Konsum tierischer Produkte begünstigt. Nichtregierungsorganisationen (NRO) als Teil des sog. Dritten Sektors, neben der Wirtschaft und der Politik, und als Vertreterinnen der Gesellschaft sind essentielle Akteurinnen in nationalen und internationalen Gestaltungsprozessen. Sie werden zumeist von der Gesellschaft oder zumindest Teilen der Gesellschaft unterstützt und können durch Öffentlichkeitsarbeit und andere Maßnahmen auf politische und ökonomische Protagonisten Druck ausüben. Somit sind NRO als potentielle Schnittstelle zwischen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft vielversprechende Einrichtungen um den Konsum tierischer Produkte zu senken. Aufgrund der o. g. multidimensionalen Auswirkungen des hohen Konsums tierischer Produkte, haben insbesondere NRO, die die Ziele Umweltschutz, Ernährungssicherung, Tierschutz und Gesundheitsförderung verfolgen, potentiell Interesse an einer Reduktion des Fleisch-, Milch- und Eikonsums. Studien über NRO in Schweden, Kanada und den USA weisen jedoch darauf hin, dass Umweltorganisationen sich in ihrer Arbeit für eine Begrenzung des Klimawandels nur in begrenztem Umfang für eine pflanzenbetonte Ernährungsweise einsetzen. Aufgrund der o. g. mehrdimensionalen Folgen eines hohen Konsums tierischer Lebensmittel weitet vorliegende Arbeit den Erhebungsumfang aus und umfasst die Untersuchung von deutschen Umwelt-, Welternährungs-, Gesundheits- und Tierschutzorganisationen in Hinblick auf deren Einsatz für eine Reduktion des Fleisch-, Milch- und Eikonsums. Die Erhebung umfasst die Untersuchung von 34 der wichtigsten deutschen NRO mittels Material- und Internetseitenanalyse, vertiefende leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit 24 NRO sowie eine Fokusgruppendiskussion zur Ergebniskontrolle, wobei das zentrale Element dabei die Expert*inneninterviews darstellen. Insgesamt entspricht der Forschungsprozess der Grounded Theory Methodologie (GTM), einem ergebnisoffenen, induktiven Vorgehen. Die Forschungsfragen umfassen neben der Analyse des aktuellen Umfangs des Einsatzes für eine pflanzenbetonte Ernährungsweise insbesondere die Einflussfaktoren auf diesen Umfang sowie die umgesetzten Handlungsstrategien für eine Reduktion des Konsums tierischer Lebensmittel. Entsprechend der GTM steht am Ende des Forschungsprozesses vorliegender Arbeit ein Modell, das die Erkenntnisse in einer verdichteten Kernkategorie zusammenfasst. Als zentrales Ergebnis der Erhebung kann das 'Modell der abwägenden Bestandssicherung' gesehen werden. Es weist, in Übereinstimmung mit der Literatur, darauf hin, dass NRO als Teil der Gesellschaft von der Außenwelt abhängig sind, d. h. von ihren Mitgliedern und staatlichen wie privaten Geldgeber*innen, aber auch von parallel agierenden NRO, Medien und gesellschaftlichen Entwicklungen. Dies kann unter der Überschrift der 'Einstellung relevanter Interessensgruppen' zur Thematik der tierischen Lebensmittel gefasst werden. Auf der anderen Seite steht die 'Einstellung der Mitarbeitenden' einer NRO, da die Themenaufnahme der Problematik eines hohen Fleisch-, Milch- und Eikonsums auch davon abhängt, welche Bedeutung die Mitarbeitenden dieser Thematik zusprechen und inwiefern sie bereit sind sie in das Maßnahmenportfolio aufzunehmen. Wenn sowohl die Interessensgruppen als auch die Mitarbeitenden einer NRO der Themenaufnahme befürwortend gegenüber gestellt sind, so ist ein umfassender Einsatz für eine Reduktion des Konsums tierischer Lebensmittel von dieser NRO zu erwarten. Dies trifft in vorliegender Erhebung vorwiegend auf Tierschutzorganisationen und einige Umweltorganisationen zu. Der gegenteilige Fall einer fehlenden Thematisierung tierischer Produkte tritt ein, wenn weder relevante Interessensgruppen, noch die Mitarbeitenden einer NRO die Themenaufnahme befürworten oder als dringlich erachten. Dies kann insbesondere bei Welternährungs- und Gesundheitsorganisationen beobachtet werden. Wenn die Mitarbeitenden einer NRO die Thematisierung der Problematik tierischer Lebensmittel befürworten, die relevanten Interessensgruppen jedoch ablehnend gegenüber derartigen Maßnahmen stehen, ist eine zurückhaltende Thematisierung zu erwarten, die sich auf Informationstexte bspw. auf den Internetseitenauftritten der NRO beschränkt. Dies ist v. a. bei Umwelt- und Welternährungsorganisationen erkennbar. Der vierte Fall, dass die Interessensgruppen einer NRO für eine Reduktion des Konsums tierischer Produkte eintreten würden, nicht jedoch die Mitarbeitenden der NRO, konnte in vorliegender Erhebung nur in Ansätzen bei Umweltorganisationen beobachtet werden. Der Hauptgrund, warum NRO, insbesondere Welternährungs- und Gesundheitsorganisationen, die Problematik des hohen Konsums tierischer Produkte nicht oder nur in geringem Umfang aufnehmen, liegt in der o. g. Abhängigkeit der NRO von öffentlichen Geldgeber*innen, wie auch von privaten Spender*innen und Mitgliedern ('Einstellung relevanter Interessensgruppen'). Weitere Faktoren umfassen bspw. die Arbeitsteilung wie auch den Wettbewerb zwischen NRO, insofern dass auf andere NRO verwiesen wird und Nischen für eigene Themen gesucht werden. Neben den Gründen für den Umfang der Thematisierung des hohen Konsums tierischer Lebensmittel wurden auch Strategien erfragt, die die NRO anwenden um denselben zu senken. Hierbei wurde insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen Ausrichtungen genannt und als sehr wirksam eingeschätzt. Vor allem emotional ausgerichtete, positiv formulierte, zielgruppenspezifische und anschaulich dargestellte Kampagnen können als effektiv eingeschätzt werden. Auch politische oder juristische Maßnahmen, wie Lobbyismus oder Verbandsklagen werden von den NRO durchgeführt, wobei die befragten NRO auf der bundespolitischen Ebene derzeit kaum Potential sehen Änderungen herbeizuführen; auf Regionen- oder Länderebene jedoch realistischere Einflussmöglichkeiten sehen. Als nächste Schritte für NRO im Sinne einer (verstärkten) Thematisierung der Problematik tierischer Lebensmittel können folgende Maßnahmen geraten werden: • Eine Erhebung der Meinung von Mitgliedern und Spender*innen zu der o. g. Themenaufnahme in das Maßnahmenportfolio der jeweiligen NRO. Dies ist insbesondere bei NRO sinnvoll, die unsicher über die Reaktion ihrer Mitglieder und Spender*innen auf einen Einsatz für eine Reduktion des Konsums tierischer Produkte sind. • Eine Prüfung von alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, die eine Abhängigkeit von staatlichen Geldern verringern. Hierdurch würde der Bedeutung von NRO als Teil des Dritten Sektors neben Politik und Wirtschaft gerecht und die Einflussmöglichkeiten auf dieselben erhöht. • Eine vermehrte Kooperation zwischen NRO innerhalb einer Disziplin und zwischen Disziplinen, sodass bspw. im Rahmen eines Netzwerkes aufeinander verwiesen werden kann. Dies ermöglicht die Einhaltung der jeweiligen Organisationsphilosophien und Kernkompetenzen trotz Zusammenarbeit mit NRO, die andere Herangehensweisen an die Förderung einer pflanzenbetonten Ernährungsweise verfolgen. Zudem ermöglicht diese Netzwerkbildung eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit mit dem ökonomischen und politischen Sektor. • Die Anerkennung der Handlungsfähigkeit von NRO als Pionierinnen des Wandels. Als Dritter Sektor neben der Politik und Wirtschaft kommt NRO eine große Bedeutung in der Beeinflussung gesellschaftlicher Prozesse, insbesondere auf zwischenstaatlicher Ebene zu. Auch komplexe Themen und, angesichts der Überschreitung der planetaren Grenzen, dringliche weltumfassende Themen können von kleinen, regionalen NRO aufgegriffen werden. • Die Fortführung von bewährten Maßnahmen zur Reduktion des Konsums tierischer Produkte, wie verschiedene Formen der Öffentlichkeitsarbeit, kann als sinnvoll erachtet werden. Hinzu können neue Inhalte genommen werden, wie bspw. die Förderung eines achtsamen Konsumstils durch naturnahe Lernorte. Für eine Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Verhaltensänderungen hinsichtlich nachhaltiger Konsumstile ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen sinnvoll. Diese Erkenntnisse hinsichtlich der Gründe für eine Thematisierung der Problematik tierischer Produkte durch NRO lassen sich evtl. auch auf andere Themen übertragen, die von NRO aufgegriffen werden können, wie bspw. die Kritik an Flugreisen. Zudem ist es denkbar, dass die auf Deutschland beschränkte Analyse auch auf weitere, insbesondere westlich geprägte Länder übertragen werden kann. ; Sustainable development facilitates a permanently pursuable development which is within the ecological earth system. Through the worldwide population growth, the increasing wealth and unsustainable lifestyles the ecological limits are about to be or are already exceeded, so that future generations as well as parallel living generations haven't got the same possibilities to meet their needs as those living in current developed nations. Agricultural production contributes a high share to this threat to and exceedance of planetary boundaries, as in particular the high and further increasing consumption of animal source products has numerous ecological but also social and health consequences. One of the basic problematic aspects of animal source products is the high energy loss during the processing from plant animal feed to meat and dairy products. As a result large intensively used agricultural areas are necessary to feed animals leading to biodiversity loss, greenhouse gas emissions, land grabbing and health problems due to pesticide usage. Furthermore, high water usage, competition between food and fodder, as well as inhumane treatment of animals, and threats to human health by e.g. coronary heart diseases and antibiotic resistance are consequences of a meat-rich diet. Reasons for this high and increasing animal product consumption include personal, social, economic and political as well as structural factors, whereby in the thesis at hand the focus lies on people which are shaped by a Western European culture. Personal and social barriers to a reduced consumption of animal source food mainly include a lack of knowledge, the psychological phenomenon of cognitive dissonance, a lack of consciousness as well as the pressure of social norms. Political and economic barriers comprise the growth-oriented economy, a lack of price incentives for a sustainable consumption as well as an infrastructure which facilitates the consumption of animal source products. Non-governmental organizations (NGOs) as part of the so called Third Sector, besides politics and economy, and representatives of the society are a vital player in national and international governance. They are mostly supported by the society or at least by parts of it and can put pressure on political and economical protagonists through public relations activities and other means. Thus, NGOs as potential interface between society, politics and economy are one promising player for reducing animal product consumption. Due to the above named multidimensional consequences of a high consumption of animal source products especially NGOs targeting to protect the environment, improve the world nutrition situation, care for animal ethics and enhance the health status are potentially interested to reduce the consumption of meat, dairy and eggs. However, according to previous studies in Sweden, Canada and the U.S., there is a limited degree of engagement in encouraging reduced meat consumption of environmental NGOs in light of climate change. Due to the multidimensional consequences of animal source products in the thesis at hand the coverage of analysis is extended and includes the investigation of German environmental, food security, health and animal welfare organizations regarding their commitment to a reduced consumption of animal products. Research consists of a material analysis of 34 NGOs, 24 expert interviews with NGO staff and a focus group discussion testing the preliminary results of the interviews, whereby the central element is the expert interviews. Overall the research process complies with the Grounded Theory Methodology (GTM), which is an inductive procedure without fixed expectations regarding the results. In particular, the research questions include, besides the analysis of the current scope of the commitment to a plant-based nutrition, the influencing factors on this scope as well as the kind of strategies of action for a reduced consumption of animal source products. In accordance to the GTM a new model has been developed as final result of the research process which summarizes the findings in a compact core category. As central result of the research the 'model of the weighing of existence-securing' can be presented. In compliance with previous literature it indicates that NGOs as part of the society are dependent on their environment, i. e. on their members as well as public and private funders, but also on parallel existing NGOs, the media and societal developments. This can be summarized under the headline 'attitude of relevant stakeholders' to the theme of animal source products. On the other side, the 'attitude of the staff' of a NGO can be named as influencing factor, as the thematisation of the problematic of the high animal product consumption is also dependent on the importance which is awarded to this topic by the staff members and in how far they are ready to include the topic in their portfolio of action. In case of the support of the topic by both the stakeholders and the staff members of a NGO, a comprehensive thematisation of the problematic of animal source products can be expected from the respective NGO. In the investigation at hand, this is mainly true for animal welfare and environmental organisations. The contradictory case of no thematisation occurs if neither relevant stakeholders nor the staff members of a NGO support the urgency and thematisation of the reduced animal product consumption. This case can be observed mainly for food security and health organisations. If staff members of a NGO are in favour of the thematisation of the problematic of animal source products, but the stakeholders reject such measures, a restrained thematisation can be expected, which is limited to information texts e. g. on the website of the respective NGO. This is mainly for some environmental and food security organization observable. The fourth case, in which stakeholders are in favour of the thematisation, but staff members aren't, is merely true for some environmental organisation in the analysis at hand. The main reason for a restrained plaid for a reduced consumption of animal source products, mainly by food security and environmental organisations, can be detected in the dependence on financial means from the government, donors and members ('attitude of relevant stakeholders'). But there are also factors like the division of responsibility and the competition between NGOs which impede an engagement in reducing animal product consumption, as NGOs refer to other NGOs or are search for own thematic niches. Besides the reasons for the scope of animal product thematisation by NGOs, strategies of the NGOs advocating a reduced animal product consumption has been analysed. These strategies include mainly public relations work in different variants, which is estimated by the NGOs to be highly effective. In particular emotionally created, positively formulated, target group specific and vividly presented campaigns can be rated as effective. In addition political and legal measures like lobbying or representative actions are named by the interviewed NGOs, whereby they don't see any potential for change on the federal level but on regional or provincial level. As next steps for NGOs according to the reduction of the consumption of animal source products, the following measures can be advised: • A survey about the opinions of the members and donators about the inclusion of the above named topic into to portfolio of measures. Particularly this is relevant for NGOs which are not sure about the reaction of their members and donators to their commitment to a reduced consumption of animal product consumption. An analysis of alternative possibilities of the origin of financial means, which minimize the dependence on public funds. Through this change of the origin of financial means NGOs would satisfy their meaning as part of the Third Sector besides politics and the economy and would increase their possibilities of influencing them. • An increased cooperation between NGOs of the same discipline as well as between different disciplines, so that they can e.g. refer to each other within a network. This enables NGOs to follow their respective organisational philosophy and core competences while at the same time allows cooperating with NGOs following a different approach to foster a plant-based way of nutrition. In addition, this creation of networks facilitates an increased competitiveness with the economic and political sector. • The acknowledgement of NGOs possibilities for action as agents of change. As part of the Third Sector besides politics and the economy, NGOs have a high importance in the influencing of social developments, especially on the interstate level. Complex topics as well as – due to the exceedance of planetary boundaries – urgent global topics can be thematised both by small, regional and large, international NGOs. • The continuation of proven measures aiming to reduce the consumption of animal source products, like different kinds of public relations work, is reasonable. In addition, new contents can be included, like e. g. the fostering of a conscious style of consumption through learning facilities close to nature. For an implementation of scientific findings about behaviour change regarding sustainable styles of consumption an improved cooperation of NGOs and research institutions is recommendable. These findings regarding the reasons for the thematisation of the problematic of animal source products through NGOs might be able to be transferred to other topics, which are thematised by NGOs, like e. g. the criticism on air travels. Furthermore, it is conceivable to transfer the findings about German NGOs to other countries, especially Western characterised countries.
Inhaltsangabe: Einleitung: Anläufe zu einer Währungsunion (WU) auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaften (EG) sind nicht neu. Wiederholt wurden solche unternommen, konnten aber nie wie vorgesehen umgesetzt werden. Das weitreichendste Konzept zu einer Europäischen Währungsunion (EWU) stellt der Maastrichter Vertrag dar. Er ist das Ergebnis der einjährigen Regierungskonferenzen zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und zur Politischen Union (PU), die im Dezember 1991 in Maastricht ihren Abschluß fanden. Am 7. Februar 1992 wurde der Vertrag von Maastricht von den Mitgliedstaaten der EG unterzeichnet. Gegenstand der Untersuchung dieser Arbeit ist diese im Maastrichter Vertrag festgelegte EWU bzw. der dort festgelegte organisatorische und politische Rahmen der EWU. Die korrekte Bezeichnung des weithin als 'Maastrichter Vertrag' bekannten Vertragswerkes ist 'Vertrag über die Europäische Union' (EUV). Der EUV vom 7. Februar 1992 stellt die bisher umfassendste Änderung und Ergänzung der Römischen Verträge dar. Wie bereits die Einheitliche Europäische Akte (EEA) von 1986 ist der EUV als Mantelvertrag angelegt, der die einzelnen Elemente zusammenführt und sie auf eine neue Phase des Integrationsprozesses, die Europäische Union (EU), ausrichtet. In diesem Mantelvertrag sind die einzelnen Bestimmungen zur Änderung und Ergänzung der drei Gründungsverträge der EG, des EWG-Vertrages, des EGKS-Vertrages und des EAG-Vertrages, einschließlich der institutionellen Änderungen enthalten. Der geänderte EWG-Vertrag wird künftig EG-Vertrag (EGV) genannt. Strukturell stellt der EUV die EG auf drei Säulen. Neben dem EGV, der die 'Vergemeinschaftung' der Geld- und Währungspolitik vorsieht und zudem um einige weitere Materien erweitert wurde, sind dies die beiden auf intergouvernementaler Zusammenarbeit basierenden Säulen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie der Bereiche Justiz und Inneres. Formal ist die Bezeichnung 'EU' nur dann korrekt, wenn auf die drei genannten Säulen insgesamt Bezug genommen wird. Grundlage und unvermindert der mit Abstand wichtigste Teil der EU, die ihrerseits über keine Rechtspersönlichkeit verfügt, ist hingegen nach wie vor die EG. In Orientierung an dieser formalen Bezeichnung ist der Begriff der 'EU' entsprechend nur in den seltensten Fällen zutreffend. So wird auch in dieser Arbeit in erster Linie von der 'EG' die Rede sein. Um jedoch der 'politischen Vision', die sich aus den wirtschaftspolitischen sowie souveränitäts- und demokratietheoretischen Implikationen der EWU ergibt, gerecht zu werden, wird die formal korrekte Bezeichnung aufgegeben und der Begriff der 'EU' anstelle des Begriffes der 'EG' an den Stellen verwandt, an denen es sich um zukünftige, auf eine PU verweisende Entwicklungen bzw. Entwürfe handelt. Gemäß Art. N EUV soll 1996 eine Revisionskonferenz beginnen, bei der die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten diejenigen Vertragsbestimmungen prüfen werden, für die explizit eine Revision vorgesehen ist. Laut Vertrag gehören die Bestimmungen zur WWU nicht zu diesem Bereich. Allerdings ist davon auszugehen, daß es über die für eine Revision vorgesehenen Vertragsbestimmungen hinaus, gerade auch, was die WWU betrifft, zu Änderungen kommen kann. Wie erwähnt, legt der Vertrag das Ziel fest, den Prozeß der europäischen Integration auf eine neue Stufe zu heben und die EG zu einer 'immer engeren Union der Völker Europas' weiterzuentwickeln. Damit ist zwar eine politische Finalität formuliert, diese wird aber nicht näher definiert. Der Vertrag beschränkt sich vielmehr darauf, Ziele dieser Union aufzulisten, ohne eine konkrete Form des Integrationsprozesses festzulegen. Es bleibt offen, ob der Endzustand dieses Integrationsprozesses ein europäischer föderaler Bundesstaat, ein europäischer Zentralstaat, ein europäischer Staatenbund oder eine Form außerhalb dieser Kategorien sein soll. Insgesamt stellt der Vertrag integrationspolitisch keinen qualitativen Sprung dar, sondern beschränkt sich vielmehr auf die Weiterentwicklung bzw. Ergänzung bereits bestehender Grundstrukturen. 'Die Kompetenzen der Gemeinschaft bleiben - jedenfalls im Grundsatz - funktionsgerichtet und funktionsbegrenzt, d.h. bezogen auf Errichtung und Funktionieren des Binnenmarktes und der Europäischen Union.' Die derzeitige Form der Union, wie sie sich im Maastrichter Vertrag darstellt, ist gekennzeichnet durch eine gemischt institutionelle Struktur. Bereiche einheitlicher supranationaler, d.h. gemeinschaftlicher, Politik, wie sie die Agrar- und die Handelspolitik darstellen bzw. für den Geld- und Währungsbereich für die Zukunft vorgesehen sind, stehen neben intergouvernemental beschlossenen Maßnahmen. In anderen Bereichen wiederum gibt es lediglich einen gemeinsamen Rahmen für den Informationsaustausch. Den Kompetenzzuweisungen, die im Rahmen der Regierungskonferenz zur PU zustande gekommen sind, 'liegt erkennbar keine der Kompetenzübertragung eigene Konzeption zugrunde.' Grundsätzlich sind in diesen, die PU berührenden Politikfeldern, die Mitgliedstaaten weiterhin Träger der Zuständigkeit und Verantwortung; auf Gemeinschaftsebene soll lediglich eine gewisse Koordinierung stattfinden. Der Grad der Kompetenzzuweisung in den einzelnen Gebieten ist sehr unterschiedlich. Durch seine Vergemeinschaftung erfährt das Währungswesen eine Sonderbehandlung. Hierdurch hebt es sich von den anderen Bereichen des Vertrages ab, erhält aber keine Einbindung in einen übergeordneten Rahmen. Die Inkonsistenz des Vertrages basiert auf dieser Konstruktion. JOCHIMSEN ist der Ansicht, daß die durch die Trennung in zwei Regierungskonferenzen verursachte Zweigleisigkeit von WWU und PU unglücklich und wenig förderlich für die Realisierung des Projektes der PU war. Die Zuständigkeiten für die WU lagen während der Regierungskonferenz auf deutscher Seite beim Wirtschafts- und Finanzministerium, die Zuständigkeiten für die PU beim Außenministerium. 'Das formale gemeinsame Dach der Initiatoren, nämlich der Staats- und Regierungschefs (...), hat nicht vermocht, die wechselseitige Bedingtheit des Vorhabens zur notwendigen Einheitlichkeit zusammenzufügen. Diese methodisch-institutionelle Weichenstellung hatte allerdings die weitreichendsten Konsequenzen für die Schaffung der erforderlichen politischen Voraussetzungen einer effektiven Stabilitätsausrichtung der EWWU: Der Parallelzug bewirkte, daß einerseits Notenbankfragen materiell und technisch im Brennpunkt standen sowie die Wirtschaftsunion eher negativ denn positiv definiert wurde, wobei die Strukturen der politischen Union außer Blick gerieten, und andererseits die Außen- und Sicherheitspolitik dominierte.' Und ARNOLD urteilt sehr kritisch: 'Der Vertrag von Maastricht ist unter dem Kriterium des Ziels der westeuropäischen Integration hinsichtlich der EG unzureichend, politisch ein Fragment und militärisch ein Nullum. Er hat den Beweis für die Unmöglichkeit geliefert, die 'Finalität' westeuropäischer Integrationspolitik, als einen gemeinsamen Bundesstaat, zu erreichen. Der Grund dafür ist einfach: Es fehlt der gemeinsame politische Wille.' Die dargestellte Grundstruktur der EU nach Maastricht, die durch das Fehlen einer PU in Ergänzung zu der geplanten WU gekennzeichnet ist, bildet den Ausgangspunkt der Untersuchung. Die fehlende Einbindung der WU über eine PU hat insbesondere von deutscher Seite zu erheblicher Kritik geführt. So verwiesen anläßlich der Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages in Bonn am 18. September 1991 diverse Stimmen auf die politische Dimension der EWU und forderten die Parallelität des Zusammenwachsens der EG zu einer WWU und der institutionellen Weiterentwicklung der EG zur PU. Nach Ansicht des BDI gehört, um den Erfolg einer WU zu sichern, zu den unabdingbaren Kriterien für den Übergang in die dritte Stufe der WU neben einer weitgehenden Konvergenz in der Wirtschafts- und insbesondere in der Finanzpolitik auch eine erhebliche Annäherung an das Endziel der PU. Er befürchtet, daß ohne eine Festigung und föderative Weiterentwicklung der politischen Strukturen das Projekt 'WWU' auf halbem Wege steckenbleibe. Auch die Deutsche Bundesbank kritisiert die fehlende Einigung über die künftige PU. Diese sei im Zusammenhang mit der Entwicklung einer 'Kultur der Stabilität', wie sie in der Bundesrepublik vorhanden sei, von zentraler Bedeutung. Der dauerhafte Erfolg der WU hänge von der Existenz eben dieser Kultur ab. Bundesbankpräsident TIETMEYER sieht die Notwendigkeit, 1996 im Rahmen der Revisionskonferenz des Maastrichter Vertrages die Parallelität von WU und PU noch herzustellen. Nur dann habe die WU Aussicht auf Erfolg. Hinsichtlich der Zusammengehörigkeit von WU und PU äußert sich JOCHIMSEN, Landeszentralbankpräsident in Nordrhein-Westfalen, folgendermaßen: 'Die Maastrichter Regelungen zur Währungsunion (schaffen) für sich genommen keineswegs eine funktionsfähige monetäre Ordnung (...), die (...) ohne den Kontext der politischen Integration Europas auskommen könnte. Es erscheint im Gegenteil verhängnisvoll anzunehmen, das europäische Notenbanksystem funktioniere womöglich um so besser, je weniger auf dem Felde der Wirtschafts- und Finanzunion sowie der Politischen Union geregelt werde, solange nur die Unabhängigkeit des ESZB (Europäischen Systems der Zentralbanken, Anm. d. Verf.) gewahrt sei. In Wirklichkeit handelt es sich hier um komplementäre Politikbereiche.' OHR vertritt die Ansicht, daß der mit einer WU verbundene Wegfall der Flexibilität der Währungsbeziehungen zwischen den Partnerländern ohne die konstitutionellen Bedingungen der PU u.U. desintegrierende Effekte haben könnte, so daß der Bestand einer WU ohne eine PU gefährdet wäre. Nur bei einem Höchstmaß an wirtschaftspolitischer Konvergenz, das auch gemeinschaftliches Handeln in den Bereichen Fiskalpolitik, Sozialpolitik und Lohnpolitik sowie anhaltend gleiche wirtschaftspolitische Zielsetzungen einschließe, sei eine Einheitswährung für die Integration förderlich. 'Dies kann letztlich nur eine politische Union garantieren. Solange es aber noch keine politische Union gibt, birgt die Währungsunion eine Vielzahl ökonomischer Risiken, die auch die schon bestehende Integration wieder beeinträchtigen können. (...) Solange die Bereitschaft zu einer politischen Union noch fehlt, sollten die Marktintegration über den Binnenmarkt und die monetäre Integration über eine Währungsunion nicht miteinander vermischt werden'.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: Abkürzungsverzeichnis Teil A:Einleitung1 I.Zielsetzung der Dissertation1 1.Gegenstand der Untersuchung1 2.Fragestellung und Erkenntnisinteresse6 3.Aufbau und Methodik der Arbeit8 4.Stand der Forschung11 II.Die Konstruktion der EWU im Maastrichter Vertrag16 1.Die Hauptergebnisse des Maastrichter Vertrages hinsichtlich der EWU16 2.Kritische Beurteilung der die EWU betreffenden Regelungen25 2.1Die Konstruktion des ESZB25 2.2Der Übergang in die 3. Stufe27 2.3Die Konvergenzkriterien im einzelnen29 Teil B: Die Interdependenz von EWU und PU36 Kapitel I: Souveränitäts- und demokratietheoretische Aspekte der EWU36 I.Das Souveränitätskonzept37 1.Theoretische Grundlagen und begriffliche Klärung38 1.1Die Entstehung des Begriffes38 1.2Souveränität und Staatsbegriff41 1.3Innere und äußere Souveränität42 2.Auflösungserscheinungen der Souveränität im 20. Jahrhundert45 2.1Auswirkungen wachsender internationaler Verflechtung auf die Souveränität46 2.2Das Verhältnis der EG zur Souveränität der Mitgliedstaaten vor Maastricht52 3.Souveränität - Attribut des modernen Staates? - Versuch der Definition eines veränderten Souveränitätsbegriffes vor dem Hintergrund der europäischen Integration54 4.Exkurs: Souveränität der Mitgliedstaaten nach Maastricht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten62 4.1Das Souveränitätsverständnis einiger Mitgliedstaaten unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Situation in der Bundesrepublik Deutschland62 4.2Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes67 II.Souveränitäts- und demokratietheoretische Bewertung der geld- und währungspolitischen Regelungen im Maastrichter Vertrag: Das Verhältnis der EG zur Souveränität der Mitgliedstaaten nach Maastricht75 1.Staatlichkeit und Währung75 1.1Bedeutung und Rolle der Währung sowie der geld- und währungspolitischen Kompetenzen für einen Staat76 1.2Souveränitätstheoretische Bewertung der Vergemeinschaftung der Geld- und Währungspolitik im Maastrichter Vertrag81 2.Staatlichkeit und Notenbank84 2.1Die Stellung von Zentralbanken im Staat85 2.2Die Einbettung einer unabhängigen Zentralbank in den staatlichen Rahmen am Beispiel der Deutschen Bundesbank92 2.2.1Demokratische Legitimation der Deutschen Bundesbank als eigener geld- und währungspolitischer Instanz und sachliche Begründung ihrer Unabhängigkeit92 2.2.2Demokratietheoretische Rechtfertigung der Unabhängigkeit einer Zentralbank am Beispiel der Deutschen Bundesbank97 2.3Bedarf eine Europäische Zentralbank einer ihr übergeordneten 'staatsleitenden Kraft'?107 2.3.1Die Frage der demokratischen Rechtfertigung der EZB als unabhängiger Zentralbank108 2.3.2Das Problem der faktischen Realisierbarkeit der Unabhängigkeit der EZB112 2.3.3Die Interdependenz von EWU und PU über die EZB114 3.Zusammenfassung118 Kapitel II: Ökonomische Funktionsbedingungen der EWU121 I.Theoretische Grundlegung123 1.Chancen und Risiken einer WU123 2.Theorie optimaler Währungsräume126 2.1Darstellung der Theorie126 2.2Die EG als optimaler Währungsraum?133 2.3Wirtschaftspolitische Implikationen in einem nicht-optimalen Währungsraum138 2.4Die EG im Lichte der Theorie optimaler Währungsräume: Zusammenfassung und Bewertung141 3.Alternativer Ansatz zur Theorie optimaler Währungsräume: Konvergenz als zentrale Funktionsbedingung der EWU142 3.1Wirtschaftliche Konvergenz in ihren verschiedenen Ausprägungen: Nominale und reale Konvergenz143 3.2Reale und nominale Konvergenz als Funktionsbedingungen der EWU147 II.Analyse und Implikationen der Funktionsbedingungen der EWU154 1.Geldwertstabilität als Funktionsbedingung der EWU155 1.1Funktionale Zusammenhänge zwischen WU und Finanz- und Budgetpolitik155 1.2Verschiedene Varianten der Disziplinierung der Budgetpolitik unter Berücksichtigung der funktionalen Zusammenhänge162 1.2.1Marktmäßige Disziplinierung163 1.2.2Finanzpolitische Selbstbindung durch ein koordinierendes Regelsystem169 1.2.3'Vergemeinschaftung' finanzpolitischer Kompetenzen173 1.3Institutionalisierung eines budgetpolitischen Regelsystems176 1.4Zusammenfassung: Implikationen der Geldwertstabilität als Funktionsbedingung der EWU186 1.5Exkurs: Die wechselkurspolitische Kompetenz in der EWU188 2.Reale Konvergenz als Funktionsbedingung der EWU191 2.1Funktionale Zusammenhänge zwischen WU und Wirtschaftspolitik über die Funktionsbedingung realer Konvergenz192 2.2Konvergenz der Wirtschaftspolitik zur Verbesserung realer Konvergenz194 2.3Finanzausgleich200 2.3.1Strukturpolitisch motivierter Finanzausgleich mit dem Ziel der Verbesserung realer Konvergenz202 2.3.2Finanzausgleich zu Stabilisierungszwecken: Kompensierende Maßnahmen bei wirtschaftlichen Störungen210 2.3.2.1Diskretionäre gegenseitige Versicherung gegenüber länderspezifischen makroökonomischen Schocks211 2.3.2.2Interregionale Haushaltsströme mit automatischen Stabilisatoren213 2.3.3Auswirkungen eines Finanzausgleichs auf den Gemeinschaftshaushalt und die Einnahmenpolitik der Gemeinschaft216 2.4Zusammenfassung: Implikationen realer Konvergenz als Funktionsbedingung der EWU223 3.Exkurs: Geldwertstabilität und reale Konvergenz: Besondere Rolle der Lohnpolitik in der EWU225 3.1Funktionaler Zusammenhang zwischen WU und Lohnpolitik225 3.2'Gemeinsame' Lohnpolitik bei Lohndifferenzierung228 III.Folgen der Implikationen der ökonomischen Funktionsbedingungen der EWU230 1.Staatliche Strukturen zur Gewährleistung der ökonomischen Funktionsbedingungen der EWU?231 2.Souveränitätstheoretische Bewertung der ökonomischen Funktionsbedingungen der EWU234 Teil C: Implikationen der Interdependenz von EWU und PU im Hinblick auf die Gesamtstruktur der Gemeinschaft240 I.Die PU - funktionales System von Zuständigkeiten oder Staatsverband?240 1.Die PU als funktionales System von Zuständigkeiten?240 2.Umstrukturierung der EU in einen Staatsverband als Ausdruck ökonomischer, souveränitäts- und demokratietheoretischer Implikationen der EWU243 II.Strukturmodell eines Europäischen Bundesstaates245 1.Bestehende Verfassungsentwürfe245 1.1'Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union' des EP vom 14. Februar 1984246 1.2'Entwurf einer Verfassung der Europäischen Union' des EP vom Februar 1994251 1.3Reformprogramm für die EU der Europäischen Strukturkommission von 1994254 2.Institutionelle und konstitutionelle Strukturen eines Europäischen Bundesstaates256 2.1Institutionelle Anforderungen an einen Europäischen Bundesstaat257 2.1.1Das Europäische Parlament259 2.1.2Der Ministerrat als Staatenkammer262 2.1.3Weiterentwicklung der Kommission zur Europäischen Regierung265 2.2Die konstitutionelle Ebene eines Europäischen Bundesstaates265 2.2.1Grundstrukturen einer Europäischen Verfassung266 2.2.2Verfassungsmäßig zu verankernde staatliche Elemente268 2.2.3Kernkompetenzen eines Europäischen Bundesstaates271 3.Die Europäische Union: Staat, aber nicht Nation273 Teil D: Integrationstheoretische Voraussetzungen der Verwirklichung einer EPU277 I.Die Bedeutung von Integrationstheorien für den zu untersuchenden Zusammenhang277 II.Die relevanten Theorierichtungen in der Übersicht279 1.Funktionalismus280 1.1Funktionalismus im Sinne Mitranys280 1.2Neofunktionalismus281 1.3Rehabilitierung des Neofunktionalismus284 2.Theorie des Föderalismus289 3.Kommunikationstheorie290 4.Bewertung der Integrationstheorien292 III.Darstellung der Eckpunkte der Integrationspolitik unter Bezugnahme auf den integrationstheoretischen Hintergrund294 1.Die Entwicklung der europäischen Integration bis zur Gründung der EWG294 2.Stagnation und Wiederbelebung der europäischen Integration302 3.Zwischenbilanz310 IV.Analyse des funktionalen Ansatzes hinsichtlich seiner Eignung für eine umfassende politische Integration312 1.Integrationstheoretische Analyse des Integrationsschrittes zur EWU312 1.1Die dem Maastrichter Vertrag vorausgehenden Anläufe hin zu einer WU312 1.2Die der EWU zugrunde liegende politische Finalität314 2.Der Integrationsschritt zur PU: Rehabilitierung und Ergänzung der Theorie des Föderalismus319 2.1Die Theorie des Föderalismus als adäquate Integrationsstrategie für den Schritt zu einer PU319 2.2Handlungs- und interessentheoretische Voraussetzungen322 2.3Nationalstaatliche Interessen hinsichtlich einer PU324 3.Zusammenfassung und Bilanz331 Teil E: Abschließender Exkurs: Historische Währungsunionen des 19. Jahrhunderts im Überblick335 I.Zwei Typen von monetären Unionen im 19. Jahrhundert337 1.Monetäre Unionen zwischen souveränen Staaten338 2.Monetäre Unionen als Ergebnis politischer Integration342 II.Die politische, wirtschaftliche und monetäre Entwicklung in Deutschland im 19. Jahrhundert: Vom Zollverein zum Deutschen Reich und zur Reichsbank344 1.Die politische und wirtschaftliche Entwicklung345 2.Die monetäre Integration349 III.Währungsunionen im 19. Jahrhundert: Bilanz und Lehren352 1.Wirtschaftliche Konvergenz und Interdependenz zwischen WU und PU352 2.Determinanten politischer Integration im deutschen Einigungsprozeß im 19. Jahrhundert355 Teil F: Zusammenfassung und Ausblick: Die EWU als Langfristperspektive357 I.Zusammenfassung der Hauptergebnisse357 II.Die Realisierungschancen der Voraussetzungen der Funktions- und Bestandsfähigkeit der EWU362 III.Ausblick367 Bibliographie372 Anhang: Statistische Übersichten zur Konvergenz419 Tabelle 1: Nominale Konvergenzlage der Mitgliedstaaten der EG419 Tabellen 2-5: Die nominalen Konvergenzkriterien im einzelnen420 Tabellen 6a-10: Kriterien realer Konvergenz der Mitglied-staaten der EG424Textprobe:Textprobe: Kapitel 1.2.3, 'Vergemeinschaftung' finanzpolitischer Kompetenzen: Nach Meinung des Frankfurter Instituts für wirtschaftspolitische Forschung sind die Regelungen des Maastrichter Vertrages unter der Voraussetzung ihrer Einhaltung ausreichend: 'Eine weitergehende Bindung der Finanzpolitik ist nicht notwendig. Die Mitgliedsländer sollten autonom über die Höhe und Struktur der Ausgaben und über ihr Abgabensystem bestimmen. Eine gegenseitige Information über die geplanten Maßnahmen ist sicher nützlich, eine strikte Vormundschaft für die nationale Finanzpolitik hingegen nicht.' Grundsätzlich ist eine Gewährleistung der Disziplinierung der Finanzpolitik und die Schaffung von Konvergenz bzgl. der hier in Frage stehenden Größen als Voraussetzung einer funktionsfähigen WU auf der Grundlage eines strengen Regelsystems von Konvergenzkriterien, deren Einhaltung zwangsläufig zu einer stabilitätsorientierten und konvergenten Finanz- bzw. Budgetpolitik führen würde, denkbar. Wie hoch jedoch die Gefahr ist, daß solche Konvergenzkriterien nicht wörtlich eingehalten bzw. ihrer intendierten Wirkung nicht gerecht werden, ist in der kritischen Würdigung der Vereinbarungen des Maastrichter Vertrages in Teil A, insbesondere in der Beurteilung der für eine auf Dauer tragbare Finanzlage entscheidenen Kriterien der Defizitquote und der Schuldenquote gezeigt worden. Die Gefahr der Ausübung von Druck auf die EZB, ebenso wie gewisse, die Stabilität gefährdende externe Effekte, die als Argumente für ein Regelsystem angeführt wurden, sind auch im Rahmen eines Regelsystems nicht völlig auszuschließen. 'Sie (die Konvergenzkriterien, Anm. d. Verf.) können in der praktisch-politischen Umsetzung erheblich abgeschwächt werden und gegebenenfalls dazu beitragen, den fiskalpolitischen Stabilitätsstandard in der WWU zu verwässern.' Sofern die Einhaltung der Regeln in Frage gestellt werden muß, gewänne die Gefährdung der Geldwertstabilität durch Entwicklungen, auf die die EZB keinen Einfluß nehmen kann, bzw. durch eine direkte Gefährdung der Stabilitätspolitik der EZB durch Ausübung von Druck auf diese, an Relevanz. Im Extremfall wäre die Geldwertstabilität den gleichen Gefahren ausgesetzt, wie bei Nichtexistenz eines Regelsystems. Die dargestellten Aspekte sprechen im Hinblick auf die für den dauerhaften Bestand einer WU notwendige finanzpolitische Disziplinierung für eine gemeinschaftliche Finanzpolitik, die durch einen finanzpolitischen Akteur betrieben wird. Die Gegenkräfte gegen eine finanzpolitische Selbstbindung in Form eines Regelsystems sind nicht gering und werden sich bei Fortbestand nationalstaatlicher Souveränität in der Finanzpolitik und einer entsprechenden Zahl finanzpolitischer Akteure erheblich schwerer beherrschen lassen. Sie sprechen für eine einheitliche Akteursebene von Geld- und Finanzpolitik. Eine vollständig vergemeinschaftete Budgetpolitik würde einen gemeinsamen dominanten Haushalt der EG implizieren; die Zahl finanzpolitischer Akteure, die dem geldpolitischen Akteur in Gestalt der EZB gegenüberstünde, reduzierte sich deutlich. Dem aus Stabilitätsgründen zu präferierenden gleichen Zentralisierungsgrad der Geld- und Finanzpolitik würde durch einen dominanten EG-Haushalt Rechnung getragen, der die Voraussetzung dafür bildete, daß die Abstimmung beider Politikbereiche nicht erschwert und die Verantwortlichkeit des budgetären Bereiches nicht verdeckt wäre. Ein dominanter Haushalt der Gemeinschaft implizierte makroökonomisch wirksam werdende wirtschaftspolitische Maßnahmen der zentralen Gemeinschaftsebene implizieren, da die Finanzkraft für selbige von den Nationalstaaten auf diese überginge. Entscheidene Argumente, die ihren Ursprung im wesentlichen in der Tatsache der mangelnden Konvergenz in der EG haben, sprechen jedoch für die Notwendigkeit eines differenzierten Einsatzes makroökonomischer Politiken und damit gegen eine 'Vergemeinschaftung' der Budgetpolitik. Hierauf wird im einzelnen im Rahmen der Ausführungen zur realen Konvergenz als Funktionsbedingung der WU eingegangen. Solange die wirtschaftliche Konvergenz in der Gemeinschaft in dem Maße unzureichend ist, wie sie sich derzeit darstellt, wäre eine gemeinschaftsweite Budgetpolitik im Hinblick auf die Geldwertstabilität zwar förderlich, vorausgesetzt, ein zentraler finanzpolitischer Akteur würde der stabilitätspolitischen Verantwortung gerecht. Im Hinblick auf die Schaffung realer Konvergenz hingegen wäre sie eher kontraproduktiv. Denn solange die EG kein wirtschaftlich homogenes Gebiet darstellt, spielen asymmetrische Schocks eine nicht unerhebliche Rolle, auf die mit einem national bzw. regional differenzierten Einsatz der Wirtschaftspolitik zu reagieren ist. Letztlich ist der entscheidende Aspekt einer stabilitätsorientierten Budgetpolitik auch nicht die Ausübung auf zentraler Ebene, sondern die Schaffung der Voraussetzung dafür, daß weiterhin auf nationalstaatlicher Ebene verantwortete Budgetpolitiken auf ihre Stabilitätsorientierung hin verpflichtet werden. Darüberhinaus ist darauf hinzuweisen, daß große Unterschiede in den Finanzverfassungen der einzelnen EG-Mitgliedstaaten, vor allem historisch bedingte Unterschiede der politischen Entscheidungsprozesse und -ebenen existieren, die die 'Vergemeinschaftung' der nationalen Budgets erheblich erschwerten. Während in Frankreich und Großbritannien die Verantwortung relativ zentralistisch ist, existiert in der Bundesrepublik eine föderative Regelung. Der Großteil der staatlichen Investitionsentscheidungen wird vergleichsweise autonom auf der Ebene vor allem der Länder, aber auch der Städte und Gemeinden getroffen. Regionale Wirtschaftspolitik hat eine nicht unerhebliche Bedeutung. Schließlich existiert in der Bundesrepublik ein beträchtlicher horizontaler und vertikaler Finanzausgleich.
Das Weiterbildungsverhalten der erwachsenen Bevölkerung ist ein Thema, das im Rahmen bildungspolitischer Zielvorstellungen einen hohen Stellenwert erlangt hat. Es besteht Einvernehmen darüber, dass diese Diskussion eine fundierte empirische Datenbasis benötigt, um die vielfältigen Formen des Lernens im Erwachsenenalter (adult learning) sichtbar zu machen und die Entwicklung der Weiterbildungsbeteiligung beobachten zu können. Die europäische Rahmenverordnung über statistische Erhebungen im Bildungsbereich verpflichtet alle europäischen Länder zur Durchführung eines Adult Education Surveys im Abstand von jeweils fünf Jahren. Vor diesem Hintergrund beauftragte das BMBF bisher zwischen den europäischen AES-Erhebungen zusätzlich rein nationale AES-Erhebungen. Zielgruppe des deutschen AES 2018 ist die deutschsprachige Wohnbevölkerung in Deutschland von 18 bis 69 Jahren. Die Zielpersonengruppe der rein nationalen AES-Erhebung 2018 ist somit analog angelegt zur letzten deutschen AES-Erhebung 2016. Computergestützt wurden insgesamt 5.836 Personen mündlich-persönlich befragt (CAPI: Computer Assisted Personal Interviews). Die Auswahl der Befragungspersonen erfolgte mit Hilfe einer mehrfach geschichteten, Zufallsstichprobe mit drei Auswahlstufen nach ADM-Standard.
Ausgehend von der ´Classification of Learning Activities´ (CLA)6 werden im AES folgende Bildungs- und Lernaktivitäten unterschieden: (a) formal education: formale/reguläre Bildung, (b) non-formal education: non-formale Weiterbildung, (c) informal learning: informelles Lernen. Die Aktivitäten werden einzeln erfasst und durch Nachfrageblöcke näher beschrieben. Im AES kann die Analyse daher von einer personenbezogenen Perspektive (Weiterbildungsbeteiligung) zu einer systembezogenen Perspektive (Strukturen der Gesamtheit von Weiterbildungsaktivitäten) wechseln. Insofern liegen drei Datensätze für den AES 2018 vor: (1) Datensatz auf Basis der Befragungspersonen von 18 bis 69 Jahren (AES-Personendatensatz), (2) Datensatz auf Basis der von den Befragungspersonen genannten Weiterbildungsveranstaltungen (NFE-Datensatz) und (3) Datensatz auf Basis der von den Befragungspersonen genannten informellen Lernaktivitäten (INF-Datensatz).
Im Rahmen der AES-Erhebung 2018 wurde auch die Zusatzstudie Digitalisierung in der Weiterbildung (AES-Digi) umgesetzt, bei der es um den Einsatz und die Nutzung von Digitalisierung im Zusammenhang des Bildungsverhaltens Erwachsener ging.
Themen: 1. Berufsbezogene Informationen: Erwerbsstatus; berufliche Situation; Bezug von Arbeitslosengeld; Art des Arbeitslosengeldes; Praktikum; Dauer des aktuellen Erwerbsstatus (Monat, Jahr); berufliche Situation im Befragungsmonat; berufliche Situation im Befragungsmonat minus 1 Monat bis minus 12 Monate; Ausüben einer bezahlten Tätigkeit; frühere und derzeitige Erwerbstätigkeit; Jahr und Monat der letzten Erwerbstätigkeit; frühere Erwerbstätigkeit endete im Referenzzeitraum (z.B. im Befragungsmonat); betriebliche Ausbildung oder bezahltes Praktikum in den letzten 12 Monaten; Grund für das Praktikum (im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung, im Rahmen eines Studiums, im Rahmen einer anderen schulischen oder beruflichen Bildung oder aus einem anderen Grund).
2. Charakteristika der beruflichen Haupttätigkeit: Erwerbstätigkeit in den letzten 12 Monaten; Wochenarbeitszeit; Vollzeit/Teilzeit; Beruf; abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich; Tätigkeit entspricht dem erlernten Beruf; berufliche Stellung (gruppiert); sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bzw. abhängig Beschäftigte; differenzierte berufliche Stellung; Laufbahngruppe; Gruppe der Selbständigen; Beschäftigung festangestellter Mitarbeiter; Anzahl der Mitarbeiter im Betrieb; weniger als 10 oder mehr als 10 Personen im Betrieb tätig (Betriebsgröße, gruppiert); Wirtschaftsbereich (NACE-Code); Art des Betriebes; Öffentlicher Dienst; Branche; Betrieb ist Teil eines größeren Unternehmens; Anzahl Beschäftigte im Gesamtunternehmen; Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns beim aktuellen bzw. beim letzten Arbeitgeber; früherer Erwerbstätigkeit endete im Referenzzeitraum; befristeter oder unbefristeter Arbeitsvertrag; Erfordernisse der beruflichen Tätigkeit; Arbeitslosigkeit im letzten Jahr; Dauer der Arbeitslosigkeit in Monaten; Einstellung zur eigenen Schulzeit (Spaß am Schulunterricht, schlecht gefühlt, gerne länger zur Schule gegangen, Lernen fiel schwer, angestrebten Schulabschluss erreicht, Angst vor Lehrern, viel Interessantes gelernt); Schulschwänzen; Klasse wiederholt).
a) Schulbildung: besuchte Schulform; keine Schule besucht; besuchte Klassenstufe derzeit bzw. bei Verlassen der Schule; angestrebter Schulabschluss; Schule mit Abschluss beendet oder ohne Abschluss verlassen; Art des Schulabschlusses; Schulbesuch im Ausland: Klassenstufe bei Verlassen der Schule; ausländische Schule mit Abschluss beendet oder ohne Abschluss verlassen; Art des Schulabschlusses; angestrebter Schulabschluss bei Schulabbruch im Ausland; erfolgreiche Anerkennung des ausländischen Schulabschlusses in Deutschland; wichtigster Grund für den Schulabbruch ohne Abschluss; Zeitpunkt (Jahr und Monat) des Verlassens der Schule; Schule innerhalb der letzten 12 Monate mit oder ohne Abschluss beendet.
b) Ausbildung: Art der beruflichen Ausbildung (berufsvorbereitende Maßnahme, Anlernausbildung oder berufliches Praktikum, Berufsgrundbildungsjahr (BGJ), Berufsfachschule, betriebliche Lehre, Vorbereitungsdienst für Beamte des mittleren Dienstes, Berufsfachschule, die einen Berufsabschluss vermittelt, Schule des Gesundheitswesens, Ausbildungsstätte bzw. Schule für Erzieher/-innen, Fachschule der DDR, Fachakademie (Bayern), Fortbildung zum Meister oder Techniker, Fachwirt/Fachkaufleute; Fachschule oder Fachakademie, Studium an einer Berufsakademie, Studium an einer Verwaltungsfachhochschule, Studium an der Fachhochschule oder Universität, Promotionsstudium, anderer Bildungsgang (offen), keine berufliche Bildung bzw. Hochschulbildung); derzeit in einer Ausbildung; Ausbildung mit Abschluss oder ohne Abschluss beendet; letzte abgebrochene Ausbildung; Jahr der Beendigung der beruflichen Ausbildung ohne Abschluss; mehr als eine Ausbildung begonnen; andere berufliche Ausbildung vor der derzeitigen; Abschluss der vorangegangenen Ausbildung bzw. des Studiums; Art des Hochschulabschlusses; Beruf oder Fachgebiet der derzeitigen Ausbildung; Zeitpunkt (Monat und Jahr) des Ausbildungsabschlusses; Erwerb des Abschlusses in Deutschland oder im Ausland; erfolgreiche Anerkennung dieses im Ausland erworbenen Abschlusses in Deutschland; Qualifikationsniveau; höchster beruflicher Abschluss
4. Beteiligung an verschiedenen Lernformen in den letzten 12 Monaten: Formal Education (FED) - Reguläre Bildungsgänge: Gesamtzahl der in den letzten 12 Monaten besuchten regulären Bildungsgänge; Besuch regulärer Bildungsgänge in den letzten 12 Monaten; Beteiligung an formalen Bildungsgängen (FED); durchgängig in schulischer oder beruflicher Ausbildung in den letzten 12 Monaten und Zeitumfang der Ausbildung; ausgewählter Bildungsgang für FED-Fragen; bezogen auf die derzeitige bzw. zuletzt beendete Ausbildungsmaßnahme wurde gefragt: Jahr und Monat, in dem FED beendet wurde; derzeitiger Besuch des Bildungsgangs; Monat und Startjahr des Bildungsgangs; Erwerbsstatus vor Beginn des Bildungsgangs; Erstausbildung oder Teil einer weiterführenden Bildungsphase; Voraussetzungen für den Bildungsgang; Art des Bildungsgangs; Gründe für die Teilnahme; Zufriedenheit mit dem Bildungsgang; FED Digitalisierung: Häufigkeit der Bereitstellung von Lernmaterialien oder Dokumenten im Internet; die im Internet bereitgestellten Materialien beinhalten in erster Linie Textdokumente; der Kurs umfasste (auch) Ton- oder Videodokumente; die im Internet bereitgestellten Materialen werden in bestimmen zeitlichen Abständen freigeschaltet; bei Nutzung des bereitgestellten Internetangebots Rückmeldung vom Computer erhalten; Häufigkeit der Internetnutzung für den Austausch mit Lehrenden oder anderen Teilnehmern; Art des Austausches per Internet: Häufigkeit virtueller Treffen zu festgelegten Zeiten, Hinterlassen von Anmerkungen oder Kommentaren, Austausch mit anderen Teilnehmenden, die Teilnehmenden wenden sich bei Fragen online an Lehrende oder andere; Bildungsaktivität findet rein online/ überwiegend online im Internet statt vs. überwiegend/ vollständig in einer Veranstaltung vor Ort; Bereiche der Computer- bzw. Internetnutzung bei den Bildungsanbietern (z.B. im Vorfeld Informationen über das Bildungsangebot im Internet gelesen, Online-Test durchgearbeitet, etc.).
5. Non-formal Education(NFE) - non-formale (Weiter-)Bildungsaktivitäten): NFE-Teilnahme im letzten Jahr; Anzahl der NFE-Aktivitäten; in den letzten 12 Monaten Teilnahme an Kursen, Lehrgängen, Seminaren oder Schulungen, kurzzeitigen Bildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen, Schulungen am Arbeitsplatz, Privatunterricht in der Freizeit; Anzahl und Inhalt (Thematik) dieser Kurse.
6. Angaben zu ausgewählten Weiterbildungsaktivitäten: Veranstaltungsart; Form der Weiterbildungsaktivität; Anzahl der Unterrichtsstunden (Kursvolumen) in den letzten 12 Monaten; Bezeichnung der Weiterbildungsaktivität; Andauern der Aktivität; Dauer der Aktivität; Anzahl Tage, Wochen, Monate der Weiterbildungsaktivität; Umfang der Weiterbildung in Stunden, Erwerbsstatus bei Beginn der Aktivität und bei Stattfinden der Aktivität; Voraussetzungen für die Teilnahme (z.B. bestimmter Bildungsnachweis, Berufserfahrung, etc.); Art des verlangten Bildungsnachweises (Nachweis über einen akademischen Abschluss/ einen Studienabschluss oder einen anderen Nachweis); Kriterien bei der Wahl des Angebotes; Durchführung der Weiterbildungsaktivität während bezahlter Arbeitszeit oder Freistellung für Bildungszwecke; Anteil der Weiterbildung während der Arbeitszeit; Grund für Freistellung für Bildungszwecke; Grund für Teilnahme an der Weiterbildung: betriebliche Anordnung, Vorschlag von Vorgesetzten oder aus eigenem Antrieb; Teilnahme aus beruflichen oder privaten Gründen; Digitalisierung (NFE-Teilnehmer): Weiterbildungsaktivität hat den Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand, die aufgrund der zunehmenden Digitalisierung im Rahmen der Arbeit benötigt werden, wollte lernen, wie ich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzten kann, wollte den Umgang mit bestimmten digitalen Technologien erlernen (z.B. einer Software), wollte mehr über soziale, ethische oder rechtliche Aspekte der Digitalisierung (z.B. Datenschutz) lernen; Organisator oder Auftraggeber der Aktivität (z.B. Arbeitgeber, andere Firma, Arbeitsagentur, etc.); Aktivität selbst organisiert oder beauftragt; Einrichtung oder Person, die die Aktivität angeboten und durchgeführt hat; im Rahmen der Aktivität Prüfung abgelegt; Erhalt eines Zeugnisses oder einer Bescheinigung und Art dieses Zeugnisses; Leistungspunkte bzw. ECTS auf dem Zeugnis, dem Zertifikat oder dem sonstigen Leistungsnachweis und Anzahl der Leistungspunkte; Zeugnis oder Bescheinigung gesetzlich vom Arbeitgeber verlangt für bestimmte Tätigkeiten; Aktivität war ein anrechenbarer Bestandteil eines modular gegliederten Bildungsgangs; Abschluss der Aktivität; bereits andere Teile dieses Bildungsgangs besucht oder Besuch weiterer Teile geplant; angefallene Kosten für Weiterbildung; volle oder teilweise Kostenübernahme der Teilnahme- und Prüfungsgebühren bzw. von Lernmaterialien durch den Befragten; Kostenübernahme der Weiterbildung erfolgte durch den Arbeitgeber, das Arbeitsamt, eine andere öffentliche Einrichtung, Nutzung der Bildungsprämie, Nutzung regionaler Bildungsgutscheine, Eltern, Partner oder Familie, Finanzamt, sonstige, keine davon, es fielen keine Kosten an; Kostenübernahme der Weiterbildung durch die eigene Firma bei Selbstständigen; Weiterbildungsart: Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung, an individueller berufsbezogener Weiterbildung oder an nicht berufsbezogener Weiterbildung; Zufriedenheit mit der Weiterbildung insgesamt; Bewertung des Nutzens der Kenntnisse der Weiterbildung insgesamt; erwarteter zukünftiger Nutzen der erworbenen Kenntnisse der Weiterbildung; Häufigkeit der Internetnutzung für Materialien oder Dokumente für die Weiterbildungsaktivität; die im Internet bereitgestellten Materialien beinhalten in erster Linie Textdokumente; der Kurs umfasste (auch) Ton- oder Videodokumente; die im Internet bereitgestellten Materialen werden in bestimmen zeitlichen Abständen freigeschaltet; bei Nutzung des bereitgestellten Internetangebots Rückmeldung vom Computer erhalten; Häufigkeit der Internetnutzung für den Austausch mit Lehrenden oder anderen Teilnehmern; Art des Austausches per Internet: Häufigkeit virtueller Treffen zu festgelegten Zeiten, Hinterlassen von Anmerkungen oder Kommentaren, Austausch mit anderen Teilnehmenden, die Teilnehmenden wenden sich bei Fragen online an Lehrende oder andere; Bildungsaktivität findet rein online/ überwiegend online im Internet statt vs. überwiegend/ vollständig in einer Veranstaltung vor Ort; Non-formale Weiterbildungsaktivität mit digitalen Medien; Teilnehmer an Bildungsaktivität mit digitalen Medien (FED/NFE); Art der Nutzung digitaler Geräte für die Weiterbildungsaktivitäten (computergestützte Vorträge, eigene Internetrecherche, Software oder App vorgestellt, wird selbst Software entwickelt, arbeite alleine oder mit anderen mit einer Software, kommen computergestützte Programme oder Lern-Apps zum Üben zum Einsatz, wird mit Computersimulationen, - spielen oder spielerischen Ansätzen gearbeitet, nichts davon); Grund für die Nutzung digitaler Geräte für die Aktivität (im Vorfeld Informationen über das Bildungsangebot im Internet gelesen, Online-Test über eigene Stärken und Schwächen durchgearbeitet, im Vorfeld über das Internet über das Bildungsangebot beraten lassen, Bildungsangebot über das Internet gebucht, Bildungsangebot über das Internet bezahlt (z.B. per Online-Banking), im Vorfeld Materialien und Dokumente zum Kurs aus dem Internet abgerufen, Teilnahme an einer Prüfung am Computer, nichts davon).
7. Transparenz und Beratung: Zugang zur (Weiter-)Bildung: Überblick über Weiterbildungsmöglichkeiten; Suche nach Informationen über Weiterbildung in den letzten 12 Monaten; erfolgreiche Informationsbeschaffung; Wunsch nach mehr Informationen und Beratung über Weiterbildungsmöglichkeiten; Art der Information und Beratung über Bildungs-und Weiterbildungsmöglichkeiten (kostenlose Informationen von einer Einrichtung oder Organisation bzw. Informationen gegen Bezahlung, kostenlose Beratung von einer Einrichtung oder Organisation bzw. Beratung gegen Bezahlung, nichts davon); Einrichtung bzw. Informationsquelle für das kostenlose Informations- oder Beratungsangebot (z.B. Bildungseinrichtung, Weiterbildungseinrichtung, Arbeitsagentur, Arbeitgeber, Arbeitnehmervertretung, Kammer bzw. Berufsverband, spezielle, unabhängige Beratungseinrichtung, Infotelefon Weiterbildungsberatung); Zweck des kostenlosen Informations- oder Beratungsangebots (bessere Kenntnis der Weiterbildungsmöglichkeiten, Einstufung der Kompetenzen und Fähigkeiten durch z.B. einen Test, Möglichkeiten einer Anerkennung eigener Kompetenzen oder früherer Lernleistungen kennenlernen, anderer Zweck); Art der kostenlosen Beratung (persönliches Gespräch, Telefonat, Austausch mit anderen Personen im Internet oder per E-Mail, Nutzung einer interaktiven IT-Anwendung über das Internet oder Apps auf dem Smartphone, Bücher, Zeitschriften, Broschüren, Flyer, Programme von Weiterbildungsanbietern, Websites, TV-Sendungen zum Thema, nichts davon); Zufriedenheit mit der Beratungsstelle, mit dem Beratungsergebnis, mit der Kompetenz des Beraters, und mit der Beratung insgesamt; Nutzen der Beratung.
8. Informelles Lernen (INF) bzw. Selbstlernen in den letzten 12 Monaten: Lernweg (Lernen von Familie, Freunden oder Kollegen, Lesen von Büchern oder Fachzeitschriften, Nutzung von Lehrangeboten am Computer oder im Internet, Wissenssendungen in anderen Medien, Führungen in Museen oder historischen Orten, Besuche von Büchereien oder offenen Lernzentren, nichts davon); für bis zu zwei Lernaktivitäten wurde erfragt: Thema der informellen Lernaktivität; wichtigster Lernweg; Motivation für das Selbstlernen (berufliche oder private Gründe); Zeitpunkt des informellen Lernens (in der Arbeitszeit bzw. in der Freizeit).
9. Digitalisierung: Häufigkeit der Internetnutzung zu verschiedenen Zwecken (kurzfristig Information abrufen, Lernen, Einschätzung anderer erfahren, Austausch mit anderen in Chats, andere Menschen kennenlernen, Posten, Meinungsäußerung, Spielen, Videos ansehen); Unterstützung beim Lernen durch verschiedene Aspekte der Internetnutzung (Bereitstellung von Material im Internet, Aufforderung zur eigenständigen Recherche im Internet, arbeite selbst mit einer bestimmten Software, gemeinsame Arbeit an einem digitalen Projekt); Einstellung zu digitalen Medien beim Lernen (z.B. Bildungsaktivitäten ohne den Einsatz von digitalen Medien nicht mehr denkbar, etc.); Bewertung verschiedener Aspekte im Hinblick auf einen erleichterten Zugang zu Lern- oder Informationsangeboten im Internet (Angebote teilweise auf Englisch, kostenloser Zugang zu den Inhalten, barrierefreie Inhalte, Inhalte in leichter Sprache, selbst entscheiden, wann und wo man lernt, Datenschutz gewährleistet).
Demographie: Geschlecht; Alter (Geburtsjahr, Geburtsmonat, Alter offen und gruppiert); erste gelernte Sprache in der Kindheit (Muttersprache); Muttersprache(n) bei Zweisprachigkeit mit und ohne Deutsch; deutsche Staatsangehörigkeit; Migrationshintergrund; andere Staatsangehörigkeit; Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft; Staatsangehörigkeit vor Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft; in Deutschland geboren; anderes Geburtsland; durchgängig in Deutschland in Jahren; Anzahl der Jahre in Deutschland; 11 und mehr Jahre in Deutschland, und zwar; Alter bei Zuzug nach Deutschland; Aufenthaltsstatus (unbefristete/ befristete Aufenthaltsgenehmigung, geduldet); Haushaltsart; Zusammenleben mit einem Partner; Alter des Partners/der Partnerin (gruppiert); Familienstand; Kinder; Gesamtzahl der Kinder; Anzahl und Alter (gruppiert) der Kinder im Haushalt; Kinder unter 5 Jahren im Haushalt; Kinder von 5 bis 13 Jahren im Haushalt; weitere Personen im Haushalt; Altersgruppe weiterer Personen im Haushalt (Haushaltszusammensetzung); Haushaltsgröße; Haushaltsnettoeinkommen; Zufriedenheit mit dem Haushaltseinkommen; Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse in Deutsch und in Englisch. Angaben zu den Eltern: Geburtsland Deutschland; Geburtsland der Eltern; deutsche Staatsangehörigkeit; Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit; Migrationshintergrund Generationen 1 und 2.
Zusätzlich verkodet wurde: ID (Befragter, informelle Lernaktivitäten, Kurse); West-Ost; Ortsgröße (BIK); politische Gemeindegrößenklasse; Gewichtungsfaktoren und Hochrechnungsfaktoren; Teilnahme an FED und/oder NFE in den letzten zwölf Monaten; Breitbandverfügbarkeit über leitungsgebundene/ drahtlose Technologien im Haushalt; Definition Migrationshintergrund bis AES 2016; Haushaltsgröße: Gesamt AES (Anzahl Personen im Haushalt zwischen 18 und 69 Jahren), Trend AES (Anzahl Personen im Haushalt zwischen 18 und 64 Jahren), EU-Kern-ZP (Anzahl Personen im Haushalt zwischen 25 und 64 Jahren); Hilfsvariablen (z.B. zur Bestimmung des Bildungsgangs); FED-Teilnehmer 1./2. Phase; Matrix der NFE-Aktivitäten genannt; Aktivitäten für Nachfragen in Schleife x genutzt; ausgewählte Aktivität (Kurs); Kurs; Kurse insgesamt in den Nachfrageschleifen 1 bis 12; Weiterbildungsform(en) in Nachfrageblock 1 bis 12.
Der AES-2018-Datensatz enthält eine Reihe von Informationen, die nach internationalen Klassifikationssystemen vercodet werden können. Die im Fragenprogramm erfassten Bildungsaktivitäten werden nach ISCED-Level 2011 (Fragen zum Bildungshintergrund) und nach ISCED-Fields 2013 (FED-, NFE- und INF-Aktivitäten) vercodet. Hierfür wurden von Kantar Public die im AES 2007 entwickelten Prozesse im Rahmen des AES 2016 überarbeitet und die erforderlichen Variablen-Definitionen grundlegend (für ISCED-Level) bzw. ein computergestütztes Vercodungssystem (für ISCED-Fields 2013) neu entwickelt.
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Blogbetreiber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie einen Blog Beitrag zitieren möchten.
Sommer, Sonne, Strand - Zypern ist eine Ferieninsel geworden, auf der viele Touristen Urlaub machen. In Nikosia können Tourist*innen in hippen Läden shoppen gehen, die schöne Altstadt genießen und lecker Essen gehen. Aber aufgepasst! Mitten in der Hauptstadt stehen Friedenstruppen der Vereinten Nationen und überwachen die grüne Linie. Der schöne Schein trügt und erinnert an die vergangenen blutigen Ereignisse zwischen den beiden Volkstruppen. Eine Reise nach Nikosia ist nicht nur mit Urlaub verbunden, sondern auch eine lebendige Geschichtsstunde, denn die Insel ist bis heute geteilt. Dennoch ist die Lage entspannter geworden, die Grenzen sind geöffnet und EU-Bürger*innen können mit ihrem Personalausweis problemlos den Südteil hin zum Nordteil überqueren. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Friedenssicherung durch die Vereinten Nationen. Die Friedenssicherung hat sich zu einem zentralen Auftrag der Vereinten Nationen entwickelt und soll am Fallbeispiel Zypern erläutert werden. Dabei gliedert sich die Arbeit in fünf Teile. Zu Beginn wird auf den Kontext der UN-Friedenssicherung im allgemeinen eingegangen. Anschließend wird Bezug auf die Charta der Vereinten Nationen genommen und der Prozess und die Verantwortlichkeit der Friedensmissionen geklärt. Im Folgenden werden die ersten Friedensmissionen beleuchtet und reflektiert. Dabei wird der Zypernkonflikt historisch eingeordnet. Ob die Vereinten Nationen im Fall Zypern richtig gehandelt oder den Konflikt nur auf Eis gelegt haben, ist eine Kontroverse. Um diese zu verstehen, müssen die Hintergründe des Konfliktes beleuchtet werden, welches im nächsten Kapitel geschieht. Weiter wird auf die Mitwirkung der UNO an einer Lösung des Konfliktes eingegangen. Hier sollen die Schwierigkeiten und Erfolge beleuchtet werden. Zum Schluss wird anhand von ausgewählten Praxisbeispielen der UNFICYP gezeigt, wie die Friedensmission vor Ort ablief. Die Probleme und Erfolge der Friedenstruppen werden betrachtet, ebenso werden die Konzepte der Vereinten Nationen, die in die Praxis umgesetzt wurden, auf ihre Standhaftigkeit überprüft. Friedenssicherung durch die Vereinten NationenIm folgenden Abschnitt wird das Konzept der Friedenssicherung vorgestellt und in seinen einzelnen Stufen dargestellt. Die Friedenssicherung ist, zusammen mit der Durchsetzung der Menschenrechte, ein zentraler Auftrag der Vereinten Nationen. Diese Ziele hängen direkt miteinander zusammen (vgl. Mathis, 2013). Es gibt festgeschriebene Grundsätze, die von den Mitgliedern beachten werden sollten; die folgenden stehen in unmittelbarem Zusammenhang der Friedenssicherung der Vereinten Nationen: Die Pflicht zur friedlichen Streitbeilegung, das allgemeine Verbot der Androhung und Anwendung von Gewalt und das Interventionsverbot. Ausnahme beim Gewaltverbot ist die Selbstverteidigung und die vom Sicherheitsrat erlassenen militärischen Zwangsmaßnahmen. Der UN-Sicherheitsrat nimmt hier das Gewaltmonopol ein. Durch das Interventionsverbot dürfen souveräne Staaten sich nicht in innere Angelegenheiten einmischen. Der UN-Sicherheitsrat kann deshalb nicht in innerstaatliche Konflikte und Menschenrechtsverletzungen eingreifen (Ebbing 2012, vgl. S. 3f). Dabei trägt der UN-Sicherheitsrat die Verantwortung für die internationale Sicherheit und den Weltfrieden; dieser kann bindende Entscheidungen für Mitgliedsstaaten treffen (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.). Alle UNO-Missionen zur Friedenssicherung und die Entsendung von UN-Soldaten gingen auf die Entscheidung des Sicherheitsrates zurück. Zu betrachten ist, dass durch Menschenrechtsverletzungen Konflikte gestärkt werden und diese in bewaffneten Konflikten und Kriegen enden können. Außerdem kommt es in Kriegen zu Menschenrechtsverletzungen wie z.B. durch Folter, Ermordung von Zivilisten oder sogar Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie Völkermord (vgl. Mathis, 2013). Ein zentrales Gremium für das UN- Konfliktmanagement, welches anhand der UN-Charta entscheidet, ob es sich um einen Friedensbruch oder um einen Bruch der internationalen Sicherheit handelt, ist etabliert. Hier werden Maßnahmen beschlossen, um die internationale Sicherheit und den Weltfrieden wieder herzustellen (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.). Mathis zeigt auf, dass die Friedenssicherung eine signifikante Anzahl an Aspekten aufweist und durch das Grundprinzip nicht direkt in bewaffnete Konflikte eingegriffen wird. Zu aller erst gibt es die Prävention, wirtschaftliche Hilfe, Sicherung von Menschenrechten, Verhandlung in Konflikten, Sanktionen gegen Staaten, die völkerrechtswidrig handeln oder völkerrechtliche Vereinbarungen nicht einhalten, wie die Ablehnung von ABC-Waffen. Der Sicherheitsrat kann hierbei Empfehlungen zur friedlichen Streitbeilegung nach Kapitel VI der Charta aussprechen. Darüber hinaus kann es zu Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII kommen. Dabei kann es sich um nicht-militärische, aber auch um militärische Maßnahmen handeln (Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.). Hinzu kommt, dass der UN-Sicherheitsrat einen Krieg völkerrechtlich legitimieren kann (vgl. Mathis, 2013). Während eines Krieges werden Verhandlungen für einen Waffenstillstand geführt, es wird humanitäre Hilfe geleistet, und die Zivilbevölkerung wird durch UN-Soldaten zu schützen versucht. Selbst nach einem Krieg sorgen die UN-Soldaten für die Sicherung des Waffenstillstandes und die Einhaltung von Friedensvereinbarungen. Dabei steht der Schutz der Zivilbevölkerung permanent im Vordergrund. Ein Wiederaufbau, eine Entwaffnung und Abrüstung wird gefördert und schwere Kriegsverbrechen werden geahndet (vgl. ebd.). In einer Resolution wird vom Sicherheitsrat über die Größe und das Mandat einer Friedensmission entschieden, und anhand regelmäßiger Berichte durch den Generalsekretär kann das Mandat verlängert oder geändert werden (vgl. ebd.). Nun soll geklärt werden, wie genau eine Friedensmission abläuft und wer die Verantwortung trägt. Für die Friedensmissionen ist das Department of Peacekeeping Operations (DPKO) zuständig; dieses plant die Mission und führt diese durch. Dabei werden sie vom Department of Political Affairs (DPA) unterstützt, dieses beteiligt sich vor allem bei diplomatischen Bemühungen. Eine Einsatzleitung (Force Commander) vor Ort wird vom Generalsekretär bestimmt. Dieser verfügt ebenso auch über die ausführende Leitung der Friedensmission (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V). Aus Kapitel VII der Charta geht eine starke Anteilnahme der Mitgliedstaaten hervor. Diese Staaten sollen auf Grundlage von Sonderabkommen Streitkräfte zu Verfügung stellen. Dabei sollte erwähnt werden, dass noch kein Sonderabkommen zustande gekommen ist. Festzustellen ist, dass die Anforderungen von den Vereinten Nationen zu hoch und den praktischen Möglichkeiten voraus sind (Gareis/Varwick 2014, vgl. S.117). Gareis analysiert, dass das kollektive Interesse der VN-Mitgliedstaaten oft zu gering ist, um ihre Streitkräfte aus der Hand zu geben und das Leben der Soldaten zu riskieren (vgl. ebd.). Daraus folgt, dass die Vereinten Nationen kein schnelles und effektives Sicherheitssystem besitzt. Die Vereinten Nationen sind "eine unvollkommene, reformbedürftige, aber doch in vielen Bereichen eminent wichtige internationale Organisation" (ebd. S. 356). Voraussetzung für den Erfolg der Vereinten Nationen ist, dass die Staaten multilaterale Strategien zur Problemlösung bevorzugen. Nur dann können die Vereinten Nationen eine Rolle in der internationalen Politik spielen. Die Mitgliedstaaten sind in der Praxis selten bereit, ihre Außenpolitik in die Hände der Vereinten Nationen zu legen. Die großen und mächtigen Staaten neigen dazu, unilateral vorzugehen. Staaten wollen alleine und, wenn notwendig, gegen andere Staaten handeln, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen und zu maximieren. Auch wenn nur im Einzelfall unilateral gehandelt wird, entsteht dadurch trotzdem ein Bruch und gegenseitiges Vertrauen wird schwierig (vgl. ebd.). Aufgrund dessen haben sich alternative Formen der Friedenssicherung entwickelt. Diese müssen einerseits dem veränderten Kriegs- und Konfliktgeschehen standhalten und den Souveränitätsansprüchen der Mitgliedsstaaten. Eine eigene UN-Friedenssicherung sind beispielsweise die Blauhelme, welche durch Auslegung von Kapitel VII der Charta vom Sicherheitsrat seit den 1950er Jahren entsendet werden. Dabei bestehen die Blauhelme in der Regel aus unbewaffneten bis leicht bewaffneten Truppen und Beobachtern. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die Überwachung der Einhaltung von Waffenstillständen oder dem Friedensvertrag. Die Neutralität steht dabei an oberster Stelle (vgl. Gareis 2015). Die ersten Friedensmissionen der Vereinten Nationen Im Mittelpunkt dieses Abschnittes stehen die Anfänge der Friedenssicherung. Dabei wird die Entwicklung beleuchtet und reflektiert. Weiterhin findet eine Einordnung der Friedenssicherung auf Zypern statt. Die Überwachung des Waffenstillstandes nach dem ersten arabisch-israelischen Krieg 1948 war der erste große Einsatz in der Entstehungsphase der Friedenssicherungen. Die nächste größere Mission bestand aus der Überprüfung des Waffenstillstandes zwischen Indien und Pakistan. Gareis stellt fest, dass es sich ebenfalls um eine zwischenstaatliche Auseinandersetzung handelte. Diese Mission wurde vom VN-Haushalt bezahlt und dauert bis heute an. Daraus entwickelte sich eine zweite Phase der Friedenssicherung, die Behauptungsphase von 1956-1967 mit neun Einsätzen (Gareis/Varwick 2014, vgl. S.127f). In die Behauptungsphase zählte der Einsatz der Friedenstruppen in Zypern, auf den im späteren Abschnitt des Blogbeitrages eingegangen wird. "Erstmals übernahmen die UN zeitweilige Autorität über ein Territorium auf dem Weg zur Unabhängigkeit, ergänzte zivile Polizei zu einer Friedensoperation, wurde in einen Bürgerkrieg verwickelt, führte einen Einsatz im größeren Ausmaß durch und erlaubte den Blauhelmen das Tragen von Waffen." (Jett 2000, S.23f), neue Aufgaben wurden erkannt. Die Vereinten Nationen bekamen zudem immer mehr Macht, aber hatten damals schon mit ersten Problemen zu kämpfen. Das klassische peacekeeping entstand durch die erste Notstandsgruppe der Vereinten Nationen, der United Nations Emergency Force (UNEFI) beim Einsatz in Ägypten. Hier kam es zu Schwierigkeiten, es konnte im Sicherheitsrat keine einstimme Verurteilung der israelischen Aggression und der ägyptischen Verstaatlichung erreicht werden. Durch das Veto von Großbritannien und Frankreich wurde der Sicherheitsrat lahmgelegt. Die Uniting for Peace-Resolution schaltete die Generalversammlung ein, welche auf den Einsatz von Friedenstruppen drängte. Eigentlich wäre laut Kapitel VII Artikel 24 Abs. 1 der UN-Charta der Sicherheitsrat zuständig gewesen, jedoch waren die Konfliktpartien freiwillig mit einem Einsatz einverstanden. Neben Frankreich und der UdSSR verweigerten einige Staaten die finanzielle Unterstützung. Dieses Problem vertiefte sich nochmal beim Einsatz im Kongo; hier wurde die Verantwortung für die Friedenserhaltung beim Sicherheitsrat gesehen. Folglich wurde der Internationale Gerichtshof eingeschaltet, welcher sowohl dem Sicherheitsrat als auch der Generalversammlung eine Zuständigkeit zusprach (vgl. Sucharipa-Behrmann 1999). Die Autoren stellten fest, dass sich aus der Kongo-Krise ein "akzeptiertes Miteinander dieser beiden Organe" (Gareis/Varwick 2014, S.129) entwickelte, wobei "der Sicherheitsrat die Initiative und Entscheidungsbefugnis stärker an sich gezogen hatte"(Gareis/Varwick 2014, S.129). Zu erkennen war außerdem eine zunehmende Bedeutung des Generalsekretärs, welcher über mehr Spielraum verfügte. Die UNEF-Mission ging durch wichtige Grundprinzipen der Notstandsgruppe durch den Generalsekretär in die Geschichte der internationalen Friedenssicherung ein. Hinzu kam der Konsens der Konfliktparteien, welcher beschlossen wurde und besagt, dass klassische Blauhelm-Soldaten nicht gegen den Willen eines Staates eingesetzt werden dürfen. Dadurch wurde eine Toleranz der Truppen gefördert und eine Bereitschaft für eine Zurverfügungstellung der Truppen, durch die Mitgliedstaaten, geschaffen. Dies waren die Grundlagen für das Modell des klassischen peacekeeping vom Generalsekretär Hammarskjöld (vgl. ebd.). Zu diesem Zeitpunkt wurde zudem die Verantwortlichkeit durch die Leitung des Generalsekretärs beschlossen. Aufgrund dessen entstand die DPKO im VN-Sekretariat. Außerdem wurde ein Budget für jede Friedensmission festgelegt, welches durch die Mitgliedstaaten gefüllt wird. Besonders wichtig ist die Unparteilichkeit der eingesetzten Truppen, welche mit dem Konsensprinzip einhergeht. Aus diesem Grund sollten die Truppen eine ausgewogene regionale Zusammenstellung haben (vgl. Auswärtiges Amt). Darüberhinaus wurde der Einsatz von Waffen zur Selbstverteidigung und zur Durchsetzung der Mission erlaubt. Hier besteht eine Problematik, die am folgenden Beispiel gezeigt werden soll: Bei der Kongo-Operation (1960-1964) sollte für den Rückzug belgischer Truppen aus der Republik Kongo gesorgt werden. Es kam zu einer Ausweitung des Mandats, wodurch ein Bürgerkrieg verhindert und die Regierung beim Aufbau ihres Amtes unterstützt werden sollte. Dafür gab es zum ersten Mal die Legitimation der Waffengewalt im Bezug auf das auszuführende Mandat (Gareis/Varwick 2014, vgl. S.131). Das führte dazu, dass die UNEF dadurch selbst zu Konfliktpartei wurde und sich in die innerstaatlichen Konflikte verwickelte. Der Einsatz wurde im Sommer 1964 beendet, aufgrund dessen, dass die Regierung Kongos einer Mandatsverlängerung nicht zustimmte. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass die Vereinten Nationen aus diesem Einsatz ihre Konsequenzen zogen. Zum einen wurden keine großen und komplexen Missionen die nächsten drei Jahrzehnte durchgeführt (vgl. ebd.). Zum anderen waren die Ziele der Friedenssicherung fortan bescheidener. Zudem kehrte man zu den Prinzipien von Hammarskjöld zurück und sicherte sich die Zustimmung der Konfliktparteien vor einem Einsatz. Zusätzlich wurden die Friedensmissionen vom Sicherheitsrat nun beobachtet (vgl. ebd.). An dieser Stelle wird nur kurz auf den Zypern-Einsatz eingegangen, um ihn in die Geschichte der Friedenssicherung der Vereinten Nationen einzuordnen. Der Zypern Einsatz gilt als klassisches peacekeeping und hält bis heute an. Nach Bellamy und Williams versteht sich unter klassischem peacekeeping die Phase zwischen einem Waffenstillstand und dem Abschluss einer politischen Konfliktlösung. Hier gibt es eine Unterstützung der zwischenstaatlichen Friedenssicherung (vgl. ebd. S. 127). Durch eine Resolution des Sicherheitsrats wurde im März 1964 die UNFICYP-Mission eingerichtet. Eine Kampfhandlung zwischen der griechisch-zypriotischen und der türkisch-zypriotischen Volksgruppe sollte verhindert werden. Trotz der Friedensmission kam es zur Teilung der Insel, es gab einen Waffenstillstand und zahlreiche Bemühungen zur Vermittlung durch den Generalsekretär. Seit 1974 wird die Pufferzone von der UNFICYP überwacht und das Mandat ab 1964 jedes halbe Jahr verlängert. Kritik an dem Einsatz gibt es durch die permanente Anwesenheit der Soldaten, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass es keine Notwendigkeit einer Friedenslösung gibt.Durch den Einsatz der Bewachung des Waffenstillstandes zwischen dem Irak und Iran (UNIIMOG) und dem Abzug der UdSSR Truppen aus Afghanistan (UNGOMAP), wurde "eine Renaissance des peacekeeping eingeleitet" (vgl. ebd. S.132). Gareis verweist darauf, dass diese "Gute-Dienst-Missionen" vom Sicherheitsrat nur gebilligt und nicht mandatiert wurden. Alles in allem zeigt sich ein durchwachsenes Bild der Friedensmissionen in den ersten vier Jahrzehnten. Festzuhalten ist, dass jede Mission ein Einzelfall ist und separat betrachtet werden sollte. Hinzu kommen die Vorstellungen der UN-Charta, welche in der Realität nahezu utopisch umzusetzen sind. Die Blauhelme wurden zum innovativen Instrument. Ihre Aufgabe ist die Konfliktberuhigung und nicht die Konfliktlösung. Diese Aufgabe konnte in vielen Missionen erreicht werden. Bedenklich ist, dass diese häufig nur mit einer dauerpräsenten Lösung, wie in Zypern erreicht wurden (vgl. Mathis). Durch den Brahimi- Bericht von 2000 gab es neue Perspektiven in der Friedenssicherung der Vereinten Nationen. Diese beinhalten die folgenden drei Kategorien: die Konfliktvermeidung, Konfliktmanagement und die Konfliktnachsorge. Dabei gibt es erstens eine Neuorientierung für die politischen und strategischen Rahmenbedingungen. Zweitens muss das DPKO für eine personelle und strukturelle Voraussetzung der Friedensmission sorgen. Zudem gibt es für die Mitgliedstaaten konkrete geforderte Leistungen (vgl. Gareis/Varwick 2014, vgl. S.146). Hintergründe des ZypernkonfliktsUm den Zypernkonflikt verständlicher zu gestalten, werden zunächst die politischen Hintergründe beleuchtet. Der Zypernkonflikt ist die Folge der britischen Kolonialpolitik, denn bis 1960 war Zypern eine britische Kolonie (vgl. Gürbey 2014). Der Wunsch nach "Enosis", die Vereinigung mit Griechenland, wuchs unter den griechischen Zyprioten seit dem 19. Jahrhundert. Auf Grundlage der Tatsache, dass Großbritannien die Ionischen Inseln an Griechenland zurückgab, hofften die griechischen Zyprioten auf einen ähnlichen Ausgang. Dieser Wunsch wurde jedoch nicht erfüllt und deshalb gab es schon seit 1931 größere Unruhen, welche die diktatorische Führung unterdrückte (vgl. ebd.). Großbritannien nutzte Zypern geostrategisch. Zypern wurde zum Royal-Air-Force-Stützpunkt für Atombomber und Ansatzpunkt für Spionageflüge im Kalten Krieg (vgl. ebd.). Auf Grund dieser Entwicklung war Zypern für Großbritannien unverzichtbar. Deshalb begann der Unabhängigkeitskampf, bei dem die orthodoxe Kirche eine bedeutende Rolle einnahm. Der Erzbischof Makarios III. nötigte die griechische Regierung, den Zypern-Fall vor die UNO zu bringen (Gorgé 1986, vgl. S. 130). Der britische Premierminister Eden versuchte "die griechische Ambition [...] durch türkische zu neutralisieren" (Richter 2010), also die Türkei miteinzubeziehen und damit beide Länder gegeneinander auszuspielen (vgl. Gürbey 2014). Die türkische Position war glasklar; falls sich beim Status Zypern etwas ändern würde, wäre der Friedensvertrag von Lausanne ungültig und Zypern würde wieder der Türkei gehören. 1922 wurde Frieden mit den Briten geschlossen und sie erhielten die formelle Anerkennung ihrer Herrschaft über Zypern (vgl. Gründer). Richter beschrieb, dass das taktische Manöver Londons aufging und ein neuer griechisch-türkischer Konflikt ausgelöst wurde. Es kam dazu, dass die "divide et impera" Politik Großbritanniens auf die Volksgruppe ausgeweitet wurde. Daraus folge 1956 der griechisch-türkische Minoritäten Konflikt, wobei die Opfer die Istanbuler Griechen waren. Gleichzeitig misslang das Suez-Abenteuer der Briten und Zypern verlor für sie an strategischem Wert. Des Weiteren kam Druck aus den USA, welche die NATO durch die griechisch-türkischen Streitereien gefährdet sahen. Folglich einigten sich Griechenland und die Türkei 1959 zu einer "Scheinlösung" in Zürich. Gleichzeitig wurde der Konflikt nur zwischen den NATO-Verbündeten beigelegt. Wie schon erwähnt, gelang Zypern 1960 die Unabhängigkeit; der innerzypriotische Konflikt blieb jedoch bestehen und verschärfte sich in den nächsten Jahren noch mehr (vgl. Richter 2009). Im Folgenden wird die Position der Bevölkerung verdeutlicht. Die griechischen Zyprioten fordern "Enosis" und die türkischen Zyprioten "Taksim", die Teilung der Insel. Mit der Unabhängigkeit der Insel begann der griechische und türkische Nationalismus auf Zypern (vgl. ebd.). Problematisch waren die Mütterländer, welche den Zypern-Konflikt als nationale Frage ansahen und deshalb enormen Einfluss hatten. Dieser Einfluss wurde durch den Schutz der eigenen Volksgruppe legitimiert (Gorgé 1986, vgl. S. 130f). Zum einen gab es die Strategie von Griechenland; diese war eine Internationalisierung des Konfliktes, um den Druck gegen die Türkei aufzubauen. Dem gegenüber wollte die Türkei den Teilungsprozess forcieren und in seinem Bestand sichern. Ab 1963 gab es blutige Unruhen, weil die griechisch-zypriotische Führung die Verfassungsrechte der türkischen Zyprioten einschränken ließ. An diesem Punkt griffen die USA und die Vereinten Nationen ein und verhinderten eine Eskalation (vgl. Gürbey 2014). Mitwirkung der Vereinten Nationen an einer Lösung des KonfliktesAb 1964 gab es ein Friedensmandat der Vereinten Nationen, durch das eine Sicherung des Burgfriedens gewährleistet werden sollte. Das Wiederaufflammen von Kämpfen sollte verhindert werden, um die Kommunikation der beiden Volksgruppen zu ermöglichen. Die Friedenstruppe UNFICYP wurde vom Sicherheitsrat gesendet und sollte "nach besten Kräften eine Wiederaufnahme von Kämpfen zu verhindern und, soweit notwendig, zur Erhaltung und Wiederherstellung von Recht und Ordnung und zur Rückkehr normaler Lebensbedingungen [in Zypern] beizutragen" (Menning 1974, S.172). Dabei wurde für die Friedenstruppen die zypriotische Nationalgarde und die reguläre türkische Armee zum Konfliktpartner, nicht die bewaffneten Volksgruppen. Außerdem musste die UNFICYP aufpassen, dass lokale Befreiungsversuche nicht als Einmischungsversuche oder Provokation aufgefasst wurden.Festzuhalten ist, dass von 1964 bis Juni 1974 die UNFICYP ein erfolgreicher Vermittler der beiden Volksgruppen war, sodass 1973 eine Kürzung des Mandats stattfand. Auch weil Griechenland und die Türkei einwilligten, dass sie schlichtend auf ihre Volksgruppe einwirken (Menning 1974, vgl. S.172). Der Konflikt spitze sich jedoch wieder zu, im Halbjahresbericht von 1974 erklärte der Generalsekretär, dass weiterhin Misstrauen und Kampfbereitschaft herrscht. Ein Klima von trügerischer Sicherheit war entstanden, die Friedenstruppen wurden als Friedensersatz wahrgenommen, obwohl das Problem ungelöst blieb (Menning 1974, vgl. S.173). Dabei hatte Waldheim in seinem Jahresbericht 1973/74 darauf hingewiesen, dass Friedenseinsätze nicht als Selbstzweck der Vereinten Nationen dienen sollten und "daß eine Friedenssicherungsaktion nicht zu einem Nachlassen der Bemühungen, eine Lösung zu finden, führen dürfe, denn wenn die Konfliktursachen nicht beseitigt werden, könnten sie schließlich das Fundament, auf dem sich die Friedenssicherung aufbaue, zerstören." (Menning 1974, S.173). So kam es 1974 zu einem Putschversuch der Griechen, um die Insel an Griechenland anzubinden. Dieser wurde von dem griechischen Militär ausgelöst und richtete sich gegen die Regierung unter Präsident Makarios. Es gab Differenzen zwischen ihm und der Militärjunta, weil Makarios linksgerichtet war und einen individuellen Kurs mit Zypern vorhatte. Dabei reagierte die Türkei mit einer Invasion. Die Situation eskalierte und die Türkei eroberte fast 40 Prozent der Insel. Die UNFICYP konnte die Angriffe der türkischen Truppen nicht abwehren. Dennoch konnten einige lokale Angriffe auf die Bevölkerung verhindert werden. Außerdem blieb die "Green Line" bestehen und die Kontrolle der Hauptstadt aufrechterhalten. Zudem wurde auf die Forderung von Waldheim eingegangen, welcher in seinem halbjährlichen Bericht Verstärkung angefordert hatte. Im Jahr 1974 stockte die UNFICYP die Zahl der Soldaten von 2.188 auf 4.400 auf. Die Minimierung seit 1971 bis Mitte 1974 war im Nachhinein ein sicherheitspolitischer Fehler der Vereinten Nationen. Nach dem Krieg legte die UNFICYP zwei separate Waffenstillstandslinien fest. Eine UN-Pufferzone wurde von Morphou bis nach Famagusta eingerichtet (vgl. Lugert 2018). Aufgrund dieser Tatsachen war eine Konsolidierung einer Teilung der Inseln der einzige Ausweg. Von nun an gab es einen griechisch-zypriotischen Süden und einen türkisch-zypriotischen Norden. Die Türkei rief 1983 die Unabhängigkeit Nordzyperns aus, dieser Teil wird immer noch nur von der Türkei als Staat anerkannt und wirtschaftlich und politisch gefördert. Der UN-Sicherheitsrat erklärte die Unabhängigkeitserklärung für ungültig und rief andere Staaten dazu auf, dasselbe zu tun (vgl. Gürbey 2014). Faustmann brachte zum Ausdruck, dass Zypern der Ruf als "Friedhof der Diplomatie" (vgl. Faustmann 2009) zusteht. Wie er zu dieser Aussage kam, wird im Weiteren erklärt. Schon im November 1974 forderte die Vereinten Nationen eine Resolution, welche zunächst einen Rückzug der auswärtigen Truppen und die Rückkehr von Flüchtlingen beinhaltete. Darüber hinaus forderten beide Volksgruppen eine Verhandlung unter dem Schutz der Vereinten Nationen. Faustmann wies darauf hin, dass eine Rückkehr zur Verfassungsordnung von 1960 unmöglich für beide Parteien war (vgl. ebd.). Beide Parteien hatten klare Vorstellungen, so forderten die türkischen Zyprioten eine politische Gleichheit als Grundprinzip, allerdings wollte die griechische Seite auch eine Berücksichtigung ihrer prozentualen Bevölkerungsmehrheit von 82% Prozent (vgl. ebd.). In drei Verhandlungsrunden trafen sich die Konfliktparteien unter der Schutzherrschaft der Vereinten Nationen in New York. Nach zähen Verhandlungen kam es 1977 zu einem Abkommen und 1979 zur Erweiterung des Dokuments (vgl. Gürbey 2014). Das Abkommen umfasst die Grundprinzipien einer Wiedervereinigung, die High Level Agreements. Darin wird postuliert, das Zypern als bizonale, bikommunale Föderation wiedervereinigt und entmilitarisiert werden sollte. Außerdem wurden Grundfreiheiten, wie Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit und ein Recht auf Eigentum bestimmt. Das Abkommen gestand den türkischen Zyprioten dabei ein einheitliches Territorium zu, wobei die Größe strittig blieb (vgl. Faustmann 2009). Die Ergebnisse der Abkommen zusammengefasst, wird deutlich, dass eine Vereinigung mit Griechenland und eine Teilung ausgeschlossen wurde. Trotz der Unterzeichnung des High Level Agreements kam es zum Stillstand der Verhandlungen. Erst durch die Bemühungen der Vereinten Nationen fanden erneute Verhandlungen statt.Der griechisch-zypriotische Präsident Kyprianoú setzte auf die eigene Internationalisierungskampagne und die Vereinten Nationen. Denktaş forderte die Unabhängigkeit Nordzyperns, sein Streben wurde bestärkt, als eine Resolution der Vereinten Nationen zugunsten der griechischen Seite entschied (vgl. ebd.). Erkennbar wird, wie schwer es für die Vereinten Nationen ist, neutral zu bleiben und beiden Seiten gerecht zu werden. Denktaş führte die türkische Lira als Währung ein und errichtete eine Zentralbank, weiterhin blieb er bei seiner Forderung von einer Unabhängigkeit Nordzyperns. Es kam dazu, dass er am 15. November 1983 die Türkische Republik Nordzypern ausrief. Erst als sich die Beziehung zwischen Griechenland und der Türkei verbesserte, konnten 1988 neue Verhandlungen auf Basis der High Level Agreements beginnen (vgl. ebd.). Man erkannte die wichtige Rolle der beiden Mutterländer, die enormen Einfluss auf die Verhandlungen und die Situation nahmen. Außerdem ließ man eine zu große Einmischung der Vereinten Nationen auch nicht zu, mit den "Set of Ideas" von Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali war Denktaş nicht einverstanden. Er forderte Verhandlungen ohne die Vereinten Nationen, weil diese kein Recht für solch umfassende Lösungsvorschläge hätten. Jedoch kam es nie zu Verhandlungen ohne die Vereinten Nationen. Erneute Gespräche endeten 1990, weil die Republik Zypern der EU betreten wollte. Denktaş und die Türkei glaubten, dass die EU keine Konfrontation mit Ankara wollte und der Beitrittsantrag kein Erfolg haben würde, dennoch drohten sie mit einer Annexion des Nordens. Als klar war, die EU würde Zypern auch ohne Lösung des Konflikts aufnehmen, fanden 2002 erneute Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen statt. Zugunsten kam diesen die neue AKP-Regierung unter dem linken Oppositionspolitiker Mehmet Ali Talat, welche von der status-quo-Politik abwich und auch Denktaş und seine Nachfolger verschwanden mehr und mehr. Auf türkischer-zypriotischer Seite entstand erstmalig eine moderate Politik. Die griechische Seite wählte mit Tassos Papadopoulos einen Hardliner zum Präsidenten (vgl. ebd.). Dennoch wurden erstmals umfassende Kernpunkte eines politischen Lösungsplans erarbeitet, welcher Anfang 2004 freigestellt wurden, der sogenannte Annan-Plan. Dieser beinhaltete folgendes: "Vom Parlament gewählte Regierung, bestehend aus vier griechischen und zwei türkischen Zyprioten; kollektive Führung mit Vetorechten für beide Volksgruppen; Zwei-Kammern-Parlament nach 1978er Modell; 27 Prozent des Territorium für den Norden; Ambivalenz: Gründung eines neuen Staates durch zwei gleichberechtigte Staaten (wie von der türkischen Seite gefordert, von der griechischen Seite aber als möglichen Ausgangspunkt für eine spätere Abspaltung abgelehnt) oder Umwandlung der bestehenden Republik Zypern in einen neuen Staat (wie von der griechischen Seite gefordert); Ambivalenz: Föderation oder Konföderation; Rückkehr von mehr als der Hälfte der Flüchtlinge unter griechisch-zypriotischer Verwaltung und Umsiedelung von mehreren zehntausend türkischen Zyprioten; Staatsangehörigkeit für mehr als 45 000 türkische Einwanderer, erhebliche und dauerhafte Beschränkungen bei der Rückkehr der griechischen Flüchtlinge und der Niederlassungsfreiheit im Norden; Dauerhafte griechische und türkische Militärpräsenz; Griechenland und die Türkei bleiben zusammen mit Großbritannien Garantiemächte mit Interventionsrecht." (ebd.). Im April 2004 stimmten beide Volksgruppen über den Wiedervereinigungsplan ab. Diese Gelegenheit wurde verpasst, denn 76 Prozent der griechischen Zyprioten stimmten dagegen, weil einige von ihnen hofften, durch den Beitritt in die EU ein besseres Abkommen zu erhalten (vgl. Gürbey 2014). Demgegenüber stand allerdings das türkisch zypriotische Ergebnis des Referendums, welches mit 65 Prozent für eine Wiedervereinigung stimmte. Die Vereinigung Zyperns scheiterte und damit auch der Annan-Plan. Trotzdem trat am 1.Mai 2004 der griechisch Zypriotische Teil der EU bei. Allerdings stellt völkerrechtlich gesehen ganz Zypern EU-Territorium dar, wobei der nördliche Teil ausgegrenzt ist (vgl. ebd.). Seitdem werden immer noch Verhandlungsprozesse unter Aufsicht der Vereinten Nationen geführt. Espen Barth Eide ist seit 2014 der Sonderbeauftragten für den Zypernkonflikt,. Durch ihn gab es eine Einigung, dass eine dritte entscheidende Verhandlungsphase geführt werden soll. Dennoch ging die letzte Verhandlungsrunde für eine Lösung des Zypernkonflikts am 07.07.2017 ohne Ergebnis zu Ende. Hier waren auch die Repräsentanten der sogenannten Garantiemächte Griechenland, Großbritanniens und der Türkei mit dabei. Nun sollen auf Empfehlung von VN-Generalskretär Guterres erstmals eigene Vorstellungen betreffend einer Fortführung des Verhandlungsprozesses gebildet werden (vgl. Auswärtiges Amt 2018). UNFICYP- Praxisbeispiel für die Leistungen und Probleme der Friedenssicherung Zypern wird durch eine 180 Kilometer lange grüne Line geteilt, welche auch durch die Hauptstadt Nikosia verläuft. Diese Pufferzone wird von den Friedenstruppen der UNFICYP überwacht. Die Waffenstillstandslinie wurde hart umkämpft, sodass sie vor allem in Nikosia nicht gerade verläuft, sondern vor- und zurückspringt. Dadurch ist die Überwachung des Status quo für die UN-Soldaten noch mehr erschwert (Ehrenberg 1991, vgl. S. 1). Seit dem Bürgerkrieg von 1963/64 gab es auf Zypern lange keinen dauerhaften Frieden. Wie schon beschrieben, haben die Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs schon seit 1964 viele Verhandlungen gestartet, aber immer noch keinen dauerhaften Frieden erreicht. Dabei kam immer wieder der Vorwurf auf, die Vereinten Nationen würden den Kern des Problems nur auf Eis legen und damit könne kein Frieden entstehen (vgl. Gürbey 2014). Unter diesen Umständen versuchen die Friedenstruppen, der Bevölkerung so viel Normalität wie möglich zu gewährleisten. Die Hoffnung, dass durch einen Generationenwechsel sich das Problem von selbst lösen würde, trat nicht ein. Das zeigte sich gerade auf der griechisch-zypriotischen Seite; hier waren die Jugendlichen ernüchtert, weil sich der politische Stillstand nicht überwinden ließ (Ehrenberg 1991, vgl. S.1f). Ein Beispiel hierfür war die Versammlung von 3000 Schülern im November 1988 an der Pufferzone. Sie wollten gegen die türkischen Truppen demonstrieren. Dabei durchbrachen einige von ihnen die grüne Linie, konnten dann aber von UN-Truppen gestoppt werden, bevor sie die türkisch-zypriotischen Truppen erreichten (vgl. ebd. S. 2). Die Jugendlichen bewarfen die UN-Soldaten dabei mit Steinen, Flaschen, Holzstücken und Dachziegeln. Die griechisch-zypriotische Polizei griff erst nach Kommando der UNFICYP-Oberkommandanten ein und räumte mit den UN-Truppen den Platz. Hier ist kritisch anzumerken, dass in der Presse nicht die UN-Soldaten die Helden waren, sondern die Schüler, welche ihr Land zurückerobern wollten. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass auch die türkisch-zypriotische Seite der UNFICYP die Schuld gab; diese hätten nicht rechtzeitig reagiert (vgl. ebd. S. 2). Demonstrationen wie diese waren kein Einzelfall zu dieser Zeit, ein halbes Jahr später kam es zu einer Frauendemonstration, bei der die UNFICYP noch machtloser war. Auch hier verhielt sich die griechisch-zypriotische Polizei sehr passiv. Die UN-Soldaten wurden von Männern, die am Rand standen, angegriffen. Zudem hatten sich griechisch-orthodoxe Kirchenmänner unter die Frauen gemischt (vgl. ebd. S. 2). Insgesamt zeigt sich, wie schwierig es die Friedenstruppen hatten. Sie mussten sowohl Blutvergießen verhindern und die Konfliktparteien auseinander halten als auch ihre eigene Akzeptanz aufrechterhalten. An diesem Beispiel wird auch deutlich, dass die Friedenstruppen ungerechtfertigte Kritik einstecken mussten. Im folgenden Beispiel wird auf den Waffengebrauch eingegangen. Wie kritisch dieser ist, zeigte sich anhand der Todesschüsse in Athienou Ende Mai 1988. Die Waffen dürfen nur zur Selbstverteidigung gebraucht werden, zum Schutz für das Leben anderer UN-Angehöriger oder Personen, die zu verteidigen sind. Dafür ist immer die Zustimmung des ranghöchsten Soldaten vor Ort nötig (Gareis/Varwick 2014, vgl. S. 117). Athienou gehörte zur griechisch-zypriotischen Seite, war zur damaligen Zeit aber ein umstrittenes Gebiet. Ein türkischer Soldat nahm eine Familie in ihrem Haus als Geiseln. Bevor die UN-Soldaten überhaupt eintrafen, bewegten sich zwei Nationalgardisten auf das Haus zu. Der Geiselnehmer schoss auf die beiden, sodass einer schwer verletzt liegen blieb. Die Nationalgardisten forderten Verstärkung an, ohne Rücksprache mit der UNFICYP. Währenddessen bargen die UN-Soldaten den Verletzten. Die türkischen Streitkräfte wurden nicht über die Geiselnahme informiert. Die UN-Soldaten räumten das Feld, als die griechisch-zypriotische Anti-Terror-Einheit eintraf. Diese stürmte das Haus und tötete den türkischen Soldaten gezielt, obwohl die Geiseln zu diesem Zeitpunkt schon geflohen und in Sicherheit waren (Ehrenberg 1991, vgl. S.3). Ehrenberg erklärte, die UNFICYP hätte eingreifen können. Ob es so klug gewesen wäre, die griechischen Zyprioten mit Androhung von Waffengewalt an der Verletzung der Pufferzone zu hindern, stellt er in Frage. Hieraus ergab sich die Konsequenz, dass die Erwartungen an die UNFICYP viel zu hoch waren, nur aufgrund der Tatsache, dass sie bewaffnet waren. Hier stellt sich die Frage, ob der Waffengebrauch die Sicherheit erhöht und dadurch die Funktion der UN-Soldaten entlastet. Außerdem konnte man beobachten, dass die UN-Friedenstruppen oftmals mindestens einer Konfliktpartei unterlegen waren. Dabei sollte kritisch hinterfragt werden, inwiefern militärische Überlegenheit die politischen und diplomatischen Absichten von Friedenstruppen fördern würde. Dies scheint fraglich, denn würde militärische Übermacht diese nicht eher zerstören (vgl. ebd. S.3ff)? FazitFestzuhalten bleibt, dass die Friedenssicherung als zentraler Auftrag der Vereinten Nationen gesehen werden kann. In direktem Zusammenhang mit der Durchsetzung der Menschenrechte, weil diese Ziele untrennbar sind und einander beeinflussen. Durch das Interventionsverbot wird eine Einmischung in innere Konflikte durch die Charta ausgeschlossen. Der Sicherheitsrat kann deshalb nicht in innerstaatliche Konflikte und Menschenrechtsverletzungen eingreifen. Daraus folgt, dass es zu aller erst zu Präventionsmaßnahmen kommt; daneben kann der Sicherheitsrat Empfehlungen zur friedlichen Streitbeilegung nach Kapitel VI der Charta geben. Es kann aber auch zu Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII kommen. Dementsprechend steht der Schutz der Zivilbevölkerung permanent im Vordergrund. Allgemein und in Bezug auf die Friedenssicherung gilt für die Vereinte Nationen, dass das Verhalten der Mitgliedstaaten entscheidend ist. Die Vereinten Nationen bieten zwar einen Rahmen, bei dem sich Staaten und ihre Interessen annähern können, aber die Staaten müssen diesen nutzen, um durch Lernprozesse Fortschritte zu machen. Darüber hinaus dürfen die Vereinten Nationen nicht zu viel versprechen; dies gilt gerade im Punkt der Friedenssicherung. Ihre Ankündigung ist oftmals höher als die Möglichkeiten und Aspiration der Mitgliedsstaaten. Andersherum dürfen die Erwartungen an die Vereinten Nationen nicht abwegig sein, sie sind keine Weltregierung. Dennoch bilden sie einen Rahmen für gemeinsame Lösungsansätze. Ziel der vorliegenden Arbeit war es ebenfalls zu erklären, wer für die Friedenssicherung zuständig ist. Dabei wurde festgestellt, dies geschieht durch das Department of Peacekeeping Operations (DPKO), welches die Missionen plant und durchführt. Unterstützt werden sie vom Department of Political Affairs (DPA), welches sich vor allem um diplomatische Bemühungen kümmert. Durch eine Einsatzleitung (Force Commander) vor Ort gibt es noch eine ausführende Leitung der Friedensmission. Deutlich wird die Problematik, dass die Vereinten Nationen keine eigenen Streitkräfte haben. Es kam noch nie zu einem Sonderabkommen in Bezug auf die Streitkräfte. Hier wird deutlich, dass die Anforderungen der Vereinten Nationen an ihre Mitgliedsstaaten zu hoch und den praktischen Möglichkeiten voraus sind. Dafür entwickelten die Vereinten Nationen alternative Formen, wie z.B. die Blauhelme. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es eine Entwicklung bei der Friedenssicherung der Vereinten Nationen gab. Eine Zuständigkeit für die Friedenserhaltung wurde durch den Internationalen Gerichtshof dem Sicherheitsrat und der Generalversammlung zugesprochen. Durch die vergangenen Einsätze wurde außerdem beschlossen, dass die Friedensmissionen vom Sicherheitsrat beobachtet werden. Und die Bedeutung und Verantwortung des Generalsekretärs nahm immer mehr zu. Durch Generalsekretär Hammarskjöld sind wichtige Grundprinzipen der Notstandsgruppe in die Friedenssicherung eingegangen. Daraus folgt der Konsens der Konfliktparteien, wodurch klassische Blauhelm-Soldaten nicht gegen den Willen eines Staates eingesetzt werden dürfen. Dieser Konsens führt dazu, dass die Mitgliedstaaten ihre Truppen eher bereitstellen und die Toleranz der Blauhelme gestärkt wird. Festgestellt wurde außerdem die Wichtigkeit von einer ausgewogenen regionalen Zusammenstellung der Truppen, damit die Unparteilichkeit gewahrt werden kann. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, die Friedenssicherung anhand vom Zypern-Konflikt zu schildern, dafür wurden die die politischen Hintergründe beleuchtet. Hier kann man festhalten, es gab unheimlich viele beteiligte Parteien. Zum einen Großbritannien, weil Zypern bis 1960 eine britische Kolonie war und geostrategisch genutzt wurde. Dann Griechenland, die Türkei und die griechischen und türkischen Zyprioten. Es ist zu erkennen, dass Großbritannien die beiden Mütterländer gegeneinander ausspielte. Sie sahen den Zypern-Konflikt als nationale Frage und übten deshalb enormen Einfluss aus, dieser wurde durch den Schutz der eigenen Volksgruppe legitimiert. Durch die Unabhängigkeit Zyperns ab 1960 wurde der innerzypriotische Konflikt nicht gelöst, sondern noch mehr verschärft; dieser endete in blutigen Unruhen. Seit 1964 gibt es ein Friedensmandat der Vereinten Nationen, wodurch das Wiederaufflammen von Kämpfen verhindert werden soll. Wie dieser Blogbeitrag gezeigt hat, musste die UNFICYP darauf achten, dass lokale Befreiungsversuche nicht als Einmischungsversuche oder Provokation aufgefasst wurden. Von 1964 bis Juni 1974 war die UNFICYP ein erfolgreicher Vermittler der beiden Volksgruppen, sodass es 1973 eine Kürzung des Mandats gab. Diese Kürzung erzeugte aber ein Klima von trügerischer Sicherheit, wobei die Friedenstruppen als Friedensersatz wahrgenommen wurden, obwohl das Problem ungelöst blieb. Hier wirft man den Vereinten Nationen vor, dass es zu einem Nachlass der Friedensbemühungen kam und die Friedenseinsätze als Selbstzweck genutzt wurden. Deshalb kam es für viele überraschend, als die Griechen 1974 durch einen Putschversuch die Insel an Griechenland anbinden wollten. Man stellte fest, dass die Minimierung der Blauhelme seit 1971 bis Mitte 1974 als sicherheitspolitischer Fehler der Vereinten Nationen gesehen werden kann. Offen bleibt die Frage, ob die Vereinten Nationen den Krieg 1974 hätten verhindern können. Nach dem Krieg war eine Konsolidierung, eine Teilung der Insel der einzige Ausweg.Von Faustmann bekommt Zypern den Titel "Friedhof der Diplomatie". Festhalten lässt sich, dass es etliche Verhandlungen durch die Vereinten Nationen gab und der Konflikt bis heute nicht gelöst wurde. Auch ein Grund dafür sind die klaren Vorstellungen der beiden Parteien, so forderten die türkischen Zyprioten eine politische Gleichheit als Grundprinzip und die griechische Seite eine Berücksichtigung ihrer prozentualen Bevölkerungsmehrheit. Ein Abkommen konnte im Jahre 1977 erreicht werden und eine Erweiterung 1979, hier wurden die Grundprinzipien einer Wiedervereinigung, die High Level Agreements festgehalten. Es kam immer wieder zum Stillstand der Verhandlungen, welcher meistens erst durch die Bemühungen der Vereinten Nationen unterbrochen wurde. Die Regierungen der beiden Volksgruppen trugen auch dazu bei, dass sich die Verhandlungen so schwierig gestalteten. Erkennbar wird, wie schwer es für die Vereinten Nationen war, neutral zu bleiben und beiden Seiten gerecht zu werden. Erneute Gespräche brachen 1990 ab, weil die Republik Zypern der EU beitreten wollte. Als klar war, die EU würde Zypern auch ohne Lösung des Konflikts aufnehmen, fanden 2002 erneute Verhandlung unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen statt. Es gab einen Erfolg, denn es wurden erstmals umfassende Kernpunkte eines politischen Lösungsplans erarbeitet, welcher Anfang 2004 fertiggestellt wurde, der sogenannte Annan-Plan. Im April 2004 wurde in den beiden Volksgruppen über den Wiedervereinigungsplan abgestimmt. Diese Gelegenheit verpasste man, weil die griechischen Zyprioten dagegen stimmten. Die Vereinigung Zyperns scheiterte und damit auch der Annan-Plan. Die stille Hoffnung, dass durch ein Generationenwechsel sich das Problem von selbst lösen würde, trat nicht ein. Festzuhalten ist, dass die Friedenstruppen den Zivilisten soviel Normalität wie möglich gewährleisten wollen. Die UN-Soldaten mussten in der Vergangenheit viel einstecken, sie wurden z.B. bei Demonstrationen attackiert oder in der Presse schlecht dargestellt. Insgesamt zeigt sich, wie schwierig es die Friedenstruppen haben. Sie müssen sowohl Blutvergießen verhindern als auch die Konfliktparteien auseinander halten und zum anderen ihre eigene Akzeptanz aufrechterhalten. Ebenso im Zypern-Konflikt wurde die Erlaubnis zum Gebrauch von Waffen zur Selbstverteidigung kontrovers diskutiert. Dadurch waren die Erwartungen an die UNFICYP teilweise zu hoch. Umstritten bleibt, ob der Waffengebrauch die Sicherheit erhöht und dadurch die Funktion der UN-Soldaten entlastet. Hinzu kam die Tatsache, dass die UN-Friedenstruppen oftmals mindestens einer Konfliktpartei unterlegen waren. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern militärische Überlegenheit die politischen und diplomatischen Absichten von Friedenstruppen fördert. Die Vereinten Nationen geben den Konflikt nicht auf und führen immer noch Gespräche, nun auch mit der Beteiligung von den sogenannten Garantiemächten Griechenland, Großbritannien und der Türkei. Wünschenswert wäre eine Lösung des Konfliktes, hierfür reicht nicht allein das Engagement der Vereinten Nationen, sondern der Wille und ein Einsatz auf beiden Seiten ist notwendig. Dennoch gibt es eine Freizügigkeit trotz der Trennung. Die Trennungslinie ist keine Außengrenze, sondern hier wird die Freizügigkeit der Bürger*innen gewährleistet. Dadurch können EU-Bürger*innen und somit auch griechische und türkische Zyprioten*innen diese Linie an sieben Übergängen mit dem Personalausweis passieren. Literaturverzeichnis:Textquellen:Auswärtiges Amt: ABC der Vereinten Nationen. Edition Diplomatie, hg. Von Günther Unser, 7. Auflage, Berlin 2011, S. 57.Ehrenberg, Eckhart (1991): Die UNFICYP: Praxisbeispiel für Leistungen und Probleme der Eriedenssicherung vor Ort, In: Vereinte Nationen 1/1991, vgl. S.1-6.Gareis, Sven Bernhard/ Warwick, Johannes (2014): Die Vereinten Nationen, hg. Verlag Barbara Budrich Opladen & Toronto, 5.Auflage, vgl. S.111-148.Gorge, Remy (1986): Zypern und die Mutterländer, In: Vereinte Nationen 4/86, vgl. S.130-134.Jett, Dennis C. (2000): Why Peacekeeping Fails, In: New York, vol. S.23f.Menning, Gerhard (1974): Zypern-Mitwirkung der UNO an einer Lösung des Konflikts, In: Vereinte Nationen 6/74, vgl. S.172-176.Sucharipa-Behrmann, Lilly (1999): Die friedenserhaltende Operation der Vereinten Nationen, In: Cede/Sucharipa-Behrmann 1999, vgl. S. 232-239.Internetquellen:Auswärtiges Amt (2018): Aktuelle Lage im Zypernkonflikt, unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/zypern-node/-/210292 (eingesehen am 26.09.2020).Auswärtiges Amt (2020): UN-Friedensmissionen und deutsches Engagement, unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/internationale-organisationen/uno/04-friedensmissionen-un/205586 (eingesehen am 26.09.2020).Deutsche Gesellschaft für die Vereinte Nationen: Organe der UN-Friedenssicherung, unter: https://frieden-sichern.dgvn.de/friedenssicherung/organe/ (eingesehen am 26.09.2020).Faustmann, Hubert (2009): Die Verhandlungen zur Wiedervereinigung Zyperns: 1974 - 2008, unter: https://www.bpb.de/apuz/32118/die-verhandlungen-zur-wiedervereinigung-zyperns-1974-2008 (eingesehen am 26.09.2020).Gareis, Sven Bernhard (2015): UNO – Stärken und Schwächen einer Weltorganisation, unter: https://www.bpb.de/izpb/209686/uno-staerken-und-schwaechen-einer-weltorganisation?p=1 (eingesehen am 26.09.2020).Gürbey, Dr. Gülistan (2014): Der Zypernkonflikt, unter: https://www.bpb.de/internationales/europa/tuerkei/185876/der-zypernkonflikt (eingesehen am 26.09.2020).Lugert, Alfred (2018): Der Fall Zypern - Teil 3, unter: https://www.truppendienst.com/themen/beitraege/artikel/der-fall-zypern-teil-3/#page-1 (eingesehen am 26.09.2020).Mathis, Edeltraud: Friedenssicherung als zentraler UN Auftrag, unter: https://www.brgdomath.com/politik-wirtschaft/gerechtfertigter-krieg-tk19/uno-und-un-weltsicherheitsrat/ ( eingesehen am 26.09.2020).Mehr zu den Wiedervereinigungs-Verhandlungen (2010), unter: http://friedensbildung.de/inhalt-der-ausstellung/zypern/verhandlungen/ (eingesehen am 26.09.2020).Richter, Heinz (2009): Historische Hintergründe des Zypernkonflikts, unter: https://www.bpb.de/apuz/32116/historische-hintergruende-des-zypernkonflikts?p=all (eingesehen am 26.09.2020).
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Blogbetreiber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie einen Blog Beitrag zitieren möchten.
"Wie Privatjets dem Klima überdurchschnittlich schaden"Deutschlandfunk vom 16.01.2023"So viel trägt der Luftverkehr zum Klimawandel bei"Frankfurter Allgemeine vom 03.09.2020"Eine Flugreise ist das größte ökologische Verbrechen"Süddeutsche Zeitung am 31.05.2018Spätestens durch die Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt aus dem Jahr 2020 ist klar, dass die Luftfahrt einen bedeutenden Anteil der globalen Klimaerwärmung ausmacht. Forschende belegten, dass der Anteil der globalen Luftfahrt an der Klimaerwärmung 3,5 Prozent beträgt (Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt 2020). Entsprechend steht die Luftfahrtindustrie in Zeiten der wachsenden Sorge um den Klimawandel und den damit einhergehenden Auswirkungen auf den Menschen vor einer wesentlichen Herausforderung: Wie kann die Luftfahrt CO₂-neutral werden?Bislang stehen keine Technologien zur Verfügung, die eine solche Luftfahrt ermöglichen. Gleichzeitig ist eine – durch die Reisebeschränkungen während der Hochphase der Coronakrise nochmals verstärkte – hohe weltweite Nachfrage nach Flugreisen zu verzeichnen. Experten gehen davon aus, dass durch diese fatale Kombination zukünftig der Anteil des Luftverkehrs als Ursache von CO₂ weiter steigen wird (Bopst et al., 2019, S. 31). Deshalb müssen schnell Lösungen gefunden werden, um weitere negative Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren.Im vorliegenden Blogbeitrag wird versucht, mögliche Wege der Luftfahrtindustrie hin zu einem klimaneutralen Flugverkehr zu skizzieren. Dazu wird zunächst die Ausgangslage beschrieben und ein Zukunftsszenario skizziert, bevor anschließend mögliche Technologien und politische Maßnahmen zur CO₂-Reduktion erläutert werden. Dabei werden neben technischen Neuerungen, wie nachhaltige Kraftstoffe und das Potenzial von Wasserstoff, die Möglichkeiten und Grenzen der betrieblichen Optimierung und einer staatlichen Regulation diskutiert. Die Ansätze werden dabei stets kritisch hinterfragt.Im zweiten Teil der Arbeit wird untersucht, inwiefern sich Airlines um eine nachhaltige CO₂-Reduktion bemühen. Als Beispiel wurde die Lufthansa Group ausgewählt. Die diesbezüglichen Maßnahmen werden ebenfalls zunächst dargestellt und anschließend kritisch betrachtet. Der Blogbeitrag endet mit einer Zusammenfassung, einer abschließenden Betrachtung der Ergebnisse und einem Verweis auf weitere Aspekte von Nachhaltigkeit beim Reisen.Eine klimaneutrale Luftfahrt – AusgangslageDer weltweite Luftverkehr hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Im Jahr 2018 [1] wurde weltweit eine so hohe Zahl an Passagieren wie nie zuvor befördert. Deren Anzahl hat sich seit den 1990er-Jahren um mehr als 100 Prozent erhöht (Bopst et al., 2019, S. 17). Allein im Jahr 2018 stieg die Anzahl der Passagiere weltweit um 6,7 Prozent und in Europa um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (International Civil Aviation Organization (ICAO) 2019, S. 1). In Deutschland hat sich die Zahl der Fluggäste seit 1991 verdreifacht und erreichte 244 Millionen im Jahr 2018 (Bopst et al., 2019, S. 17).Trotz des Einbruchs im Flugverkehr aufgrund der Coronapandemie in den Jahren 2020 bis 2022 wird spätestens im Jahr 2025 mit einer vollständigen Erholung des Luftverkehrs gerechnet. Es gibt auch Modelle, gemäß denen davon ausgegangen wird, dass sich die Luftfahrt bereits bis 2023 vollständig erholt und bis 2025 das Vorkrisenniveau weit überschritten wird. Je nach Szenario wird bis 2040 mit einem jährlichen Wachstum von 2,8 bis 3,5 Prozent gerechnet, was einen Anstieg der Passagierzahlen auf bis zu 9,4 Mrd. Passagiere weltweit bedeutet (Gelhausen 2021; vgl. EASA at al. 2019, S. 15).Das Wachstum des Luftverkehrs in den vergangenen Jahren hat mehrere Ursachen. Eine zentrale Rolle spielen dabei sinkende Kosten auf der Angebotsseite, insbesondere durch den Rückgang von Produktionsfaktoren wie dem Kerosinpreis um mehr als die Hälfte in den letzten zwanzig Jahren (Bopst et al., 2019, S. 17f.). Auch Lohn- und Beschaffungskosten für Luftfahrzeuge sanken. Durch die steigende Treibstoffeffizienz, eine höhere Auslastung und eine höhere operative Leistung der Flugzeuge sowie die Bildung von Airline-Allianzen wurde diese Entwicklung unterstützt.Neben dem Passagierverkehr verzeichnete auch der Frachtverkehr erhebliche Zuwachsraten in den letzten Jahrzehnten. Die jährliche Frachtmenge in Deutschland ist seit 1991 um 243 Prozent auf 4,9 Mio. t im Jahr 2017 gestiegen (ebd., S. 21).Die steigende Nachfrage im Personen- und Frachtverkehr führt dazu, dass in Zukunft deutlich mehr Flugzeuge benötigt werden. Airbus prognostiziert eine Verdopplung der weltweiten Flotte bis 2036 (Bopst et al., 2019, S. 21). Trotz technischer Weiterentwicklungen und gesteigerter Effizienz bei gleichzeitiger Reduktion umweltschädlicher Schadstoffe trägt die Luftfahrt in einem bedeutenden Ausmaß zur Umweltbelastung bei. Flugzeuge sind zwar energieeffizienter geworden, aber die jährliche Effizienzsteigerung hat in der laufenden Dekade abgenommen und wird in der kommenden Dekade voraussichtlich im Durchschnitt bei 1,4 Prozent pro Jahr liegen (ebd.).Trotz dieser Fortschritte kann durch Effizienzsteigerungen der prognostizierte Anstieg der Verkehrsleistung nicht ausgeglichen werden, was bedeutet, dass der Kerosinverbrauch und der Endenergiebedarf des Luftverkehrs in Zukunft weiter zunehmen werden (ebd., S. 25). Es wird erwartet, dass der weltweite Kerosinverbrauch im Jahr 2050 je nach Szenario zwischen 484 und 1096 Millionen Tonnen liegen wird (Cames et al., 2019).Der Treibstoff verursacht eine Vielzahl klimarelevanter Emissionen. Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan, Lachgas, halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, Fluorkohlenwasserstoffe, Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid beeinflussen die Strahlungsbilanz der Erde (Bopst et al., 2019, S. 26). Sie lassen die einfallende Sonnenstrahlung passieren, blockieren aber die von der Erdoberfläche abgestrahlte langwellige Wärmestrahlung. Treibhausgase absorbieren diese Wärmestrahlung und strahlen sie in alle Richtungen, einschließlich der Erdoberfläche, ab. Dies führt insgesamt zu einer höheren Strahlungsbelastung auf der Erdoberfläche.Zusätzlich zu den Treibhausgasemissionen, die direkt bei der Verbrennung von Kerosin im Luftverkehr entstehen, gibt es andere Emissionen, wie Partikel, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxide, die ebenfalls zur Klimaveränderung beitragen (ebd. S. 27). Diese Emissionen beeinflussen die Bildung von Aerosolen und Wolken sowie die Konzentration bestimmter atmosphärischer Gase und tragen dadurch ebenfalls zur Veränderung des Strahlungshaushalts bei.Die CO₂-Emissionen des zivilen Luftverkehrs in Deutschland betrugen im Jahr 2017 etwa 31,2 Mio. t CO₂, wovon 2,1 Mio. t auf Inlandsflüge entfielen (ebd. S. 30). Im Vergleich dazu betrug die Gesamtmenge der CO₂-Emissionen des zivilen Luftverkehrs in Deutschland im Jahr 1990 etwa 14,3 Mio. t CO₂ (Inlandsflüge: 2,2 Mio. t CO₂) (ebd.). Somit ist der CO₂-Ausstoß des Luftverkehrs in Deutschland innerhalb von 27 Jahren um 117 Prozent gestiegen. Global betrachtet trug der zivile und militärische Luftverkehr im Jahr 2015 etwa 875 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen bei, was etwa 2,5 % der gesamten vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen entspricht (ebd.). Ohne weitergehende Maßnahmen werden auch klimarelevante Emissionen zukünftig weiter ansteigen.Im European Aviation Environmental Report 2019 werden Prognosen für die zukünftigen CO₂-Emissionen des zivilen Luftverkehrs in Europa bis zum Jahr 2040 präsentiert. Die Prognosen basieren auf drei Szenarien, die sich in der Entwicklung der Verkehrsleistung unterscheiden. Beim wahrscheinlichsten Szenario, dem 'base traffic forecast' der ICAO, wird bis 2040 von einem Anstieg der weltweiten CO₂-Emissionen, verursacht von der Luftfahrt, auf 198 Mio. t bis 224 Mio. t ausgegangen, abhängig von der technologischen Entwicklung. Dies entspricht einem Anstieg von 21 Prozent bis 37 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2017 (EASA et al. 2019, S. 23).Folglich werden in den kommenden Jahrzehnten durch den zunehmenden Flugverkehr die bereits bestehenden Umweltbelastungen weiter verstärkt. Ferner ist mit einem überproportionalen Anstieg der auf den Luftverkehr zurückzuführenden Treibhausgasemissionen zu rechnen, da andere Sektoren, wie die Automobilindustrie und der Energiesektor, voraussichtlich früher und umfassender ihre CO₂-Emissionen reduzieren werden (Bopst et al., 2019, S. 31).Maßnahmen für die Erreichung einer klimaneutralen LuftfahrtAufgrund des zunehmenden Umweltbewusstseins ist auch die Luftfahrtbranche gezwungen, sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Entsprechend wurde in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit in der Luftfahrt umgesetzt bzw. befindet sich noch in der Umsetzung. Im Folgenden wird ein Teil dieser Maßnahmen exemplarisch erläutert.Nachhaltige und klimaneutrale AntriebsstoffeKernpunkt einer nachhaltigen Luftfahrt ist das Umstellen auf alternative Antriebsarten von Flugzeugen. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es allerdings keine Antriebskonzepte, die bei Autos, Schiffen oder Zügen funktionieren und größtenteils bereits etabliert sind und die auch bei Flugzeugen eingesetzt werden können. Daher wird in der Industrie vor allem auf drei zukunftsweisende Technologien gesetzt, den Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen, Wasserstoff als Antriebsmittel für Flugzeuge sowie elektronische Antriebsarten.In der Entwicklung am fortgeschrittensten und daher kurzfristig einsetzbar sind nachhaltige Treibstoffe für die Luftfahrt, konkret nachhaltige Flugkraftstoffe (engl.: Sustainable Aviation Fuels – SAF). Eine nachhaltige und CO₂-neutrale Luftfahrt erfordert den Einsatz von Flugkraftstoffen, die aus erneuerbaren Energiequellen und nachhaltig produzierten Rohstoffen hergestellt werden, um fossiles Kerosin zu ersetzen (Bundesregierung 2021).Durch den Einsatz von SAF entsteht ein Kohlenstoffkreislauf, der weitgehend geschlossen ist. Der eingesetzte Kraftstoff wird aus CO₂ gewonnen, das im Idealfall zuvor aus der Atmosphäre absorbiert wurde (Geffert 2022). Es entsteht ein Kreislauf, bei dem kein zusätzliches CO₂ produziert wird, sondern das in der Atmosphäre vorhandene Kohlendioxid wiederverwertet wird.Von der Bundesregierung besonders gefördert werden 'Power-to-Liquid'-Kraftstoffe (PtL), bei denen aus Strom, Wasser und CO₂ flüssige Kraftstoffe hergestellt werden. Diese Art von Antriebsstoffen wird auch als 'strombasierte Kraftstoffe' bezeichnet (Bundesregierung 2021). Um einen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu leisten, ist es entscheidend, erneuerbare Energiequellen bei der Herstellung zu nutzen. Es wird als realistisch angesehen, dass bis 2030 im deutschen Luftverkehr mindestens 200.000 Tonnen Kerosin aus PtL verwendet werden (ebd.). Diese Menge entspricht etwa 2 Prozent des Kerosinverbrauchs in Deutschland im Jahr 2019 (ebd.).Die bis zum derzeitigen Zeitpunkt hohen Produktionskosten und die begrenzte Verfügbarkeit der PtL sind zentrale Herausforderungen für eine nachhaltige Luftfahrt (Flottau 2023). Um diesen zu begegnen, wurden von der Bundesregierung Maßnahmen zur Förderung der Produktion veranlasst. In einem gemeinsamen Papier der Bundesregierung und der Luftfahrtindustrie werden die Maßnahmen erläutert. Unter anderem plant die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, die Kostenlücke von SAF zu herkömmlichen Kraftstoffen zu schließen, die weitere Forschung und Entwicklung finanziell zu fördern (dazu zählen auch die Förderung und der Bau von SAF-Produktionsanlagen, um den Markthochlauf von PtL-Kerosin zu beschleunigen) sowie SAF bei der Flotte der Flugbereitschaft beizumischen, um als Vorläufer und Ankerkunde zum Markthochlauf beizutragen (Bundesregierung 2022, S. 5f.).Der bedeutendste Vorteil gegenüber anderen Antriebsmitteln und Technologien ist, dass SAF herkömmlichem Kerosin bis zu 50 Prozent beigemischt werden können, ohne dass es nötig ist, Anpassungen an Flugzeugen und Triebwerken vorzunehmen (Geffert 2022). Entsprechend hat die EU-Kommission im Frühjahr 2023 gesetzliche Regelungen für eine Beimischung beschlossen. Ab dem Jahr 2025 ist es erforderlich, dass alle Flüge, die von Flughäfen in der Europäischen Union starten, mindestens zwei Prozent nachhaltige Flugkraftstoffe beimischen (Flottau 2023; Europäische Union 2023). Bis 2030 wird die Quote auf sechs Prozent erhöht und schließlich bis zum Jahr 2050 schrittweise auf eine Beimischungsquote von siebzig Prozent angehoben.Beim Abflug von Flughäfen in der Europäischen Union dürfen Luftfahrzeugbetreiber zudem nur so viel Kraftstoff tanken, wie für den Flug tatsächlich benötigt wird, um zusätzliche Emissionen aufgrund von erhöhtem Gewicht zu vermeiden und um ein 'Tankering' zu verhindern (Europäische Union 2023). Durch Letzteres wird die absichtliche Mitnahme von zusätzlichem Kraftstoff beschrieben, um den Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen zu vermeiden.Neben den SAF als kurzfristig verfügbare Brückenlösung spielen die Entwicklung neuer emissionsfreier Antriebe eine zentrale Rolle. Als vielversprechender Ansatz gilt der Einsatz von regenerativem Wasserstoff als Antrieb, dessen Potenzial vor allem für den Einsatz in Brennstoffzellen, Gasturbinen und hybriden Lösungen untersucht wird (BDLI 2020, S. 4ff).Zwei Ansätze werden hierbei verfolgt. Zum einen wird beobachtet, inwiefern Wasserstoff, wie bei herkömmlichen Turbinen, direkt verbrannt werden kann und dadurch Triebwerken Schub verleiht. Bedeutend höheres Potenzial wird 'Flying Fuel Cells' zugesprochen, einer Brennstoffzelle, die flüssigen Wasserstoff in Strom umwandelt, der dann für den Antrieb des Flugzeugs genutzt werden kann (Weiner 2022; Geffert 2023).Gemein haben beide Technologieansätze, dass lediglich Wasser als Emission zurückbleibt, sofern Wasserstoff mithilfe regenerativer klimaneutraler Energien gewonnen wird (Geffert 2022). Bevor diese Technologien jedoch in hohem Umfang im Flugbetrieb zum Einsatz kommen können, bedarf es erheblicher Entwicklungsprozesse und Innovationssprünge. Neben der Entwicklung von Antriebstechnologien besteht die zentrale Herausforderung darin, das erheblich größere Volumen von verflüssigtem Wasserstoff im Vergleich zu Kerosin und damit notwendige größere Tanks in das Flugzeug zu integrieren (ebd.).Ebenfalls noch ungelöst sind Probleme, die im Zusammenhang mit Batterietechnik und Fliegen stehen. Die Verwendung von Batterien im elektrischen Flugverkehr hat zwar den Vorteil, dass sie während des Fluges keine Emissionen verursachen, einen hohen Wirkungsgrad aufweisen und es ermöglichen, eine hohe Energiemenge in kurzer Zeit abzugeben, aufgrund ihrer begrenzten Speicherkapazität sind derzeitige Batterien für den Einsatz in der kommerziellen Luftfahrt jedoch nicht geeignet. (BDLI S. 8).Auch wenn in den kommenden Jahren weiter Fortschritte hinsichtlich der Speicherkapazität zu erwarten sind, ist anzunehmen, dass elektrisches Fliegen sich vornehmlich auf die Bereiche kleine Motorsegler, Flugtaxis und Kleinflugzeuge für regionale Strecken beschränkt. Eine vielversprechende Option auf lange Sicht sind hybride Antriebe. Gasturbinen und elektrische Antriebe werden dabei so kombiniert, dass sie sich ergänzen und elektrische Antriebe besonders in Phasen mit hohem Energiebedarf die kerosinbetriebene Turbine unterstützen (ebd.).Effizientere Flugführung im europäischen LuftraumDurch die Fortentwicklung eines 'Single European Sky' kann ein maßgeblicher Beitrag zur aktiven Bekämpfung des Klimawandels geleistet werden. Bereits durch die Optimierung von Flugrouten im deutschen Luftraum konnte eine Reduzierung von Umwegen und somit eine Reduzierung des Treibstoffverbrauchs erzielt werden. Auf europäischer Ebene konnten beispielsweise seit 2014 durch die Einführung des 'Free Route Airspace' mehr als 2,6 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Dies entspricht etwa 0,5 Prozent der insgesamt durch den Luftverkehr verursachten CO₂-Emissionen innerhalb der Europäischen Union (BDL 2021).Um das vollständige Potenzial auszuschöpfen, wurden von politischer Seite weitere Maßnahmen zur Vereinheitlichung des europäischen Luftraums eingeleitet. Anhand von Untersuchungen wird deutlich, dass durch die Realisierung eines einheitlichen europäischen Luftraums pro Flug 250 bis 500 kg Kraftstoff bzw. 0,8 bis 1,6 Tonnen CO₂ eingespart werden können, indem optimierte und direktere Flugrouten genutzt werden (ebd.).Verbesserte Flugverfahren, wie kontinuierliche Sinkflüge und das Vermeiden von Warteschleifen, bieten weiteres Einsparungspotenzial von bis zu 325 kg Kraftstoff pro Flug (ebd.). Neben der Optimierung der Flugdurchführung gilt es auch, die Prozesse am Boden weiter zu verbessern. Kürzere Rollwege mit weniger Zwischenstopps bieten weitere Einsparungsmöglichkeiten von 38 bis 75 kg Kraftstoff (ebd.).CO2-neutraler FlughafenbetriebNeben den Flugzeugen selbst tragen Flughäfen und die damit verbundene Infrastruktur zu einer Belastung der Umwelt durch den CO2-Ausstoß bei. Entsprechend kann eine Optimierung der Flughafeninfrastruktur dazu beitragen, die Menge an Treibhausgasen zu reduzieren und so das Fliegen umweltfreundlicher zu gestalten. Zahlreiche Flughäfen haben bereits Maßnahmen ergriffen, um dies zu erreichen. Unterstützt werden sie in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung, die eine Reihe von Projekten finanziell fördert (Bundesregierung 2022).Die Maßnahmen schließen folgende Bereiche ein: Energieversorgung der Flughäfen, Gebäudetechnik, Einsparungen im Bereich der flughafenspezifischen Anlagen sowie der Bereich Fuhrpark und Mobilität (vgl. BDL 2021). Im Kontext der Energieversorgung wird eine besondere Förderung für Projekte gewährt, die sich auf die lokale und ökologische Energieerzeugung konzentrieren. Hierbei liegt der Fokus entweder auf der Eigenproduktion von Energie, z.B. durch den Einsatz von Photovoltaikanlagen, oder auf der Nutzung regional gewonnener erneuerbarer Energien (ebd.).Zusätzlich werden Fördermittel für Projekte bereitgestellt, die auf die energetische Nachhaltigkeit von Gebäuden abzielen, wie durch den Bau von entsprechend konzipierten Neubauten oder durch die energetische Optimierung bereits bestehender Bauten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Optimierung von flughafenspezifischen Anlagen. Beispielhaft ist hier die Umstellung der Vorfeldbeleuchtung auf LED-Leuchtmittel zu nennen. Besonders hohes Einsparpotenzial bietet ferner die Umstellung von für den Flugbetrieb nötigen Bodenfahrzeugen auf alternative Antriebsformen wie Elektromobilität und alternative Kraftstoffe.Vernetzung mit anderen VerkehrsträgernEine Vernetzung der Verkehrsträger trägt zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen bei. Dabei sollen Verkehrsträger miteinander vernetzt werden, um ihre verkehrlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile am geeignetsten zu nutzen (BDL & DB 2021, S. 2). Ziel ist hierbei eine Verringerung des innerdeutschen Flugverkehrs auf ein Minimum. Dazu ist es allerdings unabdingbar, die Bahninfrastruktur weiter auszubauen und Flughäfen stärker an das bestehende Bahnnetz anzuschließen.Durch den umfangreichen Ausbau der Infrastruktur, die Bereitstellung leistungsstarker und attraktiver Angebote sowie die Verbesserung der gemeinsamen Services entlang der Reisekette können das Mobilitätsangebot attraktiver gestaltet und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Hierbei liegt das Potenzial bei bis zu 4,3 Mio. Reisenden jährlich und einer damit verbundenen Reduzierung der CO₂-Emissionen um rund ein Sechstel im innerdeutschen Flugverkehr (ebd., S. 3).Prognosen zufolge wird der Luftverkehr innerhalb Deutschlands auf Kurzstrecken bis 2030 stark zurückgehen und nur noch auf längeren Strecken, wie zwischen Hamburg und München, profitabel sein. Bis zum Jahr 2050 ist zudem geplant, die Schieneninfrastruktur in Deutschland so weit auszubauen, dass nahezu alle innerdeutschen Flugverbindungen zwischen den großen Drehkreuzen und Ballungszentren durch Bahnfahrten innerhalb von vier Stunden ersetzt werden können (Bopst et al., 2019, S. 58). Durch die Einbindung der Flughäfen ins Schienennetz wird auch der Schienengüterverkehr profitieren. Die allgemeine Zielsetzung ist, dass bis 2050 schnelle Güterzüge im Nachtverkehr nationale Frachtflugverbindungen ersetzen können (ebd.).EmissionshandelDer Emissionshandel gilt als weiterer Baustein für eine klimaneutrale und nachhaltige Luftfahrt. Inwiefern der Emissionshandel zu mehr Nachhaltigkeit beitragen kann, wird bereits in verschiedenen Blogbeiträgen näher erläutert. An dieser Stelle sei daher insbesondere auf die Beiträge von Marion Stieger und Alexandra Knöchel verwiesen. Beide Autorinnen beleuchten, inwiefern der Emissionshandel zu einer Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit führen kann. Die in den Blogbeiträgen beschriebenen Prinzipien gelten selbstverständlich gleichermaßen für die Luftfahrt.Kritische Betrachtung der MaßnahmenObwohl es in den vergangenen Jahren zahlreiche Innovationen und technologische Fortschritte in der Luftfahrtindustrie gab, besteht weiterhin ein signifikanter Entwicklungsbedarf, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Zur Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff in Fluggasturbinen und Brennstoffzellen müssen zunächst zahlreiche neue Technologien entwickelt werden. Dies sind insbesondere Brennstoffzellen, Elektroantriebe und Tanks, die speziell für flüssigen -253 Grad kalten Wasserstoff konzipiert sind.Diese Technologien müssen anschließend wiederum in das Design und die Struktur des Flugzeugs integriert werden, was aufgrund des deutlich größeren Volumens von Wasserstoff im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin eine Neukonstruktion des Flugzeugs erforderlich macht (Geffert 2022). Unter Berücksichtigung der langen Entwicklungszyklen von Flugzeugen, die zwanzig bis dreißig Jahre betragen, sind solche Technologien frühestens Mitte der 2050er Jahre verfügbar.Wie weiter oben beschrieben, setzen EU-Kommission und Fluggesellschaften daher auf SAF. Neben den bekannten Herausforderungen der hohen Kosten und begrenzten Verfügbarkeit stellt die Nutzung von SAF auch in ökologischer Hinsicht eine komplexe Problematik dar (Frankfurter Allgemeine 2022). Das bisher bedeutendste Problem ist die begrenzte Produktionskapazität von alternativem Flugtreibstoff, da momentan die Verfügbarkeit von Rohstoffen nicht ausreicht, um den tatsächlichen Bedarf an Kerosin zu decken (ebd.; vgl. McCurdy 2021).Außerdem wird dieser alternative Treibstoff mittlerweile auch in anderen industriellen Bereichen eingesetzt, was zu einem Wettbewerb zwischen der Luftfahrtindustrie und anderen Branchen um eine begrenzte Ressource führt. Ferner ist für die Produktion dieser Treibstoffe ein erheblicher Energieaufwand notwendig. Diese Energie müsste demnach ebenfalls nachhaltig gewonnen werden, um eine positivere Klimabilanz als herkömmliches Kerosin zu erreichen. Die Produktion von nachhaltigem Kerosin ist entsprechend vom Ausbau der nachhaltigen Energiegewinnung abhängig.Der Einsatz von PtL-Kraftstoffen in der Luftfahrt wird von einem Teil der Experten kritisiert, da die vermeintliche CO₂-Reduktion durch diese Treibstoffe nicht auf einer tatsächlichen Einsparung von CO₂ beruht. Stattdessen wird das für die Herstellung der PtL-Kraftstoffe benötigte CO₂ zunächst der Umwelt entzogen und später bei der Verbrennung des Kraftstoffs wieder in die Atmosphäre freigesetzt. Dieser Ansatz führt zu einer scheinbaren Kompensation von CO₂-Emissionen, die jedoch letztlich darauf hinausläuft, dass die CO₂-Bilanz lediglich als ausgeglichen angesehen werden kann. Im günstigsten Fall sollte kein zusätzliches CO₂ bei der Herstellung und dem Transport anfallen. In diesem Fall ergibt sich ein Nullsummenspiel, das jedoch nicht zur Lösung des Klimaproblems beiträgt (McCurdy 2021).Kritik kommt auch von den Airlines, die insbesondere die deutlich höheren Preise von SAF und einen damit verbundenen Wettbewerbsnachteil kritisieren. Gemäß dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) führt die Einführung von Quoten sowohl auf innereuropäischen Flügen als auch auf Langstreckenflügen, die von Drehkreuzen innerhalb der Europäischen Union starten, zu signifikanten Preissteigerungen.Berechnungen des Wirtschaftsprüfungsinstituts PricewaterhouseCoopers zufolge können durch den Einsatz von SAF Flugtickets um bis zu 16 Prozent teurer werden, wodurch ein erheblicher Wettbewerbsnachteil europäischer Airlines gegenüber außereuropäischer Konkurrenten entsteht (Frankfurter Allgemeine 2022; Flottau 2023). Laut den Berechnungen ist ebenfalls davon auszugehen, dass die genannten Kraftstoffe noch bis weit in die 2040er deutlich teurer als herkömmliches Kerosin aus fossilen Rohstoffen sein werden.Um einen dadurch entstandenen Wettbewerbsnachteil deutscher und europäischer Airlines zu minimieren, setzt sich die Bundesregierung dafür ein, durch Luftverkehrsabkommen mit Drittstaaten zu gewährleisten, dass sich Luftfahrtunternehmen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union beim Über- und Einfliegen in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland verpflichten, die nationalen und europäischen Umweltschutzvorschriften einzuhalten (Bundesregierung 2021).Nachhaltigkeitsstrategien der Lufthansa GroupIm ersten Abschnitt dieses Beitrags konnte dargelegt werden, inwiefern durch die Luftfahrt zu einer nachhaltigeren Lebensweise und zur Reduktion des CO₂-Ausstoßes sowie dem damit verbundenen, durch Menschen verursachten Klimawandel beigetragen werden kann. Dabei wurde vorwiegend die wissenschaftliche Perspektive eingenommen und über den aktuellen Stand der Forschung berichtet.Im folgenden Abschnitt soll eine Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen, welche konkreten Maßnahmen von den Airlines, d.h. den Verursachern, zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ergriffen wurden. Hierzu wurde die Lufthansa Group als eines der führenden Luftfahrtunternehmen weltweit ausgewählt.Vorstellung der Lufthansa GroupIm Jahr 2022 hat die Lufthansa Group 826.379 Flüge mit 710 Flugzeugen durchgeführt und etwa 100 Mio. Passagiere befördert (Lufthansa Group 2023a, S. 3). Um die Beförderungsleistung erbringen zu können, wurden 7.284.584.000 Tonnen Treibstoff benötigt, was wiederum zu einem Ausstoß von 22.946.441.000 Tonnen CO₂-Emissionen führte (ebd.) Durchschnittlich wurden 3,59 Liter Kerosin pro 100 Passagierkilometer verbraucht, wobei auch ein Ausstoß von 9 Kilogramm CO2 je 100 Passagierkilometer zu berechnen ist (ebd.). Je nach Entfernung eines Flugs variiert der Verbrauch. Im Vergleich zu Kurzstrecken- wird auf Langstreckenflügen lediglich rund die Hälfte des Treibstoffs verbraucht (3,32 l/100 pkm auf Langstrecken- im Vergleich zu 5,89 l/100 pkm auf Kurzstreckenflügen) (ebd., S. 17). Trotz des höheren Verbrauchs auf Kurzstreckenflügen entfallen vor allem aufgrund der längeren zurückgelegten Strecken rund 57 Prozent des Treibstoffverbrauchs auf Langstreckenflüge, womit diese den größten Anteil an CO2-Emissionen haben.Um die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu stärken, wurde in den letzten Jahren der Fokus verstärkt auf die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens gelegt und Maßnahmen, insbesondere im Bereich der CO₂-Reduktion, wurden weiter verstärkt (Lufthansa Group 2023a, S. 6). Nach eigenen Angaben hat sich das Unternehmen das Ziel gesetzt, die Netto-CO₂-Emissionen im Flugbetrieb verglichen zum Jahr 2019 zu halbieren und bis zum Jahr 2050 einen CO₂-neutralen Flugbetrieb durchzuführen (ebd.). Zudem soll zumindest an den Heimatflughäfen (Frankfurt, München, Wien, Zürich, Genf, Brüssel und den Eurowings-Basen) der Bodenverkehr auf CO₂-neutrale Antriebe umgestellt werden (ebd., S. 8).Um die angestrebten Ziele zu erreichen, wurden die eingeschlagenen Maßnahmen 'Science-based Targets initiative' validiert (ebd.). Dieser Standard verpflichtet Unternehmen, sich kurz- bis mittelfristige Ziele (fünf bis fünfzehn Jahre) zur CO₂-Reduktion zu setzen, wobei genau festgelegt wird, wann wie viele Emissionen reduziert werden. Die Vorgehensweisen und Werte orientieren sich dabei an den Zielen des Pariser Abkommens und beziehen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse ein. Im weltweiten Vergleich ist die Lufthansa Group erst die zweite Airline, die nach diesen Standards zertifiziert wurde (ebd.).Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen der Lufthansa GroupDie Maßnahmen sind vielfältig und erstrecken sich vorwiegend auf die Bereiche Flottenerneuerung, nachhaltige Kraftstoffe und die erhöhte intermodale Vernetzung von Flug- und Bahnverkehr. Trotz einer erheblichen Steigerung der Transportleistung wurde in den vergangenen Jahren der Treibstoffverbrauch im Verhältnis deutlich gesenkt. Im Zeitraum von 1991 bis 2022 stieg die Transportleistung der Lufthansa Group um 290 Prozent (Lufthansa Group 2023a, S. 14). Beim Vergleich des Anstiegs des Treibstoffverbrauchs mit den Werten der Transportleistung ist im gleichen Zeitraum lediglich eine Zunahme um 133 Prozent zu verzeichnen. Im Vergleich zum Bezugsjahr 1991 ist dies eine Effizienzsteigerung von über vierzig Prozent (ebd.).Zurückzuführen ist dies auf eine kontinuierliche Erneuerung der Flugzeugflotte und dem damit verbundenen Einsatz effizienterer und kerosinsparender Flugzeuge (ebd.). Neue Flugzeuge, wie die Langstreckenmodelle Airbus A350-900 und Boeing 787-9, sowie die Kurzstreckenmodelle Airbus A320neo und A321neo haben einen im Vergleich zu den Vorgängermodellen reduzierten Treibstoffverbrauch von bis zu dreißig Prozent (ebd.).Auch zukünftig fördert die Lufthansa Group eine konsequente Erneuerung der Flotte und hat im Zuge dessen zahlreiche Flugzeuge der neuesten Generation bestellt. Allein bis Ende 2024 stoßen 24 neue Langstreckenflugzeuge zur Konzernflotte hinzu und ersetzen ältere Modelle, wie die mit vier Triebwerken versehenen Flugzeuge des Typs Airbus A340-300 und 747-400. Bis 2030 werden weitere 180 neue Flugzeuge ältere, weniger effiziente Flugzeuge ersetzen (ebd.).Die Lufthansa Group engagiert sich neben der Erneuerung ihrer Flotte für die Entwicklung und Erforschung nachhaltiger Kraftstoffe und neuer Antriebsmethoden für Flugzeuge. Bereits im Jahr 2022 konnten durch den Einsatz von modernen SAF rund 43.900 Tonnen CO₂ eingespart werden, wobei etwa 40.000 Tonnen auf die direkte Einsparung beim Verbrennungsprozess und etwa 4000 Tonnen auf vorgelagerte Prozesse, wie den Transport, zurückzuführen sind (Lufthansa Group 2023a, S. 16).Es wird angestrebt, den Anteil von SAF kontinuierlich zu erhöhen. Hierzu fördert die Lufthansa Group zahlreiche Projekte, die darauf abzielen, die Verfügbarkeit dieser Kraftstoffe zu erhöhen und ihre Produktionskosten zu senken. In diesem Rahmen wurde eine Partnerschaft mit einer der ersten Raffinerien zur Herstellung von SAF-Kerosin eingegangen und es wurde vereinbart, dass die Lufthansa Group eine garantierte Menge von mindestens 25.000 Liter dieses umweltfreundlichen Kraftstoffes abnimmt (Lufthansa Group 2022).Zudem haben das Unternehmen und der Energiekonzern VARO Energy eine gemeinsame Absichtserklärung über einen zügigen Ausbau nachhaltiger Treibstoffe unterzeichnet. Diese beinhaltet die Herstellung und Lieferung größerer Mengen von SAF ab 2026 an das Drehkreuz München (Lufthansa Group 2023b). Daneben wollen beide Unternehmen gemeinsam an "innovativen Verfahren" (ebd.) zur Herstellung von grünem Wasserstoff aus biogenen Abfallstoffen arbeiten.Die Erforschung des Potenzials von Wasserstoff als zukünftigen Antrieb für Flugzeuge ist auch Thema bei einer gemeinsamen Forschungsinitiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, des Zentrums für Angewandte Luftfahrtforschung und des Hamburg Airport. Gemeinsam wollen die Partner Wasserstoff als potenziellen nachhaltigen Flugzeugtreibstoff erproben und haben dazu das Projekt A320 Hydrogen Aviation Lab entwickelt (Lufthansa 2023a, S. 15). Das Projekt umfasst die Konzeption und Erprobung von Boden- und Wartungsprozessen in Verbindung mit Wasserstofftechnologie.Lufthansa Technik unterstützt vor allem bei der Entwicklung zukünftiger Wartungs- und Reparaturtechniken sowie bei der Entwicklung eines auf -253 Grad Celsius kühlbaren Tanksystems für Wasserstoff an Bord von Flugzeugen (ebd.). Basierend auf dem derzeitigen Stand der Technik würde die Betankung eines Verkehrsflugzeuges mit Wasserstoff mehrere Stunden dauern (ebd.). Um den Betrieb mit diesem Kraftstoff wirtschaftlich realisieren zu können, ist es notwendig, Technologien zu entwickeln, die einen wirtschaftlichen Flugbetrieb ermöglichen.Weiterhin ist die intermodale Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern, speziell der Bahn, erklärtes Ziel der Lufthansa Group. In den letzten Jahren ist der innerdeutsche Flugverkehr bereits erheblich zurückgegangen. Im Vergleich zum Jahr 2004 ist die Zahl an innerdeutschen Flügen um 22 Prozentpunkte gesunken (Lufthansa Group 2020).Um die Vernetzung weiter zu fördern, bietet Lufthansa Express Rail Passagieren aufeinander abgestimmte Zug-Flug-Verbindungen an. Dies beinhaltet neben einer Umsteigegarantie die Möglichkeit, das Gepäck direkt am 'AIRail-Terminal' einzuchecken (ebd.). Eine weitere Ausweitung des Lufthansa Express Rail-Netzes wird bei gleichzeitiger Verdichtung der Taktfrequenzen angestrebt.Zudem investiert das Unternehmen in eine Vielzahl kleinerer Projekte zur Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks in der Luftfahrt. Die AeroShark-Technologie, die von der BASF und der Lufthansa Group gemeinsam entwickelt wurde, soll an dieser Stelle exemplarisch angesprochen werden. Dabei handelt es sich um eine bionische Klebefolie, die der mikroskopischen Struktur der Haut eines Haifischs nachempfunden wurde und an den Rumpf von Flugzeugen angebracht wird (Lufthansa Group 2022). Durch die aerodynamische Wirkung verringert sich der Luftwiderstand und der Treibstoffverbrauch wird gesenkt. Der erste Test an einer Boeing 777 der Swiss hat eine jährliche Treibstoffersparnis von bis zu 1,1 Prozent ergeben (ebd.). Dies entspricht etwa 4800 Tonnen Kerosin und 15.200 Tonnen CO₂-Ersparnis bei einer Ausweitung der Technologie auf die gesamte Boeing 777-Flotte der Konzerntochter (ebd.).Kritische Betrachtung der Nachhaltigkeitsbemühungen der Lufthansa GroupTrotz der erläuterten Bemühungen und Fortschritte der Lufthansa Group im Bereich der Nachhaltigkeit gibt es Kritikpunkte an den getroffenen Maßnahmen. Kritik kann besonders an der bestehenden Flotte der Lufthansa Group geäußert werden. Obwohl die Flottenerneuerung beschlossen wurde, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden und Kapazitäten zu erweitern, setzt das Unternehmen weiterhin auf eine Vielzahl älterer Flugzeuge.Im Vergleich zu anderen Fluggesellschaften hat die Lufthansa Group einen besonders hohen Anteil an vierstrahligen Flugzeugen im Einsatz, deren Effizienz und Treibstoffverbrauch schlechtere Ergebnisse als vergleichbare neuere Flugzeuge erzielen. Aktuell werden im gesamten Konzern noch 84 viermotorige Langstreckenflugzeuge betrieben (Lufthansa 2023b, S. 26). Gemessen an der Gesamtzahl von 194 Langstreckenflugzeugen entspricht das einem Anteil von 43,3 Prozent. Bei den europäischen Konkurrenten ist der Anteil deutlich geringer. Die Air France-KLM-Gruppe betreibt lediglich vier vierstrahlige Flugzeuge, was mit einem Anteil von 1,6 Prozent gleichzusetzen ist (Air France-KLM-Gruppe 2023, S. 55). Einen ähnlich niedrigen Anteil hat auch die International Airline Group, deren Anteil an vierstrahligen Langstreckenflugzeugen im Jahr 2022 bei 6,3 Prozent lag (IAG 2023, S. 104).Ein weiterer Kritikpunkt an der Nachhaltigkeitsstrategie ist, dass die Lufthansa Group sich vornehmlich bemüht, durch technische Lösungen den CO₂-Ausstoß zu senken, während eine Reduzierung des Flugverkehrs, insbesondere im innerdeutschen Verkehr, nicht konsequent umgesetzt wird. Die Partnerschaft mit der Deutschen Bahn in den vergangenen Jahren wurde zwar intensiviert, dennoch bietet die Lufthansa Group weiterhin auch Flüge an, bei denen der Zug eine gleichwertige und zugleich umweltfreundlichere Alternative darstellt.Eine solche Strecke ist unter anderem die Linie Stuttgart-Frankfurt. Im Sommerflugplan 2023 werden die beiden rund 200 Kilometer entfernten Städte weiterhin bis zu fünfmal täglich mit dem Flugzeug bedient, obwohl der ICE als umweltfreundlichere Alternative die Strecke in etwa einer Stunde und 15 Minuten ohne Umsteigen befährt. Die Verbindungen Düsseldorf-Frankfurt, Nürnberg-München und Nürnberg-Frankfurt sind ebenso kritisch zu beurteilen.In diesem Zusammenhang ist auch der fehlende Ausbau der Bahninfrastruktur an deutschen Flughäfen zu bemängeln. Am Beispiel des Flughafens München lässt sich dieser Mangel deutlich erkennen. Der zweitgrößte deutsche Flughafen ist nicht an das ICE-Netz der Deutschen Bahn angeschlossen und wird es nach einer Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums auch zukünftig nicht werden (Süddeutsche Zeitung 2023). Eine Buchung von FlyRail-Verbindungen, wie dies in Frankfurt möglich ist, ist dort nicht umsetzbar, wodurch der Zug an Attraktivität verliert. Besonders die Strecken Stuttgart-München und Nürnberg-München könnten im Rahmen einer Fernverkehrsanbindung des Flughafens München eingestellt werden.Die Kompensationsmaßnahmen der Airline sind ebenfalls kritisch zu betrachten. Mit dem 'Green Fare' bietet die Lufthansa Group seit diesem Jahr Passagieren die Möglichkeit, durch den Kauf eines Tickets vermeintlich klimaneutral zu fliegen, indem die durch die Flugreise verursachten Emissionen kompensiert werden. Zwanzig Prozent der beim Flug verursachten CO₂-Emissionen werden dabei durch den Einsatz von SAF-Treibstoff und die verbleibenden achtzig Prozent durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert, indem an anderer Stelle CO₂ eingespart wird (Lufthansa 2023).Die Kompensation scheint jedoch nur vordergründig das Klima zu schützen. Die Stiftung Warentest bemängelt in diesem Zusammenhang die zu niedrig angesetzte zu kompensierende Menge, durch die nur etwa ein Drittel des ausgestoßenen CO₂ berücksichtigt wird (Stiftung Warentest 2022). Zudem liegt die Kompensation in den Händen der Passagiere. Lufthansa lässt sich entsprechend für die Kompensation und ihre Umweltbemühungen bezahlen. Ferner wird im Verhältnis zum gesamten CO₂-Ausstoß der Airline nur ein kleiner Teil kompensiert (ebd.).Auch Airline-unabhängige Anbieter von Ausgleichszertifikaten befinden sich auf demselben Niveau. Kritisiert werden speziell die Kompensation durch Ex-ante-Zertifikate, bei denen Einsparungen erst in Zukunft anfallen, und die mangelnde Transparenz (ebd.).Im Zuge der Rettung von Teilen der Lufthansa Group durch die Bundesregierung wurde oft die fehlende Verknüpfung der Milliardenhilfe mit Klimaschutzauflagen kritisiert. Besonders im Fehlen von Umweltauflagen, wie die Reduktion bzw. die Einstellung des Inlandsverkehrs und das Bekenntnis zur Emissionsreduktion, zeigt sich eine rein die wirtschaftlichen Interessen berücksichtigende Vorgehensweise (Forum nachhaltig Wirtschaften 2020). Die Coronakrise und die damit verbundene Reduktion des Flugverkehrs hätten stärker als klimapolitische Chance angesehen werden können, indem vermehrt Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit in den Vordergrund gerückt worden wären (ebd.).ZusammenfassungDieser Beitrag beschäftigte sich mit der Frage, inwiefern sich die Luftfahrt in Richtung Klimaneutralität entwickelt. Dazu wurde zunächst die Ausgangslage beschrieben, dass die weltweite Luftfahrt stark wächst und auch – trotz technischer Innovationen und schadstoffärmerer Flugzeuge – für einen immer höheren Anteil der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Auf dem Weg zur Klimaneutralität werden verschiedene Pfade verfolgt, die teilweise geringe Erfolgsaussichten haben. Exemplarisch wurden die folgenden Möglichkeiten erläutert und anschließend einer kritischen Betrachtung unterzogen:der Nutzen und die Effektivität nachhaltiger Kraftstoffe, insbesondere SAF;eine effizientere Flugführung im europäischen Luftraum und die dadurch ermöglichten kürzeren Flugstrecken;Möglichkeiten eines CO₂-neutralen Flughafenbetriebs unddie intermodale Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern, v.a. der Bahn.Trotz der Bemühungen und der vielfältigen Ansätze, die Luftfahrt in eine CO₂-neutrale Zukunft zu steuern, wird dies auf absehbare Zeit nicht möglich sein, da sich die Forschung noch am Anfang befindet und es noch Jahre bzw. Jahrzehnte dauern wird, bis das erste klimaneutrale Flugzeug serienmäßig gebaut werden kann.Am Beispiel der Lufthansa Group wurden schließlich Maßnahmen aufgezeigt, die Airlines ergreifen, um die Luftfahrt nachhaltiger und klimaneutral zu gestalten. Es zeigte sich, dass der Konzern vorwiegend auf den Einsatz nachhaltiger SAF setzt. Zudem wird die alternde Flotte schrittweise erneuert, wodurch die Effizienz gesteigert wird und der Kraftstoffverbrauch verringert werden kann. Auch die Vernetzung mit der Deutschen Bahn am Flughafen Frankfurt kann als positives Zeichen gewertet werden, wenngleich hierbei eine noch stärkere Partnerschaft wünschenswert wäre.Trotz aller Bemühungen der Lufthansa Group muss die Frage gestellt werden, inwiefern wirtschaftliche Interessen und Nachhaltigkeitsbemühungen in Einklang gebracht werden können. Häufig bleibt der Eindruck zurück, dass finanzielle Aspekte höher als Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit gewichtet werden. Zahlreiche Aspekte deuten darauf hin, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz nur dann mit Nachdruck angegangen werden, wenn dies einen wirtschaftlichen und finanziellen Vorteil mit sich bringt oder von politischer Seite durch Reglementierungen Handlungsdruck erzeugt wird. Dies kommt auch in der ablehnenden Haltung gegenüber fixierten SAF-Quoten innerhalb der Europäischen Union zum Ausdruck.Auch als Kunden der Airlines dürfen wir uns nicht der Verantwortung entziehen, sondern müssen uns über die Konsequenzen unseres Handelns bewusst sein. Wenn wir von Frankfurt nach New York in den Urlaub fliegen, ist dies mit einer erheblichen Belastung für die Umwelt verbunden und die Kompensation der Flugemissionen trägt nicht dazu bei, das Klima nachhaltig zu schützen. Jeder Flug belastet das Klima erheblich, unabhängig davon, ob wir ihn kompensieren, was sich auf absehbare Zeit nicht ändern wird, wie aufgezeigt wurde. Die einzige nachhaltige Lösung ist demnach, den Flugverkehr radikal zu reduzieren, wenn das 1,5 Grad-Ziel noch eingehalten werden soll.Allerdings sollten nicht nur Flugreisen kritisch betrachtet werden, auch der zunehmende Tourismus in zahlreichen Städten und Regionen weltweit hat verstärkt negative Auswirkungen auf psychischer, sozialer, ökonomischer und ökologischer Ebene. An dieser Stelle möchte ich auf den Blogbeitrag von Lea Kopp verweisen, der sich mit dem Thema 'Overtourism' in Barcelona befasst und in dem dargelegt wird, wie die einheimische Bevölkerung und die Natur unter der steigenden Nachfrage nach Reisen in die spanische Metropole leiden. Kopp beschreibt, wie innerstädtische Gentrifizierungsprozesse negative Auswirkungen auf die dort lebende Bevölkerung haben und wie sich die Zufriedenheit der Einwohner:innen, aber auch der Tourist:innen in den letzten Jahren verschlechtert hat.Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Reiselust der Menschen, an die ich mich anschließe, ungebrochen ist. Dennoch müssen wir uns über die Auswirkungen unseres Handelns bewusst sein. Möglicherweise gelingt es, zukünftig mehr Personen davon zu überzeugen, nachhaltig mit dem Zug statt mit dem Flugzeug zu reisen und Urlaub nicht in Übersee, sondern innerhalb Deutschlands zu machen, wodurch ein - wenn auch geringer - Beitrag zur klimaschonenden Zukunft geleistet werden kann.LiteraturBopst, J., Herbener, R., Hölzer-Schopohl, O., Lindmaier, J., Myck, T., & Weiß, J. (Hgs.) (2019). Umweltschonender Luftverkehr lokal – national – international. Umweltbundesamt.Bundesregierung (2021) PtL-Roadmap Nachhaltige strombasierte Kraftstoffe für den Luftverkehr in Deutschland. Verfügbar unter: https://www.bdl.aero/wp-content/uploads/2021/05/PtL-Roadmap.pdf (Zugegriffen: 16. Mai 2023).Bundesregierung (2022) Klimaneutrale Luftfahrt - Gemeinsames Papier der Bundesregierung, bmwk.de. Verfügbar unter: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/220621-Klimaneutrale-Luftfahrt-Juni-22-Vfin-Anlage-BR.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Zugegriffen: 28. April 2023).Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e. V. (BDLI) (2020) Nachhaltige und klimaneutrale Luftfahrt aus Deutschland für die Energiewende am Himmel. Verfügbar unter: https://www.bdli.de/sites/default/files/2020-09/TechStrategie_2020_3.pdf (Zugegriffen: 16. Mai 2023).Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Deutsche Bahn (DB) (2021) AKTIONSPLAN für ein verbessertes Zusammenwirken von Luftverkehr und Deutscher Bahn: Ein gemeinsamer Beitrag für ein attraktives Mobilitätsangebot und Fortschritte beim Klimaschutz. Verfügbar unter: https://www.bdl.aero/wp-content/uploads/2021/04/Aktionsplan-DB-BDL.pdf (Zugegriffen: 16. Mai 2023).Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) (2021) Masterplan Klimaschutz im Luftverkehr, bdl.aero. Verfügbar unter: https://www.bdl.aero/de/themen-positionen/nachhaltigkeit/klimaschutz/ (Zugegriffen: 28. April 2023).Cames, M., Graichen, P., Kasten, P., Mottschall, M., Faber, J., Nelissen, D., Scheelhaase, J., Grimme, W. & Maertens, S. (2019). Klimaschutz im Luft- und Seeverkehr: Strategiepapier Luftfahrt. Im Auftrag des Umweltbundesamtes. Dessau-Rosslau: Deutschland. Umweltbundesamt.Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (2020) Luftverkehr trägt 3,5 Prozent zur Klimaerwärmung bei, Dlr.de. Verfügbar unter: https://www.dlr.de/de/aktuelles/nachrichten/2020/03/20200903_der-globale-luftverkehr-traegt-3-5-prozent-zur-klimaerwaermung-bei (Zugegriffen: 16. Mai 2023).European Aviation Safety Agency (EASA), European Environment Agency (EEA) & Eurocontrol. (2019). European Aviation Environmental Report 2019. Köln.Flottau, J. (2023) "Fliegen wird grüner, zumindest ein bisschen", Süddeutsche Zeitung. Verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/green-deal-eu-fluege-1.5823033 (Zugegriffen: 16. Mai 2023).Forum Nachhaltiges Wirtschaften (2020) Kritik an Lufthansa-Rettung ohne Klimaauflagen, Forum-csr.net. Verfügbar unter: https://www.forum-csr.net/News/14689/Kritik-an-Lufthansa-Rettung-ohne-Klimaauflagen.html (Zugegriffen: 15. Mai 2023).France-KLM-Gruppe, A. (2023) Universal Registration Document 2022. Verfügbar unter: https://www.airfranceklm.com/sites/default/files/2023-04/AFK_URD_2022_VA_24-04-23.pdf (Zugegriffen: 12. Mai 2023).Frankfurter Allgemeine Zeitung (2022) Studie: Nachhaltiger Sprit würde Fliegen nicht viel teurer machen, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Verfügbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/studie-nachhaltiger-sprit-wuerde-fliegen-nicht-viel-teurer-machen-18118721.html (Zugegriffen: 6. Juni 2023).Geffert, N. (2022) Auf Kurs zum emissionsfreien Fliegen, aeroreport.de. Verfügbar unter: https://aeroreport.de/de/innovation/auf-kurs-zum-emissionsfreien-fliegen (Zugegriffen: 28. April 2023).Gelhausen, M. (2021) Corona und dann? Neue DLR-Prognose für den Luftverkehr bis 2040, DLR Blog. Verfügbar unter: https://www.dlr.de/blogs/de/alle-blogs/corona-und-dann-neue-dlr-prognose-fuer-den-luftverkehr-bis-2040.aspx/ressort-1/ (Zugegriffen: 20. Juli 2023).International Airlines Group (IAG) (2023) IAG full year results 2022. Verfügbar unter: https://www.iairgroup.com/~/media/Files/I/IAG/documents/2022-full-year-results.pdf (Zugegriffen: 12. Mai 2023).International Civil Aviation Organization (ICAO). (2019). Presentation of 2018 Air Transport statistical results. ICAO. Verfügbar unter: https://www.icao.int/annual-report-2018/Documents/Annual.Report.2018_Air%20Transport%20Statistics.pdf (zuletzt abgerufen am 30.07.2023)Jänicke, M. (2018). Nachhaltigkeit: Ein umstrittener Begriff und seine Konsequenzen. Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 87(2), 47-60.Kafsack, H. und Kotowski, T. (2022) Klimaschutzpläne der EU: Wird Fliegen jetzt teurer?, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Verfügbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/klimaschutzplaene-der-eu-wird-fliegen-jetzt-teurer-18520089.html (Zugegriffen: 6. Juni 2023).Lufthansa (2023) Green Fares: Nachhaltiger fliegen, lufthansa.com. Verfügbar unter: https://www.lufthansa.com/de/de/green-fare (Zugegriffen: 15. Mai 2023).Lufthansa Group (2020) Innerdeutscher Verkehr - intermodalität stärken. Verfügbar unter: https://politikbrief.lufthansagroup.com/fileadmin/user_upload/2020-1/artikel2/LHG-PB_2020-1_intermodalitaet_de.pdf (Zugegriffen: 11. Mai 2023).Lufthansa Group (2022) Von der Natur lernen und CO2 sparen: Lufthansa Group rüstet Flugzeuge als weltweit erste Airline-Gruppe mit aerodynamischer Haifischhaut-Folie aus, lufthansagroup.com. Verfügbar unter: https://www.lufthansagroup.com/de/newsroom/meldungen/von-der-natur-lernen-und-co2-sparen-lufthansa-group-ruestet-flugzeuge-als-weltweit-erste-airline-gruppe-mit-aerodynamischer-haifischhaut-folie-aus.html (Zugegriffen: 11. Mai 2023).Lufthansa Group (2023a) Nachhaltigkeit 2022 - Factsheet. Verfügbar unter: https://www.lufthansagroup.com/media/downloads/de/verantwortung/LH-Factsheet-Nachhaltigkeit-2022.pdf (Zugegriffen: 11. Mai 2023).Lufthansa Group (2023b) Absichtserklärung unterzeichnet: Lufthansa Group und VARO Energy kooperieren im Bereich nachhaltige Flugkraftstoffe, lufthansagroup.com. Verfügbar unter: https://www.lufthansagroup.com/de/newsroom/meldungen/verantwortung/absichtserklaerung-unterzeichnet-lufthansa-group-und-varo-energy-kooperieren-im-bereich-nachhaltige-flugkraftstoffe.html (Zugegriffen: 11. Mai 2023).McCurdy, M. (2021) To what extent can Sustainable Aviation Fuels (SAF) mitigate the environmental impact of flying?, ICF. Verfügbar unter: https://www.icf.com/insights/transportation/sustainable-aviation-fuels-environmental-impact-flying (Zugegriffen: 6. Juni 2023).NABU (2022) BER noch immer Todesfalle für Vögel, NABU - Landesverband Berlin. Verfügbar unter: https://berlin.nabu.de/news/newsarchiv/2022/november/32539.html (Zugegriffen: 20. Juli 2023).Süddeutsche Zeitung (2023) Münchner Flughafen bleibt ohne ICE-Anbindung, süddeutsche.de. Verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-flughafen-ice-bahnhof-1.5750545 (Zugegriffen: 15. Mai 2023).Stiftung Warentest (2022) CO2-Kompensation: Mit diesen Anbietern helfen Sie dem Klimaschutz, Stiftung Warentest. Verfügbar unter: https://www.test.de/CO2-Kompensation-Diese-Anbieter-tun-am-meisten-fuer-den-Klimaschutz-5282502-5928682/ (Zugegriffen: 15. Mai 2023).Weiner, M. (2022) DLR und MTU: Gemeinsam forschen für eine emissionsfreie Luftfahrt, aeroreport.de. Verfügbar unter: https://aeroreport.de/de/innovation/dlr-und-mtu-gemeinsam-forschen-fuer-eine-emissionsfreie-luftfahrt (Zugegriffen: 28. April 2023).Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). (2016). Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte. Hauptgutachten. WBGU.[1] Aufgrund der infolge der Coronapandemie eingebrochenen Passagierzahlen werden die Daten unmittelbar vor der Pandemie verwendet, um ein unverfälschtes Bild des Luftverkehrs zu bekommen.
Der vorliegende Band nimmt seinen Ausgangspunkt in der krisenhaften Situation um Covid-19. Er hat den Anspruch, mittels wissenschaftlicher Praktiken der Verunsicherung bzw. dem Bruch mit den bisher als "Normalität" aufgefassten Verhältnissen etwas entgegen zu setzen. Involviert in bildungswissenschaftliche Forschung und Lehre, die sich angesichts der Pandemie in vielfältiger Weise neu verorten und gestalten, wenden sich die Autor*innen grundlegenden bildungswissenschaftlichen Verhältnisbestimmungen in ihren ideellen, kategorialen, sozialen und materiellen Neuverortungen zu. Dabei kommen auch Themen in den Blick, die in bildungswissenschaftlichen Arbeiten bisher eher randständig waren, sich aber als künftige Forschungsthemen zeigen, beispielsweise die Technisierung des Umgangs miteinander. (DIPF/Orig.)
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Blogbetreiber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie einen Blog Beitrag zitieren möchten.
Hamburgs Universitätspräsident Hauke Heekeren über seine Ambitionen in der Exzellenzstrategie, den langen Schatten seines Vorgängers, die Strategie der Hansestadt als Wissenschaftsstandort – und die Frage, woran er sich persönlich messen lassen will.
Hauke Heekeren, 53, ist Neurowissenschaftler, seit März 2022 Präsident der Universität Hamburg und Sprecher der Hamburger Landeshochschulkonferenz. Foto: UHH/Esfandiari
Herr Heekeren, knapp zwei Jahre nachdem Sie Ihr Amt als Präsident der Universität Hamburg angetreten haben, kam es zu Ihrer ersten großen wissenschaftspolitischen Bewährungsprobe: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat am vorvergangenen Freitag bekanntgegeben, welche der bundesweit 143 eingereichten Skizzen für neue Exzellenzcluster zum Vollantrag ausgearbeitet werden dürfen. Die Universität Hamburg (UHH) war mit drei Bewerbungen am Start, nur eine davon blieb im Rennen. Geht so, oder?
Das sehe ich anders: Wir waren erfolgreich. Der ExStra-Wettbewerb ist äußerst kompetitiv und wir behaupten uns als Exzellenzuniversität gegen starke Konkurrenz. Neben unseren vier bestehenden Exzellenzclustern in den Gebieten Physik, Chemie, Klimaforschung und Manuskriptkulturen, geht nun eine weitere Forschungsinitiative in der Infektionsforschung ins Rennen. Wir bewerben uns damit für fünf Exzellenzcluster. Als LHK-Sprecher gratuliere ich auch der TU Hamburg zu der erfolgreichen Initiative im Bereich der Materialforschung, an der auch die UHH beteiligt ist. Zwei erfolgreiche Antragsskizzen sind ein starkes Signal für den Wissenschaftsstandort Hamburg.
Ihr Vorgänger Dieter Lenzen kam wie Sie von der Freien Universität (FU) Berlin nach Hamburg. Schon die FU hatte Lenzen zur Exzellenzuniversität gemacht. Als er ankündigte, das gleiche in Hamburg schaffen zu wollen, wurde er von manchen belächelt. 2019 fuhr die Universität unter seiner Leitung fünf erfolgreiche Antragsskizzen und dann vier Exzellenzcluster ein, 2020 wurde Hamburg mit dem Exzellenz-Titel gekürt. Ist Lenzens langer Schatten seit vorvergangenem Freitag noch länger geworden?
Als ich mich vor über zwei Jahren um Dieter Lenzens Nachfolge beworben habe, war diese Aufbruchstimmung, die er an der Universität Hamburg geschaffen hatte, ein wesentlicher Punkt für meine Bewerbung. Er hat viel geleistet, strategisch sehr erfolgreich gearbeitet, natürlich nicht er allein, sondern im Zusammenspiel mit der ganzen Uni, unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Und mit den Partnern der anderen Hamburger Wissenschaftseinrichtungen, DESY mit seinem Direktoriumsvorsitzenden Helmut Dosch zum Beispiel. Wir verfolgen in Hamburg die Vision einer Wissenschaftsmetropole im 21. Jahrhundert, hinter der die Stadt und auch die ganze Landesregierung steht, mit Katharina Fegebank als kompetenter und erfahrener Wissenschaftssenatorin. Dieter Lenzen hat die Gelegenheit, die sich bot, mit großem Gespür genutzt. Diese Dynamik geht weiter. Wir wollen weiter machen, noch besser werden, und das fühlt sich richtig gut an.
"Das ist vielleicht so ähnlich wie bei einem Trainer, der ein extrem erfolgreiches Team übernimmt und von dem wie selbstverständlich erwartet wird, dass er weitere Titel gewinnt."
Der große Unterschied ist, dass es unter Lenzen nur besser werden konnte. Unter Ihnen kann es zumindest in Sachen Exzellenzstrategie nur schlechter werden.
Das ist Teil des Berufsrisikos, das war mir bewusst, als ich hier anfing. Das ist vielleicht so ähnlich wie bei einem Trainer, der ein extrem erfolgreiches Team übernimmt und von dem wie selbstverständlich erwartet wird, dass er weitere Titel gewinnt. Aber ich bin keineswegs besorgt, im Gegenteil: Die bestehenden Cluster arbeiten auf einem sehr hohen wissenschaftlichen Niveau und haben national wie international eine starke Reputation erreicht. Und auch die neuen Initiativen haben hervorragende wissenschaftliche Arbeit geleistet. Trotz des Exzellenztitels gibt es immer noch Luft nach oben: Intern wie extern. Intern müssen wir deutlicher vermitteln, warum es für alle Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität ein Gewinn ist, wenn wir bei der Exzellenzstrategie erfolgreich sind. Und extern in der Stadtgesellschaft müssen wir Wissenschaft in all ihrer Exzellenz und Breite noch viel mehr zum Gespräch machen. Das ist unser Auftrag als Universität der Stadt.
Ist es eigentlich noch zeitgemäß, dass der Erfolg Ihrer Arbeit zu einem guten Teil vom Abschneiden in der Exzellenzstrategie abhängt? Anders gefragt: Passt so ein Wettbewerb noch in die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts? Die frühere Wissenschaftsratsvorsitzende Dorothea Wagner stellte bei ihrem letzten Jahresbericht vor ihrem Ausscheiden die Frage in den Mittelpunkt, ob die Wettbewerbsorientierung in der Wissenschaft an ihre Grenzen gestoßen sei.
Da sind wir bei einer sehr grundsätzlichen Diskussion angelangt. Wie wettbewerblich sollte unserer Wissenschaftssystem organisiert sein? Wie stark sollte man die Kooperation betonen? Und muss man dieses Verhältnis nicht neu denken?
Und, muss man? Zumal sich die Erwartungen an die Wissenschaft offensichtlich geändert haben. Der Umgang mit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen vom Klimawandel über die Digitalisierung bis zum Umbau unserer Energieversorgung steht für viele im Vordergrund, gleichzeitig betont die Wissenschaft die Bedeutung des Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Anwendung.
Alles richtig, aber das bedeutet ja nicht, dass die Förderung herausragender Grundlagenforschung sich erledigt hat. Die Exzellenzinitiative hat mich mein gesamtes Wissenschaftlerleben lang begleitet. Für mich war sie immer viel mehr als ein Wettbewerb, sie hat den Universitäten Anlass und Gelegenheit gegeben, neue Dinge auszuprobieren und ihr strategisches Profil zu schärfen. Umgekehrt kann ich die Kritik verstehen, dass hier Gelder eher einseitig vergeben werden. Die Alternative wäre, dass die Politik die Grundfinanzierung für alle Universitäten so auskömmlich erhöht, dass überall sehr gute Grundlagenforschung möglich ist.
In vielen Bundesländern grassiert zurzeit eher die Angst vor Einsparungen im Wissenschaftsetat. Beispiel Berlin: Dort sollen die Hochschulen jedes Jahr fünf Prozent mehr Geld bekommen, fünf Jahre lang, doch parallel streiten der CDU-Finanzsenator und die SPD-Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra um Einsparungen von fast sechs Prozent in diesem Jahr. Früher blickte man in Hamburg neidvoll nach Berlin. Hat sich das unter der grünen Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank geändert?
Berlin und Hamburg kann man nicht miteinander vergleichen, dazu sind die Städte zu unterschiedlich. Berlin hat in den vergangenen zwanzig Jahren eine unglaublich positive Entwicklung hin zur Wissenschaftsmetropole geschafft. Es war toll, das als Wissenschaftler und in verschiedenen Positionen aktiv begleiten und erleben zu können. Hamburg hat damit insgesamt später angefangen, dafür aber zuletzt deutlich an Tempo aufgenommen, und wir gehen einen ganz eigenen Weg, der aus Hamburgs Tradition als Hafen- und Handelsstadt kommt. Hamburg ist der größte Industriestandort Deutschlands, auch daraus ziehen wir Kraft für die Wissenschaft. Ein Flaggschiff-Beispiel ist für mich die Science City Hamburg- Bahrenfeld mit faszinierenden Projekten wie dem von Experimentalphysiker Florian Grüner, dem es gelungen ist, per Röntgenfluoreszenz-Tomografie präzise kleinste Tumore nachweisen zu können oder die Verteilung von Medikamenten in lebenden Organismen zu beobachten. Und die Methode jetzt in Kooperation mit Siemens Healthineers in die Anwendung bringt. Das ist unser klares Zukunftsbild: Dieser Geist, die Ergebnisse von Grundlagenforschung in Innovationen weiterzuentwickeln und umzusetzen
"Mein Anspruch ist, dass wir als Universität kluge theoretische Beiträge leisten und ebenso praktisch zeigen, was alles möglich ist."
Ist Wissenschaft für Hamburg jetzt das, was vorher immer der Hafen war?
Beide ergänzen sich gegenseitig. Der Hafen kann Innovationsmotor für die Wissenschaft sein und umgekehrt. Beispielsweise verfolgen exzellente Wissenschaftler von uns die Vision, dass der Einsatz von Quantencomputing die Logistikbranche nachhaltig verändern wird. Klar ist, Wissenschaft ist ein Motor der Innovation und leistet einen entscheidenden Beitrag zum Wohlstand unserer Stadt und zu einer prosperierenden sowie nachhaltigen Zukunft.
Apropos nachhaltig: Sie haben in Hamburg das Leitbild einer nachhaltigen Universität. Was heißt denn das praktisch?
Die Nachhaltigkeit hat an der Universität Hamburg eine lange Vorgeschichte mit unserem "Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität", dort wurde viel "Denkarbeit" geleistet. Aus Mitteln der Exzellenzstrategie haben wir ein neues Amt geschaffen: Die "Chief Sustainability Officer" mit einem Team, das das gesamte Spektrum an Nachhaltigkeitsfragen strategisch neu erfasst. Das Thema energetisiert unsere Uni. Mein Anspruch ist, dass wir als Universität kluge theoretische Beiträge leisten und ebenso praktisch zeigen, was alles möglich ist: Von einer starken Klimaforschung ausgehend bis hin zu einem robusten Klimaschutzplan. So haben wir beispielsweise eine Biodiversitätsmanagerin, Myriam Rapior, die bei uns in Hamburg zu nachhaltigen Lieferketten promoviert und im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung mitarbeitet. Klar muss man Rankings immer differenziert betrachten, aber wir nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass wir im anerkannten QS-Ranking für Nachhaltigkeit zur drittbesten deutschen Universität aufgestiegen sind. Daraus schlussfolgern wir, dass unsere Maßnahmen beginnen zu wirken. Besonders wichtig ist uns das praktische Zusammenspiel von Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die sogenannte "Twin Transformation", die einer unserer strategischen Schwerpunkte ist. Wir möchten sie als Hebel nutzen, um unsere Universität zur bestmöglichen Version ihrer Selbst zu machen.
Von welchen anderen Universitäten in Deutschland lernen Sie in Hamburg? Wo sind Ihre persönlichen Vorbilder, Herr Heekeren?
Ich sage hier schon manchmal: Schaut nach Berlin, was da alles entstanden ist, in Sachen Dynamik können wir da schon etwas lernen. Und ein Vorbild ist natürlich die TU München (TUM), gerade im Bereich Transfer und Gründung. Aber wir müssen wie gesagt immer überlegen, was davon zu uns hier Hamburg passt.
Weil Sie gerade die TUM nennen: Wenn wir fünf Jahre in der Zeit zurückgehen, gab es an deutschen Universitäten zwei scheinbar ewige Präsidenten, die jeder kannte, ihre Unis, aber auch eine ganze Ära prägten: Dieter Lenzen erst in Berlin, dann in Hamburg, und Wolfgang Herrmann an der TUM. Herrmann wurde 2019 von Thomas Hoffmann beerbt, Lenzen 2022 von Ihnen. Stehen Sie jetzt vor vergleichbaren Aufgaben?
Beide stehen wir sicherlich für einen anderen Führungsstil. Mein Anspruch ist eine Kultur der Kommunikation zu leben. Es geht um Offenheit, Transparenz und um Kommunikation auf Augenhöhe. Praktisch bedeutet das für mich in Hamburg, vor Entscheidungen, die wir im Präsidium fällen und die Menschen betreffen, mit diesen vorher zu sprechen und sie möglichst von Anfang an in den Beratungsprozess einzubeziehen. Das darf aber nicht heißen, dass wir langsamer werden. Im Gegenteil: wir wollen schneller, partizipativer, agiler und projekthafter handeln. Wir wollen den Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung mehr Eigenverantwortung ermöglichen.
"Ein Begriff, der Universitäten gut beschreibt, ist der von der robusten Flexibilität. Eine gewisse Starrheit in der Struktur, aber trotzdem so flexibel, dass sie die Veränderungen um sich herum aushält und mit ihnen umgeht."
Alles Begriffe, die toll klingen. Zur Wahrheit gehört aber, dass die Universität Hamburg aus einer linken, antiautoritären Vergangenheit herauskommt mit traditionell starken Abwehrtendenzen gegen Führungsversuche von oben. Hat sich das geändert? Ist die Universität heute das, was Hochschulmanager gern "strategiefähig" nennen?
Die Vergangenheit, von der Sie da sprechen, kenne ich nur aus Berichten, über die kann ich mir kein Urteil anmaßen. Ich sehe aber auch diesen starken Gegensatz nicht. Mein Anspruch ist schon, als Unipräsident visionär und strategisch unterwegs zu sein. Wenn ich aber ein klares Bild davon habe, wo ich hinwill, dann kann ich dieses auch den verschiedenen Mitgliedern der Universität vermitteln und sie bei anstehenden Entscheidungen mitnehmen sowie für Veränderungen begeistern. Strategisch und partizipativ, das geht zusammen und muss zusammengehen in einer Universität, die von der akademischen Selbstverwaltung geprägt ist. Manchmal wird es dann kontrovers, das muss so sein, wenn wir pluralistisch sein wollen. Wenn wir über unsere Nachhaltigkeitsstrategie diskutieren, laden wir dazu die gesamte Universität ein, stellen unsere Ideen vor und sind gespannt auf die Resonanz. Aus dem ersten "Offenen Forum Nachhaltigkeit" vergangenes Jahr haben sich fünfzehn Arbeitsgruppen gebildet, deren Ergebnisse in unsere Strategie integriert wurden. So bleiben wir als Universität mutig, neugierig und ermöglichen wirkliche Innovationen.
Sie klingen wie der einzige deutsche Unipräsident, der wunschlos glücklich ist mit der Governance seiner Hochschule. Hand aufs Herz: Wo sehen Sie Reformbedarf?
Natürlich ist das eine Frage, über die ich viel nachdenke. Mit Jetta Frost haben wir eine ausgewiesene Expertin für Organisationsfragen und wir diskutieren Fragen dieser Art im Präsidium. Meine Antwort ist: Universitäten sind stabile Organisationen. Ein Begriff, der Universitäten meines Erachtens gut beschreibt, ist der von der "robusten Flexibilität". Eine gewisse Starrheit in der Struktur, aber trotzdem so flexibel, dass sie die Veränderungen um sich herum aushält und mit ihnen umgeht. Eine gute Hochschulleitung wird diese Flexibilität situationsangemessen zu nutzen wissen und weit kommen.
Auf der Metaebene klingt das stimmig. Aber hält diese These auch den Praxistest? Sie haben in Hamburg mit den übrigen Hochschulen die "Hamburger Erklärung zu Hochschulkarrieren in der Wissenschaft" beschlossen. Sie selbst sehen sich damit in einer bundesweiten Vorreiterrolle und ein "Signal gegen den Karrieretypen-Konservatismus in der deutschen Wissenschaftslandschaft". Ihre Kritiker sehen ziemlich viele Luftblasen.
Solche Reaktionen sind nicht neu für hochschulpolitische Debatten. Es heißt häufig, dass ohne Umsetzungszwang und ohne mehr Geld Reformen nicht funktionieren würden. Ich bin immer noch stolz, dass wir es geschafft haben, die unterschiedlichen Hochschultypen in enger Abstimmung mit der Wissenschaftsbehörde auf eine gemeinsame Veränderungsperspektive einzustimmen. Unser Signal kommt an in der Hochschulpolitik, und wir tun, was wir versprochen haben, daran lasse ich mich auch gern messen.
Und ich nehme Sie gern beim Wort. Nennen Sie bitte ein paar Vorhaben, deren Umsetzung in einem Jahr konkret überprüfbar ist.
Wir haben die "Hamburger Erklärung" vor nicht einmal drei Monaten verabschiedet. Jetzt sind wir in Abstimmungsprozessen, um unsere Personalstruktur um attraktive Karrierewege auf Dauer zu erweitern. Wir binden alle ein, die für diesen Prozess wichtig sind, über alle Ebenen hinweg. Nehmen wir beispielsweise das neue Stellenprofil für Dauerstellen ("Staff Researcher") neben der Professur. Ein wichtiger Meilenstein für seine Etablierung ist die Zustimmung durch den wissenschaftlichen Personalrat, denn die Einstellungs- und Weiterbeschäftigungsverfahren verändern sich. Die UHH gehört schon heute zu den wenigen Universitäten, die in Berufungsverfahren Assessmentcenter und potenzialdiagnostische Verfahren einsetzen. Daraus ziehen wir systematische Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung des "Staff Researchers" und etablieren ein Verfahren für die wissenschaftsgeleitete Entfristung der Stellen. Ein weiterer Meilenstein ist die übersichtliche, transparente Darstellung der wissenschaftlichen Karrierewege an der UHH.
Auch wenn Sie Ihre Pläne ohne zusätzliches Geld umsetzen wollen, finanziell sichere Rahmenbedingungen brauchen Sie natürlich schon. Wie optimistisch sind Sie da?
Grundsätzlich optimistisch und gleichzeitig realistisch. Der Hamburger Senat wird seine Zusagen einhalten, auch und gerade was den Ausbau der Science City Hamburg-Bahrenfeld betrifft. Die Pläne für Bahrenfeld und der zeitliche Ablauf sind vereinbart, die Finanzierung ist gesichert. Der S-Bahnanschluss kommt, der Bund gibt seinen Teil dazu, in der Zwischenzeit entstehen wunderbare neue Forschungsbauten. Und die Menschen, die im Quartier leben, sind aktiv involviert. Auch anderswo erlebe ich ein starkes Commitment der Politik. Gerade erst hat Finanzsenator Andreas Dressel nach einer umfangreichen Analyse aller Hamburger Hochschulbauten angekündigt, in den nächsten 20 Jahren mindestens sechs Milliarden Euro in die Sanierung zu investieren. Per Senatsbeschluss wurden vergangene Woche gleich die ersten 75 Millionen Euro freigegeben, um die dringendsten Vorhaben zu starten.
"So klar, wie sich die Politik zu Hamburg als Wissenschaftsmetropole bekannt hat, fehlt mir die Fantasie, was passieren müsste, dass die Beteiligten von diesem Weg abkommen."
Als Sie Vizepräsident an der FU Berlin waren, hat der dortige Senat 2018 nach einer Analyse auch ein massives Sanierungsprogramm versprochen. 2023 musste die TU Berlin mehrere Gebäude kurzfristig schließen, und ihre Präsidentin Geraldine Rauch warnt vor dramatischen Konsequenzen für die Hochschullehre.
Meine Erfahrung in Hamburg ist, dass erst Aussagen getätigt werden, wenn man einen Plan hat und Klarheit über dessen Finanzierung besteht. An der Stelle bin ich beruhigt. Weniger beruhigt bin ich bei der Frage, wie wir als Hamburger Hochschulen die hohen Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst abbilden sollen. Für 2024 sind wir abgesichert, aber wie geht es 2025 weiter? Da brauchen wir eine Antwort der Politik. Aber auch hier gilt: So klar, wie sich die Politik zu Hamburg als Wissenschaftsmetropole bekannt hat, fehlt mir die Fantasie, was passieren müsste, dass die Beteiligten von diesem Weg abkommen.
Ist Ihr Vertrauen in die Bundespolitik ähnlich ausgeprägt?
Ich würde mir von der Bundesregierung mehr Taten wünschen, um Deutschland in Bildung und Wissenschaft voranzubringen. Wir sind leistungsstark, wir stehen im internationalen Vergleich nicht schlecht da, aber die wirkliche gesellschaftliche Prioritätensetzung drückt sich auch im baulichen Zustand der Schulen und Universitäten aus. Was sendet das für eine Botschaft der Wertschätzung an die Talente der Zukunft, an die jungen Menschen, die unser Land irgendwann steuern und gestalten sollen? Ich finde, da ist auch die Bundesregierung gefragt. Das ist ein dickes Brett. Aber es gibt viele weitere Themen, auf die es in der Zukunft ankommt. Zu nennen wäre die dringend nötige Umsetzung einer forschungsfreundlichen Gesetzgebung zu Datenschutz und Datennutzung. Oder die seit Jahrzehnten immer wieder diskutierte, aber nie forcierte Veränderung im Kapazitätsrecht, das uns als Hochschulen in unserer Entwicklung einschränkt.
Dieser Wunsch richtet sich aber schon wieder sehr stark an die Länder, oder?
Ich sage ja nicht, dass meine generelle Zufriedenheit mit der Hamburger Wissenschaftspolitik bedeutet, dass da nicht noch mehr geht. An letzterem arbeiten wir als Hochschulleitung der Universität Hamburg gemeinsam jeden Tag.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
In eigener Sache: Bitte die Unterstützung dieses Blogs nicht vergessen
Ziele und Befunde der Arbeit Das durchgeführte Forschungsvorhaben zeigt durch einen holistischen, gleichzeitig politikwissenschaftlichen wie auch historischen Ansatz Folgendes: Nämlich, warum und wie das liberale, regelbasierte Weltordnungssystem im Untersuchungsraum der US-Präsidentschaften von Clinton bis Obama kontinuierlich durch ein System der realistischen, kurzfristig wirkenden Durchsetzung vitaler Interessen mittels militärischer Instrumentenpräferenz unter fortlaufender militärischer Optimierung ergänzt bzw. ersetzt wird. Dies erklärt auch, warum die "transaktionale Führung Trumps"(1), die nach dem Untersuchungsraum von 1993 bis 2017 mit Außenwirkung die Reduktion idealistischer "Grand Strategy"-Elemente bzw. wohlwollender Ordnungsmacht unter Kostenabwälzung und Vorteilsverringerung europäischer Nato-Verbündeter vornimmt, in Kontinuität zur ausgeübten Führungsmacht der Amtsvorgänger steht. Ergebnisse dieser Dissertation wie die sich ab 1993 immer nachdrücklicher abzeichnende Auflösung der multilateralen Grundordnung legen damit nahe, Trumps bisherige Außen- und Sicherheitspolitik als deutlich spürbares Krisensymptom und nicht als Ursache dieses Abbaus der nach 1945 eingerichteten Weltordnung einzustufen. Diese Auflösung ist mit einer Erosion des letztlich transatlantisch angestoßenen bipolaren "amerikanischen Systems" gleichzusetzen. Die Implementierung dieses Systems erfolgte als "Lernstunde zweier Weltkriege" auf Basis der mit der Aufklärung und den amerikanischen Gründungskennziffern eingeleiteten neuzeitlichen Ordnungskonzeptionen: Daher ist diese Auflösung auch ein Indikator für das Scheitern neuzeitlicher Ordnungskennziffern, die sich im "American way of life" entfalten konnten. Als ursächlich für die geschilderte Entwicklung wird eine von Clinton bis Obama konstant ansteigende Gesamtbedrohung nachgewiesen, mit der die konsequente Schwächung amerikanischer Vormacht verknüpft ist. Diese fußt u.a. auf der Basis von seit 1979 postulierten Klimawandeleffekten als Bedrohungsverstärker bei erreichter amerikanischer Förderspitze in fossilen Rohstoffen und ansteigendem Ressourcenbedarf im Kontext schrumpfender Rohstoffvorkommen. Weiter sind für den Untersuchungsraum die zunehmende Einwirkung der in den 1980er Jahren begonnenen "US-Konservativen Revolution" auf die Ausübung der Außen- und Sicherheitspolitik unter Einflusszugewinn von Konzernen und Lobbygruppen auf beispielsweise policy-Implementierung sowie die neuen Rahmenbedingungen zu addieren. Darunter fallen die sich ausformende Digitalisierung, die hohen Ressourcenverbrauch mit sich bringt, und die ansteigende Weltbevölkerung unter spezifischen demographischen Vorzeichen. Darüber hinaus sind beispielsweise die Beibehaltung des bipolar angewachsenen Rüstungssektors als ökonomische Basis militärischer Vormacht und das langsame Abbröckeln der Dollar-Hegemonie seit etwa 1973 zu berücksichtigen. Durch komplexes Zusammenspiel von "Grand Strategy"-Umsetzung gemäß der Prämisse amerikanischen Führungsmachtausbaus unter neokonservativem bzw. christlich-rechtem Einfluss mit asymmetrischen sowie reaktivierten konventionellen Bedrohungsgegenständen, Bedrohungsverstärkern und neuen Rahmenbedingungen wird der lineare Verlauf der Gesamtbedrohung im Zeitraum von 1993 bis 2017 verständlich: Im Kontext der "Grand Strategy"-Ausführungen erklären insbesondere das Bedrohungsabwehr-, Bedrohungsverstärker- und Marktwirtschaftsverständnis der US-Far Right in komplexer Wechselwirkung mit erstarkenden transnationalen Konzernen, Lobbygruppen, Individuen(2), informellen Netzwerken und staatlichen Akteuren in Bezug auf Bedrohungsgegenstände sowie Bedrohungsverstärker(3) im Zusammenhang mit der post-bipolaren, globalen Verankerung amerikanischer Wirtschafts- und Konsummuster das Folgende: Nämlich die Anpassung der amerikanischen Bedrohungsabwehr - unter Aufbau der "imperial presidency"(4) bzw. Einhegung des Systems von "checks and balances" - samt deren Implikationen auf das bipolare liberale Ordnungssystem. Sodann wird die notwendige Weiterführung in der Nato durch amerikanisch aufgeworfenen Nato-Umbau zur entsprechenden Umsetzung transformierter amerikanischer Bedrohungsabwehr bzw. Legitimierung der systemischen Anpassung begreifbar. Genauso wird nachvollziehbar, dass die so eingerichtete Bedrohungsabwehr nur kurzfristig abwehrt: Stattdessen verstärkt sie asymmetrische und konventionelle Bedrohung wie auch Bedrohungsverstärker - unter Einleitung von Rüstungsspiralen bzw. Demontierung der Rüstungskontrolle - und damit die Gesamtbedrohung. Dies lässt einen Konfliktausbruch jenseits des bisher Vorstellbaren konstant näher rücken. Gleichzeitig ist der dringende Bedarf an Mobilisierung der transatlantischen Zusammenarbeit im Hinblick auf Förderung der globalen Kooperation staatlicher, aber auch nichtstaatlicher Akteure hinsichtlich der Bedrohungswurzeln samt der sich verschlechternden Voraussetzungen illustriert: Denn mit jedem Anstieg der Gesamtbedrohung ist durch die eingeleitete amerikanische sicherheitspolitische Anpassung und deren Weiterführung in der Nato ein Abbau der regelbasierten Basiskennziffern im Untersuchungsraum verknüpft. Dies reduziert in fortlaufender Konsequenz die Grundlage für oben genannte, konstant zentraler werdende Zusammenarbeit, um eine sukzessive Erosion des bipolaren "amerikanischen Systems" unter künftigen Dystopien zu verhindern bzw. zumindest zu begrenzen. Durch die Forschungsergebnisse wird der bisherige Forschungsstand auf den Kopf gestellt, da so beispielsweise gezeigt werden kann, dass mittels der Transformation der Nato keine gleichberechtigte transatlantische Lastenteilung oder eine Weiterentwicklung der Nato gemäß der Nato-Gründungskennziffern erzeugt wird. Dies gilt auch für den europäischen Widerstand gegenüber der tatsächlichen Verankerung der Natotransformationspositionen(5), der auf die Erosion des bipolaren liberalen Ordnungssystems bzw. der US-Vorteilsgewährung sowie so begünstigter Partikularinteressensicherung abhebt. Außerdem wird deutlich, dass eine Kontinuitätslinie in der Bedrohungsabwehr von Clinton bis Obama unter unterschiedlicher Außenwirkung und dem Grundmuster "Battleship America" vorliegt - und eben nicht eine multilateral ausgerichtete Außen- und Sicherheitspolitik unter Clinton, die als Folge von 9/11 in einen unilateralen Pendelausschlag unter G. W. Bush 43 mündet, der durch die Obama-Administration wieder zurückgenommen wird. Die Arbeit basiert auf einer umfassenden Fülle an Literatur, die das aufwendige Literaturverzeichnis widerspiegelt: Darunter fallen vielfältige amerikanische und europäische Publikationen, Monographien und entsprechende Sekundärliteratur, wie Biographien, Veröffentlichungen unterschiedlichster Natur wichtiger Vertreter der transatlantischen Forschungselite, Akteure der entsprechenden Politikplanung und -ausführung und wissenschaftliche Artikel aus Fachzeitschriften zu allen Forschungsbereichen bzw. politikwissenschaftlicher Methodik und Theorie. Weiter wurden u.a. Veröffentlichungen bzw. relevante Dokumente von Regierungen, Außenministerien, Verteidigungsministerien, Regierungsorganen, Denkfabriken, universitären Forschungszentren sowie der Nato verwendet. Struktur der Arbeit Konkret ist die vorliegende Dissertation in zwei Bände sowie einen Anhangsband unterteilt: Band 1 umfasst Schwerpunkt 1, eine Prozessanalyse unter offensiver neorealistischer Verortung, Band 2 den darauf aufbauenden Schwerpunkt 2, einen Vergleich ("structured focussed comparison") unter defensiver neorealistischer Verortung. Im Anhangsband finden sich ergänzende Ausführungen zu Kapitel 1, Band 1 in Bezug auf den Forschungsstand, Literatur und Quellenlage, theoretische Verortung sowie Wahl des Untersuchungsraumes bzw. ausgewählter europäischer Nato-Partner. Weiter sind ein historisches Kapitel als Voraussetzung zum "process-tracing" in Kapitel 2, Band 1 und ein Abbildungs- und Abkürzungsverzeichnis wie auch ein Literaturverzeichnis enthalten. Insgesamt ermitteln die beiden aufeinander aufbauenden Schwerpunkte mittels qualitativer Methoden das Folgende: Nämlich die übergeordnete amerikanische sicherheitspolitische Reaktion auf eine neue Gesamtbedrohung sowie deren Weiterführung und Legitimierungschance in der Nato im Untersuchungsraum von Clinton bis Obama. Auf Basis des ersten Teils der Hypothese wird in Schwerpunkt 1, Band 1 ein Zusammenhang zwischen der Beibehaltung des bipolaren "US-Grand Strategy"-Ziels amerikanischer Führungs- und Ordnungsmacht sowie bipolarer außenpolitischer "Grand Strategy"-Kennziffern bzw. einer sich komplex entwickelnden neuen Gesamtbedrohung, amerikanischer sicherheitspolitischer Anpassung und der notwendigen Weiterführung in der Nato durch Natotransformation mittels amerikanisch aufgeworfener Natotransformationspositionen hergestellt. In Schwerpunkt 2, Band 2 wird auf Basis des zweiten Teils der Hypothese der transatlantische Aushandlungsprozess zur Etablierung der amerikanisch vorgeschlagenen Natotransformationspositionen in Augenschein genommen: Vor diesem Hintergrund wird überprüft, ob diese tatsächliche Verankerung bzw. Konkretisierung des Ausbaus amerikanischen Vormacht am Widerstand der ausgewählten europäischen Nato-Bündnispartner Frankreich, Deutschland und Großbritannien scheitert. Im Gesamtergebnis zeigt sich, dass aufgrund einer sich entwickelnden komplexen, linear ansteigenden Gesamtbedrohung die Chance zum Ausbau amerikanischer Führungsmacht konstant abnimmt. Dies muss mittels amerikanischer sicherheitspolitischer Anpassung kompensiert werden. Die daher erfolgende amerikanische sicherheitspolitische Neuausrichtung auf Basis der eingeleiteten "Revolution im Militärwesen" modifiziert wiederum die Kennziffern bipolarer kollektiver Sicherheitsgewährleistung. Alles wird mittels tatsächlicher Verankerung der amerikanischen Natotransformationspositionen ermöglicht bzw. legitimiert. Das tatsächliche Erreichen der - die sicherheitspolitische amerikanische Anpassung konsequent weiterführenden - Transformation der Nato ermöglicht eine missionsorientierte, reaktionsbeschleunigende, flexible und globale Sicherheitsprojektion. Außerdem ist die Voraussetzung für "alliances of choice" innerhalb der Nato geschaffen. Weiter zementiert die Modifikation der "bipolaren Nato" die mittels sicherheitspolitischer amerikanischer Anpassung eingeleitete Erosion zentraler zivilisatorischer Errungenschaften bzw. Aufgaben bipolarer kollektiver Sicherheitsgewährleistung unter Vorteilsverringerung europäischer Nato-Bündnispartner. Die tatsächliche Verankerung der Natotransformationspositionen erfolgt mittels der Reaktivierung konventioneller Bedrohung im Kontext der Ukraine-Krise von 2014 und der Erweiterung der Nato-Partnerschaftsringe auf globaler Ebene, ohne diesen den Status eines Nato-Mitgliedsstaates zu gewähren. Damit wird der Bündnisfall nicht globalisiert. Der ausgeübte deutsch-französische Widerstand wird besonders intensiv durch den Einbezug der europäischen Gründungsstaaten befördert, dagegen unterbleibt die Ausbildung einer europäischen Führungstroika durch Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Darüber hinaus zeigt insbesondere die entsprechende Ursachenermittlung, dass trotz konstanter, aufeinander aufbauender amerikanischer sicherheitspolitischer Reaktion unter unterschiedlicher Außenwirkung sowie tatsächlicher Weiterführung in der Nato die Gesamtbedrohung nicht langfristig abgebremst wird: Dies führt zu einem konstanten Anstieg der Gesamtbedrohung unter fortlaufendem Einflussverlust staatlicher Akteure bzw. Machtdiffusion und -konzentration samt einer sukzessiven Chancenerhöhung reaktivierter konventioneller, nuklearer, Cyber- und ökologischer Zerstörungsszenarien. Auf dieser Basis entsteht die Konsequenz einer immer umfassenderen und die Reaktion beschleunigende Präzisionsabwehr unter ansteigender Versicherheitlichung, um die kontinuierliche Einengung amerikanischer Vormacht auszugleichen. Dies erzeugt im Fortlauf einen konstanten Abbau der Strahlungs- und Schlagkraft des liberalen, regelbasierten, bipolaren "amerikanischen Systems" sowie der Etablierung "idealistischer, liberaler" "Grand Strategy"-Elemente. Weiter ist damit - auf der Grundlage der aufeinander aufbauenden Natotransformationspositionen sowie Obamas "smart power"(6) im Untersuchungsraum - eine zunehmende Vorteilsverringerung der europäischen Nato-Verbündeten bzw. ein ansteigender Bedarf an US-Kostendämpfung verquickt. Zudem entwickelt sich eine immer geringer werdende Chance zur Entfaltung des postbipolar als "nicht verhandelbar" postulierten und global ausgebreiteten amerikanischen Lebensentwurfes in individueller, innerstaatlicher Ausprägung: Deren Artikulation erfolgt beispielsweise mittels zunehmendem Rechtspopulismus, Wahl von Außenseiterkandidaten, Zerfall traditioneller Parteiensysteme, isolationistischen Tendenzen unter ethnischer, regionaler Erstarkung, und Ablehnung von Supranationalität oder religiösem Fundamentalismus. Gleichzeitig ist die fortlaufende Erosion der globalen öffentlichen Güter identifizierbar. Damit ebnet all das oben Genannte den Boden für die Begrenzung amerikanischer wohlwollender Ordnungsmacht bzw. der Handlungsspielräume staatlicher Akteure - und für die Rückkehr zu klassischer Machtpolitik im Kontext entstandener Machtdiffusion bzw. -konzentration. Dies erschwert angesichts der Dringlichkeit einer langfristigen Eindämmung asymmetrischer bzw. konventioneller Sicherheitsbedrohungsgegenstände, -verstärker, -cluster und globalen Rahmenbedingungen folgende Chance: Nämlich die zu transatlantischer Zusammenarbeit in der Nato unter Wiederbelebung der politischen Organisation derselben sowie Erweiterung auf zusätzliche Ebenen und Akteure im Sinne von Vorbeugung bzw. vernetzter Sicherheit zur Erreichung entsprechender globaler Kooperation in Bezug auf Einhegen der Bedrohungswurzeln. Insgesamt wird durch diese Forschungsarbeit transparent, wie und warum die für den Untersuchungsraum von 1993 bis 2017 antizipierte "Friedensdividende" und das durch Präsident Clinton postulierte "age of hope" kaum spürbar wurden. Fußnoten (1) Vgl. Braml, Josef (2018), Trumps transaktionaler Transatlantizismus, in: Jäger, Thomas (Hrsg.), Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik, Oktober 2018, Volume 11, Ausgabe 4, S. 439-448, Wiesbaden. (2) Vgl. National Intelligence Council (Hrsg.) (2012), Global Trends 2013: Alternative Worlds (NIC 2012-001), https://publicintelligence.net/global-trends-2030/, letzter Zugriff: 12.04.19. Vgl. dazu auch das "international financial leadership, self-selected at Davos" bei McCoy, Alfred W. (2017), In the Shadows of the American Century. The Rise and Decline of US Global Power, Chicago. (3) Vgl. zu Bedrohungsverstärkern beispielsweise Mazo, Jeffrey (2010), Climate Conflict. How global warming threatens security and what to do about it, London, Abingdon. 1990 wurde bereits in Bezug auf den Bedrohungsverstärker Klimawandel für die entstehenden asymmetrischen bzw. konventionellen Bedrohungsgegenstände komplexe Cluster konstatiert: "Over the next half century, the global average temperature may increase by approximately 4 degrees C. (…) All nations will be affected. (…) How much time will there be to confirm the amount of change and then to act? (…) However, many believe that we will have waited too lang to avoid major dislocation, hardship and conflict - on a scale not as yet seen by man". Vgl. Kelley, Terry P. (1990), Global Climate Change. Implications For The United States Navy (The United States Naval War College, Newport, RI), http://documents.theblackvault.com/documents/weather/climatechange/globalclimatechange-navy.pdf, letzter Zugriff: 30.03.19. Dies lässt Hinweise auf die sich entwickelnde, konstant ansteigende Gesamtbedrohung im Untersuchungsraum von 1993-2017 zu. (4) Vgl. Schlesinger, Arthur M., Jr. (1973), The Imperial Presidency, Boston. (5) Die amerikanisch vorgeschlagenen Positionen zur Anpassung der Nato, die Nato Response Force sowie die Global Partnership Initiative, werden als "Natotransformationspositionen" bezeichnet: Mit deren tatsächlicher Etablierung war eine Transformation der Nato in konsequenter Weiterführung amerikanisch erfolgter sicherheitspolitischer Anpassung verknüpft. (6) Smart power geht auf Suzanne Nossel, Mitarbeiterin des UN-Botschafters Holbrooke während der Clinton-Administration, zurück: Vgl. Nossel, Suzanne (2004), Smart Power. Reclaiming Liberal Internationalism, http://www.democracyarsenal.org/SmartPowerFA.pdf, letzter Zugriff: 26.08.17. Weiter wird er Joseph Nye im Jahre 2003 als Reaktion auf die unilaterale Konzentration auf das militärische Instrument der G.W. Bush–Ära zugeschrieben. Vgl. Nye, Joseph S. Jr. (2011), The Future of Power, New York bzw. Nye, Joseph S. Jr. (2011), Macht im 21sten Jahrhundert. Politische Strategien für ein neues Zeitalter, München. Vgl. Rodham Clinton, Hillary (2010), Leading Through Civilan Power. Redefining American Diplomacy and Development, in: Foreign Affairs, November/December 2010, Vol. 89, No.6, S. 13-24. ; Aims and findings of the dissertation The completed research uses holistic, politological and historical approaches to present how, during the studied period of the administrations of Clinton to Obama, the liberal, rule-based world order system is gradually supplemented and replaced by a system of realist imposition of vital interests that have short-term effects, preferring military means combined with continuous military optimisation. This also explains a continuity between the leading-power policy of administrations in this study (1993-2017) and the subsequent period of the "transactional leadership of Trump"(1), with its recognizable, far-reaching effects of aiming to reduce idealistic Grand Strategy elements and measures of a benevolent order by passing on costs to and reducing the benefits of European NATO allies. The results of this dissertation, such as the increasingly evident dissolution of a multilateral fundamental order, therefore indicate that Trump's foreign and security policy to date should be regarded as a clearly noticeable crisis symptom, rather than the cause of a decline in the world order established after 1945. This decline is synonymous with the erosion of the transatlantically initiated bipolar "American system". Its implementation was the result of the "lesson of two world wars", based on modern concepts of order introduced by the Enlightenment and the founding criteria of the United States: thus its dissolution is also an indicator of the failure of contemporary criteria of order that thrive in the "American way of life". The cause of the described development is shown to be a constantly exacerbating overall threat, from Clinton to Obama, which is connected to the consistent erosion of US supremacy. Among other aspects, this is based on climate change effects postulated in 1979, which multiply the threat while coinciding with American peak production of fossil fuels and increased demand on resources in the context of dwindling raw material resources. Furthermore, during the period of this study, the "US conservative revolution", which began in the 1980s, increasingly affected foreign and security policy, combining with a consolidation in the influence of corporations and lobby groups in fields such as policy implementation and new underlying conditions. They include the onset of digitisation, entailing a high consumption of resources, and a growing world population faced with specific demographic indicators. Additionally, the maintenance of the armaments sector, originally a result of bipolar development, as the economic basis of military supremacy and the slow decline of the Dollar hegemony since around 1973, should also be taken into account. Complex interaction between Grand Strategy implementation according to the premise of expanding US-American dominance under neoconservative and Christian Right-wing influences, as well as asymmetrical and reactivated conventional security threats and threat multipliers clearly indicate the linear development of the overall threat in the period between 1993 and 2017: in the context of Grand Strategy statements, above all the understanding of defence against this threat, of the latter's multiplying factors and the market economy explains the following with respect to the US far-right in a complex interaction with the growth of transnational corporations, lobby groups, individuals(2), informal networks and state actors with respect to objects of threat and threat multipliers(3) in connection with the post-bipolar, global anchoring of US economic and consumer patterns: US adaptation of its reaction to this threat – while consolidating imperial presidency(4) and weakening the system of checks and balances – including its implications of a bipolar liberal order. In this way, the necessary continued leadership within NATO through the US-proposed NATO reform can be seen as an appropriate implementation of transformed threat-reaction measures and the legitimisation of systemic adaptation. It equally becomes clear that the established threat reaction measures only provide a short-term defence: instead, they enhance the asymmetric and conventional threat, as well as threat multipliers – by introducing arms races and breaking down arms control – thereby heightening the overall threat. The consequence is the consistently growing likelihood of a conflict of hitherto unimaginable proportions. At the same time, the urgent need to mobilise transatlantic cooperation with respect to supporting global cooperation between state and non-government actors is illustrated with respect to the roots of the threat and its deteriorating underlying conditions: each increase in the overall threat, the adapted US security policy and its continuation in NATO is connected to an erosion of rule-based underlying criteria during the studied period. This continuously and consistently undermines the basis of the above-stated, ever-increasingly important cooperation, to prevent or at least limit the successive erosion of the bipolar "American system" under future dystopias. The research results completely overturn the state of research to date, since for instance it is possible to show that, by means of NATO transformation findings, no transatlantic sharing of burdens on an equal footing and no NATO reform in accordance with its founding principles can be achieved. The same also applies to European opposition to the actual anchoring of NATO transformation positions(5), which is based on the erosion of the bipolar liberal order system and the maintenance of US advantages as well as the consolidation of particular interests they facilitate. Furthermore, it is apparent that a line of continuity in the threat-reaction measures from Clinton to Obama exists with varying external effects, along with an underlying pattern of "Battleship America" – as opposed to a multilaterally orientated foreign and security policy under Clinton, which merged into a unilateral, radical swing under G. W. Bush 43 following 9/11, but was reverted by the Obama administration. A comprehensive wealth of literature was used of the doctoral thesis, as reflected by the extensive bibliography: they firstly include diverse American and European publications, monographs and relevant secondary literature, including biographies, publications of various kinds of important political planning and implementation, as well as collected volumes and research articles from specialist journals on all fields of research and politological methodology and theory. The same applies to publications by leading European and American institutions, research centres and think tanks. Furthermore, this author used publications and documents by governments, foreign ministries, defence ministries, other government bodies and Nato. Dissertation structure This dissertation is divided into two volumes and one Appendix: Volume 1 discusses Focus 1, namely a process-tracing in the context of offensive neorealist positioning. Volume 2 presents Focus 2, which is based on the preceding focus in making a structured, focussed comparison in the context of defensive neorealist positioning. The Appendix volume contains further discussion of Chapter 1, Volume 1 with respect to the state of research, literature and sources, theoretical positioning and the choice of the region of study and selected European NATO partners. Furthermore, a historical chapter provides underlying information for process-tracing in Chapter 2, Volume 1, an index of images and abbreviations, and a bibliography. The entire dissertation uses qualitative methods to focus on these two mutually supporting, building on each other, themes to investigate the following from a US-perspective: firstly the overriding US security-policy reaction to a new overall threat and secondly, its continuation combined with the opportunity of for enabling and legitimising it within and through NATO during the studied period from Clinton to Obama. Based on the first part of this hypothesis, Focus 1 (Volume 1) establishes a connection between, on the one hand, maintaining the bipolar Grand Strategy target of consolidating the USA as a leading, regulating power, bipolar foreign-policy Grand Strategy indicators and a new overall threat that is developing in a complex way, and, on the other, the necessity of its continued leadership within NATO and the required NATO transformation according to US-proposed NATO transformation positions. Focus 2 (Volume 2) is based on the second part of the hypothesis, investigating the transatlantic negotiation process to establish these US-proposed NATO transformation positions: in this context, Volume 2 investigates whether the attempt to actually secure and consolidate such US supremacy was unsuccessful in the face of resistance from selected European NATO partners, namely France, Germany and the United Kingdom. The overall result shows that due to a complex, developing, linear increase in the overall threat, the chance for the USA to consolidate its status as a leading power is steadily diminishing. This must be compensated by adapting US security policy. The resulting American security-policy realignment based on the initiated "revolution in military affairs" in turn modifies the indicators of bipolar collective security guarantees. Everything is enabled and legitimised by means of actually securing US NATO-transformation positions. The actual implementation of such NATO transformation – representing the consistent adaptation of US security policy – enables a mission-orientated, rapid response, flexible, global security projection. It also creates conditions for "alliances of choice" within NATO. Furthermore, the modification of a "bipolar NATO" exacerbates the erosion of key achievements of civilisation as a result of adapted US security policy, as well as undermining the tasks of bipolar collective security guarantees through diminished benefits to European NATO partners. The actual anchoring of NATO transformation positions is achieved by reactivating the conventional threat in the context of the Ukraine crisis of 2014 and the extension of NATO partnership rings on a global level, without providing them with NATO membership status, thus avoiding globalisation in a mutual defence case. The German and French resistance is particularly intensive through the involvement of European founder states, while the formation of a European leadership triumvirate consisting of France, Germany and the United Kingdom does not take place. Moreover, a relevant investigation of causes particularly shows that despite constant mutually supporting US security reaction measures with varying international effects and actual continued leadership within NATO, the overall threat is not receding: this leads to a constant increase in the overall threat, a loss of influence of state actors, the diffusion and concentration of power and the increased probability of reactive conventional, nuclear, cyber and ecological destruction scenarios. On this basis, the consequence is an increasingly comprehensive and rapidly responding precision defence combined with growing securitization to compensate for the ongoing containment of US supremacy. This developing process steadily diminishes the reach and power of a liberal, rule-based, bipolar "American system" and the establishment of "idealistic, liberal" elements of US-Grand Strategy. This entails a further reduction in benefits for European NATO allies and increasing US cost-cutting demands – based on the successive NATO transformation positions that build on each other and Obama's "smart power"(6) during the period studied in this dissertation. Thus the chance is receding of developing the post-bipolar, globally adopted American way of life with individual national character, which is regarded as "non-negotiable": for instance its articulation is expressed through increasing right-wing populism, the election of outsider-candidates, the dissolution of traditional party systems, isolationist tendencies combined with burgeoning ethnic, regional movements, the rejection of supranationalism, and religious fundamentalism. At the same time, the ongoing erosion of global public goods is apparent. This all paves the way to limiting the benevolent American regulating power and state actors' leverage – and therefore to a return to classic power politics in the context of a resulting diffusion and concentration of power. In view of the urgency of a long-term containment of asymmetrical or conventional threats to security, or aspects that exacerbate such threats or clusters thereof, as well as underlying global conditions, this undermines the ability to achieve the following: to achieve transatlantic cooperation by broadening the range of levels and actors in the spirit of proactive and expanded, networked security to achieve according global cooperation with respect to containing the root causes of threats. Overall, this research work reveals how and why the anticipated "peace dividend" and the notion of an "age of hope", as postulated by President Clinton, were hardly perceptible during the period of study between 1993 and 2017. Notes (1) Cf. Braml, Josef (2018), Trumps transaktionaler Transatlantizismus, in: Jäger, Thomas (Hrsg.), Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik, Oktober 2018, Volume 11, Ausgabe 4, S. 439-448, Wiesbaden. (2) Cf. National Intelligence Council (Ed.) (2012), Global Trends 2013: Alternative Worlds (NIC 2012-001), https://publicintelligence.net/global-trends-2030/, last accessed: 12.04.19. See also the "international financial leadership, self-selected at Davos" cit. McCoy, Alfred W. (2017), In the Shadows of the American Century. The Rise and Decline of US Global Power, Chicago. (3) In 1990, the threat-enhancing nature of climate change was already postulated with respect to asymmetric objects of threat as well as conventional and complex clusters: "Over the next half century, the global average temperature may increase by approximately 4 degrees C. (…) All nations will be affected. (…) How much time will there be to confirm the amount of change and then to act? (…) However, many believe that we will have waited too long to avoid major dislocation, hardship and conflict – on a scale not as yet seen by man". Cf. Kelley, Terry P. (1990), Global Climate Change. Implications For The United States Navy (The United States Naval War College, Newport, RI), http://documents.theblackvault.com/documents/weather/climatechange/globalclimatechange-navy.pdf, last accessed: 30.03.19. Cf. Mazo, Jeffrey (2010), Climate Conflict. How global warming threatens security and what to do about it, London, Abingdon. This supports the thesis of a developing, constant overall threat during the period between 1993 and 2017. (4) Cf. Schlesinger, Arthur M., Jr. (1973), The Imperial Presidency, Boston. (5) In this dissertation, the proposed US positions on NATO adaptation, the NATO Response Force and the Global Partnership Initiative are described as "NATO transformation positions": Their actual establishment was connected to a NATO transformation with the consistent continuation of adapted US security policy. (6) Cf. Nossel, Suzanne (2004), Smart Power. Reclaiming Liberal Internationalism, http://www.democracyarsenal.org/SmartPowerFA.pdf, last accessed: 26.08.17, Nye, Joseph S. Jr. (2011), The Future of Power, New York, Nye, Joseph S. Jr. (2011), Macht im 21sten Jahrhundert. Politische Strategien für ein neues Zeitalter, München, Rodham Clinton, Hillary (2010), Leading Through Civilan Power. Redefining American Diplomacy and Development, in: Foreign Affairs, November/December 2010, Vol. 89, No.6, S. 13-24.
Summary Introduction. Rapid and uncontrolled industrialisation and urbanisation in most developing countries are resulting in land, air and water pollution at rates that the natural environment cannot fully renew. These contemporary environmental issues have attracted local, national and international attention. The problem of urban garbage management is associated with rapid population growth in developing countries. These are pertinent environmental crises of sustainability and sanitation in Sub-Saharan Africa and other Third World countries. Despite efforts of the various tiers of government (the case of Nigeria with three tiers: Federal, State and Local governments) in managing solid waste in urban centres, it is still overflowing open dumpsites, litters streets and encroaches into water bodies. These affect the quality of urban living conditions and the natural environment. Sub-Saharan and other developing countries are experiencing an upsurge in the accumulation and the diversity of waste including E-waste, waste agricultural biomass and waste plastics. The need for effective, sustainable and efficient management of waste through the application of 3Rs principle (Reduce, Reuse, and Recycle) is an essential element for promoting sustainable patterns of consumption and production. This study examined waste management in Imo State, Nigeria as an aspect correlated to the sustainability of its environment. Materials and methods. To analyse waste management as a correlate of environmental sustainability in Sub-Saharan Africa, Imo State, in eastern Nigeria was chosen as a study area. Issues about waste handling and its impact on the environment in Imo have been reported since its creation in 1976; passing through the State with the cleanest State capital in 1980 to a 'dunghill' in 2013 and a 'garbage capital' on October 1, 2016. Within this State, three study sites were selected – Owerri metropolis (the State capital) Orlu and Okigwe towns. At these sites, households, commercial areas, accommodation and recreational establishments and schools, as well as dumpsites were investigated to ascertain the composition, quantity, distribution, handling patterns of waste in relation to the sustainability of the State's environment. This was done conveniently but randomly through questionnaires, interviews, focus group discussions and non-participant observation; these were all heralded by a detailed deskwork. Data were entered using Microsoft Office Excel and were explored and analysed using the Statistical Package for Social Sciences - SPSS. Data were made essentially of categorical variables and were analysed using descriptive statistics. The association between categorical variables was measured using Cramer's V the Chi-Square that makes the power and the reliability of the test. Cramer's V is a measure of association tests directly integrated with cross-tabulation. The Chi-Square test of equal proportions was used to compare proportions for significant differences at 0.05 levels. The statistical package - the Epi Info 6.04d was also used since a contingency table had to be created from several sub-outputs and determine the extent of association between the row and column categories. The scale variable 'quantity of waste generated' was described using measures of central tendency. It was screened for normality using the Kolmogorov-Smirnov and Shapiro-Wilk tests for normality; in all context, the normality assumption was violated (P<0.05). Five null hypotheses were tested using Logistic Regression model. The explanatory power of individual conceptual component was calculated using the Cox & Snell R2 and that of individual indicators was also appraised using the Likelihood Ratio test. In the context of this work, the significance of the variability explained by the model (baseline model) was appraised using the Omnibus Tests of Model Coefficients, the magnitude of this variability explained by the model using the Cox & Snell R2 and the effects of individual predictors using the Likelihood Ratio test. Qualitatively, data from open-ended items, observations and interviews were analysed using the process of thematic analysis whereby concepts or ideas were grouped under umbrella terms or keywords. The results were presented using tables, charts, graphs, photos and maps. Findings and discussions. The total findings and analyses indicated that proper waste handling in Imo State, Nigeria has a positive impact on the environment. This was assessed by the community's awareness of waste management via sources like the radio and the TV, their education on waste management and schools' integration of environmental education in their program. Although most community members perceived the State's environment as compared to it about 10 years' back has worsened, where they were conscious of proper waste handling measures, the environment was described to be better. This influence of environmental awareness and education on environmental sustainability appraised using Logistic Regression Model, portrayed a significant variability (Omnibus Tests of Model Coefficients: χ2=42.742; P=0.014), inferring that environmental awareness and education significantly predict environmental sustainability. The findings also revealed that organic waste generation spearheaded amongst other waste types like paper, plastic, E-waste, metal, textile and glass. While waste pickers always sorted paper, plastics, aluminium and metal, some of them also sorted out textile and glass. Statistically (P<0.05), in situations where waste was least generated (i.e., 1-2kg per day), community members maintained that the environmental quality was better in comparison to 10 years' back. Waste items like broken glass and textile as well as the remains of E-waste after the extraction of copper and brass were not sorted for and these contributed more to environmental degradation. Similarly, the influence of wealth on environmental sustainability was appraised using Logistic Regression Model including development index related indicators like education, occupation, income and the ability to pay for waste disposal. Harmonising the outcome, farmers, who were mostly the least educated claimed to notice more environmental improvement. In addition, those who did not agree to pay for waste disposal who were mostly those with low income (less than 200,000 Naira, i.e. about 620 Euros monthly) perceived environmental improvement more than those with income above 200,000 Naira. This irony can be attributed to the fact that those with low educational backing lack the capacity to appreciate environmental sustainability pointers well as compared to those with a broader educational background with critical thinking. The employment and poverty reduction opportunities pertaining to waste management on environmental sustainability was appraised using qualitative thematic analysis. All community members involved in sorting, buying and selling of waste items had no second job. They attested that the money earned from their activities sustained their livelihood and families. Some expressed love for the job, especially as they were their own masters. Waste picking and trading in waste items are offering employment opportunities to many communities around the world. For instance, in the waste recycling, waste composting, waste-to-energy plants and die Stadtreiniger in Würzburg city. The workers in these enterprises have jobs as a result of waste. Waste disposal influence on environmental sustainability was appraised using the Binary Logistic Regression Model and the variability explained by the model was significant. The validity was also supported by the Wald statistics (P<0.05), which indicates the effect of the predictors is significant. Environmental sustainability was greatly reliant on indicators like the frequency at which community members emptied their waste containers; how/where waste is disposed of, availability of disposal site or public bin near the house, etc. Imolites who asserted to have public waste bins or disposal sites near their houses maintained that the quality of the State's environment had worsened as such containers/disposal sites were always stinking as well as had animals and smoke around them. Imolites around disposal sites complained of traits like diarrhoea, catarrh, insect bites, malaria, smoke and polluted air. Conclusions. The liaison between poor waste management strategies and the sustainability of the Imo State environment was considered likely as statistically significant ineffectiveness, lack of awareness, poverty, insufficient and unrealistic waste management measures were found in this study area. In these situations, the environment was said to have not improved. Such inadequacies in the handling of generated waste did not only expose the citizenry to health dangers but also gave rise to streets and roads characterized by filth and many unattended disposal sites unleashing horrible odour to the environment and attracting wild animals. This situation is not only prevalent in Imo State, Nigeria but in many Sub-Saharan cities. Future Perspectives. To improve the environment in Sub-Saharan Africa, it is imperative to practice an inclusive and integrated sustainable waste management system. The waste quantity in this region is fast growing, especially food/organic waste. The region should aim at waste management laws and waste reduction strategies, which will help save and produce more food that it really needs. Waste management should be dissociated from epidemic outbreaks like cholera, typhoid, Lassa fever and malaria, whose vectors thrive in filthy environments. Water channels and water bodies should not be waste disposal channels or waste disposal sites. ; Zusammenfassung Einführung. Die rasante und unkontrollierte Industrialisierung und Verstädterung in den meisten Entwicklungsländern führt zu Boden-, Luft- und Wasserverschmutzung in einem Ausmaß, das die natürliche Umwelt nicht vollständig ausgleichen kann. Diese gegenwärtigen Umweltprobleme haben lokale, nationale und internationale Aufmerksamkeit erregt. Das Problem der städtischen Abfallbewirtschaftung ist mit einem rasanten Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern verbunden. Daraus resultieren relevante Umweltkrisen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Hygiene in Subsahara-Afrika und in anderen Ländern der Dritten Welt. Trotz der Bemühungen der verschiedenen Regierungsebenen (im Fall von Nigeria mit drei Regierungsebenen: Bundes-, Landes- und Kommunalregierungen), feste Abfälle in städtischen Zentren zu entsorgen, dominieren immer noch offene Mülldeponien, Straßenabfälle und Einträge in Gewässer. Dies wirkt sich auf die Qualität der städtischen Lebensbedingungen und auf die natürliche Umwelt aus. In den Subsahara Ländern und in anderen Entwicklungsländern nehmen sowohl die Abfallmenge als auch die Arten von Abfällen zu, darunter Elektroschrott, landwirtschaftliche Biomasse und Kunststoffabfälle. Die Notwendigkeit für eine effektive, nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung von Abfällen durch die Anwendung des 3R-Prinzips (Reduzieren, Wiederverwenden (Reuse), Recyceln) ist ein wesentliches Element, um nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktions zu fördern. Diese Studie untersucht die Abfallbewirtschaftung im nigerianischen Bundesstaat Imo als einen Aspekt, der mit der Nachhaltigkeit seiner Umwelt zusammenhängt. Materialen und Methoden. Um die Abfallbewirtschaftung als Aspekt der Nachhaltigkeit und des Umweltmanagements in Subsahara-Afrika zu analysieren, wurde der Bundesstaat Imo im Osten Nigerias als Untersuchungsgebiet ausgewählt. Aus diesem Bundesstaat wurden seit seiner Gründung im Jahr 1976 Probleme in Bezug auf die Abfallbehandlung und deren Auswirkungen auf die Umwelt gemeldet. Imo State zeigt mit Owerri die sauberste Landeshauptstadt Nigerias im Jahr 1980 die Entwicklung zu einem "dunghill" (Misthaufen) im Jahr 2013 und zu einer "Müllhauptstadt" am 1. Oktober 2016 auf. Innerhalb dieses Staates wurden drei Untersuchungsgebiete ausgewählt: Owerri-Metropole (die Landeshauptstadt) und die Städte Orlu und Okigwe. An diesen Standorten wurden Haushalte, Gewerbegebiete, Unterbringungs- und Freizeiteinrichtungen sowie Schulen befragt und Untersuchungen an Mülldeponien vorgenommen. Damit wurde exemplarisch die Zusammensetzung, Menge, Verteilung und die Behandlung der Abfälle in Bezug auf das Nachhaltigkeitsmanagement in der städtischen und staatlichen Umwelt ermittelt. Dies geschah durch "convenient random sampling"… mit Fragebögen, Interviews, Fokusgruppendiskussionen und "non-participant observation". Alle Zielgruppen wurden vorab kontaktiert. Die im Zuge der Untersuchung erhobenen Daten wurden in Microsoft Office Excel eingegeben und mit dem Statistical Package for Social Sciences - SPSS - untersucht und analysiert. Die Daten bestanden im Wesentlichen aus kategorialen Variablen und wurden unter Verwendung deskriptiver Statistiken analysiert. Die Assoziation zwischen kategorialen Variablen wurde mit Cramers V, dem Chi-Quadrat, gemessen, das die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Tests ausmacht. Cramers V ist ein Maß für Assoziationstests, die direkt in die Kreuztabelle integriert sind. Der Chi-Quadrat-Test mit gleichen Anteilen wurde verwendet, um die Anteile auf signifikante Unterschiede bei 0,05 Niveaus zu vergleichen. Das Statistikpaket - Epi Info 6.04d - wurde zur Erstellung einer Kontingenztabelle aus mehreren Unterausgaben und zur Bestimmung der Zuordnung zwischen den Zeilen- und Spaltenkategorien verwendet. Die Skalenvariable "Menge des anfallenden Abfalls" wurde anhand von Maßnahmen zentraler Tendenz beschrieben. Es wurde unter Verwendung der Kolmogorov-Smirnov- und Shapiro-Wilk-Tests auf Normalität untersucht; in allen Zusammenhängen wurde die Normalitätsannahme verletzt (P <0,05). Fünf Nullhypothesen wurden unter Verwendung des logistischen Regressionsmodells getestet. Die Aussagekraft der einzelnen konzeptionellen Komponenten wurde mit dem Cox & Snell R-Square berechnet, und die der einzelnen Indikatoren wurde auch mit dem Likelihood Ratio-Test bewertet. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Bedeutung der vom Modell erklärten Variabilität (Baseline model) anhand der Omnibus-Tests der Modellkoeffizienten, die Größe dieser Variabilität anhand des Modells mit Cox & Snell R2 und die Auswirkungen des Individuums unter Verwendung von Prädiktoren, die den Likelihood Ratio-Test bewertet. Qualitativ wurden Daten aus offenen Items, Beobachtungen und Interviews unter Verwendung des Prozesses der thematischen Analyse analysiert, wobei Konzepte oder Ideen unter Oberbegriffen oder Schlüsselwörtern gruppiert wurden. Die Ergebnisse wurden anhand von Tabellen, Diagrammen, Grafiken, Fotos und Karten dargestellt. Erkenntnisse und Diskussionen. Die Gesamtheit der Untersuchungen hat ergeben, dass sich eine ordnungsgemäße Abfallbehandlung im nigerianischen Bundesstaat Imo positiv auf die Umwelt auswirkt. Dies wurde anhand des Bewusstseins der Gemeinschaft für die Abfallbewirtschaftung über Quellen wie Radio und Fernsehen, ihrer Aufklärung über die Abfallbewirtschaftung und der Einbeziehung der Umwelterziehung der Schulen in ihr Unterrichtsprogramm bewertet. Obwohl die meisten Befragten die Umweltsituation im Staat im Vergleich zu vor etwa 10 Jahren als verschlechtert empfanden und sich der Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung bewusst waren, wurde die aktuelle Umweltsituation als besser beschrieben. Dieser Einfluss des Umweltbewusstseins und der Umweltbildung auf die Umweltverträglichkeit, die mithilfe des logistischen Regressionsmodells bewertet wurden, zeigen eine signifikante Variabilität (Omnibus-Tests der Modellkoeffizienten: χ2 = 42,742; P = 0,014). Dies lässt darauf schließen, dass das Umweltbewusstsein und die Umweltbildung die Umweltverträglichkeit signifikant vorhersagen lassen. Die Ergebnisse zeigten auch, dass organische Abfälle häufiger als andere Abfallarten wie Papier, Kunststoff, Elektroschrott, Metall, Textil und Glas anfallen. Während die Müllsammler immer Papier, Plastik, Aluminium und Metall sortierten, sortierten einige von ihnen auch Textil und Glas. Statistisch gesehen (P <0,05) stellten die Befragten in dem Umfeld, in dem am wenigsten Abfall erzeugt wurde (d. h. 1 bis 2 kg pro Tag), fest, dass die Umweltqualität im Vergleich zu vor 10 Jahren besser war. Abfälle wie zerbrochenes Glas und Textile sowie die Reste von E-Abfällen nach der Gewinnung von Kupfer und Messing nicht sortiert wurden und diese mehr zur Umweltzerstörung beitrugen. In ähnlicher Weise wurde der Einfluss des Wohlstands auf die Umweltnachhaltigkeit mithilfe eines logistischen Regressionsmodells bewertet, das entwicklungsindexbezogene Indikatoren wie Bildung, Beruf, Einkommen und die Zahlungsfähigkeit für die Art der Abfallentsorgung umfasste. Bei der Harmonisierung des Ergebnisses gaben die Landwirte, die größtenteils am wenigsten ausgebildet waren, an, mehr Umweltverbesserungen zu bemerken. Darüber hinaus sahen diejenigen, die sich nicht bereit erklärten, für die Abfallentsorgung aufzukommen, bei denen es sich hauptsächlich um Personen mit niedrigem Einkommen handelte (weniger als 200.000 Naira, das heißt, 620 € monatlich), eine stärkere Verbesserung der Umweltbedingungen als diejenigen mit einem Einkommen von mehr als 200.000 Naira. Diese scheinbar widersprüchliche Wahrnehmung kann auf die Tatsache zurückgeführt werden, dass Menschen mit geringem Bildungshintergrund nicht in der Lage sind, ökologische Nachhaltigkeitsaspekte richtig einzuschätzen, verglichen mit Menschen mit einem breiteren Bildungshintergrund und eher kritischem Denken. Die Beschäftigungs- und Verdienstmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Abfallbewirtschaftung im Hinblick auf die Umweltnachhaltigkeit wurden anhand einer qualitativen thematischen Analyse bewertet. Alle Befragten, die mit dem Sortieren, Kaufen und Verkaufen von Abfällen befasst waren, hatten keine zweite Beschäftigung. Sie bescheinigten, dass das Geld, das sie mit ihren Aktivitäten verdient hatten, ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien sicherte. Einige gaben an, ihre Arbeit sehr gerne zu machen, besonders, wenn sie selbständig arbeitend waren. Die Müllsammlung und der Handel mit Abfällen bieten vielen Gruppen auf der ganzen Welt Beschäftigungsmöglichkeiten. Dies reicht vom Abfallrecycling, der Abfallkompostierung und der Beschäftigung bei der Müllverbrennung in Entwicklungsländern bis zur Tätigkeit bei den "Stadtreinigern" in der Stadt Würzburg. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in diesen Unternehmen haben durch Abfall-(Behandlung) Arbeitsplätze. Der Einfluss der Abfallentsorgung auf die Umweltnachhaltigkeit wurde mithilfe des binären logistischen Regressionsmodells bewertet, und die durch das Modell erklärte Variabilität war signifikant. Die Validität wurde auch von der Wald-Statistik (P <0,05) gestützt, die anzeigt, dass die Wirkung der Prädiktoren signifikant ist. Die Umweltnachhaltigkeit ist stark abhängig von Indikatoren wie der Häufigkeit, in der die Befragten ihre Abfallbehälter entleerten; wie / wo Abfälle entsorgt werden, der Verfügbarkeit von Abfalldeponien oder öffentlichen Abfalleimern in der Nähe des Hauses usw. Nach Ansicht von Imolites, die behaupteten, öffentlichen Abfallsammelstellen/-behältern in der Nähe ihrer Häuser zu haben, hat sich die Qualität der staatlichen Umwelt verschlechtert, da sich die Qualität dieser Abfallsammelstellen/-behälter verschlechtert habe. Die Standorte sorgen für ständige Geruchsbelästigung, Rauch und ziehen Tiere/Ungeziefer an. Imolites in der Nähe von Deponien klagten über Beschwerden wie Durchfall, Katarrh, Insektenstiche, Malaria sowie Atembeschwerden durch Rauch und Gestank. Schlussfolgerungen. Der Zusammenhang zwischen schlechten Abfallbewirtschaftungsstrategien und mangelnder Nachhaltigkeit im Umweltmanagement im nigerianischen Bundestaat Imo wurde als wahrscheinlich angesehen, da in diesem Untersuchungsgebiet statistisch signifikante Ineffektivität in der Abfallbehandlung, mangelndes Bewusstsein, Armut sowie unzureichende und unrealistische Abfallbewirtschaftungsmaßnahmen festgestellt wurden. In diesen Situationen habe sich die Umwelt lt. Umfrageergebnis in den letzten ca. 10 Jahren nicht verbessert. Solche Unzulänglichkeiten im Umgang mit anfallenden Abfällen gefährden nicht nur die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen, sondern führen auch zu Straßen und Wegen, die von Schmutz und vielen unbeaufsichtigten Deponien gekennzeichnet sind. Diese verursachen eine starke Geruchsbelästigung und ziehen wilde Tiere und Ungeziefer an. Diese Situation ist nicht nur im nigerianischen Bundesstaat Imo, sondern auch in vielen Städten in Subsahara-Afrika verbreitet. Zukunftsperspektiven. Um die Umwelt in Subsahara-Afrika zu verbessern, ist ein integratives und integriertes nachhaltiges Abfallmanagementsystem unabdingbar. Die Abfallmenge in dieser Region wächst rasant, insbesondere Lebensmittel- und Bioabfälle. Die Region sollte auf Gesetze zur Abfallbewirtschaftung und Strategien zur Abfallreduzierung abzielen, um nur die tatsächlich benötigten Lebensmittel bereit zu stellen. Die Abfallbewirtschaftung sollte außerdem auf die Vermeidung von epidemischen Ausbrüchen von Cholera, Typhus, Lassafieber und Malaria abzielen, deren Überträger in schmutzigen Umgebungen gedeihen. Wasserkanäle und Gewässer sollten keine Abfallentsorgungskanäle sein. ; Résumé Introduction. L'industrialisation et l'urbanisation rapides et incontrôlées dans la plupart des pays en voie de développement entraînent une pollution des sols, de l'air et de l'eau à un rythme que l'environnement naturel ne peut pas entièrement renouveler. Ces questions environnementales contemporaines ont attiré l'attention locale, nationale et internationale. Le problème de la gestion des déchets urbains est associé à une croissance démographique rapide dans les pays en voie de développement. Il s'agit des crises environnementales pertinentes de la durabilité et de l'assainissement en Afrique subsaharienne et dans d'autres pays du tiers monde. Malgré les efforts des différents paliers de gouvernement (le cas du Nigeria avec trois niveaux : gouvernement fédéral, État et collectivités locales) dans la gestion des déchets solides dans les centres urbains, il déborde toujours de décharges ouvertes, de petites rues et empiète sur les plans d'eau. Celles-ci affectent la qualité de la vie urbaine et l'environnement naturel. L'Afrique subsaharien et les autres pays en voie de développement connaissent une recrudescence de l'accumulation et de la diversité des déchets, notamment les déchets électroniques, les déchets de biomasse agricole et les déchets plastiques. La nécessité d'une gestion durable et efficace des déchets grâce à l'application du principe des 3R (réduire, réutiliser et recycler) est un élément essentiel pour la promotion des modes de consommation et de production durables. Cette étude a examiné la gestion des déchets dans l'État d'Imo, au Nigéria, en tant qu'aspect corrélé à la durabilité de son environnement. Matériaux et méthodes. Pour analyser la gestion des déchets en tant que corrélat de la durabilité environnementale, en Afrique subsaharienne, l'État d'Imo, dans l'est du Nigéria, a été choisie comme zone d'étude. Depuis sa création en 1976, des problèmes liés à la gestion des déchets et à leur impact sur l'environnement ont été signalés. Passant par l'État avec la capitale la plus propre en 1980 jusqu'à une « colline de fumier » en 2013 et une « capitale des déchets » le 1er Octobre 2016. Dans cet État, trois sites d'étude ont été sélectionnés - la métropole d'Owerri (la capitale de l'État), Orlu et Okigwe villes. Sur ces sites, les ménages, les zones commerciales, les établissements d'hébergement et de loisirs, les écoles ainsi que les dépotoirs ont été examinés afin de déterminer la composition, la quantité, la distribution, les types de traitement des déchets en relation avec la durabilité de l'environnement de l'État. Cela s'est fait de manière pratique mais aléatoire au moyen de questionnaires, d'entretiens, de discussions de groupe et d'observation non-participants ; ceux-ci ont tous été annoncés par un travail de bureau détaillé. Les données ont été entrées à l'aide de Microsoft Office Excel et ont été explorées et analysées à l'aide du progiciel statistique pour les sciences sociales – SPSS. Les données ont été constituées essentiellement de variables catégorielles et ont été analysées à l'aide de statistiques descriptives. L'association entre les variables catégorielles a été mesurée à l'aide de Cramer's V, le Chi-carré qui assure la puissance et la fiabilité du test. Cramer's V est une mesure de tests d'association directement intégrée à la tabulation croisée. Le test du Chi carré de proportions égales a été utilisé pour comparer les proportions des différences significatives à 0,05. Le paquet statistique - Epi Info 6.04d a également été utilisé, car il fallait créer un tableau de contingence à partir de plusieurs sous-sorties et déterminer l'étendue de l'association entre les catégories de rangées et de colonnes. La variable d'échelle « quantité de déchets générée » a été décrite à l'aide de mesures de tendance centrale. Il a été testé pour la normalité à l'aide des tests de Kolmogorov-Smirnov et Shapiro-Wilk ; dans tous les contextes, l'hypothèse de normalité a été violée (P<0,05). Cinq hypothèses nulles ont été testées à l'aide du modèle de régression logistique. Le pouvoir explicatif de la composante conceptuelle individuelle a été calculé à l'aide du Cox & Snell R2 et celui des indicateurs individuels a également été évalué à l'aide du test du ratio de vraisemblance (Likelihood Ratio test). Dans le cadre de ce travail, l'importance de la variabilité expliquée par le modèle (modèle de base) a été évaluée à l'aide des tests Omnibus des coefficients du modèle, l'ampleur de cette variabilité expliquée par le modèle utilisant le Cox & Snell R2 et les effets de prédicteurs utilisant le test du ratio de vraisemblance. Sur le plan qualitatif, les données d'éléments ouverts, des observations et les entretiens ont été analysées à l'aide du processus d'analyse thématique consistant à regrouper les concepts ou les idées sous des termes génériques ou des mots clés. Les résultats ont été présentés sous forme de tableaux, graphiques, photos et cartes. Constatations et discussions. L'ensemble des résultats et des analyses indique qu'une gestion appropriée des déchets dans l'État d'Imo, au Nigéria, a un impact positif sur l'environnement. Cela a été évalué par la sensibilisation de la communauté à la gestion des déchets via des sources telles que la radio et la télévision, son éducation sur la gestion des déchets et l'intégration de l'éducation à l'environnement dans son programme. Bien que la plupart des membres de la communauté aient perçu la détérioration de l'environnement de l'État par rapport à celui-ci environ 10 ans en arrière, alors qu'ils étaient conscients de la nécessité de prendre des mesures adéquates pour la gestion des déchets, l'environnement a été décrit comme étant meilleur. Cette influence de la sensibilisation et de l'éducation environnementales sur la durabilité environnementale, évaluée à l'aide du modèle de régression logistique, traduit une variabilité significative (tests Omnibus des coefficients de modèle : χ2 = 42,742; P = 0,014), ce qui en déduit que la sensibilisation et l'éducation environnementales prédisent de manière significative la durabilité environnementale. Les résultats ont également révélé que la génération de déchets organiques était le fer de lance des autres types de déchets tels que le papier, le plastique, les déchets électroniques, le métal, le textile et le verre. Alors que les ramasseurs de déchets triaient toujours le papier, les plastiques, l'aluminium et le métal, certains d'entre eux triaient également le textile et le verre. Statistiquement (P <0,05), dans les situations où la production de déchets était la plus faible (1 à 2 kg par jour), les membres de la communauté ont affirmé que la qualité de l'environnement était meilleure par rapport à 10 ans en arrière. Les déchets tels que le verre brisé et le textile ainsi que le reste de déchets électroniques après l'extraction du cuivre et du laiton n'étaient pas triés et ceux-ci contribuaient davantage à la dégradation de l'environnement. De même, l'influence de la richesse sur la durabilité de l'environnement a été évaluée à l'aide du modèle de régression logistique, notamment des indicateurs liés à l'indice de développement, tels que l'éducation, la profession, le revenu et la capacité de payer pour l'élimination des déchets. En harmonisant les résultats, les agriculteurs, qui étaient pour la plupart les moins scolarisés, ont affirmé qu'ils remarquaient une amélioration de l'environnement. De plus, ceux qui n'acceptaient pas de payer pour l'élimination des déchets et qui étaient pour la plupart ceux ayant un faible revenu (moins de 200 000 nairas, soit 620 € par mois) percevaient une amélioration de l'environnement davantage que ceux ayant un revenu supérieur à 200 000 naira. Cette contradiction peut être attribuée au fait que ceux qui ont un faible niveau d'éducation n'ont pas la capacité d'apprécier les indicateurs de durabilité environnementale ainsi que ceux qui ont une formation plus approfondie avec une pensée critique. Les opportunités d'emploi et de réduction de la pauvreté liées à la gestion des déchets sur la durabilité environnementale ont été évaluées à l'aide d'une analyse thématique qualitative. Tous les membres de la communauté impliqués dans le tri, l'achat et la vente de déchets n'avaient pas de second emploi. Ils ont attesté que les revenus de leurs activités ont permis de maintenir leurs moyens de subsistance et leurs familles. Certains ont exprimé leur amour pour le travail, d'autant plus qu'ils étaient leurs propres maîtres. La collecte et le commerce des déchets offrent des possibilités d'emploi à de nombreuses communautés du monde entier. Par exemple, dans le recyclage des déchets, le compostage des déchets, usines d'incinération des déchets (les installations de valorisation énergétique des déchets) et 'die Stadtreiniger' dans la ville de Würzburg. Les travailleurs de ces entreprises ont des emplois grâce aux déchets. L'influence de l'élimination des déchets sur la durabilité de l'environnement a été évaluée à l'aide du modèle de régression logistique binaire et la variabilité expliquée par le modèle était significative. La validité était également étayée par les statistiques de Wald (P <0,05), qui indiquent que l'effet des prédicteurs est significatif. La durabilité environnementale dépendait en grande partie d'indicateurs tels que la fréquence à laquelle les membres de la communauté vidaient leurs poubelles ; comment / où les déchets sont éliminés, disponibilité de dépotoirs ou de poubelles publiques à proximité de la maison, etc. Les habitants qui prétendaient avoir des poubelles publiques ou des dépotoirs à proximité de leurs maisons ont dit de leur qualité de l'environnement que celle-ci se détériorait, car ces sites étaient nauséabonds, avaient des animaux et de la fumée autour d'eux. Ces habitants se sont également plaints de diarrhée, (de) catarrhe, (de) piqûres d'insectes et (de) morsures d'animaux, de paludisme et d´air puant. Conclusions. La liaison entre les stratégies de gestion des déchets médiocres et la durabilité de l'environnement de l'État d'Imo a été jugée probable : inefficacité statistiquement significative, manque de sensibilisation, pauvreté, mesures de gestion des déchets insuffisantes et irréalistes ont été trouvées dans cette zone d'étude. Dans ces situations, l'environnement ne s'est pas amélioré. Ces insuffisances dans la gestion des déchets générés exposaient non seulement les citoyens à des risques pour la santé, mais donnaient également lieu à des rues et à des routes caractérisées par la saleté et à de nombreux dépotoirs sans surveillance, dégageant une odeur désastreuse pour l'environnement et attirant des animaux sauvages. Cette situation prévaut non seulement dans l'État d'Imo, au Nigéria, mais dans de nombreuses villes d'Afrique subsaharienne. Perspectives d'avenir. Pour améliorer l'environnement en Afrique subsaharienne, il est impératif de mettre en œuvre un système de gestion des déchets durable et inclusif. La quantité de déchets dans cette région augmente rapidement, en particulier les déchets alimentaires / organiques. La région devrait viser des lois sur la gestion des déchets et des stratégies de réduction des déchets, qui contribueront à économiser et à produire plus d´ aliments dont elle a réellement besoin. La gestion des déchets doit être dissociée d'épidémies telles que le choléra, la typhoïde, la fièvre de Lassa et le paludisme, dont les vecteurs se développent bien dans des environnements immondes. Les canaux et les plans d'eau ne doivent pas être des canaux d'évacuation de déchets ou des sites de décharge d´ ordures.
(Siehe dazu auch das downloadbare PDF-Dokument zu dieser Studie)
Die Entwicklung der regionalen Wirtschaft, des Handels und damit des Wohlstands hängen eng mit der zur Verfügung stehenden Verkehrsinfrastruktur zusammen. Der Verkehrssektor sorgt für die Mobilität von Personen sowie den effizienten Austausch von Gütern und Nachrichten und lässt die Bedeutung räumlicher Distanzen in den Hintergrund treten. Hierbei sind sämtliche Bereiche des Verkehrs- und Informationswesens von Bedeutung. In verschiedenen Studien konnten große wirtschaftliche Modernisierungseffekte für die frühe Neuzeit durch die Entwicklung des Postverkehrs in festen Fahrplänen sowie den Bau von Chausseen nachgewiesen werden. Die Innovationen im Bereich der Telekommunikation beschleunigen den Austausch von Informationen um ein Vielfaches, frühere Technologien werden ergänzt oder sogar vollkommen ersetzt durch neue Formen der Informationsvermittlung. (Ein Beispiel ist das Telegramm, das Ende des 19. Jh. und Anfang des 20. Jh. eine hilfreiche und schnelle Form der Nachrichtenübermittlung war, da es wenig Telefone gab und die Briefe eine Laufzeit von ca. 4 Tagen hatten. Im 21. Jh. werden Telegramme nur selten eingesetzt. Das Telegramm hat an Bedeutung verloren, da das Kommunikationsnetz ausgebaut wurde und mittlerweile modernere Möglichkeiten der Datenübertragung wie z.B. SMS, E-Mail, Instant Messaging, zur Verfügung stehen.) Später wurden hinsichtlich der Entwicklung und des Ausbaus des Eisenbahnverkehrs ähnliche Effekte für den Warenhandel und die Integration von Regionen in den überregionalen nationalen Markt und in den Welthandel für die Zeit der industriellen Revolution nachgewiesen. Es soll versucht werden, die quantitative Entwicklung von Indikatoren zu den verschiedenen Verkehrsbereichen Eisenbahn, Kraftfahrzeuge, Binnen- und Seeschifffahrt, Luftverkehr sowie Post- und Nachrichtenverkehr über einen möglichst langen Zeitraum wiederzugeben, um so aufbereitete Zeitreihen der Forschung zur Verfügung zu stellen.
Die vorliegende Datensammlung zum Themenbereich 'Verkehr und Information' enthält insgesamt 75 Zeitreihen, die sich auf den Zeitraum vom Beginn der Amtlichen Statistik zur Zeit des Deutschen Reiches im Jahr 1870 bis zur heutigen Bundesrepublik in den Grenzen vom 3. Oktober 1990 erstrecken; es soll also, soweit es die Quellen erlauben, der Zeitraum von 1870 bis 2010 statistisch wiedergegeben werden. Aufgrund der sich häufig ändernden Erhebungssystematiken sowie durch die Folgen des 1. und des 2. Weltkrieges können nicht für alle Zeitreihen kontinuierlich Daten für den gewünschten Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Entweder liegen für die Zeitabschnitte während der Kriege keine Daten vor oder aber die Vergleichbarkeit insbesondere bei unterschiedlicher Erhebungssystematik ist stark eingeschränkt. Letzeres Problem tritt in besonderer Weise für die Statistik aus der Zeit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik auf, aber auch die Statistik der früheren Bundesrepublik Deutschland (das Gebiet der alten Länder) kann erhebliche Brüche in der Systematik aufweisen. Der technische Fortschritt ist ein weiterer Grund, der das Fortführen kontinuierlicher Zeitreihen erschwert.
Die Zeitreihen zum Bereich 'Verkehr und Information' decken folgende Gebiete ab: • 01: Eisenbahnen: Streckenlängen und Fahrzeugbestände (1850-2009) • 02: Eisenbahnen: Personen- und Güterverkehr (1850-2002) • 03: Straßenverkehr: Bestand an Kraftfahrzeugen (1902-2010) • 04: Straßenverkehr: Straßenverkehrsunfälle (1906-2010) • 05: Binnenschifffahrt: Bestand an Binnenschiffen (1872-2010) • 06: Binnenschifffahrt: Güterverkehr auf den Binnenwasserstraßen (1909-2010) • 07: Seeschifffahrt: Handelsschiffstonnage und Anzahl der Schiffe (1971-2010) • 08: Seeschifffahrt: Güterumschlag bedeutender Seehäfen - Hamburg, Bremische Häfen, Emden sowie Rostock, Wismar und Stralsund (1925-2010) • 09: Gewerblicher Luftverkehr (1919-2010) • 10: Deutsche Reichs- und Bundespost, Telekommunikation (1871-2010)
Zeitreihen zum Kraftfahrzeugverkehr: 03: Strassenverkehr: Bestand an Kraftfahrzeugen (1902-2010) Kraftfahrzeuge insgesamt, Krafträder, Personenkraftwagen, Kraftomnibusse, Lastkraftfahrzeuge, Zugmaschinen, Sonderkraftfahrzeuge, Bevölkerung in 1000, Krafträder auf 1000 Einwohner, Personenkraftwagen auf 1000 Einwohner, Lastkraftfahrzeuge auf 1000 Einwohner.
Zeitreihen zur Binnenschifffahrt: 05: Bestand an Binnenschiffen (1872-2010) Güterschiffe mit eigener Triebkraft (Anzahl), Güterschiffe mit eigener Triebkraft (Tragfähigk. in 1.000 t), Güterschiffe ohne eigene Triebkraft (Anzahl), Güterschiffe ohne eigene Triebkraft (Tragfähigk. in 1.000 t).
06: Güterverkehr auf den Binnenwasserstraßen (1909-2010) Beförderte Güter (Mill. T.). Zeitreihen zur Seeschifffahrt: 07: Handelsschiffstonnage und Anzahl der Schiffe (1871-2010) Insgesamt, Anteil an Welthandelstonnage, Anzahl der Schiffe.
08: Güterumschlag bedeutender Seehäfen - Hamburg, Bremische Häfen, Emden sowie Rostock, Wismar und Stralsund (1925-2010)
Zeitreihen zur Luftfahrt: 09: Gewerblicher Luftverkehr (1919-2010) Für deutsche Flughäfen: Beförderte Personen, Beförderte Luftfracht, Beförderte Luftpost. Für deutsche Fluggesellschaften: Beförderte Personen, Personenkilometer (Pkm), Beförderte Luftfracht, Beförderte Luftfracht in Tonnenkilometer (Tkm), Beförderte Luftpost, Beförderte Luftpost in Tonnenkilometer (Tkm)
Zeitreihen zum Post- und Telekommunikationswesen: 10: Deutsche Reichs- und Bundespost, Telekommunikation (1871-2010) Für das Deutsche Reich, die Alten Länder und die Neuen Länder bis 1990: Beförderte Briefsendungen, Beförderte Paket- und Wertsendungen, Übermittelte Telegramme, Sprechstellen (Telefonanschlüsse), Ortsgespräche, Ferngespräche, Ton-Rundfunkgenehmigungen (Radioempfang), Fernseh-Rundfunkgenehmigungen. Für Deutschland in den Grenzen vom 3. Oktober 1990 ab 1990: Beförderte Briefsendungen, Beförderte Paket- und Wertsendungen, Übermittelte Telegramme, Sprechstellen (Kanäle) - Alle Service-Anbieter, Sprechstellen (Kanäle) - Dt. Telekom, Sprechstellen (Kanäle) - Wettbewerber der Telekom, Sprechstellen (Telefon-Anschlüsse) - Alle Service-Anbieter, Sprechstellen (Telefon-Anschlüsse) - Deutsche Telekom, Sprechstellen (Telefon-Anschlüsse) - Wettbewerber der Telekom, Mobilfunk, Teilnehmer, Verbindungsvolumen im Festnetz(in Mrd. Minuten; zuvor: Summe Ortsgespräche bzw. Ferngespräche) - Alle Service-Anbieter, Verbindungsvolumen im Festnetz(in Mrd. Minuten) - Dt. Telekom, Verbindungsvolumen im Festnetz(in Mrd. Minuten) - Wettbewerber, TAL-Anmietungen durch Wettbewerber der Deutschen Telekom (Mio Anmietungen), Ortsgespräche, Ferngespräche, Ton-Rundfunkgenehmigungen, Fernseh-Rundfunkgenehmigungen.
Zu den einzelnen Bereichen
Die Eisenbahn Die Frage, ob die Eisenbahn als Staatsbahn oder als privat betriebenes Unternehmen geführt werden soll, begleitet die Eisenbahn schon seit ihren ersten Jahren. Vor allem in den wichtigen Handels- und Industriestädten werden in Deutschland private Aktiengesellschaften gegründet, um den Bau von Eisenbahnstrecken zu finanzieren. Dagegen setzt man in Baden und Braunschweig von Beginn an auf das Staatsbahnsystem. 1886 übernimmt schließlich der preußische Staat die bedeutende "Rheinische Eisenbahngesellschaft". Nach Ende des ersten Weltkrieges 1918 wurde die erste Verfassung eines demokratischen Staates, die Weimarer Verfassung 1919 für das Deutsche Reich beschlossen. Auf Grundlage dieser Verfassung wurde 1920 der Staatsvertrag zur Gründung der Deutschen Reichseisenbahnen in Kraft gesetzt. Die bis dahin noch den Ländern unterstellten staatlichen Eisenbahnen (bzw. Länderbahnen) gingen jetzt in Reichsbesitz über. Im Einzelnen waren dies: die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen, die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, die Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen, die Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen, die Preußischen Staatseisenbahnen, die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft "K.P. u. G.H. StE", die Großherzoglich Oldenburgischen Staatseisenbahnen und die Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn. (Vergl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Reichsbahn_%281920%E2%80%931945%29) Neben dieser Entwicklung waren in Deutschland immer sowohl staatseigene als auch private Bahnen tätig. Für die Zeit des Deutschen Reiches, für die ehemalige Bundesrepublik (alte Länder) sowie für Deutschland nach dem 1. Oktober 1990 werden daher die Angaben zu den aufgeführten Beständen jeweils für alle Bahnen zusammen und für die Staatsbahn im speziellen aufgeführt (d.i. Deutsche Reichsbahn, Deutsche Bundesbahn). Zu der Entstehungsgeschichte der einzelnen deutschen Bahnen sowie den Entscheidungsphasen sind wertvolle Hinweise aus R. Fremdling und A. Kunz: Statistik der Eisenbahnen in Deutschland 1835 – 1989. Scripta Mercaturae Verlag, 1995, S. 19ff. zu entnehmen.
01: Eisenbahnen: Streckenlängen und Fahrzeugbestände (1850-2009) Dieser Abschnitt enthält Zeitreihen zur Länge der Schienenstrecken und den Fahrzeugbeständen, die sich aufgliedern in Lokomotiven, Triebwagen, Personenwagen, Gepäckwagen und Güterwagen. Angaben für alle Bahnen zusammen zur Zeit des Deutschen Reiches sowie für die staatseigene Bundesbahn der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen von 1945 wurden – mit Ausnahme der Reihe zu den Triebwagen – bereits von R. Fremdling und A. Kunz im Rahmen ihrer Studie "Statistik der Eisenbahnen in Deutschland 1835 – 1989. Scripta Mercaturae Verlag, 1995" erhoben. Sie decken den Zeitraum 1850-1932 für das Deutsche Reich und 1950-1989 für die Alten Länder (also die ehemalige Bundesrepublik) ab. Ergänzt wurden diese Reihen für 1938 bis 1940 aus den Statistischen Jahrbüchern für das Deutsche Reich bzw. für 1989 bis1993 aus den Statistischen Jahrbüchern für die Bundesrepublik Deutschland. Zusätzlich zu den Reihen von Fremdlung/ Kunz wurden in dieser Studie für die entsprechenden Werte zur Länge des Schienennetzes sowie zum Fahrzeugbestand speziell für die staatliche Bahn des Deutschen Reiches, also für die Deutsche Reichsbahn, sowie für alle Bahnen der Bundesrepublik bis 1993 zusammengestellt. Für die Zusammenstellung der Streckenlängen und Fahrzeugbestände wurde daher sowohl auf die Ergebnisse dieser Studie als auch auf die Publikationen des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen. Für die neuen Länder können für die Zeit der ehemaligen DDR nur zur Staatsbahn – also zu der Deutsche Reichsbahn – Angaben gemacht werden, da es zur Zeit der DDR keine privaten Bahnen gab. Neben dem Statistischen Jahrbuch für die DDR wurden hier die von dem Statistischen Bundesamt herausgegebenen Sonderreihen mit Beiträgen für das Gebiet der ehemaligen DDR und die darin enthaltenen verkehrsstatistischen Übersichten herangezogen. Für die ersten Jahre nach der Wiedervereinigung werden noch Werte für die Gebiete der alten Bundesrepublik und der ehemaligen DDR in den Statistischen Jahrbüchern für die Bundesrepublik Deutschland gesondert ausgewiesen. Ab 1994 werden die Bestände nur noch für Gesamtdeutschland nachgewiesen, so dass die Datenreihen jeweils für die Neuen Länder und die Alten Länder mit dem Jahr 1990, spätestens 1993 enden und nur noch für Deutschland in den Grenzen vom 3. Oktober 1990 fortgeführt werden können. Die Schienenstrecken werden als Eigentumslänge mit Stand am Ende des jeweiligen Kalenderjahres wiedergegeben. Der Fahrzeugbestand bezieht sich immer auf den Stand am Ende des Rechnungs- bzw. Betriebsjahres. Bis 1937 werden Eigentumsbestände der Bahnen ausgewiesen. Anschließend beziehen sich die Werte auf den Einsatzbestand, d.h., in den angegebenen Werten können auch von anderen Bahngesellschaften für den eigenen Bahnbetrieb geliehene Bestände mit enthalten sein. Die Bahn durchlief grundlegende technische Veränderungen. In den alten Ländern, dem Tätigkeitsgebiet der Deutschen Bundesbahn, wurden sukzessiv bis 1977 alle Dampflokomotiven durch Elektro- und Diesellokomotiven ersetzt. Die Schienenstreckentypen wurden vereinheitlicht (vollständiger Abbau von Schienenstrecken für Schmalspurbahnen). Neue Wagentypen und Zugtypen (InterCity, TransEuroExpress) wurden eingeführt. Dies alles kann im Rahmen der vorliegenden Studie nicht detailliert in Form von statistischen Zeitreihen nachgezeichnet werden, da dies den zeitlichen Rahmen des Projektes sprengen würde. Die technischen Veränderungen insbesondere im Bereich der Fahrzeugbestände, und hier besonders in Bezug auf die Triebwagen (Lokomotiven, etc.) haben zu einer Veränderung der Systematik geführt. Um die Darstellung der Reihen möglichst konstant zu gestalten, wurden neu hinzugekommene Triebwagentypen bzw. weiter ausdifferenzierte Wagentypen, die in der Statistik gesondert aufgeführt wurden, soweit es möglich war, zu Oberbegriffen zusammengefasst. Dies wird in den jeweils betreffenden Zeitreihen für den Zeitraum, auf den diese Vorgehensweise angewendet wurde, in den Anmerkungen kenntlich gemacht. So werden ab 1990 im Statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland unter dem Oberbegriff 'Triebwagen' die Kategorien 'Elektrische Lokomotiven', Diesellokomotiven', 'Elektrische Triebwagen' und 'Dieseltriebwagen' gesondert aufgeführt. Der Bestand der Lokomotiven wurde für die Vademecum-Studie durch die Aufaddierung der Kategorien 'Elektrische Lokomotiven' und 'Diesellokomotiven' erfasst. Dampflokomotiven wurden so lange erfasst, wie sie auch in den Statistischen Jahrbüchern der Bundesrepublik aufgeführt wurden. Für die Triebwagen wurde jeweils die Summe aus ´Elektrische Triebwagen´ und ´Dieseltriebwagen´ gebildet.
02: Eisenbahnen: Personen- und Güterverkehr (1850-2002) Neben dem Fahrzeugbestand stellt die Leistung in den Bereichen der Personenbeförderung und der Güterbeförderung eine bedeutende betriebswirtschaftliche sowie verkehrsstatistische Größe dar. Der gemäß vergebenen Aufträgen durchgeführte Transport von Gütern inklusive der Be-, Um- und Ausladung, beinhaltet eine Vielzahl von Verkehrsunterstützungs-, Verkehrsvermittlungs- und Verkehrskoordinierungsprozessen. Zum einen kann die Verkehrsleistung in den absoluten Werten ausgedrückt werden, d.h. die Anzahl der transportierten Personen bzw. das Gewicht der transportierten Güter. Statistisch wird die Verkehrsleistung mit Hilfe einer Kennzahl zum Ausdruck gebracht, die für den Personentransport die Dimension »Pkm (Personenkilometer)« (= Personen X Kilometer) und für den Gütertransport die Dimension »tkm (Tonnenkilometer)« (= Tonnen X Kilometer) hat. Das Produkt aus der zurückgelegten Strecke und der Menge der transportierten Güter bzw. der beförderten Personen wird als 'Aufwandsgröße' im Transportwesen verstanden. Diese vier Größen werden jeweils für alle Bahnen zusammen sowie für die Deutsche Reichsbahn/Deutsche Bundesbahn im speziellen dargestellt – wobei für die neuen Bundesländer Angaben nur für die Deutsche Reichsbahn erhältlich sind. Auch hier kann für die Zeit des Deutschen Reiches auf die Studie von Fremdling und Kunz für alle Bahnen zusammen zurückgegriffen werden. Für die Deutsche Reichsbahn im speziellen werden die Angaben des Statistischen Reichsamtes in den herausgegebenen Jahrbüchern herangezogen. Für das Gebiet der alten Bundesländer stellen Fremdling und Kunz Kennzahlen für die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung. Dementsprechend werden die Kennzahlen für alle in der Bundesrepublik Deutschland (Alte Länder) tätigen Bahnen zusätzlich aus der amtlichen Statistik erhoben.
Der motorisierte Strassenverkehr: Rainer Flik beschreibt in seinen Arbeiten "Motorisierung des Straßenverkehrs, Automobilindustrie und Wirtschaftswachstum in Europa und Übersee bis 1939" (in: M. Lehmann-Waffenschmidt (Hg., 2002): Perspektiven des Wandels - Evolutorische Ökonomik in der Anwendung. Metropolis – Verlag für Ökonomie.) und insbesondere "Von Ford lernen? Automobilbau und Motorisierung bis 1933. Köln: Böhlau, 2001" die Ursachen für die verzögerte Durchsetzung des Automobils als Transportmittel sowie die verspätete Motorisierung der deutschen Bevölkerung. Es waren seiner Analyse zu Folge die schlechteren Rahmenbedingungen für den Automobilmarkt und weniger Unterschiede in den Bedürfnissen der Bevölkerung oder im Unternehmerverhalten, die dem Automobil in Deutschland zunächst zum Nachteil gereichten. In den dicht besiedelten und durch die Eisenbahn und Strassenbahn (sog. Pferdeomnibusse und Pferdebahnen, später um 1880 sukzessive ersetzt durch die Elektrische Stadt- bzw. Strassenbahn) gut erschlossenen Ballungsräumen Deutschlands spielte zunächst das Automobil für die Wirtschaft und den Transport der Güter eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus waren hohe Investitionskosten für den Ausbau von Strassen notwendig, während die Schienenstrecken für die Eisenbahn in den deutschen Großstädten schon vorhanden waren. Daher wurde auch durch die Besteuerungspraxis des Staates das Automobil gegenüber der Eisenbahn zunächst benachteiligt, was zur Folge hatte, dass die Motorisierung des Mittelstandes langsamer verlief als beispielsweise in den USA. Erst in den 1920er Jahren hat das Lastkraftfahrzeug in den Ballungsräumen sich als Transportfahrzeug durchsetzen können, während der Personenkraftwagen noch als teures Luxusgut nur wenigen wohlhabenden Personen zugänglich war. Dagegen spielte das Motorrad für die Motorisierung der deutschen Bevölkerung eine entscheidende Rolle. Deutschland hatte in den 30er Jahren die höchste Motorraddichte und war der bedeutendste Motorradproduzent auf dem Weltmarkt. Als das Automobil technisch ausgereift war und die für den wirtschaftlichen Betrieb notwendige Infrastruktur geschaffen war, konnte sich der Diffusionsprozess schneller und erfolgreicher entfalten. Flik unterscheidet in dem Diffusionsprozess des Automobils in Deutschland drei Stadien: Motorisierung der Oberschicht, Motorisierung des Gewerbe treibenden Mittelstandes und schließlich die Massenmotorisierung (Flik, R.: 2005: Nutzung von Kraftfahrzeugen bis 1939 – Konsum- oder Investitionsgut? In: Walter, R. (Hrsg.): Geschichte des Konsums. Erträge der 20. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 23-26. April 2003 in Greifswald. Stuttgart: Franz Steiner). Für die Zeitreihen zum Kraftfahrzeugbestand in Deutschland wird auf die Studiendaten von Flick zurückgegriffen, welche durch Daten der amtlichen Statistik (Statistisches Bundesamt und Kraftfahrt-Bundesamt) ergänzt werden. Ein weiteres Kapitel (Tabelle 04) zeichnet die Entwicklung der Strassenverkehrsunfälle statistisch nach.
03: Bestand an Kraftfahrzeugen (1902-2010) Der Bestand der Kraftfahrzeuge nach Kraftfahrzeugtyp spiegelt die Durchsetzung dieses Verkehrsmittels wieder. Es liegen Zeitreihen zum Bestand der Kraftfahrzeuge insgesamt und Kraftfahrzeuge untergliedert nach den Typen Motorrad, Personenkraftwagen, Kraftomnibusse, Lastkraftfahrzeuge, Zugmaschinen und schließlich Sonderkraftfahrzeuge vor. Weiterhin werden der Bestand an Motorrädern, Personenkraftwagen und Lastkraftwagen pro 1000 Einwohner wiedergegeben. Aufgrund vorgenommener Korrekturen können die Werte zu den einzelnen Reihen zwischen den verschiedenen Ausgaben der statistischen Jahrbücher abweichen. Da Flik sich in seiner Studie auf die Angaben der amtlichen Statistik stützt, wurden Werte des Statistischen Bundesamtes dann den Werten von Flik vorgezogen, wenn diese Publikationen neueren Datums sind und von den Angaben bei Flik abweichen. Für das Deutsche Reich sind die Angaben auf den jeweiligen Gebietsstand Deutschlands bezogen. Das Saarland ist von 1922 bis 1935 nicht eingeschlossen. Die Angaben für 1939 beruhen auf einer Fortschreibung des Kraftfahrzeugbestands von 1938 und schließen die 1938 und 1939 dem Deutschen Reich angeschlossenen Gebiete nicht ein. Die Daten geben den Bestand jeweils zum 1. Januar wieder. Ferner wird bis 1933 der Bestand ohne vorübergehend abgemeldete Fahrzeuge, ab 1934 inklusive der vorübergehend abgemeldeten Kraftfahrzeuge angegeben. Bis 1914 wurde in der Erfassung zwischen Personenkraftwagen und Kraftomnibussen keine Unterscheidung getroffen, so wurden beide in der Kategorie Personenkraftwagen wiedergegeben. Unter der Rubrik 'Sonderkraftfahrzeuge' werden Fahrzeuge der Kommunen (Kommunalfahrzeuge) aufgeführt, wie z.B.: Straßenreinigungsmaschinen, Feuerwehrfahrzeuge, sowie ab 1948 Krankenwagen. Weiterhin werden Abschlepp- u. Kranwagen sowie Wohnwagen u. ähnliche Fahrzeuge dieser Kategorie zugeordnet. Der Kraftfahrzeugbestand insgesamt für das Gebiet der alten Länder (ehemalige Bundesrepublik) wurde aus den Daten zu den einzelnen Fahrzeugtypen berechnet. Die Werte für die neuen Länder bzw. für die ehemalige DDR sind für die Zeit bis 1989 den Statistischen Jahrbüchern für die DDR entnommen worden. Für die Zeit von 1990-1994 wurde die Publikation 'Verkehr in Zahlen', vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegeben, herangezogen. Bei der Erfassung der Sonderkraftfahrzeuge und der Kraftomnibusse wurde in der Statistik der ehemaligen DDR 1978 eine neue Systematik eingeführt, in der einige Fahrzeugtypen den jeweiligen Obergruppen neu zugeordnet wurden. Das hat in den beiden Fahrzeug-Gruppen zu einer starken Erhöhung der Fahrzeug-Anzahl geführt. Es muß dennoch festgehalten werden, dass der Anstieg der Fahrzeuge um 28000 bzw. 30000 Fahrzeuge von einem Jahr auf das andere sich nicht aus den Veränderungen der Fahrzeugbestände der anderen Fahrzeugtypen erklären lässt, so dass der Hinweis auf eine veränderte Systematik sich nicht in den Zahlen der Datenreihen wiederspiegelt.
04: Straßenverkehrsunfälle (1906-2010) Insbesondere das Automobil hat den einzelnen Bürgern in der Gesellschaft in jüngster Zeit einen enormen Mobilitätszuwachs beschert. Im Laufe der Zeit konnten immer größere Teile der Bevölkerung am Individualverkehr partizipieren. Die Kehrseite der Mobilität einer ganzen Gesellschaft sind die Unfälle mit den Verletzten und Getöteten. Durch die massenhafte Verbreitung motorisierter Fahrzeuge, die sich im selben Verkehrsraum wie Pferde und Fuhrwerke, Fußgänger oder Radfahrer bewegen, steigt die Unfallwahrscheinlichkeit stark an. Auch die Geschwindigkeit der motorisierten Verkehrsmittel erhöht die Unfallwahrscheinlichkeit und die Schwere der Unfälle, den Personen- und Sachschaden enorm. Darüber hinaus hat die Strassenverkehrssicherheit und damit die Zuverlässigkeit, mit der Güter schnell und sicher transportiert werden können und unbeschadet am Zielort ankommen, einen empfindlichen Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung. Denn der Transport übernimmt eine bedeutende Funktion als Wachstumsmotor durch die Erweiterung der Märkte. Eine besondere Zusammenstellung von langen Zeitreihen zur Entwicklung der Strassenverkehrsunfälle erscheint daher sinnvoll. Das Statistische Bundesamt definiert Straßenverkehrsunfälle wie folgt: "Straßenverkehrsunfälle sind Unfälle, bei denen infolge des Fahrverkehrs auf öffentlichen Wegen und Plätzen Personen getötet oder verletzt wurden oder Sachschaden entstanden ist. Auskunftspflichtig für die Statistik der Straßenverkehrsunfälle ist die Polizei. Demzufolge sind Unfälle, zu denen die Polizei nicht gerufen wurde, in der Statistik nicht enthalten. ( In der Unfallstatistik ) … werden Angaben zu Unfällen, Beteiligten, Fahrzeugen, Verunglückten und Unfallursachen erfasst." Statistisches Bundesamt Es wird regelmäßig vom Statistischen Bundesamt ein Heft der Fachserie 8, Reihe 7 mit langen Reihen zu Verkehrsunfällen herausgegeben. Auf der Basis dieser Publikation wurden die Reihen zu der Anzahl der Unfälle, der bei Unfällen Getöteten und der Verletzten zusammengestellt.
Die Schifffahrt
Eine der ersten Verkehrsmittel war die Fortbewegung mit Flößen, später mit Schiffen, zunächst in Ufernähe und auf Flüssen, später auf hoher See. Schon sehr früh wurde der Radius der Fortbewegung erheblich erweitert. Noch bevor die Staaten Europas die Blüte der Hochseeschifffahrt erreichten, haben sie schon die Flüsse als Transportwege für den Handel benutzt. Große Handelsstädte entstanden entlang der großen Flüsse Rhein, Main, Mosel, Donau, Oder, usw. Die Schifffahrt ermöglichte so schon früh den Austausch von Gütern und Ideen, brachte aber auch Auseinandersetzungen über territoriale, wirtschaftliche und militärische Interessen mit sich. Im Laufe der Zeit spezialisierte sich die Schifffahrt in zivile und militärische Bereiche, in Handel und Fischerei. Die Schifffahrt wird im folgenden unterteilt in Binnenschifffahrt und Seeschifffahrt.
05: Bestand an Binnenschiffen (1871-2010) Die Binnenschifffahrt umfasst die Binnen-see-schifffahrt, Flussschifffahrt und Kanalschifffahrt, wobei im Rahmen der vorliegenden Studie auf die Fluss- und Kanalschifffahrt der Schwerpunkt gelegt wird. Binnenfischerei mit Fischerbooten und Transport mit Frachtschiffen auf Binnengewässern machten den Hauptanteil der Binnenschifffahrt aus. Im 17. Jh. wurden noch auf Flößen große Mengen Holz auf den Flüssen nach Holland transportiert. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die Treidelschiffe zum Einsatz (Boote und Kähne durch Segel, Ruder, Staken oder Treidel fortbewegt). Mit Erfindung der Dampfmaschine setzten sich Schiffe mit eigener Triebkraft immer stärker in der Binnenschifffahrt durch. Sämtliche Massengüter wurden auf den Binnengewässern transportiert (z.B. Kohle, Erze und Erdölprodukte). Mit dem Ausbau von Binnenwasserstraßen und Schleusen, durch die eine Regulierung des Wasserstandes ermöglicht wurde, kann der Transport über die Binnenwasserstraßen beschleunigt werden. Heute übernimmt die Binnenschifffahrt Massentransporte in vielen Bereichen (Containertransport, Autotransport, etc.). Laut des Bundesverbandes für Deutsche Binnenschifffahrt dominieren Schütt- und greiferfähige Massengüter, wie etwa Baustoffe, Erze, Kohle und Stahl, mit einem Anteil von rund 70 % an der Gesamtmenge das Geschäft der Binnenschifffahrt (http://www.binnenschiff.de/). Für die Hütten- und Stahlindustrie ist die Binnenschifffahrt unentbehrlich. Auch in deutschen und europäischen Logistikketten stellt die Binnenschifffahrt ein unverzichtbares Glied dar. Im Rahmen dieser Studie kann der Bestand der in der Binnenschifffahrt zum Einsatz gekommenen Schiffe nach Schiffstyp nicht wiedergegeben werden, da dies den Rahmen sprengen würde. Einer der einschneidendsten Veränderungen war die Dampfmaschine und damit die Möglichkeit, Schiffe mit eigener Triebkraft zu bauen. Daher wird hinsichtlich des Bestandes der Binnenschiffe zwischen Güterschiffen mit eigener Triebkraft und Güterschiffen ohne eigene Triebkraft unterschieden. Der Bestand der Schiffe wird dargestellt zum einen anhand der Anzahl der Schiffe, zum anderen aber mittels der Tragfähigkeit des Binnenschiffsbestandes in 1000 t. Für das Deutsche Reich und für die Bundesrepublik Deutschland dient als Datenquelle die Studie von Kunz, Andreas (Hrsg.), 1999: Statistik der Binnenschiffahrt in Deutschland 1835-1989. St. Katharinen: Scripta Mercaturae Verlag.; GESIS Köln, Deutschland ZA8157 Datenfile Version 1.0.0; Datentabelle: Bestand an Binnenschiffen. Die Angaben zu den Beständen beziehen sich für die Periode von 1845-1956 auf den 1.1. und ab 1957 auf den 31.12. des jeweiligen Jahres. Zum Teil wurden die Angaben vom Primärforscher geschätzt. Für den Bestand an Binnenschiffen der ehemaligen DDR dient das Statistische Jahrbuch für die DDR, Jg. 1990, S. 260, Tab. ´Registrierter Bestand an Binnenschiffen´ als Datenquelle. Hier werden nur Schiffe mit eigener Triebkraft aufgeführt und es wird der Jahresdurchschnitt berichtet. Aussagen zu Schiffen ohne eigene Triebkraft können nicht gemacht werden. Für Deutschland in den Grenzen von Oktober 1990 wurde das Statistische Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland als Datenquelle herangezogen. Die Werte beziehen sich immer auf den Stand zum 31.12. des jeweiligen Jahres. Es wurde die Summe aus Gütermotorschiffen und Tankmotorschiffen für Reihe der Schiffe mit eigener Triebkraft gebildet. Schlepper und Schubboote wurden nicht mit einbezogen. Fahrgastschiffe wurden ebenfalls nicht mit einbezogen. Güterschleppkähne und Tankschleppkähne wurden dagegen in die Reihe der Binnenschiffe ohne eigene Triebkraft aufgenommen.
06 Güterverkehr auf den Binnenwasserstraßen (1909-2010) Der Transport von Gütern auf den Binnenwasserstrassen ist ein Indikator für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt. Bedeutende Einflussfaktoren sind die verfügbaren Höhen der Wasserspiegel der Flüsse und später der Binnenkanäle. Der Bau von Schleusen hat den Transport auf Binnenwasserstraßen entscheidend beschleunigt. Kleinere Flüsse, wie z.B. der Neckar, der Main oder die Mosel wurden durch die Kanalisierung und den Bau von Schleusen erst schiffbar gemacht. Der Bau von Binnenlandkanälen ergänzt die Flüsse, indem zwei Flüsse miteinander verbunden werden (z.B. der Mittellandkanal). Insgesamt wurde durch solche Baumaßnahmen der Umfang der schiffbaren Wasserstraßen entscheidend erhöht. Bei der Erfassung der Transportleistung deutscher Binnenwasserstraßen ist auch der Gütertransport nicht-deutscher Fahrzeuge beteiligt. Für das Deutsche Reich in den Grenzen vom 31.12.1937 wurde für den Zeitraum von 1909-1914 und 1932-1938 die Publikation vom Statistischen Bundesamt: Bevölkerung und Wirtschaft 1872-1972, S. 207 als Quelle herangezogen. Für 1919-1931sind die erhobenen Zeitreihen von Andreas Kunz: Statistik der Binnenschifffahrt in Deutschland 1835-1989; GESIS Köln, Deutschland ZA8157 Datenfile Version 1.0.0., Datentabelle: Verkehrsleistungen auf Binnenwasserstraßen verwendet worden. Auch für die frühere Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen von 1949, also die sogenannten Alten Länder, wurde für die Jahre 1936, 1938, 1947 u. 1948 auf die Publikation des Statistisches Bundesamtes: Bevölkerung und Wirtschaft, S. 207 zurückgegriffen. Für 1949-1989 stammen die Werte aus der Studie von A. Kunz (ZA8157 Datenfile Version 1.0.0.). Einbezogen wurden für das Bundesgebiet die Wasserstaßen des Elbegebietes, des Wesergebietes, des Mittellandkanalgebietes, das Westdeutsche Kanalgebiet, das Rheingebiet, das Donaugebiet, sowie Berlin (West). Auch der Durchgangsverkehr auf den deutschen Wasserstrassen wurde mit erfasst. Für den Bereich der ehemaligen DDR bzw. der Neuen Länder wurde auf das Statistische Jahrbuch für die DDR zurückgegriffen. In dieser Reihe werden die Transportwerte inklusive der von der Binnenreederei der DDR beladenen Schiffe anderer Länder berichtet. Ausnahmen bilden die Jahre 1960, 1965, 1970, 1975, 1980 und 1985 bis 1989. Hier werden nur für die deutschen Binnenschiffe die Werte angegeben. Für das wiedervereinte Deutschland stehen die Transportwerte seit 1991 zur Verfügung. Die Werte wurden mittels einer Abfrage vom 15. Februar 2012 von der GENESIS-Online Datenbank ermittelt. (vergleiche: (www-genesis.destatis.de; Abfrage: ´Beförderte Güter (Binnenschifffahrt): Deutschland, Jahre, Hauptverkehrsbeziehungen, Flagge des Schiffes, Güterverzeichnis (Abteilungen)´)
07 Handelsschiffstonnage (1871-2010) Eine leistungsfähige Seeschifffahrt hat schon früh zur Erweiterung der regionalen Märkte beigetragen. Ein Beispiel für die frühe Globalisierung stellt die Hanse dar, die ohne die Seeschifffahrt nicht möglich gewesen wäre. Die zwischen Mitte des 12. Jahrhunderts und Mitte des 17. Jahrhunderts bestehenden Vereinigungen niederdeutscher Kaufleute hatte sich zum Ziel gesetzt, die Sicherheit der Überfahrt zu verbessern und die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen besonders im Ausland wahrzunehmen. In den Zeiten ihrer größten Ausdehnung waren beinahe 300 See- und Binnenstädte des nördlichen Europas in der Städtehanse zusammengeschlossen. Eine wichtige Grundlage dieser Verbindungen war die Entwicklung des Transportwesens, insbesondere zur See. Die Kogge, ein bauchiges Handelsschiff, stellte den bedeutendsten größeren Schiffstyp der Hanse dar. Im ausgehenden 14. Jahrhundert wurden die Koggen mehr und mehr von anderen Schiffstypen abgelöst. Im 15. Jahrhundert setzte der Machtverlust der Hanse ein, der unter anderem auch durch die Entdeckung Amerikas ausgelöst wurde. Der bisher dominierende Ostsee-Westsee-Handel (heute Nordsee-Handel) wurde nun in überseeische Gebiete ausgedehnt. Dabei ging nicht etwa das Handelsvolumen der Hanse im eigentlichen Sinne zurück, es entstanden jedoch mächtige Konkurrenten, die die Bedeutung der Hanse für die einzelnen Städte und Kaufleute schwächten (siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Hanse und Rolf Hammel-Kiesow (2008): Die Hanse, München 4. aktualisierte Auflage). Auch heute ist eine leistungsfähige Seeschifffahrt Voraussetzung für die Globalisierung. Arbeitsteilige Volkswirtschaften sind in starkem Maße vom überseeischen Handel abhängig. Die Handelsschiffstonnage gibt die Transportkapazität in Tonnen einer Handelsflotte an. Bei fortschreitender Technik im Schiffsbau steigt auch die Transportkapazität einzelner Schiffe, was die Wettbewerbsfähigkeit positiv beeinflusst. Die Entwicklung der Handelsschiffstonnage ist somit ein Indikator neben anderen, der die Stellung und Leistungsfähigkeit der nationalen Handelsflotte auf dem Weltmarkt angibt. Die Zusammenstellung der deutschen Handelsschiffstonnage gibt die Tonnage einmal in Bruttoregistertonnen und zum anderen, soweit die entsprechenden Werte aus den Quellen erhoben werden konnten, als Anteil an der Welthandelstonnage wieder. Auch die Anzahl der Handelsschiffe wird angeführt. Das Raummaß Bruttoregistertonne (abgekürzt = BRT) ist die Maßeinheit für die Tragfähigkeit der Seeschiffe. Es wird der gesamte umbaute Schiffsraum vermessen (Bruttoraumgehalt bzw. Bruttotonnage). Seit dem 1. Juli 1994 wird der Raumgehalt eines Schiffes in Bruttoraumzahl (BRZ) und Nettoraumzahl (NRZ) berechnet. Die Angaben für das Deutsche Reich beziehen sich auf das Reich in seinen jeweiligen Grenzen. Als Quellen wurde das Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich sowie die Publikation "Bevölkerung und Wirtschaft" des Statistischen Bundesamtes herangezogen. Ab 1900 geben die Werte den Stand zum 1. Juli des jeweiligen Jahres an. Für die Alten Länder bzw. das Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland wurden die Werte aus der Publikation "Verkehr in Zahlen" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Tabelle: ´Seeschifffahrt - Handelsflotte der BRD´ bezogen. Hier beziehen sich die Werte jeweils auf den 31 Dezember des jeweiligen Jahres. In dieser Quelle wurden Schiffe mit mechanischem Antrieb und einem Raumgehalt von mindestens 100 BRT und mehr berücksichtigt. Außerdem sind für den Zeitraum von 1975 – 1990 Schiffe unter der Flagge der Bundesrepublik einschl. ausländischer Schiffe mit Flaggenschein aufgenommen worden. Schiffe der BRD, die unter fremder Flagge fuhren, werden nicht berücksichtigt, da sie nicht für den deutschen Handel und Transport verwendet werden. Leider kann nach 1971 keine Angabe zum Anteil der deutschen Handelsschiffstonnage an der Welthandelstonnage gemacht werden. Für das Gebiet der ehemaligen DDR wurde das Statistische Jahrbuch für die DDR, Jahrgang 1990, als Quelle herangezogen. Hier ist der Stichtag der Bestandsangaben, wie im Falle des Deutschen Reiches, der 1.7. des jeweiligen Jahres. Für das wiedervereinte Deutschland in den Grenzen des 3. Oktobers 1990 beziehen sich die Angaben – wie für die ehemalige Bundesrepublik – auf den Stand zum 31.12. des jeweiligen Jahres. Als Quelle wurde die Publikation "Verkehr in Zahlen" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herangezogen.
08 Güterumschlag in bedeutenden Seehäfen - Hamburg, Bremische Häfen, Emden sowie Rostock, Wismar und Stralsund (1925-2010) Der Güterumschlag eines Hafens ist ein Indikator für seine wirtschaftliche Bedeutung und der Einbettung des Hafens in der Logistikkette. Bei guter Anbindung an Bahn und Autobahn und kurzen, zügigen Be- und Entladungsphasen von Schiffen sowie LKWs und Bahn-Waggongs wird sich ein Hafen als Güterumschlagszentrum etablieren. Die Datentabelle K15.08 enthält für die wichtigsten Häfen Deutschlands die Entwicklung des Güterumschlags vom Deutschen Reich bis zum Jahr 2010 im wiedervereinten Deutschland in den Grenzen vom 3. Oktober 1990. Vor dem Hintergrund der Teilung Deutschlands nach dem 2. WK in zwei Staaten und der Auswahl der wichtigsten Häfen für die ehemalige DDR, wie sie in dem Statistischen Jahrbuch für die ehemalige DDR getroffen wurde, sind folgende Häfen in der Datentabelle aufgenommen worden: Hamburg, Bremische Häfen, Emden, Rostock, Wismar und Stralsund. Als Quelle dienen die Statistischen Jahrbücher für das Deutsche Reich, für die Bundesrepublik Deutschland und für die DDR. Für die neuen Länder wurde darüber hinaus noch die Publikation des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Verkehr in Zahlen, Jg. 1990, S. 282, Tabelle: 'DDR Kennziffern - Seehäfen und Binnenhäfen' herangezogen.
Die Luftfahrt
Mit der Erfindung des Flugzeuges tritt eine vollkommen neue Form der Fortbewegung auf den Markt. Die ersten Flugzeuge wurden zunächst nur für militärische Zwecke genutzt; 1919 setzte mit Gründung der Deutschen Luft-Reederei (DLR) in Deutschland eine Entwicklung hin zum zivilen Luftverkehr ein. Die Deutsche Luft-Reederei (DLR) wurde vom Reichsluftamt in Berlin als weltweit erste Fluggesellschaft für den zivilen Luftverkehr zugelassen. Zwischen Berlin und Weimar begann der regelmäßige Post- und Passagierverkehr. Die Luftpost mit Flugzeugen, die schon während des Ersten Weltkriegs entstand, wurde wesentlich ausgebaut. In den darauf folgenden Jahren entstanden viele kleine Fluggesellschaften, die häufig nur eine Strecke bedienten. Der technische Fortschritt ermöglichte schließlich die Entwicklung eines Verkehrsflugzeuges mit beheizbarer Kabine und gepolsterten Sitzen. 1926 wurde die "Deutsche Lufthansa AG" unter Beteiligung des Reiches, der Länder und Städte gegründet. Bis 1945 war sie Einheitsgesellschaft für den zivilen Luftverkehr mit weit verzweigtem europäischem Streckennetz. Mit der Kapitulation Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg im Mai 1945 wurde die deutsche Luftfahrt zunächst unterbrochen. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Einrichtung des Verkehrsministeriums konnte der zivile Luftverkehr wieder 1955 aufgenommen werden. Der Luftverkehr hat gerade für eine international ausgerichtete Volkswirtschaft wie Deutschland eine enorme Bedeutung durch die hohen Mobilitätszuwächse in wirtschaftlichen Bereichen und im Bereich des Personenverkehrs. Mit Einsetzen des Luftverkehrs als Transportmittel ist eine Verringerung der Transportkosten und Transportzeiten zwischen weit entfernten Orten erreicht worden. Eisenbahn- und Schiffsverkehr stellen für den Flugverkehr aufgrund der größeren Gütermengen, die sie transportieren können, sowie der günstigeren Kosten pro transportierter Gewichtseinheit, weiterhin wichtige Mitbewerber im Bereich des Gütertransportes dar. Wesentliche Akteure des Luftverkehrs sind neben der Flugsicherung die Flughäfen und die Fluggesellschaften. In der Zeit von 1919 bis 1949 entwickelte sich der Luftverkehr bis in die 1970er Jahre hinein als ein stark staatlich regulierter Sektor. Die Luftverkehrsgesellschaften wie z.B. die Deutsche Lufthansa sowie die Flughäfen befanden sich oft im Besitzt des jeweiligen Heimatlandes. Ende der 70er Jahre setzte in den USA ein Deregulierungsprozess des Luftverkehrssektors ein, der schließlich auch in den 80er Jahren die Länder der Europäischen Union erfasste. Die Europäische Gemeinschaft verwirklichte in drei großen Liberalisierungsschritten in den Jahren 1987, 1990 und 1993 eine weitgehend vollständige Dienstleistungsfreiheit für den innereuropäischen Luftverkehr. (vergl.: St. Kraft: Geschäftsmodelle strategischer Luftverkehrsallianzen. Universität Gießen. WEB: http://www.org-portal.org/fileadmin/media/legacy/Gesch_ftsmodelle_strategischer_ Luftverkehrsallianzen.pdf)
09 Gewerblicher Luftverkehr der deutschen Fluggesellschaft und aller Fluggesellschaften auf deutschen Flugplätzen (1919-2010)
Solange der Luftverkehr noch nicht liberalisiert war, diente der größte nationale Flughafen der nationalen Fluggesellschaft als Hauptstützpunkt. Aufgrund der strikten Reglementierung des europäischen Luftverkehrs durch bilaterale Abkommen wurde den Fluggesellschaften die Streckenführung und Passagierbeförderung größtenteils vorgegeben. Nur, wenn es um Zubringerdienste (die sog. spokes) innerhalb des eigenen Landes ging, konnten die Passagierströme für Langstreckenflüge auf einen bestimmen Flughafen als sogenannten Hub (=gewählter Umsteigeflughafen einer Fluggesellschaft) konzentriert werden. Nach der Liberalisierung innerhalb der EU treten Flughäfen und Fluggesellschaften nun als selbständige Akteure auf, die Entscheidungen nach Effizienzgesichtspunkten fällen können. Die Flughäfen treten untereinander in den Wettbewerb ein. Mit dem Ausbau ihrer Kapazitäten und Dienstleistungen am Boden versuchen sie, für Fluggesellschaften als Hauptstützpunkt (das sog. Hub-and-Spokes-System ) attraktiv zu sein. Unternehmen des Güterverkehrs sowie die Teilnehmer des Personenverkehrs sollen aufgrund guter Serviceleistungen angesprochen werden. Die Fluggesellschaften wiederum konkurrieren über angebotene Flugrouten und Preise. (vgl. Gordon Paul Schenk, 2003: Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Markt im Luftverkehr. Dissertation, Hamburg, S. 123 f.) Von daher erscheint es sinnvoll, die erbrachten Transportleistungen im Luftverkehr sowohl nach den Fluggesellschaften als auch nach den Flughäfen getrennt darzustellen. Es wurde versucht, möglichst lange kontinuierliche Datenreihen für Deutschland zur Zeit des Deutschen Reiches bis 1938/1940, jeweils für die frühere Bundesrepublik (Alte Länder) und die ehemalige DDR (Neue Länder) von 1950 bis 1990 sowie für das wiedervereinte Deutschland in den Grenzen vom 3. Oktober 1990 für die Zeit von 1990 bis 2010 zusammenzustellen. Für die Flughäfen wurden die Leistungen sämtlicher deutscher und ausländischer Fluggesellschaften aufgenommen. Zur Zeit des Deutschen Reiches ist auch der Luftschiffverkehr in den Zahlen mit enthalten. Für die Bundesrepublik Deutschland und das wiedervereinte Deutschland wurde der Gesamtverkehr einschließlich des Durchgangsverkehrs erfasst. Für die alten Länder (ehemalige Bundesrepublik) wurden die Werte folgender Flughäfen erfasst: Berlin-West, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, München, Nürnberg, Stuttgart, ab 1977 Saarbrücken. Die Datenreihen für die Neuen Länder beziehen sich auf die Flughäfen Berlin- Schönefeld, Dresden, Leipzig/Halle, ab 1998 Erfurt. Für die Fluggesellschaften werden jeweils neben den Beförderungsleistungen in absoluten Zahlen auch die Kennwerte der Transportleistungen, Personenkilometer und Tonnenkilometer angegeben. Für die ehemalige DDR wird in dem Statistischen Jahrbuch für die DDR nur für die Fluggesellschaft der ehemaligen DDR, die Interflug bzw. Deutsche Lufthansa der DDR berichtet, so dass für die Zeit von 1945 bis 1990 keine Angaben zu den Flughäfen gemacht werden können. Folgende Zeitreihen sind in dieser Datentabelle aufgenommen worden: Für die deutschen Flughäfen: - Beförderte Personen in 1000; - Beförderte Luftfracht in 1000 t.; - Beförderte Luftpost in 1000 t. Für die deutschen Fluggesellschaften: - Beförderte Personen in 1000; - Beförderte Personen in Personenkilometer; - Beförderte Luftfracht in 1000 t.; - Beförderte Luftfracht in 1000 Tonnenkilometer; - Beförderte Luftpost in 1000 t. - Beförderte Luftpost in 1000 Tonnenkilometer.
Die Nachrichtenübermittlung durch Post und Telekommunikation
Die Beförderung von Nachrichten, Kleingütern und zum Teil auch Personen ist ein wesentlicher Bestandteil eines funktionsfähigen Gemeinwesens. Bis zum späten Mittelalter gab es in dem damaligen Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen kein etabliertes System der allgemeinen Nachrichtenübermittlung, sondern Kaiser, Klerus und Fürsten sendeten per Boten ihre Nachricht direkt zum Zielort. Der Habsburger Maximilian I. benötigte für die effektive Verwaltung seines Reichs eine zuverlässige und sichere Nachrichtenübermittlung. 1490 beauftragte er die Familie Torre e Tassis (später Thurn und Taxis) mit der Einrichtung einer systematisch organisierten Nachrichtenübermittlung. Durch die Einrichtung von Poststationen war die Übermittlung von Nachrichten nicht mehr an eine Person, den Boten, gebunden, sondern wurde – vergleichbar einem Staffelrennen – an der Station einem anderen Reiter übergeben. Der Nachrichtenbeförderung wurde bei Tag und bei Nacht durchgeführt. Dieses Poststationen-System wurde ständig erweitert, Briefe konnten so über große Distanzen innerhalb von 5 bis 6 Tagen transportiert werden. Die Nachrichtenübermittlung wurde extrem beschleunigt. Raum und Zeit waren plötzlich keine unüberwindbaren Hindernisse. War dieses Übermittlungssystem zunächst ausschließlich für kaiserliche Nachrichten eingerichtet, wurde schon 1530 die Post der Allgemeinheit zugänglich gemacht. In der darauffolgenden Zeit wurden von Landesfürsten, Herzogtümern und Städten konkurrierende Postrouten eingerichtet. Zwar wurde durch Kaiser Rudolf II. die Reichspost 1597 zum kaiserlichen Hoheitsrecht erklärt. Dieses Monopol, welches das Haus Thurn und Taxis als kaiserliches Lehen erhielt, wurde jedoch nicht von allen Landesfürsten anerkannt, was zu einer Vielzahl ausgehandelter bilateraler Verträge zwischen der Reichspost und den jeweiligen konkurrierenden lokalen Postunternehmen zwang. 1850 wurde schließlich der Deutsch-Österreichische Postverein als Zusammenschluß kleinstaatlicher Posten mit dem Ziel eines einheitlichen Tarifsystems gegründet, dem in der Folgezeit immer mehr deutsche Staaten beigetreten sind. Durch die politischen Ereignisse 1866/67 (Deutsch-Preußischer Krieg) wurde der Deutsche Postverein aufgelöst. Schon in dieser Zeit hat der technische Fortschritt zu großen Umwälzungen und neuen Perspektiven geführt. Als technische Erneuerung sind in diese Zeit gefallen: die Telegrafie, die Bahn, die als Transportmittel für die Post entdeckt wurde, und die Rohrpost. Die Preußen führten die Telegrafie 1832 offiziell ein (Telegrafenlinie von Berlin nach Koblenz). 1850 wurde der Deutsch-Österreichische Telegrafenverein gegründet, der den Anschluss an das belgische, französische und das englische Telegrafennetz ermöglichte. "Erst mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 unter Bismarck wurde auch das deutsche Postwesen endgültig unter einem Dach zusammengefasst und über 100 Jahre lang verstaatlicht." (Gregor Delvaux de Fenffe, www.planet-wissen.de/kultur_medien/ kommunikation/post/index.jsp ) Gebühren der Postbeförderung wurden vereinheitlicht, der Einsatz moderner Technologien forciert. Schließlich wurden mittels bilateraler Verträge die Beförderungshemmnisse über die Grenzen des Deutschen Reiches abgebaut. Führte in der Entstehungszeit des Postwesens die Vielfalt eigenständiger, regionaler Postvereine aufgrund vieler Grenzen und unterschiedlicher Regeln zu einem unübersichtlichen und starrem System, so brachte die Liberalisierung des Post- und Telekommunikationswesens in Deutschland in den 1990er Jahren einen Anstieg der Auswahl für die Verbraucher, stark fallende Preise, neue innovative Dienste und damit mehr Flexibilität. Auslöser der Liberalisierungsprozesse nicht nur für Post und Telekommunikation, sondern für den gesamten Verkehrssektor, war das Binnenmarktprogamm der Europäischen Union, das europäische Wettbewerbsrecht und die Europäische Kommission als Akteur. Ziel der Liberalisierung ist es, wettbewerbsverzerrende staatliche Eingriffe und damit nationalstaatliche Gestaltungsspielräume einzuschränken. Nationalstaatliche Monopole sind wegen bestehender europarechtlicher Verpflichtungen nicht mehr zu halten. (vergl.: Susanne K. Schmidt: Liberalisierung in Europa. Campus, 1998; Justus Haucap / Coenen, Michael (2010): Ordnungspolitische Perspektiven Nr.01. Regulierung und Deregulierung in Telekommunikationsmärkten: Theorie und Praxis. Düsseldorf, Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie DICE) Flankiert wird diese Entwicklung durch eine Vielzahl neuer Technologien der Kommunikation, wie das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten (Social Media, das Semantische Web, die Internet-Telefonie, der E-Mail-Verkehr), der Mobilfunk oder die Möglichkeit, SMS zu versenden.
10 Deutsche Reichs- und Bundespost (1871-2010)
Die quantitative Entwicklung der Dienstleistungen des Post- und Telekommunikationswesen von der Zeit des Deutschen Reichs bis zur Gegenwart soll mit folgenden Zeitreihen festgehalten werden: - Beförderte Briefsendungen, - Beförderte Paket- und Wertsendungen, - Übermittelte Telegramme, - Sprechstellen (Telefonanschlüsse), - Ortsgespräche, - Ferngespräche, - Ton-Rundfunkgenehmigungen - Fernseh-Rundfunkgenehmigungen
Durch die rasante technische Entwicklung können viele Reihen insbesondere ab den 1990er Jahren in dieser Form nicht mehr fortgeführt werden bzw. müssen durch weitere Reihen ergänzt werden, und zwar: - Bezüglich der Telefone muss zwischen Telefon-Anschlüssen und Telefon-Kanälen unterschieden werden. Der klassische Analoganschluss ermöglicht durch das ISDN die Bereitstellung von mehreren Kanälen auf einen ISDN-Anschluss. Darüber hinaus stellt der Mobilfunk ein neues Medium dar, das neben dem Festnetzanschluss erfasst werden muß. - Aufgrund der Monopolstellung, welche die Post für ca. 120 Jahre innehatte, ist sie die Eigentümerin wertvoller Infrastruktur. Im Falle des Telefons ist sie, bzw. die aus ihr hervorgegangene Deutsche Telekom AG Eigentümerin der Telefonanschlussleitungen. Das Telefonnetz kann als einziger Teil nicht oder nur schwer von alternativen Anbietern ersetzt werden und es wird für gewöhnlich von einem örtlichen Zugangsnetz-Monopolisten (die Deutsche Telekom) kontrolliert. Damit die Wettbewerber den Zugang zum Anschluss des Kunden auf wirtschaftliche Weise realisieren können, sorgt die Regulierungsbehörde für eine angemessene Tarifierung der Vorleistungen des etablierten Betreibers. Daher ist die Entwicklung der TAL-Anmietungen durch Wettbewerber ein wichtiger Indikator für den Prozess der Liberalisierung. - Viele technische Neuerungen, die in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen haben, sind im Rahmen dieser Tabelle nicht berücksichtigt worden, so. z.B. die Verbreitung der Internet-Anschlüsse in den Haushalten oder die Internet-Telefonie. Der Grund liegt darin, dass die Reihen oft erst mit Ende der 1990er Jahre oder später beginnen, wie man dies auch am Beispiel der TAL-Anmietungen sehen kann, für die erst mit dem Jahr 1998 der erste Wert erhoben wurde. Zum andern wurde versucht, soweit wie möglich, eine gewisse Vergleichbarkeit zu den Jahren vor 1990 beizubehalten. Für die Telefonanschlüsse bedeutet dies, dass für Deutschland ab 1990 die Sprechstellen, gezählt als Anzahl der Kanäle für alle Anbieter und für die Telekom AG im besonderen ausgewiesen werden. Nach 2007 ergibt sich ein Bruch in diesen Reihen, da ab 2008 nur noch die Sprechstellen, gezählt als Anschlüsse, ausgewiesen werden, womit sich die ausgewiesenen Zahlen verringern (ein Anschluss kann mehrere Kanäle bereitstellen). - Für die 'Übermittelten Telegramme' sind aus den uns vorliegenden Quellen keine Werte zu entnehmen.
Die Inhalte der verlinkten Blogs und Blog Beiträge unterliegen in vielen Fällen keiner redaktionellen Kontrolle.
Warnung zur Verfügbarkeit
Eine dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht garantiert und liegt vollumfänglich in den Händen der Blogbetreiber:innen. Bitte erstellen Sie sich selbständig eine Kopie falls Sie einen Blog Beitrag zitieren möchten.
In der Politik haben wir es häufig mit komplexen Sachverhalten zu tun, die ebenso häufig auf komplexen Ideen und Konzepten basieren. Frames und Metaphern helfen uns, die politische Wirklichkeit und die ihr zugrunde liegenden Ideen und Konzepte in eine Sprache zu übersetzen, die auf die strukturellen Deutungsrahmen unserer Alltagserfahrungen zurückgreift und somit erst verständlich werden lässt. Dabei sind Frames immer selektiv, indem sie bestimmte Aspekte eines Themas hervorheben und andere in den Hintergrund treten lassen (vgl. Wehling 2017, S. 42; Łada/Sendhardt 2021).Aber nicht nur Sachverhalte, Staaten und soziale Gruppen werden medial geframt, auch Personen unterliegen Framing-Prozessen (Brosius und Dan 2020, S. 267). Dies gilt insbesondere für Politikerinnen und Politiker, die wie kaum eine andere Berufsgruppe in den Medien dauerpräsent sind. Relevant ist dieses "Character-Framing" (Brosius und Dan 2020, S. 267) vor allem angesichts der zunehmenden Orientierung an Personen (und weniger an Programmen, Parteien, Institutionen, etc.), die die Politikberichterstattung weltweit kennzeichnet. Die Berichterstattung in der deutschen bzw. polnischen Presse bildet hier keine Ausnahme, sondern ordnet sich vielmehr in einen globalen Trend ein. Im Rahmen dieser "Personalisierung der deutsch-polnischen Kommunikation" werden Personen in ihrer jeweiligen Amtsfunktion als repräsentativ für das entsprechende Land als Ganzes geframt. Eine aus Sicht der Framing-Analyse zentrale Erkenntnis dieser Form der Metonymie ist die Beobachtung, dass Person (selbst in ihrer Amtsfunktion) und Politik des Landes niemals deckungsgleich sein können und die Berichterstattung mittels Personalisierung daher notwendigerweise (wie alle Frames) immer nur einen spezifischen Beobachtungssauschnitt und eine spezifische Perspektive repräsentiert.Im vorliegenden Beitrag habe ich daher Zeitungsartikel aus der Süddeutschen Zeitung (SZ), der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sowie der Gazeta Wyborcza (GW) und der Rzeczpospolita (Rz) auf die Frage hin untersucht, wie sie die Person des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, und mittelbar die gesamte Ukraine, framen. Dabei lag mein Fokus auf dem Wandel, den dieses Framing im Kontext der russischen Invasion am 24. Februar 2022 erfahren hat, weswegen ich zunächst einen Blick auf die Berichterstattung deutscher und polnischer Medien rund um die ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2019 werfen werde, aus denen Selenskyj als Sieger hervorgegangen ist.Selenskyj 2019: Vom Schauspieler zum uneindeutigen PolitikerSowohl in der deutschen wie auch der polnischen Presseberichterstattung rund um die Wahl von Wolodymyr Selenskyj zum ukrainischen Präsidenten am 21. April 2019 fallen zwei Frames besonders auf. Zum einen der Deutungsrahmen von Selenskyj als politischem Quereinsteiger, dessen Wahl ob der beruflichen Vergangenheit als Hauptdarsteller der beliebten TV-Serie "Diener des Volkes" (in der Selenskyj bezeichnenderweise einen politischen Quereinsteiger spielt, der Präsident wird) die Ernsthaftigkeit und Qualität der ukrainischen Demokratie per se infragestellt. Der zweite Frame bezieht sich auf die Frage, wie der fulminante Erfolg des politischen Newcomers eingeordnet werden solle. Hierbei oszilliert vor allem die deutsche Berichterstattung zwischen den beiden Extremen Abhängigkeit und Unabhängigkeit, während sich die polnische Berichterstattung stärker auf die Ambiguität der Person Selenskyjs konzentriert.Der SchauspielerEin zentraler Frame in der deutschen wie auch in der polnischen Berichterstattung über Selenskyj rund um dessen Wahl zum ukrainischen Präsidenten am 21. April 2019 hebt auf dessen berufliche Vergangenheit als Schauspieler und Komiker ab. Dabei wird in der deutschen Presse etwa seine (mangelnde) politische Erfahrung ("der politisch völlig unerfahrene Schauspieler, Komiker, Medienmanager und Unternehmer", FAZ 17.4.2019)[1] mit der Verantwortung kontrastiert, die die Wahl "zum Staatspräsidenten und Oberbefehlshaber der Armee" (FAZ 17.4.2019) mit sich bringt. Die ukrainische Wählerschaft scheint dies unterschiedlich zu bewerten. Während die einen in Selenskyj "einen 'Magier'" erblicken, "einen, der die Welt sofort wieder in Ordnung bringt" (FAZ 20.4.2019), sähen zahlreiche "patriotisch gesonnene ukrainische Intellektuelle […] die Abstimmung ihrer Landsleute für den 'Clown' Selenskyj dumm, haarsträubend oder sogar gefährlich" (FAZ 21.4.2019).Damit wird suggeriert, dass weder er als Person noch die ukrainische Demokratie als politisches System ernst genommen werden können, da alles vor allem auf Show und Spektakel angelegt sei. So schreibt die SZ:"Im Wahlkampf um das Präsidentenamt in der Ukraine jagt eine Kuriosität die nächste. Vor laufenden Kameras hatten sich Poroschenko und Selenskyj etwa Bluttests auf Drogen und Alkohol unterzogen. Der 53 Jahre alte Präsident versucht, den 41 Jahren alten Schauspieler als koksende russische Marionette hinzustellen" (SZ 19.4.2019).Und so verweist etwa die FAZ auf "die beträchtlichen Risiken, die sich mit Selenskyjs Mangel an Verwaltungserfahrung sowie kompetenten Beratern verbinden. In Kriegszeiten kann sich die Ukraine an und für sich nicht den Luxus politischer Experimente und dilettantischer Staatsführung erlauben" (FAZ 21.4.2019).So berichtet die Rzeczpospolita über den "Kabarettisten Selenskyj, der über keinerlei Erfahrung in der Politik verfügt" (Rz 24.4.2019) und titelt über Selenskyjs Wahlerfolg gegen den bisherigen Amtsinhaber Petro Poroschenko "Komiker gewinnt gegen Geschäftsmann" (Rz 23.4.2019). Ganz ähnlich beschreibt die Gazeta Wyborcza Selenskyj als "Schauspieler und Komiker" (GW 21.4.2019), der "in puncto Politik vollkommen grün hinter den Ohren ist" (GW 19.4.2019) sei. Ein Experten-Kommentar in der Rzeczpospolita geht sogar noch einen Schritt weiter. Demnach sei Selenskyj "ein Narzisst" und es sei eine "schwache Präsidentschaft" zu erwarten (Rz 23.4.2019).Während sich die deutsche und polnische Berichterstattung einig sind hinsichtlich des Framings Selenskyjs als Schauspieler und Komiker, der über keinerlei politische Erfahrung verfügt, unterscheiden sich die Medien beider Länder in der Akzentuierung dieser Beobachtung. So räumt die deutsche Presseberichterstattung diesem Umstand weitaus mehr Raum ein, als dies die untersuchten polnischen Zeitungen tun. Und auch was die Schlussfolgerungen für die ukrainische Demokratie und Staatlichkeit betrifft, die aus dem Wahlsieg Selenskyjs zu ziehen seien, zeichnen die deutschen Medien ein weitaus drastischeres Bild als dies ihre polnischen Pendants tun.Der Uneindeutige: Zwischen Marionette der Oligarchen und unabhängigem QuereinsteigerIm Rahmen der Präsidentschaftswahl 2019 stellten sich der deutschen wie auch der polnischen Presse die Frage, was man von dem Schauspieler und Komiker eigentlich politisch zu halten habe. Dabei wurde der (zukünftige) ukrainische Präsident einerseits als Marionette in den Händen der Oligarchen gezeichnet, andererseits als unabhängiger politischer Quereinsteiger. In der Summe war dieses Framing Selenskyjs von Ambiguität geprägt und präsentierte den Präsidenten als Person, die mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt.Dabei erscheint Selenskyj in der deutschen Presse einerseits als Instrument oder gar Marionette des mächtigen ukrainischen Oligarchen Ihor Kolomojskyj, der danach trachtet, "seinen Erzfeind Poroschenko zu stürzen" (SZ 23.4.2019). Die passive Rolle, die Selenskyj hier zugeschrieben wird, meint natürlich die Ukraine als politische Gemeinschaft gleich mit. Ebenso wie es gleichgültig erscheint, welche Kandidaten von den Oligarchen für ihre internen Fehden ins Rennen geschickt werden, erscheint es gleichgültig, in welchem Land und zum Wohle (oder vielmehr Weh) welcher Gesellschaft dies geschieht. Sowohl Selenskyj als auch die Ukraine scheinen innerhalb dieses Frames eher zufällig betroffen zu sein. Folgerichtig sind beide, Selenskyj wie die Ukraine, keine autonomen, unabhängigen Akteure, sondern Spielbälle in den Händen der ukrainischen Oligarchie. So legt ein FAZ-Artikel nahe, Selenskyj sei lediglich das Produkt des "Polittechnologen" (FAZ 26.4.2019) Andrij Bohdan, eines Anwalts von Kolomojskyj. Die SZ geht sogar noch einen Schritt weite und deutet die Wahl Selenskyjs als "Ausdruck des kranken ukrainischen Systems: Er war nur möglich, weil ukrainische Medien von Oligarchen dominiert werden, die bestimmen, wer in ihre Fernsehsender kommt – und wer nicht" (SZ 22.4.2019).Und weiter:"Dass Selenskys Ruhm, sein Schlüpfen in die Rolle eines guten, unbestechlichen Präsidenten ausreichten, um ihn trotz eines inhaltsfreien Wahlkampfes ins Präsidentenamt zu bringen, lag vor allem an der Abneigung der Ukrainer gegen Poroschenko: Auch andere Kandidaten hätten gegen den bisherigen Präsidenten gewonnen" (SZ 22.4.2019).Demgegenüber erklärt die FAZ unter der Überschrift "Selenskyjs Präsidentschaft bedeutet nicht das Ende" (FAZ 21.4.2019), der neue ukrainische Präsident sei als "Newcomer" eine "politische" wie auch "historische Anomalie" (FAZ 21.4.2019).Dieses Framing steht in seinem scharfen Kontrast zu einem Framing von Selenskyj als politischem Quereinsteiger, das ihn als unabhängigen Kandidaten zeichnet, der von außerhalb der korrumpierten politischen Klasse in den Politikbetrieb gekommen sei, ein Umstand, der sowohl Chancen als auch Gefahren für die ukrainische Politik berge.So stellt die FAZ fest: "Selenskyjs Mangel an Verbindungen mit der alten Politikerklasse dürfte es der ukrainischen Zivilgesellschaft einfacher machen, auf seine Regierungsmannschaft und -entscheidungen Einfluss zu nehmen" (FAZ 21.4.2019). Er erscheint hier "als ehrlicher Saubermann, der in der korrupten ukrainischen Politik in den kommenden fünf Jahren aufräumen will" (FAZ 21.4.2019). Dabei wird Selenskyj als volksnaher Politiker an der Grenze zum Populismus geframt. So unterstreicht die SZ: "Er wolle nur eine Amtszeit regieren und dafür sorgen, dass die korrupte Machtelite verschwinde" (SZ 19.4.2019). Selenskyjs Stil der direkten Kommunikation mit seinen Wählern über die sozialen Medien soll den "Eindruck eines volksnahen Politikers erwecken, ist indes im besten Fall inhaltsleer, im schlechteren gefährlich populistisch, weil unpopuläre Entscheidungen quasi schon im Vorgriff ausgeschlossen werden" (SZ 22.04.2019).Auch auf polnischer Seite lässt sich dieses Framing beobachten, wenngleich es im Vergleich mit der deutschen Presse weit weniger dominant in Erscheinung tritt. So fragt auch die Gazeta Wyborcza in Bezug auf Selenskyj: "Unabhängig oder eine Marionette in den Händen eines Oligarchen?" (GW 19.4.2019). Anders als die deutsche Presse fokussiert sich die polnische Presse stärker auf die Uneindeutigkeit Selenskyjs. So bezeichnet etwa die Gazeta Wyborcza im gleichen Artikel Selenskyj als "Herr Unbekannt" (GW 19.4.2019) und führt aus: "Es ist nicht klar, welche Art von Präsident Selenskyj sein wird und welche Maßnahmen von ihm zu erwarten sind" (GW 19.4.2019). Sowohl die Gazeta Wyborcza (GW 19.4.2019) als auch die Rzeczpospolita (Rz 23.4.2019) erklären, dass Selenskyj schwer durchschaubar sei, schließlich sei weder bekannt, wer seiner Regierungsmannschaft angehören noch wie sein inhaltliches Programm aussehen werde. Und so lassen sich etwa in der Rzeczpospolita auch negative Entwicklungsszenarien bezüglich der politischen Zukunft der Ukraine beobachten:"Vielleicht kommt ein hartes, repressives Regime wie in Russland, vielleicht übernehmen die Oligarchen das Land aber auch ganz. Die Heterogenität der Wählerschaft Selenskyjs hat sowohl die Befürworter einer Vereinigung mit Russland als auch die Befürworter einer Vereinigung mit Europa zusammengeführt. Die ersten Entscheidungen des neuen Staatschefs könnten daher zu einer Polarisierung der ukrainischen Gesellschaft führen" (Rz 23.4.2019).Die Gazeta Wyborcza wiederum lässt sowohl Unterstützer wie auch Kritiker Selenskyjs zu Wort kommen. So erklärt Selenskyjs Wahlkampfleiter, sein Chef zeichne sich aus durch "Offenheit", Transparenz und die Tatsache, dass "er Fehler zugeben kann" (GW 19.4.2019). Auf Seiten der Kritiker werfen ihm ukrainische Journalisten vor, "dass er selbst den Kontakt mit den Medien vermeidet. [...] Und wenn er Interviews gibt, dann nur den Medien, die sich positiv auf ihn beziehen" (GW 19.4.2019). In der Summe bleibt auch hier die Feststellung: "Selenskyj bleibt ein Rätsel - niemand weiß, was von ihm zu erwarten ist" (GW 19.4.2019).Selenskyj 2022: Vom Schauspieler zum Staatsmann und HeldenIm Kontext des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 vollzieht sich in der deutschen und polnischen Presseberichterstattung ein beeindruckender Wandel des Framings von Wolodymyr Selenskyj, vom belächelten Schauspieler zum respektierten Staatsmann und bewunderten Helden, "vom Entertainer zum 'ernsten' Staatsmann" (FAZ 24.2.2022). Ähnlich titelt die SZ "Komiker, Präsident, Staatsmann" (SZ 24.2.2022).Bereits in der Berichterstattung rund um Selenskyjs Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 19. Februar zeichnet die deutsche Presse ein überaus positives Bild des ukrainischen Präsidenten. Hier habe er "vor internationalem Publikum […] Eindruck gemacht" (FAZ 24.2.2022). In seiner Eigenschaft als "großer Kommunikator" laufe der ukrainische Präsident "gerade zu großer Form auf" (FAZ 24.2.2022). "Als Redner und Krisenmanager gewinnt Selenskyj in der Ukraine auch bei Kritikern Respekt" (FAZ 24.2.2022). So zeigte sich ein Kyjiwer Wissenschaftler auf Facebook "dankbar für eine Rede, in der die Ukraine als handelndes Subjekt und würdevoll aufgetreten sei" (FAZ 24.2.2022). Nach dem Angriff Russlands framt die deutsche Presse den ukrainischen Präsidenten vor allem als mutigen Politiker, der dem russischen Aggressor entschlossen die Stirn bietet, und betont seine Standfestigkeit und Verlässlichkeit (FAZ 28.2.2022). "Er erweise sich als würdiger Anführer einer Nation im Krieg" (FAZ 28. 2.2022). Ein ähnlicher Wandel im Framing der Person Selenskyjs lässt sich auch in der polnischen Presse beobachten, wobei mitunter der Eindruck vermittelt wird, es seien ausschließlich westliche (und eben nicht polnische) Presseorgane gewesen, die dem ehemaligen Schauspieler abgesprochen hätten, das Zeug zum Staatsmann zu haben. So schreibt die Gazeta Wyborcza: "Westliche Medien, die früher manchmal spöttisch schrieben, dass die Ukraine von einem Komiker regiert wird, nehmen dies nun zurück" (GW 27.2.2022). Dass er das Zeug zum Staatsmann habe, lasse sich an seinem Verhalten vor und nach der Invasion ablesen. Als sich die Anzeichen für eine russische Invasion zusehends verdichteten, "spielte er die Rolle eines ruhigen Anführers. Er hat die Gemüter besänftigt, er hat die Nation beruhigt. Jetzt tritt er als Verteidiger auf. Er macht den Ukrainern Mut und führt sie wirklich an. So wie er einst die Ukrainer in seinen Bann ziehen konnte, so zieht er nun den Westen in seinen Bann" (GW 27.2.2022).Der HeldEine zentrale Rolle in der deutschen wie polnischen Berichterstattung spielt das Framing Wolodymyr Selenskyjs als Held. Als solcher nimmt der Präsident, in Erfüllung der ihm zugedachten Rolle als "Diener des Volkes", zum Wohle des ukrainischen Volkes persönliche Risiken und Härten in Kauf. So framt die SZ bereits vor der Invasion Selenskyj als "tragische Figur" (SZ 24.2.2022), als tragischen Helden:"[I]n der Stunde der größten Not zeigt Selenskij staatsmännisches Format: als Führer eines Landes, dem, von seinem übermächtigen Nachbarn überfallen, militärisch niemand zu Hilfe kommen wird. Ein Politiker also, der für alle erkennbar auf verlorenem Posten steht und die Angreifer dennoch warnt: 'Ihr werdet unsere Augen sehen, nicht unsere Rücken'" (SZ 24.2.2022).Wie sehr in diesem Framing die Person Wolodymyr Selenkyjs und der Ukraine in eins fallen, macht ein weiterer SZ-Artikel kurz nach Kriegsbeginn deutlich:"Russland will den Machtwechsel, erstes Kriegsziel ist die Vertreibung der ukrainischen Regierung und vor allem des Präsidenten […]. So wird einmal mehr klar, wie sehr der Ukrainer an der Spitze des Landes zum symbolischen Mittelpunkt dieses Krieges wird – und wie sein persönliches Schicksal mit dem Schicksal des Landes verknüpft ist" (SZ 25.2.2022).Die SZ bringt diesen Sachverhalt auf folgende griffige Formel: "Nimmt Russland die Ukraine ein und kontrolliert das Land, kann er [Selenskyj] sich nicht halten. Hält er sich aber, hat auch Russland die Ukraine noch nicht im Griff" (SZ 25.2.2022). Durch die Entscheidung, trotz unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben, in Kyjiw zu bleiben, sei Selenskyj "zum Symbol des Durchhaltewillens der Ukrainer" (SZ 25.2.2022) geworden, und habe das Zeug dazu, eine "Symbolfigur für Freiheit und Demokratie" zu werden (SZ 28.2.2022).Der Held Selenskyj erscheint in diesem Framing als Zeitenwender, der möglich macht, was vor kurzem noch als unmöglich galt. So habe er "eine ungeheure Dynamik" in Gang gesetzt: "Sie führte über das Wochenende zu Sanktionen, die sich bis dahin niemand vorstellen konnte, und zu der Entscheidung, der Ukraine für eine halbe Milliarde Euro Waffen zu liefern" (FAZ 1.3.2022).Gleichzeitig verbirgt sich hinter der Heroisierung des ukrainischen Präsidenten auch eine unbequeme Wahrheit. So reflektiert die SZ durchaus selbstkritisch:"Zur Wahrheit des Helden Selenskij gehört deshalb auch: Helden gibt es nicht – es sei denn, wir erklären sie zu solchen. Und wenn wir einen Politiker zu einem solchen erklären, so haben wir das zugleich wieder zu hinterfragen. Und dass wir Selenskij nun zum modernen Helden erklären, sagt nicht nur viel über seinen sagenhaften Mut, sondern auch über unsere ewig lange Indifferenz" (SZ 28.2.2022).Das Framing Selenskyjs als Held kommt in der polnischen Presse ebenfalls zum Ausdruck. So berichtet die Gazeta Wyborcza über den "heroiczny opór" (GW 27.2.2022), welchen Selenskyj leiste. So titelt ein Kommentar in der Rzeczpospolita schlicht und ergreifend "Held" (Rz 28.2.2022). Durch sein Verhalten habe Selenskyj "Nachweis persönlichen Heldentums" erbracht (Rz 28.2.2022):"Angebote, die belagerte Hauptstadt zu verlassen, lehnte er ab. Er blieb bei seinen Wählern, seinem Volk. Er schickte seine Familie nicht in Sicherheit, was auf seinen unerschütterlichen Glauben an den Sieg der ukrainischen nationalen Sache hindeutet. Es ist wichtig, darüber in einfachen Worten zu schreiben, ohne unnötige Metaphern und Pathos. Denn Wolodymyr Selenskyj selbst ist heute Pathos" (Rz 28.2.2022).Und weiter:"Indem sie Kiew verteidigen, kämpfen sie [Selenskyj, Klitschko und andere] für die Freiheit ihres Volkes, aber auch für Polen und ganz Europa. Dies ist eine Lektion wahren Heldentums. Ein Vorbild für die ganze Welt. Ruhm den Helden der Ukraine, unseren Helden" (Rz 28.2.2022).Und ähnlich wie in Deutschland, framt auch die polnische Presse vor allem Selenskyjs Entscheidung in Kyjiw zu bleiben, als heldenhafte Tat. So schreibt die Rzeczpospolita:"In einigen westlichen Hauptstädten war ihm bereits mehrfach die Evakuierung angeboten worden. - Wir brauchen Munition, keine Mitfahrgelegenheit - antwortete er. In den Augen vieler Europäer ist Selenskyj heute die Nummer eins unter den Politikern, nicht Emmanuel Macron, Olaf Scholz oder Boris Johnson. Denn er ist es, der die Tore des freien Europas verteidigt" (Rz 28.2.2022).Der Anti-PutinSelenskyj wird auch als Gegenstück zum russischen Präsidenten, als "Anti-Putin", geframt. Dort der nahbare, in allen Facetten menschliche Mann des Volkes, dort der entrückte und unbarmherzige Machtpolitiker aus dem Kreml. Dieses Framing taucht auch in der polnischen Presse auf, ist auf der deutschen Seite jedoch wesentlich präsenter. Obwohl der ukrainische Präsident "ernst und entschlossen" wirke, so die FAZ, lasse er "selbst in dieser Lage noch die Freundlichkeit und den schnodderigen Ton durchscheinen, die ihn vor seiner Wahl zum Präsidenten als Schauspieler populär gemacht haben. Offensichtlich geht es ihm darum, einen möglichst großen Kontrast zwischen sich und Wladimir Putin zu erzeugen" (FAZ –28.2.2022): "Während Putin allein im Kreml sitzt, ist Selenskyj bei seinem Volk" (FAZ 28.2.2022).In einem weiteren Artikel schreibt die FAZ:"Selenskyj erscheint immer mehr als ein "Anti-Putin", jung, dynamisch und besorgt um seine Soldaten, die er in Krankenhäusern besucht. Er tritt im tarnfarbenen Hemd auf und wirkt gut in Form, während sich Russlands Dauerherrscher, der mal im Sakko, mal in Luxus-Daunenjacke zu sehen ist, abschottet und seinen Austausch darauf zu beschränken scheint, in Videoschalten ängstliche Untergebene zurechtzuweisen" (FAZ 29.3.2022).Und im gleichen Framing schreibt die SZ:"Wir sehen Selenskij draußen, in den Straßen von Kiew, unter dem freiem Himmel einer großen Stadt, wohin sich der von grotesken Großmöbeln umstellte russische Präsident nicht mehr zu trauen scheint: raus, auf die Straße, zu richtigen Menschen. Die Werte sind in den Bildern symbolisiert: hier ein mobiler, kämpfender primus inter pares, im Kreml ein Mann mit starrem Blick, bösen Gedanken, der sich hinter einem Pult verschanzt, das aussieht wie die Kulisse einer Hotelrezeption aus den frühen 80er Jahren. Putin droht und monologisiert, Selenskij spricht wie einer, den man beim Elternabend treffen könnte" (SZ 28.2.2022).Was in der deutschen Presse unter der Überschrift "Wolodymyr sticht Vladimir" (FAZ 29.3.2022) verhandelt wird, lautet in der polnischen Presse "David und Goliath, Held und Verkörperung des Bösen" (GW 27.2.2022). Ganz im Sinne der Gegenüberstellung von David und Goliath zeichnet die Gazeta Wyborcza den ukrainischen Präsidenten als "ehemaliger Komiker, der den Diktator im Kreml lächerlich macht" (GW 27.2.2022). Auch die Rzeczpospolita ruft diesen Frame auf, wenn sie Selenskyj als "David Europas" (Rz 28.2.2022) bezeichnet und schreibt: "Er hat den russischen Goliath noch nicht besiegt, aber er ist bereits der mutigste Politiker der demokratischen Welt" (Rz 28.2.2022).Auch wenn das Framing als "Anti-Putin" Selenskyj in einem überaus positiven Licht erscheinen lässt, so wird ebenfalls deutlich, dass zur Erklärung und zum Verständnis von Selenskyj (bzw. der Ukraine) offenbar Putin (bzw. Russland) als Referenzpunkt unverzichtbar bleibt. Während in der analysierten deutschen Presse Selenskyj sich in puncto Sympathie positiv von Wladimir Putin unterscheidet, ist es auf der polnischen Seite die Rolle des Underdogs, in der Selenskyj sich der russischen Übermacht zu erwehren sucht.Der ewige SchauspielerUngeachtet des Respekts, den die deutsche und polnische Presse dem ukrainischen Präsidenten ob seiner politischen Leistung im Angesicht des russischen Angriffskriegs zollt, bleibt Selenskyjs berufliche Vergangenheit als Schauspieler ein Fixpunkt im Framing des Präsidenten. So bemerkt etwa die SZ zur Rede Selenskyjs vor den europäischen Staats- und Regierungschefs: "Es sind eindringliche Worte, und als ehemaliger Schauspieler weiß Selenskij, wie man einer Botschaft noch mehr Wirkung verschafft" (SZ 1.3.2022). Und die FAZ stellt bereits vor Kriegsausbruch fest: "Der ukrainische Präsident beherrscht den Einsatz von Pathos" (FAZ 24.2.2022). Durch den Verweis auf die Schauspielkunst des ukrainischen Präsidenten wird allerdings weniger der Inszenierungscharakter seiner Person betont, sondern vielmehr gewürdigt, dass hier ein Politiker sein rhetorisches Handwerk versteht. Hierin unterscheidet sich der Schauspieler-Frame des Jahres 2022 sowohl in der untersuchten deutschen wie auch in der polnischen Presse fundamental vom Schauspieler-Frame des Jahres 2019, als Selenskyjs berufliche Vergangenheit vor allem mit einem Mangel sowohl an politischer Erfahrung als auch an Ernsthaftigkeit assoziiert worden ist.Auch in der polnischen Presse ist dieses Framing anzutreffen. So schreibt etwa die Gazeta Wyborcza: "Selenskyj scheint auf die Rolle seines Lebens gewartet zu haben. Schließlich ist er Schauspieler von Beruf" (GW 27.2.2022). Ein weiterer Artikel der gleichen Zeitung fragt schließlich explizit: "Ist es gut, dass Wolodymyr Selenskyj Schauspieler von Beruf ist, oder ist es schlecht?" (GW 1.4.2022). Mit offener Bewunderung für den ukrainischen Präsidenten heißt es: "Die Größe des Schauspielers [...] liegt darin, dass er eine Rolle annimmt, die nicht von einem Autor, sondern vom Schicksal geschrieben wurde, eine Rolle, die ihn zwingt, ständig zu improvisieren, und dass er bereit ist, für diese Rolle sein Leben zu opfern" (GW 1.4.2022).Ähnlich wie in der deutschen Presse wird auch hier die Schauspielkunst des ukrainischen Präsidenten nicht als Manko, sondern vielmehr als "Gabe" (GW 1.4.2022) geframt. "Denn wahre Schauspielkunst ist reine Wahrheit. Schließlich gibt es für einen Schauspieler kein schlimmeres Urteil, als wenn ihm gesagt wird, er sei unwirklich gewesen. Ein Schauspieler, der eine Rolle annimmt, nimmt das Schicksal der Figur, die er darstellt, auf seine Schultern - oder besser gesagt: in sich, seinen Körper und seinen Geist auf" (GW 1.4.2022).FazitDas diesem Beitrag zugrunde liegende Sample umfasst lediglich je zwei deutsche und zwei polnische Tageszeitungen, und sind somit weder für den deutschen noch den polnischen Zeitungsmarkt repräsentativ. Dennoch lassen sich sowohl Zeitungs- als auch Ländergrenzen überspannende Frames identifizieren, die das Bild, das von der Person Wolodymyr Selenskyjs gezeichnet wird, bestimmen. Offensichtlich greifen unterschiedliche Autoren unterschiedlicher Zeitungen aus unterschiedlichen Ländern auf die gleichen Frames in ihrer Berichterstattung zurück. Insgesamt lassen sich in Bezug auf das Character-Framing der Person Wolodymyr Selenskyjs in der untersuchten deutschen und polnischen Presseberichterstattung ähnliche Muster erkennen, die sich jedoch im Hinblick auf die Akzentuierung unterscheiden. Sowohl in der deutschen als auch in der polnischen Presse wird der Wandel betont, den Selenskyj im Laufe seiner seit 2019 andauernden politischen Laufbahn vollzogen hat: vom Schauspieler und kritisch beäugten Newcomer in der Politik zum geachteten und bisweilen bewunderten Staatsmann. Während die Dimension des Wandels in der untersuchten Berichterstattung beider Länder vergleichbar ist, lassen sich dennoch Unterschiede ausmachen. So arbeitet die analysierte deutsche Presse vor allem den Novizen-Charakter Selenskyjs als politischer Quereinsteiger heraus und leitet hiervon eine durchaus negativ konnotierte Bewertung der politischen Kultur der Ukraine insgesamt ab. Die untersuchte polnische Presse hingegen konzentriert sich weniger stark auf die Gefahren, die von einem politisch Unerfahrenen ausgehen. Stattdessen liegt der Fokus auf der Heldenrolle, die Selenskyj seit Beginn der russischen Invasion eingenommen habe. Eine weitere Gemeinsamkeit der deutschen wie polnischen Presseberichterstattung liegt darin, dass Selenskyj 2022 in beiden Fällen weitgehend unkritisch dargestellt wird und der Respekt sowie die Bewunderung gegenüber seiner Person, und damit mittelbar auch der Ukraine, überwiegen. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Ukraine lange Zeit vor allem als defizitäres Staatsgebilde gezeichnet worden ist, in dem jegliche Reformanstrengung letztendlich an den eigenen politischen Eliten, und damit gewissermaßen an sich selbst scheitert. Das Framing Selenskyjs der sich im Krieg vom Komiker zum ernstzunehmenden Staatsmann entwickelt, spiegelt somit auch das Framing der Ukraine selbst wieder, die sich zumindest in den hier untersuchten Medien, von einem scheiternden Staat zu einem respektierten Verteidiger demokratischer Werte gewandelt hat. Und schließlich ist es die berufliche Vergangenheit als Schauspieler, die sowohl in Deutschland als auch in Polen 2022 gänzlich anders geframt wird, als dies noch 2019 der Fall war. Wurde dem ukrainischen Präsidenten die Schauspielerei 2019 noch als Unerfahrenheit und mangelnde Ernsthaftigkeit angesichts der gewaltigen politischen Verantwortung des Amtes ausgelegt, so erschien Selenskyjs Erfahrung auf der Bühne und vor der Kamera 2022 in einem weit positiveren Licht. Nun diente seine schauspielerische Vergangenheit als Erklärung für sein rethorisches Geschick, mit dem er seine politischen Botschaften übermittelte. BibliografieBrosius, Hans-Bernd; Dan, Viorela (2020): Framing im Nachrichtenjournalismus. In: Tanja Köhler (Hrsg.): Fake-News, Framing, Fact-Checking: Nachrichten im digitalen Zeitalter. Ein Handbuch. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 265–282.Łada, Agnieszka; Sendhardt, Bastian (2021): Das Bild der Krise. Wie schrieben die deutsche und die polnische Presse über das jeweilige Nachbarland im ersten Halbjahr 2020? Darmstadt, Warschau: Deutsches Polen-Institut; Institut für Öffentliche Angelegenheiten.Wehling, Elisabeth (2017): Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet - und daraus Politik macht, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. [1] Weitere Beispiele: "Der Komiker Selenskyj, der keine Regierungserfahrung hat" (FAZ 22.4.2019); "Entscheidung der Ukraine für einen erfolgreichen Showman" (FAZ 21.4.2019); "prowestliche Schauspieler Selenskyj" (FAZ 22.4.2019).
Der Text entstand im Rahmen des Projekts "Akteure, Felder, Wege – deutsch-polnische Kommunikation: Miteinander und übereinander", welches das Institut für Öffentliche Angelegenheiten und das Deutsche Polen-Institut dank der finanziellen Förderung durch die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung durchführen.