Zur Einstellung der Unterschicht zum Rechtswesen
In: Empirische Rechtssoziologie, S. 103-115
In dem Beitrag werden die Ergebnisse einer Befragung zur Einstellung zum Rechtswesen in einem internen Vergleich beschrieben, und zwar in einem Vergleich zwischen Angehörigen unterer Schichten einerseits und der Mittelschicht und Oberschicht andererseits. Entgegen der gängigen Meinung von der geringeren Rechtstreue der Unterschicht wird festgestellt, daß in der Unterschicht die richterfreundlichste Einstellung zu finden ist, daß auch in Fragen der Rechtstreue die Unterschicht die Mittelschicht übertrifft und daß hier eine besonders ordnungsstrenge Einstellung zu finden ist. Aufgrund dieses Ergebnisses wird diskutiert, wie es zu dem Widerspruch zwischen dem Selbstbild der Unterschicht über ihre Einstellung zum Rechtswesen und dem bei Richtern vorfindbaren Fremdbild kommt. Die besondere Tendenz zur Ordnung bei der Unterschicht wird auf deren Existenzangst und Zukunftsangst zurückgeführt. Außerdem wird eine Distanz der Unterschicht zum Gerichtssystem beobachtet. Insgesamt wird festgestellt, daß sich die Unterschicht in gleicher Weise um gesetzeskonformes Verhalten bemüht wie die Mittelschicht und die Oberschicht. (ICA)