Die Arbeit «Postkoloniale Theorien und Soziokulturelle Animation – Veränderte Sichtweisen bewirken Handlungsbedarf in der Profession» wurde von Larissa Dammann verfasst. Postkoloniale Theorien gehen davon aus, dass vom Kolonialzeitalter geprägt Weltbilder bis heute wirkmächtig sind. Demnach werden rassistisch und sexistisch geprägte Vorannahmen immer wieder reproduziert und erscheinen so objektiv und real. Dieses durch den Kolonialismus rassistisch geprägte «Wissen» strukturiert alle Bereiche unserer Gesellschaft wie Kultur, Bildung, Politik und Soziales. Konstruierte Differenzierungsprozesse sind, wesentlich als Folge davon, Grundlage der Sozialen Arbeit und der Soziokulturellen Animation. Es ist darum wichtig zu erkennen, welche wirkmächtigen Vorannahmen rassistisch geprägt sind. Diese können auf persönlicher, institutioneller, struktureller oder gesellschaftlicher Ebene das Denken und Handeln beeinflussen. Die Arbeit möchte, wichtiges Wissen vermitteln, um unbewusste, in kolonialen Einstellungen verhaftete Mechanismen, die zu einer Rekonstruktion von Machtverhältnissen und Diskriminierung führen, aufzudecken und anzugehen. Rassistisch geprägte Vorstellungen in der Gesellschaft, aber auch im Berufsfeld der Soziokulturellen Animation werden reflektiert, um eigene Ansichten und institutionelle und strukturelle Muster, welche diskriminierend wirken, zu erkennen. Soziokulturelle Animation birgt dank der nicht klar definierten Auftragslage und der freien Methodenwahl, auch das Potential gesellschaftliche Veränderungen zu fördern. Professionelle werden im Sinne des Dritten Mandates aufgefordert für ein gerechteres Denken, Lernen und Handeln eizustehen. ; + Code Diss LU: hslusa bask be 2018 + NL-Code: NLLUHSA201804 + Fussnote: Bachelorarbeit, Hochschule Luzern - Soziale Arbeit, Ausbildungsgang Soziokultur, 2018
In this article we propose a line of argument which emphasizes the correlation between the imagination of intercultural competence and subjective strategies of situating the self (i.e. selfsituating) in a particular context. The presented conclusions are based on an empirical study which employed methods of alternative perspectives. The study's theoretical backbone is supported by postcolonial theories in order to analyze the essential factors guiding the involved actors during situations with inde- \ terminate intercultural properties. We present the (empirical) process in which two employees of the German Development Service and one member of the German embassy were interviewed before and after their respective training seminars. The focus during the interviews was set on the participants' imagination of cultural competence in order to bring to the fore the emergent relationship of individual biographical experiences with strategies of self-situating. \ This studies' results highlight two major features: First, the importance to demonstrate the relation of biographical experiences and the construction of self-situating. Second, it becomes obvious that the analysis of interviews adds value to the preparation processes for professional development actors. Finally, we propose to initiate an alternative perspective for the qualification practices and coaching-processes within the context of development services.
Im Frühjahr 2020 tauchten die Begriffe "Postkolonialismus", "postkoloniale Theorie" und verwandte Kategorien mit ungewohnter Dichte in den deutschen Feuilletons auf, waren Gegenstand von Streitgesprächen im Radio und aufgeregten Twitter-Kommentaren. Zentraler Anlass für die ambivalente Hausse des Postkolonialismus war die Erklärung des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, der Kameruner Historiker Achille Mbembe sei wegen antisemitischer Positionen als Eröffnungsredner der Ruhrtriennale "nicht geeignet". Daraus entwickelte sich eine heftige und durchaus verwirrende Debatte, in der Klein und gleichgesinnte Mbembe-Kritiker*innen des Rassismus und McCarthyismus gescholten wurden, während andere anhand weniger Passagen aus Mbembes umfangreichem Werk nicht nur darauf insistierten, er sei Antisemit und "Israel-Hasser", sondern zugleich die "postkoloniale Theorie" anprangerten, als deren wichtiger Vertreter Mbembe gilt. Irritierend daran war nicht allein der Gestus, mit dem beispielsweise so mancher Journalist auftrat, als sei er der erste, der Kritik am Postkolonialismus oder an Mbembe übe. Insgesamt fiel zudem auf, wie sehr die Debatte auf einer bestenfalls oberflächlichen Lektüre relevanter Texte basierte. Dies galt zum Teil auch für jene, die etwa die Antisemitismusvorwürfe gegen Mbembe vehement ablehnten. Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, die in der Öffentlichkeit rasch zu einer der führenden Verteidiger*innen Mbembes aufstieg, gestand zunächst freimütig ein, sie könne seiner Theorie eigentlich gar nicht so richtig folgen.
Seit Jahren wird in politischer Öffentlichkeit und Wissenschaft heftig darüber gestritten, welches Sprechen über den Islam als legitimer Teil demokratischer Debatten zu betrachten ist und welches nicht. Diese Konflikte nimmt Floris Biskamp als Ausgangspunkt für eine theoretische Diskussion von Aushandlungen kultureller Differenz in der demokratischen Öffentlichkeit. Er legt dar, unter welchen Verkürzungen die gängigen Konzepte von Islamophobie, Islamfeindschaft und antimuslimischem Rassismus leiden. Um diese zu überwinden, entwickelt er vor dem Hintergrund von neuerer kritischer Theorie und postkolonialer Theorie ein Konzept von Rassismus als systematisch verzerrtem Kommunikationsverhältnis.
Mit dem Begriff einer postkolonialen Politikwissenschaft werden Studien bezeichnet, die erstens nach den Auswirkungen des Kolonialismus, nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten zur kolonialen Ära in der heutigen Zeit fragen oder sich einer anderen postkolonialen Analysestrategie bedienen, zweitens dabei besonders die Ebene von Repräsentationen und Identitäten berücksichtigen, und drittens politische Institutionen, Politikfelder oder politische Prozesse zum Gegenstand haben. Neben der Skizzierung der Grundlagen einer postkolonialen politischen Theorie werden anhand exemplarischer Arbeiten aus den Bereichen Migrations- und Entwicklungspolitik, internationale Beziehungen/internationale politische Ökonomie sowie Konfliktforschung/Sicherheitspolitik aktuelle wie zukünftige Anwendungsfelder beleuchtet. Es wird gezeigt, dass die referierten Ansätze gemeinsam haben, dass sie auf Machtverhältnisse aufmerksam machen, die aus der gängigen Perspektive politikwissenschaftlicher Ansätze nicht wahrgenommen werden, da letztere häufig eurozentrischen oder kolonialen Kategorien und Sichtweisen verhaftet sind. Hier eine systematische Neuausrichtung des Blickwinkels, eine Erweiterung des Erkenntnishorizonts und eine Verschiebung der Sagbarkeitsfelder in der Politikwissenschaft zu erreichen, wäre für eine "postkoloniale Kritik als politisches Projekt" ein wichtiger Schritt. (ICF2)
Die Thematik der sozialen Gerechtigkeit kann nach der These der Autorin angesichts der globalen Interdependenzen von Ungerechtigkeiten nicht auf die Frauenfrage beschränkt werden, sondern es gilt vielmehr, die Heterogenität bestehender Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu analysieren und die Komplexität von Identitäten, Ausgrenzung und Unterdrückung in den Mittelpunkt feministischer Theorie zu rücken. Essentialistische Deutungen von bestehenden Ungleichheiten, eine "Politik des Mitleids" und die bloße additive Verwendung der Kategorien Rasse, Klasse und Geschlecht verhindern eine Analyse der sich überkreuzenden Machtachsen und somit ein Verständnis für die Strukturen von Intersektionalität. Das Ziel der Frauenforschung besteht der Autorin zufolge darin, die Komplexität und die sich fortlaufend verändernden Dynamiken von Diskriminierungen deutlich zu machen. Hierzu ist nicht nur ein bewusster Umgang mit essentialistischen Kategorien und politischer Repräsentation durch eine Haltung "dekonstruktiver Wachsamkeit" erforderlich, sondern es muss auch - insbesondere im Hinblick auf die geforderte Transnationalisierung der feministischen Bewegung - die Interdependenz von Privilegierten und Nichtprivilegierten, von Herrschaft und Unterdrückung stärker herausgestellt werden. (ICI2)
In den bisherigen Diskussionen um die Finanzialisierung von Nahrung, Land und Natur werden Geschlechterverhältnisse weitgehend außer Acht gelassen. Demgegenüber wird in diesem Artikel argumentiert, dass die aktuellen Veränderungen des Kapitalismus nur dann zu verstehen sind, wenn Geschlecht im Kontext des postkolonialen Nord-Süd-Gefälles als relevante Analysekategorie mitgedacht wird. Die von Gayatri Spivak inspirierte postkolonial-feministische Perspektive verdeutlicht am Beispiel der Inwertsetzung von Wald im indischen Andhra Pradesh, dass insbesondere arme ländliche Frauen im globalen Süden in den Markt von handelbaren CO2-Verschmutzungsrechten und neuen Finanzinstrumenten wie Mikrokrediten einbezogen werden – und somit für den finanzmarkt- dominierten Kapitalismus notwendig sind. Zudem zeigt eine genauere Betrachtung eines dieser Umweltprojekte, dass – trotz der angestrebten Ziele Armutsbekämpfung, Klimaschutz und Geschlechtergerechtigkeit – nicht die Integration von Adivasi-Frauen, sondern das Gegenteil bewirkt wird. Abschließend beschreibt der Artikel, wie die gegenwärtige 'Finanzialisierung des Ländlichen' gerade im globalen Süden Proteste erzeugt: In den Widerstandsformen umweltpolitischer neuer sozialer Bewegungen wird Kritik an den Modellen und Umsetzungen der herrschenden Globalisierung geäußert und gefordert, die Rechte von indigenen Gruppen auf Land, Wald und Nahrung anzuerkennen.