"Warum arbeiten Migranten in einigen EU-Ländern eher in Niedriglohnsektoren, in anderen dagegen eher zu gleichen Bedingungen wie Einheimische? Deutschland nimmt eine mittlere Position ein und könnte die Verhältnisse inklusiv gestalten." (Autorenreferat, IAB-Doku)
"Der gegenwärtige Stand der Forschungen zur Globalisierung weist (noch immer) eine Reihe von Defiziten auf: 1. Die wichtigste Frage, die sich quer zu allen Themen stellt, ist: Gibt es eine Theorie der Globalisierung? Kann es eine solche Theorie überhaupt geben? Wenn ja: Worin unterscheidet sich eine solche Theorie von anderen Theorien sozialen Wandels? Dieses methodologische Problem wird dann auch in den drei folgenden Themen aufgenommen. 2. Die erste Frage lautet: Hat sich durch die Globalisierung die Einkommensungleichheit zwischen und innerhalb der Länder vergrößert. Die Antwort von Firebaugh u.a. lautet: Sie hat sich zwischen den Ländern verringert, hat aber innerhalb der Länder zugenommen. Die in der Literatur widersprüchlichen Ergebnisse sind auch darauf zurückzuführen, welcher Zeitraum untersucht wird. Welches also ist der neueste Stand? Wie wird genau der Effekt der Globalisierung auf die Länder modelliert? Ist es berechtigt, davon zu sprechen, die Globalisierung führe mittelfristig zu größerem Wohlstand, wie die Weltbank versichert? 3. Ferner ist nicht hinreichend geklärt, welchen Einfluss Unternehmen (TNC's) auf die nationale Politik haben. Tragen sie dazu bei, wohlfahrtsstaatliche Regelungen einzuschränken? Wenn ja: Wie wird das belegt? Gibt es eine De-Nationalisierung? 4. Schließlich: Sehr unbefriedigend sind die Analysen zur Frage, ob es eine globale Kultur gibt. Das beginnt bei den Definitionen für 'Kultur' und endet mit der Frage, ob weltweit vertrieben Bücher, Filme und Serie - als Indikatoren einer globalen Kultur -nicht zu einem Erstarken oder einer Rückbesinnung auf regionale Kulturen führen. Globalisierung lässt sich als die weltweite Vernetzung ökonomischer Aktivitäten definieren (Friedrichs 1997). Technologie ist dabei zweifellos eine Triebkraft der Globalisierung, z.B. Internet und Mobilfunk. Daher spricht Schroeder (in diesem Band) auch von einer 'technologically mediated culture'. Das grundsätzliche Problem der Globalisierung besteht darin, dass man Globalisierung sowohl als Zustand als auch als Prozess definieren kann. Das Problem ähnelt sehr stark dem der Diskussion über Konzepte von Prozessen wie 'Säkularisierung', 'De-Industrialisierung', 'Individualisierung' oder 'Integration'. Mit dem jeweiligen Konzept kann sowohl ein Zustand ('das Ausmaß der .2) als auch ein Prozess bezeichnet werden. Hier soll es nur um den Prozess gehen. Zwei politische Vereinbarungen gelten als Grundlagen dieser zunehmenden internationalen Verflechtung der Güter- und Finanzmärkte: das Abkommen von Bretton Woods im Jahre 1944 und das GATT-Abkommen von 1947 mit den dann folgenden Runden. Sie ermöglichten eine zunehmend höhere Mobilität des Kapitals (Dicken 1992: 14; OECD 1992: 15; Sassen 1991: 3; Thrift 1994: 366; Waters 1996)." (Autorenreferat)
Der vorliegende Essay basiert auf der Einleitung der überarbeiteten Fassung des Buches "Politik der Vernichtung", das 2008 bei Pantheon erscheint. Die Debatte zwischen Intentionalisten und Funktionalisten, welche die NS-Täterforschung seit den 1970er Jahren beschäftigt, strukturiert auch die drei Beispiele des vorliegenden Beitrags. Erstens hat die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre geführte Kontroverse zwischen Daniel Goldhagen und Christopher Browning dazu geführt, dass Motive und Handlungsweise der Täter im Rahmen einer Debatte um "Disposition" und "Situation" erörtert werden. Zweitens ist mit der intensiven Erforschung des Holocaust in den Gebieten unter deutscher Kontrolle die Einsicht gewachsen, dass die Handlungsspielräume der deutschen Funktionseliten in den besetzten Gebieten weitaus größer waren als bisher angenommen; diese Erkenntnis hat eine anhaltende Diskussion über das Verhältnis von "Peripherie" und "Zentrum" innerhalb der Maschinerie der Verfolgung ausgelöst. Drittens haben die zahlreichen Bemühungen, neue thematische Zugänge zum Thema Holocaust zu finden, zu einer Debatte darüber geführt, wie hoch man die unmittelbaren materiellen Interessen an der Verfolgung der Juden veranschlagen soll (Raub, Ausbeutung von Arbeitskraft, Hungerpolitik): "Utilitäre" versus "ideologische" Tätermotivation lauten die Schlagworte dieser Diskussion, die maßgeblich von Götz Aly angestoßen wurde. Komplexität und Kontextualisierung lauten insgesamt die Herausforderungen der Holocaustforschung. Die systematische Ermordung der europäischen Juden muss als komplexer Vorgang in der Gesamtgeschichte des Regimes und Europas gesehen werden. (ICA2)
Der Autor gibt folgende Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation der EU: In der EU herrscht nach dem Scheitern des Verfassungsgipfels im Dezember 2003 Krisenstimmung. Dies liegt nicht nur an der polnischen und spanischen Unnachgiebigkeit im Streit über künftige Mehrheitsabstimmungen. Der Krieg der USA gegen den Irak spaltete die EU und hatte tiefgehende Brüche zur Folge. Alte Polarisierungen erlangen eine bislang nicht gekannte Schärfe. Die nationale Interessenpolitik wird mit der Osterweiterung härter. Der Beitrag behandelt zudem die bisher wenig thematisierte Kritik an der Hierarchie eines "Kerneuropa". Auch das Bürgervertrauen in die EU sinkt rapide. Nach dem jüngsten Euro-Barometer (für Herbst 2003) haben nur noch 39 % der Deutschen ein positives EU-Bild. Möglichkeiten, die Gestaltung der größeren Union zu beeinflussen, werden kaum gesehen. Die Zukunft der Europäischen Union ist offener denn je. (ICA2)