Technikakzeptanz im Alter wird heute gelegentlich als "Innovationsbarriere" ausgemacht - ältere Menschen stünden neuen Technologien ablehnend gegenüber, obgleich diese Technologien den Wünschen der Älteren zu einem längeren Verbleib in der angestammten Wohnung ebenso entgegenkommen wie den Unterstützungsstrukturen. Zugleich gibt es aber immer wieder auch gegenteilige Äußerungen, nämlich dass Ältere diesen neuen Technologien sehr aufgeschlossen gegenüberstehen würden. Es wird gezeigt, dass beide Aussagen den Sachverhalt nicht angemessen beschreiben. Das geringere Interesse der Älteren hat nur indirekt mit dem Alter zu tun, und es ist kein konstantes, unveränderliches Personenmerkmal. Vor diesem Hintergrund wäre der Diskurs über Technikakzeptanz im Alter neu zu bewerten, auch die Forschungsförderungspraxis sollte überdacht werden. Es fehlt - aus Sicht des Autors - an Längsschnittstudien und an unabhängiger Problem-, Prozess- und Strukturevaluation.
Technikethische Bewertungen altersgerechter Assistenzsysteme bewegen sich im Spannungsverhältnis universell geltender Prinzipien (Legitimität) sowie kontextueller Wertentscheidungen (Erwünschtheit). Hinsichtlich hochrangiger menschlicher Güter (Sicherheit, Angstfreiheit, Selbständigkeit) sind assistive Technologien willkommen. Hinsichtlich nicht minder schutzwürdiger Güter (personale Integrität) und Würde-prinzipien erheben sich zahlreiche ethische Bedenken, die zu einem individuell wohlerwogenen, zum Teil stark zu begrenzenden Einsatz Anlass geben. Es empfiehlt sich, das technische Rationalisierungspotenzial von Sorgestrukturen ebenso kritisch zu betrachten.
In der vorliegenden Expertise sollen der institutionelle Rahmen sowie die organisatorische Basis der Altenhilfe in anderen entwickelten Ländern qualitativ beschrieben und Gegenstand einer aus deutscher Perspektive "gefilterten" komparativen Betrachtung werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf ambulanten Unterstützungsformen. Obwohl der Heimsektor für die Altenhilfe von zentraler Bedeutung ist und (auch) hierzulande starken Transformationstendenzen unterliegt (Brandenburg u.a. 2014), wird von vielen (internationalen) Experten und politisch Verantwortlichen angenommen, dass die zentralen Weichenstellungen für eine zukunftsfähige Altenhilfe im außerstationären Bereich erfolgen beziehungsweise erfolgen müssen. Auf diesen Bereich konzentriert sich diese Expertise, wobei die international weit verbreitete Unterscheidung von "social care" einerseits und "nursing" andererseits zugrunde gelegt wird, um so das gesamte Spektrum zwischen lebensweltbezogener Unterstützung - im Weiteren bezeichnet als soziale Altenhilfe - und körperbezogener (behandlungs- und grundpflegerischer) Versorgung zu erfassen. Soweit zum Verständnis der entsprechenden Infrastruktur erforderlich, wird auch auf die Situation in der stationären Versorgung sowie Programme im Bereich der Transferleistungen (cash for care) eingegangen. Skizziert werden, jeweils getrennt für die betrachteten Länder: die rechtliche Regulierung der nichtstationären Dienste und der Pflegeangebote; Art und Finanzierung öffentlich moderierter Unterstützungsleistungen; die Trägerlandschaft sowie die verschiedenen Formen der Leistungserbringung; Strukturen und Mechanismen zur Koordination der Leistungserbringung; das Zusammenwirken von professionell erbrachten Leistungen einerseits sowie in Familien- oder informellen Beziehungsnetzwerken erbrachten Leistungen andererseits.
Derzeit wird die erste Generation von körperlich und/oder "geistig" behinderten Menschen nach dem Ende des deutschen Faschismus alt. Ältere Menschen mit Behinderung haben spezifische gesundheitliche Probleme und nicht selten Biografien mit mehr oder weniger schweren Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen. Häufig verändern sich die Unterstützungskonstellationen, wenn sie beispielsweise aus Werkstätten für behinderte Menschen ausscheiden oder langjährige betreute Wohnarrangements verlassen müssen. Hieraus ergeben sich besondere Bedarfe hinsichtlich der Ermöglichung sozialer Teilhabe und beim Zugang zu und der Gestaltung von gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung. Versor-gungsangebote müssen auch auf diese Bedarfe hin weiterentwickelt werden. Die vorliegende Expertise liefert einen systematischen Überblick über vorhandene Erkenntnisse zu Lebenslagen und Bedarfen behindert alt gewordener Frauen und Männer. Dabei werden spezifische Bedarfe älterer behinderter Frauen und Männer herausgearbeitet. Weiterhin wird diskutiert, ob und inwieweit die Strukturen und die Praxis der Institutionen zur Unterstützung und Pflege älterer Menschen, insbesondere die kommunale Altenhilfe sowie die häusliche, ambulante und stationäre Pflege, diesen Bedarfen angemessen sind oder an diesen Bedarfen vorbeigehen. Exemplarisch werden einzelne Good Practice-Beispiele und ihre Voraussetzungen in unterschiedlichen Bereichen dargestellt.
Die vorliegende Expertise, erstellt für die Sachverständigenkommission zur Erstellung des Siebten Altenberichts der Bundesregierung, untersucht die bestehenden und zukünftigen finanziellen Handlungsspielräume deutscher Kommunen. Da die kommunale Ebene noch aus den Landkreisen besteht, die überdies überörtliche Aufgaben der kreisangehörigen Kommunen übernehmen und über die Kreisumlagen direkt auf die Finanzsituation der Kommunen einwirken, wird dort, wo es notwendig und sinnvoll ist, auch auf die spezifische Situation von Landkreisen Bezug genommen. Die Finanzkrise, die nach 2007 mit der Immobilienblase in den Vereinigten Staaten begann und sich dann zu einer Banken- und der Eurokrise ausweitete und in einer globalen Schuldenkrise zahlreicher Nationalstaaten kulminierte, hat auch Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte hierzulande. Zwar entwickelte sich der öffentliche Gesamthaushalt in den vergangenen Jahren positiv und schloss in den Jahren 2012 und 2013 jeweils mit einem leichten Überschuss ab, jedoch werden bei einer detaillierten Analyse die Probleme zahlreicher Kommunen offensichtlich. Das aktuell positive Gesamtergebnis ist zudem im Wesentlichen den rückläufigen Zinszahlungen aufgrund der gesunkenen und niedrigen Zinssätze geschuldet. Auch die positive Situation am Arbeitsmarkt entlastet - zumindest in den Regionen mit sinkender und/oder niedriger Arbeitslosenquote - die kommunalen Haushalte. Gleichzeitig verändert aber auch der demografische Wandel die Ausgabenstruktur und die Einnahmesituation aller staatlichen Ebenen. Schuldenkrise und demografischer Wandel haben langfristig ein tendenzielles Absinken der Wirtschaftswachstumsraten etwa über die Senkung des langfristigen Produktionspotenzials zur Folge. Dadurch werden wahrscheinlich die Wirtschaftswachstumsraten auf Dauer niedriger sein, was die staatliche Aufgabenerfüllung erschwert. Hinzu kommen Änderungen der institutionellen Rahmenbedingungen, wie etwa die Einführung von verbindlichen Schuldengrenzen oder eine stärkere Haushaltsüberwachung im Zuge der europäischen Fiskalkoordinierung und durch den deutschen Stabilitätsrat. Die Staatsfinanzen sind eine der zentralen Steuerungsressourcen des Staates, mit denen über Ausgaben, Steuern oder Schulden Politik gemacht und damit gleichzeitig auch über die Lebensbedingungen von Bürgern entschieden wird. Dabei gibt es auch vielfältige demografische Verbindungen und Beziehungen, wenn etwa über die Staatsverschuldung die Lasten gegenwärtiger Generationen auf zukünftige Generationen verschoben werden oder sich bestimmte Gruppen im politischen Prozess besser durchsetzen können und etwa mehr finanzielle Ressourcen bekommen.
Im Unterschied zu einzelnen technischen Artefakten oder Hilfsmitteln handelt es sich bei technischen Assistenzsystemen (AAL) um vernetzte Systeme, die in der Woh-nung implementiert und mittels Gateways mit dem Wohnumfeld verbunden sind. Ältere Menschen sind dabei eine besonders wichtige, jedoch nicht die einzige Zielgruppe. Ziel dieser Systeme ist es, "die Potenziale und Ressourcen aller Menschen, also gleichermaßen von jungen und alten, von gesunden und chronisch kranken Personen oder von Menschen mit Behinderungen zu nutzen, sie zu bestärken und ihr Erfahrungswissen in die Gesellschaft einzubinden". In den letzten sechs Jahren wurde in Deutschland und der EU in vorwiegend staatlich geförderten Modell- und Anwendungsprojekten gezeigt, welche Möglichkeiten technische Assistenzsysteme für die selbstständige Lebensführung haben können. Das Interesse an diesen Systemen ist in der Gesellschaft gewachsen, die Akzeptanz und Nachfrage hat zugenommen. Jedoch sind bisher nur wenige Systeme marktreif, sodass es immer noch kaum möglich ist, individuell passende Module unkompliziert zu kaufen, miteinander zu koppeln und zu Hause anzuschließen. Die Robustheit der technischen Systeme ist aus Nutzersicht nicht hinreichend, die für eine Marktdurchdringung wesentlichen offenen Standards und Interoperabilität sind nach wie vor nicht selbstverständlich, es fehlen Information und Beratung sowie geeignete Geschäftsmodelle und tragfähige Finanzierungskonzepte, die nicht nur die potenziellen Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch diejenigen Akteure einbinden, die von technischen Assistenzsystemen einen (Sekundär-)Nutzen haben (Wohnungswirtschaft, Kommunen, Kranken- und Pflegekassen). Seit 2013 liegen empirisch gestützte Empfehlungen vor, technische Assistenzsysteme in den Hilfsmittelkatalog der Pflegekassen aufzunehmen und auch Krankenkassen und Kommunen um Mitfinanzierung anzufragen. Deren Bereitschaft wird vor allem dadurch gebremst, dass bislang keine ausreichenden empirischen Wirkungsnachweise der Systeme vorliegen. Es fehlen sozialwissenschaftliche Evaluationsstudien mit großen Stichproben und längeren Laufzeiten.
Technische Assistenzsysteme können körperbezogen oder raumbezogen (z.B. in der Wohnung) gesundheitsrelevante Daten bei älteren Menschen aufnehmen, analysieren und gegebenenfalls weiterleiten. Ihre Aufgaben umfassen unter anderem die Alarmierung und Notfallidentifikation sowie die Unterstützung bei Erkrankungen und Funktionsdefiziten. Sie werden auch für nicht mit der Gesund-heitsversorgung in Zusammenhang stehende Zwecke verwendet. Bei der Entwicklung altersgerechter technischer Assistenzsysteme gab es erhebliche Fortschritte. Es ist zu erwarten, dass diese zu neuen Lebensweisen und neuen Versorgungsformen führen und dass sich das persönliche Umfeld einer Person (und hier insbesondere die Wohnung) zum neuen, zusätzlichen Gesundheitsstandort entwickeln wird. Es ist weiterhin zu erwarten, dass durch die Nutzung solcher Systeme neue diagnostische und therapeutische Verfahren entwickelt werden können, die verbesserte Möglichkeiten der Pflege als auch der ärztlichen Versorgung erwarten lassen und die zu einer längeren selbstständigen Lebensführung beitragen können. Neue Herausforderungen ergeben sich im Datenschutz, bei der informationellen Selbstbestimmung und bei der Finanzierung. Auch bei der Nutzung technischer Assistenzsysteme geht es darum, zu einer möglichst langen selbstständigen Lebensführung und zu einem aktiven Altern in Selbst- und Mitverantwortung beizutragen. Ob und inwieweit dies der Fall ist, muss weiter belegt werden. Hierzu sind nach wissenschaftlichen Standards geplante Studien notwendig, welche Aspekte wie diagnostische Relevanz und therapeutische Wirksamkeit sowie Lebensqualität untersuchen.
Sorgearbeit (Care) umfasst wichtige und gesellschaftlich hoch relevante Aufgaben, die jedoch kaum Anerkennung genießen. Sowohl die familiale als auch die professionelle Sorgearbeit ist weiblich konnotiert und ungleich zwischen Frauen und Männern verteilt. Diese geschlechtsspezifische Verteilung führt zu Benachteiligungen von Frauen, somit ist Care auf das Engste verflochten mit der gesellschaftlichen Geschlechterordnung. Wie diese Verflechtung zu verstehen ist, soll im Zentrum der vorliegenden Expertise stehen. Denn eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen der Sorge und Unterstützung älterer Menschen, wie sie im Siebten Altenbericht geführt wird, darf die geschlechtsspezifische Ungleichverteilung von Aufgaben und Anerkennung nicht ausblenden. Die Art und Weise, wie Care gesellschaftlich organisiert wird - also maßgeblich unbezahlt im Privaten und von Frauen geleistet - hängt jedoch auch wesentlich mit unserer Gesellschaftsformation zusammen, da diese Form der Organisation von Sorgearbeit als unbezahlte Hintergrundarbeit (Beck-Gernsheim 1993) eine systemische Entwicklungsnotwendigkeit kapitalistischer Vergesellschaftung (Lessenich 2011) darstellt. Die Expertise widmet sich daher der Analyse des Zusammenhangs zwischen Care, Geschlechter- und Gesellschaftsordnung und geht hierbei auf die historischen Wurzeln und gegenwärtigen Ausformungen dieses Zusammenhangs ein. Empirische Befunde über unterschiedliche Facetten des Verhältnisses von Gender und Sorgearbeit runden das Bild ab. Abschließend wird diskutiert, welche normativen und wohlfahrtsstaatlichen Kriterien erfüllt werden müssen für eine sozial- und geschlechtergerechte Verteilung von Care vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die geschlechtsspezifische Praxis des Sorgens die gegenwärtige gesellschaftliche Ordnung stabilisiert.
Die Expertise reflektiert kritisch die Forschungssituation zu älteren Migranten in Deutschland. Hierzu werden die Befunde vorliegender Studien mit Ergebnissen des DZA-Alterssurvey 2002 zusammengeführt. Behandelt werden u.a. sozialstrukturelle Merkmale der älteren Migranten, Befunde zur Lebenslage, Rückkehrabsichten und Prozesse der Transmigration sowie der Bedarf an Pflegeleistungen. Abschließend werden Desiderata der Forschung aufgelistet. (BAMF)