Herrschaft, Transformation und Entwicklung in Lateinamerika
In: Demokratie und Entwicklung in Lateinamerika: für Klaus Bodemer zum 65. Geburtstag, p. 417-437
Der Beitrag zu den grundlegenden Problemfeldern der neueren Entwicklung in Lateinamerika betrachtet aus einer eher konzeptionellen Perspektive, angereichert mit einigen Verweisen auf empirische Befunde, die Zusammenhänge zwischen politischer Herrschaft, politischer Transformation und sozioökonomischer Entwicklung. Geleitet wird die Argumentation vom Forschungsprogramm des methodologischen Individualismus bzw. dessen neoinstitutioneller Variante. Entsprechend wird im ersten Kapitel zunächst auf die Vorteile einer institutionenökonomischen Perspektive auf die Zusammenhänge zwischen Herrschaft und Entwicklung verwiesen, diesbezüglich zentrale Forschungsergebnisse werden skizziert. Im zweiten Kapitel wird sodann hinterfragt, inwieweit sich die allgemein formulierten Zusammenhänge und Erkenntnisse auch auf Lateinamerika übertragen lassen. Hierbei eröffnet sich mit Blick auf den Subkontinent zunächst ein gewisser Widerspruch. Auf der einen Seite lassen sich im statistischen Vergleich auch für Lateinamerika die positiven Auswirkungen von mehr Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Herrschaft auf die wirtschaftliche Entwicklung konstatieren. Auf der anderen Seite sind jedoch hohe Korruption, mangelnde Rechtssicherheit und Partizipationseffekte in den jungen Demokratien noch weit verbreitet. Diese Defizite sind eng mit dem Einfluss mächtiger Sonderinteressen auf die wirtschaftspolitischen Reformen verbunden. Mithin stellt sich im dritten Kapitel die Frage, wie die Diskrepanz zwischen den für gesamtgesellschaftliche Entwicklung wünschenswerten politischen Institutionen und der Realität fragiler Staatlichkeit und defekter Demokratien zu erklären ist. Im Zuge der Beantwortung werden hier verschiedene, eng miteinander verknüpfte Erklärungsmuster neoinstitutionalistischer Prägung vorgestellt. (ICG2)