Im vorliegenden Beitrag rekurriert der Autor auf einen Aufsatz von Michael Walzer, in dem die Grenzziehungen im kulturellen und politischen Bereich als eine politische Zentraltugend freier Gesellschaften, freiheitlicher Politik und liberal-demokratischer Verfassungsordnungen bezeichnet werden. In diesem Kontext geht es im folgenden um die Grenzziehungen zwischen Religion und Politik, Ethnos und Demos, Recht und Moral sowie Wirtschaft und Staat. Neben Beispielen aus der biblischen Geschichte werden vor allem die Ereignisse im zerfallenden Jugoslawien herangezogen, um zu zeigen, daß kulturelle Differenzierung nicht allein liberale Pluralisierung bedeutet, sondern ebenso Ausgrenzung und Totalitarismus. (psz)
Der Autor geht der Frage nach, warum sich bei Marx weder eine normative Demokratieauffassung findet, die den leninschen Fehlentwicklungen hätte entgegenwirken können, noch eine hypothetische Bestandsaufnahme der empirischen Probleme der von den Kommunisten angestrebten proletarischen Herrschaft als Weg zur Aufhebung jeder besonderen Herrschaft. Dabei zeigt der Autor, daß sich beide Aspekte in der Marxschen Theorie finden lassen - die normative und vor allem in seinen Frühschriften auch auf das politische Gemeinwesen bezogene Entfremdungskritik und eine empirisch orientierte Theorie politischer Macht als sozialer, d.h. Klassenmacht. Beide Aspekte "verschränken und blockieren einander unterschwellig und können einander daher auch nicht informieren und korrigieren." Weiter zeigt der Autor, daß die Autonomie des Politischen in der Marxschen Theorie der bürgerlichen Gesellschaft eine ex negativo erschlossene Größe darstellt: Für den funktionalen bzw. instrumentalistischen Begriff von Politik und Staat ergibt sie sich aufgrund von Rationalitäts- und Interessenblockaden der Bourgeoisie. Abschließend wird untersucht, inwieweit Marxens frühe expressive Leitidee eines unmittelbar mit sich identischen Gemeinwesens auch in seiner reifen Theorie und gegenüber ihren realistischen und funktionalistischen Annahmen noch eine Rolle spielt. "Auch hier greifen in der Marxschen Theorie die positive Utopie einer nicht entfremdeten Gemeinschaft und die funktionale Basis-Überbau-Lehre untergründig ineinander. (ICD)
Der Beitrag setzt sich mit dem Kommunitarismus als neuer ideologischer Herausforderung nach dem Ende des Kommunismus und den politischen Impulsen dieses neuen Gemeinschaftsparadigmas auseinander. Die Entwicklung dieses Ansatzes in der amerikanischen Philosophie sowie dessen Hintergründe werden dargestellt. Zur besseren Einordnung wird die "politische Theologie" der amerikanischen Republik erläutert, die sich vor allem im religiösen Pluralismus äußert. Die zentralen Sinngestalten des symbolischen Codes der christlichen Republik Amerika werden dargestellt, um vor diesem Hintergrund dann Clintons politische Strategie zu analysieren, in der es vor allem um die Einführung eines positiven neuen Gemeinschaftsgeistes geht. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, daß die Seele Amerikas eine gespaltene Seele ist: Die eine Hälfte ist der individualistischen Freiheit verpflichtet; die andere Seite strebt nach einer inklusiven Gemeinschaft, deren Bürger eine gemeinsame Verantwortung, eine überindividuelle Verpflichtung akzeptieren. (ICA)
Daß zwischen denen, die sich auf Karl Marx berufen, über ethische Prinzipien diskutiert wird, war schon in der ersten marxistischen Partei der Weltgeschichte - der deutschen Sozialdemokratie vor der Jahrhundertwende - keine Selbstverständlichkeit. Damals fanden die ethischen Sozialisten aus der neukantianischen Schulphilosophie erst dann ein (freilich recht begrenztes) Gehör im Lager der Marxisten, als sich dort mit dem Revisionismusstreit selbst eine politische Perspektive breitgemacht hatte. Wenn nun heute - d.h. etwa seit Anfangder 80er Jahre - zunächst in der angelsächsischen, dann in der italienischen und vereinzelt sogar der bundesdeutschen marxistischen Theoriedebatte das Thema »Ethik und Marx« (so der Titel des Sammelbandes von Angehrn/Lohmann 1986) auf ein verstärktes Interesse stößt, so lassen sich auch dafür nicht nur (a) theoriegeschichtliche und (b) schulphilosophische, sondern auch (c) konzeptionell-politische Motive vermuten.
Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um ein Besprechungsessay zu Giacomo Marramaos "Potere e secolarizzazione. Le Categorie del tempo" (Rom, 1983). Einleitend werden Hintergrund und Ziel des Buches vorgestellt: Aus der "geistigen Situation der linken Zeit" wird eine Metakritik der neuzeitlichen Geschichtsphilosophie für eine Bestandsaufnahme politischer Theorien heute fruchtbar gemacht. Marramoas Methode einer Kritik der Moderne und seine zentrale These, wonach die fortschrittliche Geschichtsphilosophie der Neu-Zeit eine Folge der Säkularisierung ist, werden beschrieben, um dann einige der in dem Buch angesprochenen Themen zu diskutieren. Archäologie und Genealogie werden als zentrale Begriffe der Moderne in der Interpretation Marramaos vorgestellt, um anhand dessen die Darstellung der Mutation der geschichtlichen Zeiterfahrung zu erläutern. Weiter wird auf den Gedanken eingegangen, daß mit dem säkularen Prozeß der Entsakralisierung der politischen Ordnung gleichzeitig das Strukturproblem der neuzeitlichen Legitimität des Politischen entsteht. In der abschließenden Einschätzung des Buches wird darauf eingewiesen, daß vor allem deutsche Autoren die Bezugspunkte von Marramoas Analyse bilden: Von der gesellschafstheoretischen Diskussion (Habermas, Luhmann) bis zur Deutung der Moderne in der Geschichtsphilosophie (Löwith, Blumenberg, Koselleck) spannt sich der Rahmen, innerhalb dessen Marramoa die Säkularisierungsproblematik als Fragestellung der politischen aufwirft. (RW)
Seit jeher wird der SPD von linken Intellektuellen vorgeworfen, sie leide unter Theoriedefizit. Die politischen Praktiker wurden von dieser Kritik wenig berührt. Seit 1979 drängen aber sozialdemokratische Spitzenpolitiker selbst auf eine stärkere theoretische Orientierung der Politik und auf eine Betonung des "ethisch-politischen Moments in der Geschichte" (Peter Glotz). Der Aufsatz geht der Frage nach, welcher Fundus philosophischer Orientierung für die SPD heute verfügbar ist. Dazu wird das Verhältnis zur marxistischen Tradition diskutiert. In einem problemorientierten Rückblick beschreibt der Autor die Auseinandersetzungen seit der Weimarer Republik und die Veränderungen, die das Godesberger Programm für die Partei mit sich gebracht hat. Seit Mitte der 70er Jahre kann man von einer "Krise des sozialdemokratischen Konsensus" sprechen und vom "Zerbrechen" des "Modernisierungspakts" mit der Intelligenz. Die Versuche einer Neubegründung "sozialdemokratischer Philosophie" - Rezeption von Poppers 'kritischem Rationalismus', Grundwertediskussion und die Rekonstruktion von Bernsteins 'Revisionismus' - waren insgesamt Mißerfolge. Als Beispiele für zwei unterschiedliche Reaktionen auf die allgemeine Orientierungskrise führt der Autor die Positionen von Helmut Schmidt und Erhard Eppler vor. Ein großes Versäumnis sieht der Autor darin, daß die SPD die Tradition des "ethischen Kantianer-Sozialismus" nicht erneuert hat. (KA)
Der nachfolgende Artikel von Angelo Bolaffi und Giacorno Marramao zur SPD erschien in der Nr. 3 der neuen, von einer Reihe zumeist der KPI angehörigen Sozialwissenschaftler und Philosophen herausgegebenen, aber parteiunabhängigen Zeitschrift laboratorio politico, die das Schwerpunktthema »Regierung oder Nicht-Regierung der Linken« hatte, und in der sich auch ein weiterer Artikel von Volker Gransow und Claus Offe mit der »Politischen Kultur und Regierungspolitik« der SPD beschäftigt ( dessen deutsche Version inzwischen im Argument, Nr. 128 erschienen ist). Die Übersetzung ist nur um die einleitenden Bemerkungen - mit einigen für den deutschen Leser unverständlichen indirekten Polemiken im italienischen Diskussionszusammenhang - und ein Postsknptum gekürzt, in dem die Autoren unter dem Eindruck des Wahlsiegs Francois Mitterands und des Einzugs der 'Alternativen Liste' ins Westberliner Abgeordnetenhaus noch einmal zwei implizite Grundannahmen ihres Artikels zuspitzen:(a) daß der Entwicklungstrend der westeuropäischen politischen Systeme nicht mehr mit dem alten 'links/ rechts' -Schema alleine beurteilt und verstanden werden kann;(b) daß das ~ durch das Entwicklungsmuster des Wohlfahrtsstaats sozialdemokratischer Prägung produzierte - Auftauchen 'neuer sozialer Subjekte' keinesfalls automatisch zu einer Stärkung des 'neokonservativen Blocks', der die Errungenschaften des Sozialstaats zurückschraubenwill, führt. Vielmehr sei die Linke - gemeint sind hier natürlich vor allem die italienischen Kommunisten - dazu aufgerufen, einen »kulturellen Sprung« zu tun, um sich den beiden Seiten der Krise des Sozialstaats - dem Verlust an politischer Entscheidungsfähigkeit im politisch-administrativen Bereich und dem Verlust an politischer Integrationskraft der Arbeiterbewegung gegenüber den neuen 'kritisch-kulturellen Faktoren' und Sozialbewegungen - gewachsen zu sein, statt sich immer nur in dialektischen Formeln zu trösten.
Der Autor geht der Frage nach, inwieweit sich bei Jürgen Habermas über die Meta-Theorie politischer Systeme im Kapitalismus hinaus die "klassischen Themen" politischer Wissenschaft finden lassen. Der Autor schließt sich der These an, daß Habermas keine politische Theorie entwickeln konnte, schon deshalb nicht, weil er die analytischen Mittel zum Aufbau einer solchen Theorie aus der Systemtheorie übernimmt. Habermas' politische Identität faßt der Autor in drei Punkten zusammen: Habermas ist Sozialist, er hat einen präsisen Begriff der sozialistischen Revolution, und in seiner eigenen Praxis verbleibt er in der Verteidigung liberaler Grundpositionen. Diese Zusammenfassung erläutert der Autor am Werk Habermas', mit einem Exkurs auf die eurokommunistische Auslegung und Weiterentwicklung des Marxismus. Bei aller punktuellen Affinität zwischen Antonio Gramsci und Jürgen Habermas zeigt sich, daß bei Habermas die Dimension der kollektiven Orientierungsmuster fehlt. (BG)
Der Verfasser versucht, die kulturpolitische Bedeutung der Adlerschen Auffassung von Marxismus herauszuarbeiten und skizziert, mit welchen spezifischen theoretischen Mitteln Max Adler die "Grundlagenkrise" des Marxismus zu überwinden versucht hat. Dabei macht er auf Parallelen in der Fragestellung aufmerksam, die seiner Meinung nach zwischen Max Adler und neueren wissenschaftlichen Strömungen im Marxismus der 60er Jahre in Italien und Frankreich bestehen. In einem theoriegeschichtlichen Exkurs werden die Argumente in der neukantianischen Philosophie wiedergegeben, an die Max Adler bei seinem Versuch einer erkenntniskritischen Neubegründung des Marxismus anknüpfte und die ungelösten Probleme dargestellt, die er dabei übernahm. Der Verfasser stützt sich hier vor allem auf neuere Arbeiten über die Philosophie Hermann Cohens. Dem Aufsatz liegt die These zugrunde, die Aktualität Adlers liege nicht in dessen direkt politischen Schriften, sondern in der politischen Dimension seiner erkenntniskritischen Arbeiten. (KA)
»In einer Situation der um sich greifenden Krisenphänomene, die die etablierten Klassenorganisationenn in die Krise geraten lassen, aber auch vor den Strömungen der 'Neuen Linken' nicht halt machen, brechen alle bloß positiven oder negativen Identifikationsbezüge zu den Klassenbewegungen (Frankreichs und Italiens) und ihren politischen Strömungen auf.«So schrieben wir vor zwei Jahren im 'Editorial' zur Nr. 32 der PROKLA als Aufforderung an die westdeutsche sozialistische Diskussion, die realen »Schwierigkeiten des Eurokommunismus« nicht im »Auf und Ab der Identifikationen« zu verdrängen - denn diese permanente Suche nach Identifikationsobjekten sei »die beste Methode, von den widersprüchlichen Lernprozessen der kommunistischen Arbeiterbewegung Südeuropas nichts zu lernen«. Heute (ihr Artikel erschien kurz vor der Bundestagswahl in der theoretisch-politischen Wochenzeitschrift der KPI Rinascita, Nr. 3 7/ 1980) erheben Angela Bolaffi und Giacomo Marramao, zwei junge kommunistische Intellektuelle der 68er Generation, gegenüber einem Großteil der Beiträge der aktuellen Debatte in der italienischen Linken nahezu den gleichen Vorwurf: Gegenstand erbitterter Diskussionen, Objekt der Identifikation oder der Ablehnung ist in Italien jene 'Wende von Bad Godesberg' geworden, die 1959 den Weg der deutschen Sozialdemokratie »von der Klassenpartei zur Volkspartei« (nach offizieller Diktion), vom Marxismus zum Theorienpluralismus, von der zur permanenten Opposition verurteilten Partei zur Regierungs- und »Staatspartei« eröffnet hat.
Der Aufsatz analysiert europäische, amerikanische und sowjetische "Modelle" über die politische Zukunft Europas. Das "Modell Helsinki aus sowjetischer Sicht" - Entspannungspolitik und Sicherung der Einflußzonen - entspricht den Interessen der sowjetischen Elite an politischer Stabilität in Westeuropa und ihrer Angst vor dem demokratischen Sozialismus des Eurokommunismus. Die Folge ist wachsende ökonomische Abhängigkeit der SU vom Westen. Das "Modell Kissinger" reflektiert die Gefahren der Herrschaft kommunistischer Parteien in Westeuropa und plädiert für eine Stärkung der ökonomischen und militärischen Präsenz der USA. Das Modell Sonnenfeld-Brzezinski beruht auf einer Analyse der wirtschaftlichen und ideologischen Schwächen der SU und sieht in der ökonomischen Integration der SU in den kapitalistischen Weltmarkt bei gleichzeitiger Stabilisierung ihres Machtbereichs eine Erfolg versprechende Strategie des Westens. Die Sonnenfeld-Doktrin ist das Pendant zum Moskauer Helsinki-Modell. Im "Giscard d'Estaing-Modell" spielt das "Modell Deutschland", d.h. der sozialdemokratische Klassenkompromiß eine Rolle. Seine nordatlantisch-europäischen Implikationen sind für die südeuropäische Linke von zentraler Bedeutung. In diesem Zusammenhang werden verschiedene eurokommunistische und -sozialistische Modelle diskutiert, wobei der Autor die Ansätze des CERES-Flügels der französischen Sozialisten hervorhebt. (KA)
Introduction : region-making, cooperation and its normative dimension / Elisabetta Nadalutti -- Regionalism after Europe? : a marginal question / Otto Kallscheuer -- Rethinking the links between micro-regions and macro-regions / Fredrik SÖderbaum -- Critical beaches : coastal erosion and geosociality in south-eastern Ghana / Michael Flitner, Volker M. Heins and Johannes Herbeck -- Outside-in region-building : the role of border integration zones in Andean regional integration / Harlan Koff -- Rethinking cross-border regional cooperation : a comparison of the China-Myanmar and China-Laos borderlands / Xiangming Chen -- The normative dimension of regionalism and refugee policy in ASEAN and the EU / Jens-Uwe Wunderlich -- What are the "ethical values" that underpin border cooperation in Europe and Southeast Asia? : a reading of the upper Adriatic region and the Iskandar Malaysia border cases / Elisabetta Nadalutti -- The European Union and challenges of neighbourhood : regional cooperation potentials beyond realist geopolitics / James Wesley Scott -- Conclusions / Otto Kallscheuer and Elisabetta Nadalutti.
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