In: Orient: deutsche Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur des Orients = German journal for politics, economics and culture of the Middle East, Band 40, Heft 2, S. 253-266
"Ethnische Identitäten, Zugehörigkeiten zu sog. 'Stämmen', waren keine vorrangigen Kriterien für die soziale und politische Organisation im vorkolonialen Afrika, sondern wurden wesentlich im kolonialen Herrschaftsinteresse konstruiert und politisiert. In den nachkolonialen afrikanischen Staaten fungierte die fortdauernde politische Mobilisierung ethnischer Loyalitäten als Instrument im Verteilungskampf um Macht und knappe staatliche Ressourcen. Seit Ende der achziger Jahre haben ethnisch geprägte politische Konflikte deutlich zugenommen, hervorgerufen durch eine tiefgreifende sozioökonomische Strukturkrise, die zu einer drastischen Verengung staatlicher Verteilungsspielräume geführt hat. Unter innerem wie äußerem Druck sahen sich die alteingesessenen Regime zur Einführung von Mehrparteiensystemen gezwungen. Angesichts der Unwilligkeit der Staatsklassen, Macht und Ressourcen zu teilen, beförderte der politische Pluralismus jedoch weithin die Entstehung ethnischer Konflikte. Die Beispiele Liberia, Ruanda, Zaire und Kenia machen schlagartig deutlich, wie reformunwillige politische Eliten in der Krise Ethnizität hemmungslos politisieren, um sozialpolitische Unzufriedenheit in der Bevölkerung umzulenken auf ethnische Minderheiten und um ihr Monopol zur Selbstprivilegierung zu erhalten. Nicht ethnische, sondern dramatische soziale Gegensätze sind die zentralen Konfliktursachen im heutigen Afrika." (Autorenreferat)
In diesem Beitrag wird die Anziehungskraft der islamistischen Bewegung auf die Frauen näher beleuchtet. Zunächst skizziert die Autorin die durch die sozioökonomischen Transformationsprozesse ausgelöste Zerstörung traditioneller Lebenszusammenhänge und Lebensentwürfe und die damit verbundene existentielle äußere und innere Krisenerfahrung der Frauen. Anschließend wird untersucht, wie die in der fundamentalistischen Bewegung aktiven Frauen diese Krisenerfahrungen verarbeiten. Die Verfasserin analysiert, welche Wünsche, Sehnsüchte und Zielsetzungen durch Anpassung und Unterwerfung, Engagement und Rebellion realisiert werden und welche möglicherweise neuen Bedeutungen mit alten Begriffen und Symbolen wie etwa dem Schleier ausgedrückt werden. Hierbei soll geklärt werden, ob die erfahrenen Konflikte und Widersprüche in der islamistischen Identifikation eine repressive Stillegung oder eine emanzipatorische Verarbeitung und Lösung finden. (ICE)
In: Orient: deutsche Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur des Orients = German journal for politics, economics and culture of the Middle East, Band 41, Heft 4, S. 633-634