In: Deutsches Steuerrecht: DStR ; Wochenschrift & umfassende Datenbank für Steuerberater ; Steuerrecht, Wirtschaftsrecht, Betriebswirtschaft, Beruf ; Organ der Bundessteuerberaterkammer, Band 34, Heft 38, S. XI
"Die erste griechische Republik (1923 bis 1935) war ähnlich wie die Weimarer Republik durch die Hypothek eines verlorenen (des griechisch-türkischen) Krieges belastet. Hinzu kamen völlig veraltete politische Strukturen (Klientelnetze) und der anachronistische Streit über die Staatsform. 1935 wurde die Republik durch einen Staatsstreich gestürzt. Am 4. August 1936 errichteten König Georg II. und General Metaxas eine Ko-Diktatur. Innenpolitisch orientierte sich das Regime an Italien und Hitler-Deutschland. Außenpolitisch steuerte es einen Schaukelkurs zwischen ideologischer Affinität zum Faschismus und rationaler Rückversicherung durch Großbritannien, der in die Isolierung führte und Griechenland zum Opfer des italienischen und deutschen Expansionsstrebens werden ließ. Im Zweiten Weltkrieg erlitt Griechenland das Schicksal aller besetzten Länder. Es entstand eine linksorientierte Resistance, die im Verlauf der Okkupation den griechischen Staat von den 'Graswurzeln' her zu demokratisieren versuchte. 1944 kam es zum bewaffneten Zusammenstoß der Resistance mit Truppen der britischen Regierung unter Winston Churchill, die nicht bereit war, eine linksorientierte griechische Nachkriegsrepublik zu akzeptieren. 1945/46 folgte eine von Großbritannien tolerierte Konterrevolution monarchistischer und rechtsextremer Kreise, die einen Eskalationsprozeß von Gewalt und Gegengewalt auslöste, der zum Bürgerkrieg führte (1946 bis 1949). Die Jahre 1950 bis 1963 waren durch die absolute Vorherrschaft der politischen Rechten und eine äußerst enge Abhängigkeit von der Schutzmacht USA geprägt. Als sich Mitte der sechziger Jahre Veränderungen abzeichneten und die 'angestammte' Herrschaft der Rechten bedroht war, kam es zur Militärdiktatur (1967 bis 1974). Nach dem Sturz der Militärs im Jahre 1974 wurde in Griechenland die Demokratie eingeführt. In den nächsten Jahren erfolgten tiefgehende Reformen, die die Demokratie festigten. Kennzeichnend Für die Festigkeit der Demokratie des heutigen Griechenlands ist u. a. die Tatsache, daß die 1981 erfolgte Übernahme der Regierung durch die sozialistische PASOK keine großen Erschütterungen bewirkte." (Autorenreferat)
Die derzeitige politische Kultur Griechenlands wird in ihren traditionellen Beziehungen und ihren Einflußfaktoren erörtert. Dabei werden historische und außenpolitische Momente ebenso berücksichtigt wie die tragenden Säulen der Staatsordnung, die Staatsideologie, die Elemente einer politischen Gegenkultur und die Perspektiven unter der sozialistischen Regierungsmehrheit. Es wird gezeigt, daß sich der griechische Nationalstaat von Anfang an unter starker Beteiligung ausländischer Mächte entwickelte. Als wichtiges Element der politischen Verhältnisse wird das "Klientelsystem" betrachtet, das bestimmte Gruppen mit einer bestimmten Regierungsform begünstigt. Der Antikommunismus war bis 1974 offizielle Staatsdoktrin; mit der Änderung dieses Zustands konnte sich auch eine politische Gegenkultur aus sozialistischer und kommunistischer Perspektive entfalten. (HA)
Heinz Richter ; mit einem Vorwort von Komninos Pyromaglou und einem Aufsatz des gleichen Verfassers "Die "Auflösung" der EOEA-EDES im Dezember 1944" ; Literaturverzeichnis Seite 605-613 ; Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bayerische Staatsbibliothek -- 74.6356