Die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen vom 7. November 2000: Kein Sieg Bushs, sondern eine Niederlage Gores
In: Zeitschrift für Parlamentsfragen: ZParl, Band 32, Heft 3, S. 630-645
ISSN: 0340-1758
Der knappe und umstrittene Sieg George W. Bushs hat Forderungen nach einer Abschaffung des Elektorenkollegs laut werden lassen. Die erforderlichen Mehrheiten für eine Verfassungsänderung werden jedoch kaum erreichbar sein; erfolgversprechender wäre der Übergang vom Winner-takes-all-Prinzip zum Distrikt-System bei der Verteilung der Elektoren in den Einzelstaaten. Verantwortlich für die Niederlage Al Gores waren aber letztlich nicht das Wahlsystem, die Pannen bei der Stimmenauszählung in Florida oder die umstrittene Supreme Court-Entscheidung in Bush vs. Gore, sondern die wenig überzeugende Performanz und strategische Fehler Gores im Wahlkampf. Trotz sozialstrukturell kaum veränderter Ausgangslage gegenüber 1996, einer guten Wirtschaftslage und einer unverändert hohen Popularität der Clinton-Administration gelang es Gore nicht, seinen "Amtsinhaber"-Vorteil zu nutzen. George W. Bush, der vor allem der Präsident des ländlichen und inneren Amerikas ist, hat es in den nächsten vier Jahren mit einer soziokulturell tief gespaltenen Nation - "the Beautiful and the Dutiful" - zu tun. In dieser Spaltung und der mit ihr einhergehenden Polarisierung zwischen den zunehmend homogenen Parteien liegen die Chancen und Gefahren seiner Präsidentschaft. (Zeitschrift für Parlamentsfragen / FUB)