Barock - bäuerliches Oberschwaben: Elemente einer politischen Kultur
In: Regionale politische Kultur, S. 130-145
Wehling untersucht die Faktoren Kirche, Adel, Bauerntum und Freie Reichsstädte, die als historische Gegebenheiten die politische Kultur Oberschwabens prägten. Er fragt weiter, welche historischen Ereignisse als kollektive Schlüsselerlebnisse gewirkt haben mögen. Charakteristisch für Staatlichkeit und Kulturlandschaft Oberschwabens ist ein Dualismus von Herrschaft und Bauerntum. Die Bauern zeigten sich dabei keineswegs als stumpfe, amorphe Herrschaftsobjekte. vielmehr mußten gerade in Oberschwaben auch die Herrschaften gegenüber den genossenschaftlich organisierten Bauern auf Ausgleich bedacht sein. Trotz wirtschaftlich-sozialen Wandels durch den Einzug der Industrie erst nach dem 2. Weltkrieg, bleibt festzustellen, daß sich die Mentalität von Industriearbeitern dort nicht ohne weiteres einstellt. Man behält seinen - wenn auch inzwischen wenig rentablen - Hof, versteht sich nach wie vor als Bauer, ist weder gewerkschaftlich zu organisieren noch von der SPD zu gewinnen. Die Tatsache, daß katholische Kirche und Zentrum seit dem 19. Jahrhundert als Wortführer der Region fungierten, zeigt sich noch heute in oberschwäbischer Mentalität und entsprechendem Verhaltensmuster: Politische und religiöse Bekenntnisse sind um so kämpferischer und einhelliger, je mehr man sich - als Katholik und als Oberschwabe zugleich - in der Defensive weiß. (VS)