Extensive considerations are imperative to address the increasingly urgent social and cultural issues that national societies encounter within the process of emergent global expansion. With respect to sociology, this requirement applies to images of disciplinary self-conception and the formulation of scientific tasks, to relationships with other disciplines, with politics and practice. Likewise, it relates to what has been seen to give meaning to the theoretically and methodically established delimitations of object spaces and research areas. Not least, such issues impact the societal role adopted by the social sciences, associated over the past two decades with the notion of scientific "crisis".
The issues that bridge the discussions of such transitions in the present anthology refer to the entwinements of theory and empirical work, ageing and generational research, areas of development studies and internationalization. They also deal with the life course and quality of life, the gender division of labor, health and prevention, as well as epidemiological and ethnological-sociological case studies in Africa. Quite simply, we are coming to perceive a transitional situation in various respects.
Taking up the above transitional perspectives, authors from Great Britain, France, Germany and Austria - including C. Attias-Donfut, U. Beck, M. Kohli, M. Johnson, U. Lehr, L. Rosenmayr and others - develop analyses and suggestions that serve to determine anew the role of interdisciplinarity in sociology. These scholars have identified a substantial deficiency in theory, accompanied by bursting quantities of detailed empirical material in various fields of research, and propose to realign research objectives.
The broad perspectives plotted in this volume provide the grounds for further scientific debate. - Auf die sozialen und kulturellen Fragen, die sich im Prozess zunehmend globaler Erweiterung den nationalen Gesellschaften mit wachsendem Drängen stellen, muss mit weitreichenden Überlegungen geantwortet werden. In der Soziologie trifft dies disziplinäres Selbstverständnis und wissenschaftliche Aufgabenstellung, das Verhältnis zu anderen Disziplinen, zu Politik und Praxis, und schließlich das, was bislang die theoretisch und methodisch begründeten Abgrenzungen von Objektbereichen oder Forschungsfeldern sinnvoll erscheinen liess. Nicht zuletzt rühren solche Fragen auch an die gesellschaftliche Rolle der Sozialwissenschaften, die in den letzten zwei Jahrzehnten mit der Vorstellung einer "Krise" dieser Wissenschaften assoziiert worden ist.
Die Themenbereiche, unter denen diese Umbrüche im vorliegenden Sammelband diskutiert werden, betreffen die Verflechtungen von Theorie und Praxis, die Alters- und Generationenforschung, Gebiete der Entwicklungssoziologie und der Internationalisierung, Lebenslauf und Lebensqualität, Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, Gesundheit und Prävention sowie epidemiologische und ethnologisch-soziologische Fallstudien in Afrika. Unschwer wird erkennbar, dass wir es in verschiedenerlei Hinsicht mit einer Umbruchsituation zu tun haben.
Autoren und Autorinnen aus Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und Österreich (unter ihnen so bekannte wie C. Attias-Donfut, U. Beck, M. Kohli oder M. Johnson und U. Lehr sowie L. Rosenmayr) entfalten unter den genannten Umbruchperspektiven Analysen und Vorschläge, die die Rolle der Interdisziplinarität in der Soziologie neu bestimmen lassen können, anhand überbordenden empirischen Detailmaterials in verschiedenen Forschungsfeldern einen erheblichen Theoriemangel sichtbar machen, und die Neubestimmung von Forschungsaufgaben nahe legen.
Die weiten Perspektiven, die angelegt werden, bieten Anlass zu vielfältiger wissenschaftlicher Auseinandersetzung.
Fünfzig Jahre nach den frühen Umweltprotesten der 1970er- und 1980er-Jahre um das Kernkraftwerk Zwentendorf und das Wasserkraftwerk Hainburg tritt der Umweltkonflikt in Österreich in eine neue historische Phase ein. In dieser Arbeit werden das politische Feld zur Zeit der Anti-Kraftwerks-Bewegung und das heutige klimapolitische Feld vergleichend analysiert. Teil I referiert den soziologischen Forschungsstand zum Spannungsverhältnis zwischen Arbeit und Umwelt und geht auf die Beziehungen zwischen Arbeiterbewegung, Unternehmen und der Grünbewegung ein. Nach einer Skizze der österreichischen Umweltgeschichte seit 1945 wird der feldtheoretische Rahmen in Anschluss an Pierre Bourdieus Arbeiten zum "politischen Feld" sowie Neil Fligstein und Doug McAdams "Theorie strategischer Handlungsfelder" vorgestellt. In Teil II werden die sozial-ökologischen Positionen von Gewerkschaften, Unternehmerverbänden und der Grünbewegung anhand von Archivmaterialien empirisch rekonstruiert. Im Rahmen der Analyse kamen vor allem Fernsehdiskussionen aus dem Medienarchiv des Österreichischen Rundfunks (ORF), ergänzt durch Zeitungsartikel und Radiobeiträge, zum Einsatz. Das zentrale Ergebnis der qualitativen Inhaltsanalyse ist die Verschiebung von Feldallianzen im Laufe der beiden Konfliktphasen. Der produktivistische Sozialismus, d. h. der sozialpartnerschaftliche Schulterschluss zwischen Gewerkschaftsführung und Unternehmerverbänden gegen die wachstumskritische Grünbewegung, hat sich in dieser Zeit verschoben in Richtung einer neuen Allianz zwischen grüner Partei und Unternehmerverbänden, deren Position als ökologische Modernisierung rekonstruiert werden kann. Gewerkschaften sind im Feld der Umweltpolitik hingegen ins Hintertreffen geraten. ; Fifty years after the early environmental protests of the 1970s and 1980s around the Zwentendorf nuclear power plant and the Hainburg hydropower plant, the environmental conflict in Austria is entering a new historical phase. In this thesis, the political field at the time of the anti-power plant movement and today's climate political field are analyzed comparatively. Part I reviews the state of sociological research on the tension between labor and the environment and addresses the relationships between the labor movement, corporations, and the green movement. After a sketch of Austrian environmental history since 1945, the field theoretical framework is presented following Pierre Bourdieu's work on the "political field" as well as Neil Fligstein and Doug McAdams' "Theory of Strategic Action Fields". In Part II, the socio-ecological positions of trade unions, employers associations, and the green movement are empirically reconstructed using archival materials. The analysis primarily involved television discussions from the media archive of the Austrian Broadcasting Corporation (ORF), supplemented by newspaper articles and radio reports. The central result of the qualitative content analysis is the shifting of field alliances in the course of the two conflict phases. Productivist socialism, i.e., the social partnership alliance between union leadership and employers associations against the growth-critical green movement, shifted during this period toward a new alliance between the green party and employers associations, whose position can be reconstructed as ecological modernization. Trade unions, on the other hand, have fallen behind in the field of environmental policy. ; Wolfgang Mayer ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2020 ; (VLID)5707396
Die Medien (Sprache, Schrift, Buch etc.) bestimmten schon immer die menschliche Wahrnehmung, das Denken, das Verhalten…, die gesamte Kultur. Allerdings wurde diese Tatsache erst durch die neuen Medien und Technologien wie Radio und Fernsehen und besonders durch den Einzug des Computers und anderer elektronischer Medien in den Alltag der westlichen Gesellschaft fast schmerzlich bewusst, denn die gegenwärtigen Lebensverhältnisse in den technologisch hoch entwickelten Ländern werden zunehmend durch technische Apparate programmiert, sogar dominiert: Ein Ausfall des Computersystems kann Schlangen vor der Supermarktkasse verursachen, oder schlimmer noch – ein Verkehrschaos, oder sogar einen nuklearen Krieg. Die rasante Entwicklung der neuen Medien und Technologien macht die Spekulationen der gewagtesten Science-Fiction-Romane und -Filme immer wahrscheinlicher. Wird der Mensch allmählich zur Maschine oder die Maschine zum Menschen? Im Unterschied zu einem weit verbreiteten technisch-mathematischen Medienmodell1, das die Medien als Input-Output-Kanäle defi niert, die Informationen vom Sender zum Empfänger unverändert übertragen, untersuchte der Literatur- und Medienwissenschaftler Marshall McLuhan bereits in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die soziologischen und psychologischen Dimensionen der technologischen Umwelt und stellte fest, dass die von den Medien transportierten Inhalte nur eine geringe Auswirkung auf die menschliche Wahrnehmung ausüben: "Der Inhalt oder die Botschaft eines bestimmten Mediums haben ungefähr soviel Bedeutung wie die Aufschrift auf der Kapsel einer Atombombe.", sagte in einem "Playboy"–Interview der kanadische Professor, der gerne zu Aphorismen und Metaphern griff, um seine Theorien zu veranschaulichen. Vielmehr verwandeln die Medien selbst, von der Sprache bis zum Computer die gesamte Umwelt, was wiederum eine tiefe, andauernde Veränderung im Menschen auslöst. Die Inhalte dienen nur zur Ablenkung des Bewusstseins: Wie der Dieb stets ein Stück saftiges Fleisch für den Wachhund bereithält, so lenken die Inhalte unsere Aufmerksamkeit ab, während das Medium seinen Einfl uss auf unsere Wahrnehmung ungehindert ausübt. Erst mit der Elektrizität wurde diese Erkenntnis greifbar, da elektrische Medien Informationen mit Lichtgeschwindigkeit übertragen und Kommunikation ohne Verzögerung stattfindet: So wird das Intervall zwischen Senden und Empfangen derart verkürzt, dass der Sender keine Informationen mehr, sonder sich selbst sendet, z.B. wenn wir am Telfon sprechen, werden wir an die Person mit der wir sprechen verschickt und umgekehrt – derjenige oder diejenige, mit dem wir sprechen wird uns durch die Leitung geschickt. Die Telefonierenden selbst sind die Botschaft für einander und nicht das, was sie miteinander bereden. Dieser Feststellung gibt McLuhan mit seinem berühmten und oft zitierten Slogan: "The Medium is the Message" einen prägnanten Ausdruck. Dieser Artikel richtet die Aufmerksamkeit der Leser und Leserinnen auf einen Kernaspekt von McLuhans vielschichtiger Medientheorie, der für das Ergründen der aktuellen medial-technologischen Realität besonders wichtig ist, nämlich auf die symbiotische Beziehung zwischen dem menschlichen Körper und den Technologien. Davon ausgehend soll die Bedeutung der Kunst und ihrer Erschließungsweisen der Wirklichkeit für den Umgang mit Medien und für die Bewältigung der Herausforderungen unseres hoch technologisierten Zeitalters hervorgehoben werden. ; In contrast to a widespread technical-mathematical media model that reduces electronic media to transmission channels, thereby making information into a quantifi able commodity, Canadian media theorist Marshall McLuhan, as early as the 1960s and 1970s, revealed the complex nature of the media irrespective of the contents that it conveyed. According to McLuhan, the media is an extension of the human body that expands human agency, but nevertheless leads to the 'amputation' of extended body parts. In this way, the medium becomes a constituent part of the body, while thereby taking on human qualities. Following McLuhan's media theory, this article reveals the symbiosis between technology and the human body and emphasises the signifi cance of the artist for comprehending contemporary medial-technological reality and for overcoming the challenges that such a reality poses.
Auf die sozialen und kulturellen Fragen, die sich im Prozess zunehmend globaler Erweiterung den nationalen Gesellschaften mit wachsendem Drängen stellen, muss mit weitreichenden Überlegungen geantwortet werden. In der Soziologie trifft dies disziplinäres Selbstverständnis und wissenschaftliche Aufgabenstellung, das Verhältnis zu anderen Disziplinen, zu Politik und Praxis, und schließlich das, was bislang die theoretisch und methodisch begründeten Abgrenzungen von Objektbereichen oder Forschungsfeldern sinnvoll erscheinen liess. Nicht zuletzt rühren solche Fragen auch an die gesellschaftliche Rolle der Sozialwissenschaften, die in den letzten zwei Jahrzehnten mit der Vorstellung einer "Krise" dieser Wissenschaften assoziiert worden ist. Die Themenbereiche, unter denen diese Umbrüche im vorliegenden Sammelband diskutiert werden, betreffen die Verflechtungen von Theorie und Praxis, die Alters- und Generationenforschung, Gebiete der Entwicklungssoziologie und der Internationalisierung, Lebenslauf und Lebensqualität, Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, Gesundheit und Prävention sowie epidemiologische und ethnologisch-soziologische Fallstudien in Afrika. Unschwer wird erkennbar, dass wir es in verschiedenerlei Hinsicht mit einer Umbruchsituation zu tun haben. Autoren und Autorinnen aus Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und Österreich (unter ihnen so bekannte wie C. Attias-Donfut, U. Beck, M. Kohli oder M. Johnson und U. Lehr sowie L. Rosenmayr) entfalten unter den genannten Umbruchperspektiven Analysen und Vorschläge, die die Rolle der Interdisziplinarität in der Soziologie neu bestimmen lassen können, anhand überbordenden empirischen Detailmaterials in verschiedenen Forschungsfeldern einen erheblichen Theoriemangel sichtbar machen, und die Neubestimmung von Forschungsaufgaben nahe legen. Die weiten Perspektiven, die angelegt werden, bieten Anlass zu vielfältiger wissenschaftlicher Auseinandersetzung. ; Extensive considerations are imperative to address the increasingly urgent social and cultural issues that national societies encounter within the process of emergent global expansion. With respect to sociology, this requirement applies to images of disciplinary self-conception and the formulation of scientific tasks, to relationships with other disciplines, with politics and practice. Likewise, it relates to what has been seen to give meaning to the theoretically and methodically established delimitations of object spaces and research areas. Not least, such issues impact the societal role adopted by the social sciences, associated over the past two decades with the notion of scientific "crisis". The issues that bridge the discussions of such transitions in the present anthology refer to the entwinements of theory and empirical work, ageing and generational research, areas of development studies and internationalization. They also deal with the life course and quality of life, the gender division of labor, health and prevention, as well as epidemiological and ethnological-sociological case studies in Africa. Quite simply, we are coming to perceive a transitional situation in various respects. Taking up the above transitional perspectives, authors from Great Britain, France, Germany and Austria - including C. Attias-Donfut, U. Beck, M. Kohli, M. Johnson, U. Lehr, L. Rosenmayr and others - develop analyses and suggestions that serve to determine anew the role of interdisciplinarity in sociology. These scholars have identified a substantial deficiency in theory, accompanied by bursting quantities of detailed empirical material in various fields of research, and propose to realign research objectives. The broad perspectives plotted in this volume provide the grounds for further scientific debate.
Der Zusammenhang von technischer Entwicklung und gesellschaftlicher Modernisierung wird mit Mitteln der systemtheoretischen Soziologie untersucht. Zu diesem Zweck werden die Konzepte "Technik" und "soziale Evolution" reformuliert. "Technik" ist ein spezieller Typ der Grenzbildung von Systemen, die Ereignisse ihrer Umwelt als kausal verknüpft beobachten; Technik wird demnach definiert als fixierte Erwartung, die sich auf kausal verknüpfte Umweltereignisse bezieht. "Soziale Evolution" ist der Typ des Strukturwandels von sozialen Systemen, der sich aus der Selektion und Restabilisierung von Strukturvariationen ergibt. Aus soziologischer Sicht ist jede technische Entwicklung als ein spezifischer Aspekt der sozialen Evolution zu verstehen. Dies wird mit der Konfrontation des Begriff des "Fortschritts" mit dem der "Modernisierung" gezeigt. Eine Gesellschaft versucht durch das Verwenden und das Beschränken von Technik über ihre eigene Evolution zu verfügen. Es erweist sich, daß diese Versuche zwar komplexer, aber nicht unbedingt erfolgreicher werden. Die einer jeden Evolution eigene Entwicklungsoffenheit kann nicht außer Kraft gesetzt werden, auch dann nicht, wenn eine Gesellschaft Evolutionstheorien entwickelt und reflexiv auf sich selbst anwendet. Anders als vormoderne Gesellschaften zeichnet sich die moderne Gesellschaft durch ihre hochgradig frei kontextualisierbare und damit riskante Technik aus. Kontextualisierungen und Entscheidungsnotwendigkeiten im Umgang mit moderner Technik bedingen Reflexivität. Technische Entwicklungen lassen Determinationen und Optionen in gleichem Maße wachsen. Komplex ist die soziale Seite von Technik, nicht die Kompliziertheit ihrer technischen Komponenten. Reflexive Technologiepolitik und Technikfolgenabschätzung sind gezwungen, die soziale Dynamik technischer Entwicklungen zu berücksichtigen. ; There are several means to analyse the intrinsic connection of technological development and social evolution in sociology today. The thesis examines technology and its development as part of social evolution from a system-theoretical point of view. Using this approach, terms like "technology" and "social evolution" are reformulated. "Technology" is a particular type of border of social systems, using the mode of causality in observing its environment; thus Technology is defined as the fixation of causal expectations. "Social evolution" is a social systems' structural change by the selection and reinforcement of variations, creating a singular history. In terms of sociology, any technological development is part of a wider developing social context. This is visualized by confronting the terms "progress" and "modernization"; both being concepts of sociology as well as of debates on technology and social development. By using technology, by giving way to innovation, and by limiting the use of technology, a given society tries to monitor and influence its own evolution. The thesis shows that these attempts become more complex, but not necessarily more effective. The fundamental properties of any evolution cannot be annulated --- the social evolution always remains unpredictable, even when evolutionary theories allow reflexive observations. In contrast to its predecessors the modern society constitutes a type of technology which is highly independent of any given social context. But this freedom is risky. Contextualizations and decision-makings imply a higher degree of reflexivity. In the case of technological development, both determinations and options increase at the same time. What is complex in technological development is its social, not its mere technical side. Any reflexive debate on technology has to reflect technology as a social issue.
AbstractThe paper argues chat we have reached an impasse in theorizing about agrarian social change due to the deterministic and centralistic assumptions of existing sociological theories of development, whether they adopt a modernization, dependency or political economy framework. What is needed, it is suggested, is a more serious attempt to analyse the dynamic processes by which individuals and social groups ‐ peasants, workers, entrepreneurs, bureaucrats, politicians and others ‐ interact and develop strategies for dealing with changing circumstances. Space must be found for an actor‐oriented analysis of social process which identifies how 'ordinary people' rather than simply abstract 'social forces' actively shape the outcomes of development.The argument, which draws upon the author's field research in Zambia and Peru, is developed by considering three analytical issues: a) the significance of differential responses to similar social conditions, b) the problem of relating interactional processes to larger scale social structure, and c) the question of how development policy is transformed at the 'interface' between implementer and target population.RésuméCet article tend à démontrer ľimpasse à laquelle aboutissent les théorisations du changement social agricole, théorisations qui sont fondées sur des conceptions déterministes ou centralistes du développement, quel que soit ?ailleurs leur cadre de réference (modernisation, dépendance, économic politique). II suggère la nécessiré?un effort plus sérieux ?ana‐lyse des processus dynamiques par lcsquels individus et groupes sociaux ‐ paysans, ouvriers, entrepreneurs, bureaucrates, politiciens, etc ‐ interagisscnt et développent des stratégies pour s'accommoder ?un contexte mobile. II faut faire place à une analyse de ľoricntation dc ľactcur àľintérieur ?un processus social, pour comprendre comment des "gens ordinaires", plus que ?abstraites "forces sociales", façonnent le développementĽargumcntation est basée sur des rccherchcs de terrain en Zambie et au Pérou. Elle est centrée sur trois quesrions: la signification de réponscs différences à un même contexte; le rapport entre les interactions et la structure sociale globale er la transformation des projets de développement dans la relation entre le "développeur" et la population.KurzfassungIn dem Batrag wird ausgeführt, daß wir mit dem Theorerisieren über den sozialen Wandel in der Landwirtschafe wegen der deterministischen und zentralistischen Annahmen der bestehenden soziologischen Entwicklungstheorien ‐ seien es solche der Modernisierung, der Dependenz oder der politischen Ökonomie ‐ in eine Sackgasse geratcn sind. Für not‐wendig gehalten wird ein ernsthafterer Versuch, die dynamischen Prozesse zu analysieren, wie soziale Gruppen ‐ Bauern, Arbeiter, Unternehmer, Bürokraten, Politiker und andere ‐interagieren und Strategien encwickeln, um mir wechselnden Umständen fertig zu werden. Es muß eine handlungsoricntierte Analyse sozialer Prozesse Platz greifen, die aufzeigt, wie 'gewöhnliche Menschen' statt einfach abstrakter 'sozialer Kräfce' die F.rgebnisse der Ent‐wicklung aktiv gestalten.Die Argumentation, die die Feldforschung des Autors in Sambia und Peru leitet, wird anhand der Betrachtung von drci analytischen Sachvcrhalten enrwickelt: a) die Bedcutung unterschiedlicher Reaktioncn auf ähnliche soziale Bedingungen, b) das Problem verbinden‐der Interaktionsprozesse mit größeren sozialen Strukturen und c) die Frage, wie Entwicklungspolitik an der Grenzfläche zwischen Implementor und Zielbevölkerung transformiert wird
Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ? auch Corporate Social Responsibility (CSR) ? ist ein aktuelles Thema. Profite zu erwirtschaften ist das Hauptziel von Unternehmen. Auf diese Weise wird Macht generiert, was u.a. KonsumentInnen dazu veranlasst, Forderungen zu stellen, die auf die Beachtung von ökologischen und sozialen Bereichen abzielen. Der Inhalt dieser Masterarbeit ist die soziologische Betrachtung der Perspektiven von Lebensmittelunternehmen und KonsumentInnen in Bezug auf CSR. Als theoretische Konstrukte wurden der Neo-Institutionalismus, der Stakeholder-Ansatz, eine Theorie öffentlichen Vertrauens und konsumsoziologische Ansätze herangezogen. Darauf aufbauend wurden die drei größten Lebensmittelanbieter in Österreich ? SPAR, REWE und HOFER ? sowie die Einstellungen von KonsumentInnen untersucht. Folgende Ergebnisse lassen sich festhalten: Aufgrund des täglichen Verzehrs von Lebensmitteln ist CSR in dieser Branche von besonderer Bedeutung. Die Unternehmen stellen sich in Bezug auf CSR sehr ähnlich dar und orientieren sich auch aneinander. Relevante Stakeholder sind KonsumentInnen, die Konkurrenz und NGOs. CSR-Auswirkungen zeigen sich u.a. in einem verbesserten Ruf und in Wettbewerbsvorteilen. Die KonsumentInnen achten beim Einkauf speziell auf Regionalität. Eine besondere Rolle spielt des Weiteren öffentliches Organisationsvertrauen. Produktgütesiegel stellen kein geeignetes Mittel zur Vertrauensherstellung dar. KonsumentInnen vertrauen vielmehr in Produkt- und Unternehmenstests von unabhängigen NGOs. Es wird eine stärkere Interaktion zwischen Politik, Unternehmen und KonsumentInnen gefordert, wobei besonders in die Bewusstseinsbildung der Bevölkerung investiert werden sollte. Als offene Potentiale werden bessere Kommunikationsmaßnahmen hinsichtlich nachhaltiger Produkte, die Reduktion von Verpackungen sowie eine Minderung der Überproduktion von Lebensmitteln genannt. ; Corporate social responsibility (CSR) is an important issue. Gaining profits is the main goal of corporations. That way they generate power, which often leads customer to ask for actions regarding environmental protection and social commitment. The task of this master thesis is the sociological consideration of the perspectives of food retailers as well as customers within the CSR debate. The theoretical framework includes the neo-institutionalism, the stakeholder approach, a theory regarding public trust and sociological perspectives on consumption. Based on this theoretical foundation the three biggest Austrian food retailers ? SPAR, REWE and HOFER ? and the attitudes of customers were investigated. In summary the results were as follows: Because of the daily consumption of food, CSR is an important issue in this industry. The investigated corporations present themselves in a very similar way when it comes to CSR and also orientate themselves by their competitors. Relevant stakeholders are especially customers, competitors and NGOs. CSR impacts are particularly shown in an improved reputation and in competitive advantages. Customers care especially for regional origins of the products they will buy. Furthermore, public trust in organizations plays a decisive role for customers. Quality seals are not considered an appropriate tool to generate trust. However, tests of products and corporations conducted by independent NGOs increase trustworthiness. An improved interaction between politics, corporations and customers is demanded and it will be particularly necessary to invest more in the sensitization of customers. Further potentials of CSR management are better communication methods regarding sustainable products, the reduction of packaging materials and the minimization of the general overproduction of food in our society. ; Christiane Reischl ; Kristina Tösch ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Zsfassung in dt. und engl. Sprache ; Graz, Univ., Masterarb., 2013 ; (VLID)226662
AbstractThis paper attempts to provide a framework for understanding and analysing structural change and structural policy in agriculture. To date, sociological analyses of these subjects have been insufficiently attuned to the agricultural economics approaches that dominate the outlook and understanding of policy makers.Agricultural economics analysis of structural policy concentrates on the technical and biological aspects of structure, i.e. the 'beta determinants'. The 'gamma determinants' are defined as organizational, institutional and cultural network aspects of agricultural structure. The Structure‐Conduct‐Performance (SCP) model derived from industrial organization theory is applied as a framework linking these gamma and beta determinants to 'structure' and market behaviour.Sociological theory is traditionally dominated by the action versus structure dilemma. Giddens's structuration theory suggests a solution to this problem by distinguishing 'system' and 'structure', and by assuming a duality of structure (i.e. structure is both the medium and the outcome of action). Suiting from this duality it is shown that rural sociology and agricultural economics have a common point of reference at system level.RésuméCet article cherche à proposer un cadre conceptuel pour ľanalyse du changement en agriculture et pour ľanalyse des politiques de structures. Il postule que les analyses sociologiques sont restéees insuffisamment liées aux approches économiques, celles‐ci constituant la base de la culture des decideurs politiquesCes analyses économiques se sont surtout centrées sur les aspects techniques et biologiques, soit les facteurs beta. Les facteurs gamma sont définis comme les aspects organisationnels, institutionels et culturels de la structure agricole. Un modèle, dérivé de la théorie de ľorganisation industrielle, et dénommé modèle "Structure ‐ Conduct ‐ Performance" (SCP) est proposé pour élucider les relations entre ces facteurs beta et gamma ?une part et les aspects de structure et de marche ?autre part.La théorie sociologique, habituellement tiraillée entre action et structure, peut cependant repondre à ce problèms à travers la théorie de la structuration de Giddens qui distingue système et structure, et suppose une dualité de la structure, celle‐ci étant à la fois médiation et produit de ľaction. Sur cette base théorique, on peut montrer que la sociologie rurale et ľeconomie agricole ont un plan commun ?analyse au niveau du système.KurzfassungIn diesem Beitrag wird versucht, einen Bezugsrahmen für das Verständnis und die Analyse von Strukturwandel und Strukturpolitik in der Landwirtschaft zu liefern. Bisher sind soziologische Analysen dieser Themenbereiche ungenügend abgestimmt mit Ansätzen der Agrarokönomie, die die Ansichten und das Verständnis der agrarpolitischen Entscheidungs‐träger beherrschen.Die Agrarökonomie analysiert schwerpunktmäßig die technischen und biologischen Aspekte der Struktur, d.h. die 'Beta‐Determinanten'. Die 'Gamma‐Determinanten' wer‐den definiert als organisatorische, institutionelle und kulturelle Netzwerkaspekte der Agrar‐struktur. Das aus der industriellen Organisationstheorie abgeleitete Struktur‐Verhalten‐Leistung‐Modell wird als Bezugsrahmen angewandt, um diese Gamma‐ und Beta‐Determinanten an 'Struktur' und Marktverhalten zu verbinden.Soziologische Theorie ist traditionell stark geprägt durch das Dilemma von Handlung und Struktur. Giddens Strukturierungstheorie schlägt eine Lösung dieses Problems vor durch Unterscheidung von 'System' und 'Struktur' und Annahme einer Dualität der Struktur (d.h. Struktur ist beides, Medium und Ergebnis von Handlung). Ausgehend von dieser Dualität wird gezeigt, daß ländliche Soziologie und Agrarökonomie auf Systemebene einen gemeinsamen Bezugspunkt haben.
Since Raymond Aron's preface to Max Weber's book, Le savant et le politique, published in 1959 at Plon in a translation of Julien Freund, the idea has long emerged that the German sociologist would have fundamentally defended the incompatibility of the virtues of politics with those of the savant. The book brings together two Max Weber conferences at different times and contexts: The profession and motherhood declared on 7 November 1917 in Munich, one year before the end of the First World War and the defeat of the German Reich, at the invitation of the Bavarian Committee of the Free Students' Association; The profession and political vocation, on 28 January 1919 within the same framework but in a completely different context, in the midst of the revolution of the Councils (Aron, 1990 [1959]: 8). A few years later, Wertfreiheit's concept of Wertfreiheit, which strictly means that there is no value judgment (the adjective wertfrei means free value judgement), is translated as 'axiological neutrality'. Julien Freund takes over the expression Axiological neutrality used in 1949 in the first American translation of the Der Sinn der Wertfreiheit der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften ('Test on the meaning of 'axiological neutrality' in sociological and economic sciences') published in 1917. The theme of supposedly neutral skavant will now be sustainable, especially in French-speaking social sciences. Aron is part of the approach opened by the functionalist sociology of the United States, in particular Talcott Parsons, which instrumentalisa Max Weber to promote sociology favourable to the established social order. ; International audience ; Since Raymond Aron's preface to Max Weber's book, Le savant et le politique, published in 1959 at Plon in a translation of Julien Freund, the idea has long emerged that the German sociologist would have fundamentally defended the incompatibility of the virtues of politics with those of the savant. The book brings together two Max Weber conferences at different times and ...
Aus der Einleitung: Der Mainstream der soziologischen und politologischen Forschung betrachtete Rechtsextremismus bis Anfang der neunziger Jahre als "allgemeines Problem". Durch den vorherrschend androzentrischen Blickwinkel geriet dies unwillkürlich zu einem "männlichen" - meistens jedoch, ohne als solches benannt zu werden. Tatsächlich legen Kriminalstatistiken und Wahlanalysen den Eindruck nahe, dass Rechtsextremismus als "männliches Problem" zu betrachten sei, da Frauen und Mädchen rein quantitativ in geringerem Maße vertreten sind. Im Hinblick auf frühere empirische Untersuchungen lässt sich jedoch erkennen, dass ein rechtsextremistisches Orientierungsmuster nicht mehr als rein "männliches Problem" betrachtet werden darf, sondern dass auf der Ebene der latenten Einstellungen zunächst keine geschlechtsspezifischen Differenzen auszumachen sind. Gang der Untersuchung: Diesem Faktum, welches der Arbeit zugrunde liegt und der Annahme, dass geschlechtsspezifische Äußerungsformen dieser Einstellungen bestehen, gilt es genauer nachzugehen: In einem ersten Schritt diskutiere ich verschiedene Ansätze, die auf individueller sowie auf struktureller Ebene ansetzen, um die Zuneigung oder Resistenz von Frauen zu rechtsextremistischen Einstellungen zu erklären und die verschiedene Äußerungsformen rechtsextremistischer Einstellungen aufzeigen, wobei sie nur Vermutungen über zugrundeliegende Motive anstellen können. Ziel der Diskussion ist es nicht, eine Erklärung für eine geschlechtsspezifische Zuneigung zu rechtsextremistischen Einstellungen zu konstruieren, sondern zu erkennen, welche Frauen welche Motive haben können, um verschiedenen Dimensionen einer rechtsextremistischen Einstellung zuzuneigen, da davon auszugehen ist, dass entsprechend der Heterogenität unter Frauen unterschiedliche Begründungszusammenhänge gefunden werden müssen. Bei der Darstellung der interpretativen Ansätze wird es auch darum gehen, eine Entwicklungslinie in der feministischen Wissenschaft aufzuzeigen, die versucht, der aktiven Beteiligung von Frauen am Geschlechterverhältnis auf die Spur zu kommen. Erst mit dieser Entwicklung ist es möglich, das Phänomen Rechtsextremismus nicht mehr ausschließlich als ein "männliches" zu konstruieren. Mit Bezugnahme auf den heutigen Forschungsstand kristallisieren sich zudem zwei Theoriestränge heraus, die jeweils Eingang in die Theorie gefunden haben. Der zweite Arbeitsschritt besteht in einer genauen geschlechtsspezifischen Analyse verschiedener empirischer Untersuchungen (s. Inhaltsverzeichnis meiner Arbeit). Eine Analyse unter einem erweiterten Blickwinkel, wie er durch die Diskussion der interpretativen Ansätze geschaffen wurde, ermöglicht es mir zu erkennen, ob auf der Ebene der Einstellungen doch Differenzen zwischen den Geschlechtern bestehen, die einerseits zu einem geschlechtsunspezifischen Ergebnis führen und andererseits Differenzen in der Zuneigung oder Resistenz gegenüber einzelnen Dimensionen einer rechtsextremistischen Einstellung ausblenden. Mit der Annahme, dass Geschlecht als soziale Strukturkategorie zu betrachten ist, darf diese Kategorie nicht hinter geschlechtsunspezifischen Ergebnissen unsichtbar werden. Mit der Zusammenführung der beiden Arbeitsschritte und einer Offenlegung eventueller Widersprüche zwischen interpretativen Ansätzen und empirischen Evidenzen ergibt sich ein strukturierteres "Bild" von Affinität oder Resistenz von Mädchen und Frauen zu einzelnen Dimensionen eines rechtsextremistischen Orientierungsmusters. Eine differenzierte Wahrnehmung soll im Hinblick auf Gegenstrategien weiterhelfen – einfache Lösungsansätze kann ich nicht bieten, allerdings überraschende Ergebnisse... Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis meiner Arbeit). Eine Analyse unter einem erweiterten Blickwinkel, wie er durch die Diskussion der interpretativen Ansätze geschaffen wurde, ermöglicht es mir zu erkennen, ob auf der Ebene der Einstellungen doch Differenzen zwischen den Geschlechtern bestehen, die einerseits zu einem geschlechtsunspezifischen Ergebnis führen und andererseits Differenzen in der Zuneigung oder Resistenz gegenüber einzelnen Dimensionen einer rechtsextremistischen Einstellung ausblenden. Mit der Annahme, dass Geschlecht als soziale Strukturkategorie zu betrachten ist, darf diese Kategorie nicht hinter geschlechtsunspezifischen Ergebnissen unsichtbar werden. Mit der Zusammenführung der beiden Arbeitsschritte und einer Offenlegung eventueller Widersprüche zwischen interpretativen Ansätzen und empirischen Evidenzen ergibt sich ein strukturierteres "Bild" von Affinität oder Resistenz von Mädchen und Frauen zu einzelnen Dimensionen eines rechtsextremistischen Orientierungsmusters. Eine differenzierte Wahrnehmung soll im Hinblick auf Gegenstrategien weiterhelfen – einfache Lösungsansätze kann ich nicht bieten, allerdings überraschende Ergebnisse... Inhaltsverzeichnis: 0.Kämpfen und siegen oder durchgreifen lassen? Frauen und Rechtsextremismus - zur Problematik3 1.Begriffsdefinitionen5 2.Diskussion der interpretativen Ansätze9 2.1.1Die "friedfertige Frau" und das Konzept der "Mittäterschaft"9 2.1.2Das Konzept der "Dominanzkultur"14 2.1.3Der defizitäre Ansatz G. Sillers und das Individualisierungstheorem18 2.1.4Rassismus als Form ideologischer Vergesellschaftung23 2.2Zusammenfassung und Weiterführung der Diskussion25 3.Auswertung der empirischen Untersuchungen27 3.1.1Begründung der Auswahl der empirischen Untersuchungen27 3.1.2Darstellung des Auswertungsschemas28 3.2Die empirischen Untersuchungen29 3.2.1Die SINUS-Studie29 3.2.1.1Theoretischer Argumentationsrahmen und Grundhypothese29 3.2.1.2Umsetzung des ersten Erkenntniszieles -Konstruktion der Skalen30 3.2.1.3Datenerhebung und-auswertung31 3.2.1.4Ergebnisse31 3.2.2Die Untersuchung von Heitmeyer32 3.2.2.1Theoretischer Argumentationsrahmen und Grundhypothesen32 3.2.2.2Umsetzung33 3.2.2.3Datenerhebung und –auswertung35 3.2.2.4Ergebnisse36 3.2.3Die geschlechtsspezifische Fallstudie37 3.2.3.1Theoretischer Bezugsrahmen und Grundhypothesen37 3.2.3.2Umsetzung38 3.2.3.3Datenerhebung und –auswertung39 3.2.3.4Ergebnisse41 3.2.4Die NRW-Studie42 3.2.4.1Theoretischer Argumentationsrahmen und Grundhypothesen42 3.2.4.2Umsetzung44 3.2.4.3Datenerhebung und –auswertung44 3.2.4.4Ergebnisse45 3.2.5Die qualitative Untersuchung im Rahmen der Rassismusforschung47 3.2.5.1Theoretischer Argumentationsrahmen und Grundhypothesen47 3.2.5.2Umsetzung48 3.2.5.3Datenerhebung und –auswertung49 3.2.5.4Ergebnisse51 3.2.6Interviews mit "Republikanerinnen"53 3.2.6.1Theoretischer Argumentationsrahmen53 3.2.6.2Gesprächsführung54 3.2.6.3Auswertung55 3.2.6.4Ergebnisse55 3.3Zusammenfassung der Auswertung der empirischen Untersuchungen unter drei Aspekten59 3.3.1Gewaltakzeptanz59 3.3.2Gewalterfahrung61 3.3.3Individualisierungstheorem und Selbstkonzept62 4.Fazit64 5.Literatur67 6.Anhang77 6.1Empirische Untersuchung Heitmeyers77 6.2Geschlechtsspezifische empirische Untersuchung77
In der interdisziplinär (pädagogisch-soziologisch-historisch-literaturwissenschaftlich) ausgerichteten Untersuchung stehen die Lebensgeschichten und Bildungserfahrungen von sozialen AufsteigerInnen aus bildungsfernen Herkunftsverhältnissen im Zentrum des Interesses. Auf der Grundlage deutschsprachiger autobiografischer Quellentexte aus insgesamt drei Epochenabschnitten (um 1800, um 1900 und um 2000) wird in einer vielschichtig vergleichenden Perspektive - insbesondere epochen-, sozialschicht- und geschlechterbezogen - sowohl nach den subjektiv empfundenen Entfaltungs- und Partizipationsmöglichkeiten der BiografieträgerInnen als auch nach den objektiven gesellschaftlichen Chancenstrukturen gefragt. Ein zweiter Forschungsschwerpunkt liegt auf leiblich-sinnlichen Bildungskomponenten. So zeigt sich, dass die analysierte (vertikale) soziale Mobilität häufig einhergeht mit einer spezifischen (Bilde-)Bewegung aus einer eher körperlich-handwerklichen Subsistenzform heraus hin zu einer geistig-intellektuellen Lebensform. Tendenziell ist damit eine Distanzierung von leiblich-sinnlichen Aspekten verbunden. Die Quellenanalyse erfolgt mithilfe des Instrumentariums der sozialwissenschaftlichen Biografieforschung (qualitative Methoden). Als theoretisch-konzeptioneller Ausgangspunkt dient eine figurationssoziologische Zusammenführung der Zivilisationstheorie von Norbert Elias (historisch-diachrone Perspektive) mit der praxeologischen Theorie von Pierre Bourdieu (synchrone Perspektive auf gegenwärtige gesellschaftliche Verhältnisse). Die Auswertung des empirischen autobiografischen Materials bietet ein Erklärungsmodell dafür, weshalb gerade der soziale Aufstieg von "ganz unten", obwohl zur Selbstdefinition moderner demokratisch-meritokratischer Gesellschaftssysteme gehörend, bis in die Gegenwart hinein so selten gelingt. In einer Vielzahl gesellschaftlicher Teilbereiche werden Selektions- und Exklusionsphänomene, aber auch Assimilations-, Partizipations- und Integrationsversuche veranschaulicht. Überdies werden wesentliche Aufstiegsmechanismen zutage gefördert. Der Epochenvergleich lässt einen hohen Grad an Persistenz der Macht- und Herrschaftsverhältnisse und ein Fortbestehen quasi-ständischer Strukturen gerade in Deutschland erkennen. Unter Bezugnahme auf die jüngsten Ergebnisse der Ungleichheitsforschung wird abschließend auf alternative Gesellschaftsmodelle etwa in nordeuropäischen Staaten verwiesen, in denen egalitäre Denk- und Handlungsmuster schon auf wesentlich breiterer Ebene eine Verankerung gefunden haben. ; The interdisciplinary study (pedagogics, sociology, history, literature) looks at the biographies and educational opportunities of social climbers from educationally disadvantaged social strata. In a multi-layered comparative analysis with special reference to historical context, social class and gender, it discusses the possibilities for personal development and participation as seen by the individual concerned as well as objectively detectable and actually present chances of advancement using autobiographical texts from three historical epochs (the periods around 1800, 1900 and 2000). Sensual and bodily aspects of education form a second focus of the present study. The analysis shows that social mobility is often accompanied by a gradual move from a way of life emphasising the physical towards an existence focussing on the intellectual. Social climbers tend to distance themselves from their bodies and sensual needs. Qualitative methods (theory of biography) are used in the analysis of the sources. A merging of Norbert Elias' theory of civilisation (historical and diachrone perspective) and Pierre Bourdieu's praxeological theory (synchrone perspective on present social developments) forms the conceptual framework of the study. The present analysis of empirical autobiographical material sets out to explain why advancement from the very bottom of the social pyramid rarely succeeds even in today's democratic and meritocratic social system. Mechanisms of selection and exclusion as well as attempts at assimilation, participation and integration are demonstrated in a wide range of social situations. In addition, the study uncovers essential mechanisms of advancement. The comparison between historical epochs points to a high degree of continuity with regard to power structures and to the persistence of a hierarchical class system in Germany. Finally, the thesis refers to alternative social systems such as to be found in Northern Europe where recent studies on social inequality have found much more egalitarian structures.
Im 18. Jahrhundert manifestierte sich ein grundlegendes Kennzeichen moderner Kunst: ihr Öffentlichkeitsanspruch. Dessen diskursiven Verdichtungen konkretisierten sich in der zeitgenössischen Kunsttheorie und -literatur, in der Kunstkritik, in Beschreibungen und bildlichen Darstellungen, und ebenso in vielfachen impliziten Strategien zur Adressierung bildender Kunst. In der Entstehung der Kunstausstellung, der Kunstkritik, dem Wandel des Patronagesystems und den damit verbundenen Kommunikationsstrategien bildender KünstlerInnen wird nicht nur eine historisch reale Figur beschrieben, sondern zugleich ein imaginäres Konstrukt entworfen: das Kunstpublikum. Am Beispiel zweier bedeutender Kunstzentren des 18. Jahrhunderts, Paris und London, wird der Umgang mit dieser neuen Öffentlichkeit in der bildenden Kunst, Kunstliteratur und Ausstellungspraxis verfolgt. Tatsächlich ist die Anrede des "enlightened public" oder "public éclairé" allgegenwärtig, doch ist es oft schwierig, die Grenzen zwischen höflicher Leerformel, Euphemismus und Ironie richtig zu lesen. Das Sprechen über Öffentlichkeit ist nicht einfach eine Quelle für einen historisch-soziologischen Wandel, sondern stellt ein Symptom der zunehmenden Emphatisierung des Öffentlichkeitsbegriffs im Zuge der Aufklärung dar. Dabei ist das "Publikum" auch eine Konstruktion, die Leerstellen auffüllen muss, und der ihm zugewiesene Platz wechselt immer wieder. Die Formierung des Öffentlichkeitsbegriffs geschah nicht nur als Prozess der Öffnung, sondern auch der Abgrenzung. Ebenso bedeutend wie die positiven Formulierungen sind die negativen Zerrbilder des Publikums, die im 18. Jahrhunderts vielfach entwickelt werden. Am Beispiel zweier solcher Negativbilder, des "Connaisseurs" und der "multitude" werden die Verbindungen zur ästhetischen Theorie untersucht. Traditionelle Öffentlichkeitstheorien hinterlassen noch weit in das 18. Jahrhundert hinein ihre Spuren. Dies führt zu Begrifflichkeiten, die nicht emanzipatorisch oder demokratisch geprägt sind und zu einem Verständnis von Öffentlichkeit, das nicht nur prinzipiell kritisch oder widerständig, subversiv oder oppositionell gedacht werden kann, sondern mit jeder Öffnung auch eine Schließung unternimmt. Das "Kunstpublikum" entwickelt sich in einem konfliktreichen Prozess, in dem sich die Zugangsberechtigungen zur Institution Kunst immer wieder verändern und neu ausdifferenzieren. ; The eighteenth century witnessed fundamental changes in the production and presentation of art. The public sphere was postulated as the main addressee and the decisive arbiter of aesthetic quality. An essential characteristic of the modern art system emerged: art- claim to the public. The concretization of the art public as a figure of discourse can be traced in several threads of discourse describing eighteenth-century conceptions and perceptions of the art public. Art collectors and commentators wrote about the emerging system of art exhibitions, artists depicted their struggle with the new anonymous public these exhibitions generated. The concretization of the "public" as a figure of discourse in an analysis of eighteenth-century visual and textual culture is analyzed in two art centres that, especially in this period, presented themselves in opposition. The topographical paragone of England and France reflects not only problems immanent to the art system, but also essential differences in the interpretation of the terms "public sphere" and "art public". A discursive analysis of the term "art public" reveals a complex web of historical threads reaching back to the seventeenth century. Literary and performative models aimed at the description of early theatrical "publics" were transformed and adapted to describe the relationship between visual arts and its audience. The concept of an ideal art audience was often described indirectly via negative concepts such as "the connoisseur" or "the multitude"; in addition, older tropes, such as the "vecchiarella"-anecdote related by Bellori, the figure of "Apelles post tabulam", and the dichotomy of "fame" and "celebrity" were pitted against each other and, especially, against the enlightened notion of the public sphere. The often-quoted "rise of the public sphere" in the visual arts emerges as a concrete and vividly manifest discourse that not only illustrated but contributed to the institutional, economical and sociological changes.
Das Internet ist das einzige Massenmedium, das in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts neu entstanden ist. Die Beschleunigung der technologischen Entwicklungen im Kommunikationsbereich in den vergangenen fünf Jahren hat Auswirkungen auf Staaten, Gesellschaft, Wirtschaft und global zusammenhängende Prozesse. Sie werden zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer der zu erwartenden bestimmenden Faktoren für den Wandel unseres Umfeldes sein. Das Internet ist als der Dreh- und Angelpunkt einer vernetzten Welt zu betrachten und kann als Spiegelbild der Realität gelten. In den 90er Jahren hat sich das einst militärische, dann akademische Netz in ein weltweites großwirtschaftliches Projekt der Kommunikations-, Computer- und Unterhaltungsindustrie verwandelt, in das eine dreistellige Millionenzahl als Nutzer und Produzenten eingezogen ist. Anders als bei den klassischen Großtechnologien (Atom, Weltraum, Militär) ist die Geschichte des Internets ebenfalls in kürzester Zeit von einer Vielzahl Prophezeiungen und Hiobsbotschaften begleitet. Wie jede Technik oder anwendungsorientierte Wissenschaft, setzt sich auch das Internet der Diskussion um seine positiven und negativen Potenziale aus, worauf auch Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club hinweist. Er betrachtet wertneutral Computer als Werkzeuge und Netze als Strukturverstärker. Das bedeutet für ihn, dass man mit Computern auch Strukturen verstärken kann, die einerseits vielleicht einen Überwachungsstaat bringen, andererseits aber auch Tendenzen sein können, um freiheitlich Wissen und Informationen miteinander auszutauschen. Oder simplifizierend kann es auch nichts weiter sein als ein globaler Supermarkt, wie sich das einige Unternehmen vorstellen. Da derzeit viele Akteure aus verschiedensten Bereichen und Interessengruppen mit ihrem eigenen Leitbild an die Sache herangehen und versuchen, irgendetwas aus dem Netz zu machen, hat man zum jetzigen Zeitpunkt eine große Vielzahl an Paralleluniversen, die sich sozusagen im Internet abspielen. In solch einer vernetzten Welt entstehen so ständig neue Chancen und Gefahren. Nun ist die Welt im Internet. Sie ist drin. Seit der Existenz des weltumspannenden digitalen Netzes sind seine Auswirkungen auf die Gesellschaft umstritten. Welchen Einfluss hat das Netz tatsächlich auf unsere Gesellschaft? Kritisch werden von Soziologen die neuen Informationstechnologien bezüglich eines Szenarios eines "Digital Divide", eine Spaltung unserer Gesellschaft in Angeschlossene und Ausgeschlossene, in Info-Rich und Info-Poor beobachtet. Die Gefahr einer solchen Spaltung der Gesellschaft ist nicht von der Hand zu weisen. Dafür reicht allerdings die einfache Forderung "Zugang für alle" nicht aus, wenn sich diese allein auf die Frage der technischen Ausstattung beschränkt. Das Aufstellen von leistungsfähigen Computern in Schulen kann ein erster Schritt sein. Aber darüber hinaus sind auch die Bürger der bereits dem Schulalter entwachsenen Generationen zu berücksichtigen. Info-Poor oder Info-Rich ist eine Bezeichnung für Menschen mit Zugang zum Internet und zu allgemeinen Informationen beziehungsweise ohne Zugang und den daraus möglicherweise erwachsenden Konsequenzen. Das Online-ABC definiert Info-Rich, Info-Poor folgendermaßen: "Info-Poor": "Menschen, deren gesellschaftlicher Status durch "Informationsarmut" und Analphabetismus bestimmt ist. Das Schlagwort entstammt der Theorie der Informationsgesellschaft, die eine bisher nicht dagewesene gesellschaftliche Wirkungsmächtigkeit der Ware Information prognostiziert. Die "Infogesellschaft" produziert eine "Klassenteilung" zwischen Menschen, die in der Mehrzahl keinen Zugang zum "Herrschaftswissen" haben werden und denjenigen, die als Information Rich ökonomische Macht konzentrieren. Info-Poor sind die Konsumenten, die lediglich vorgefertigte "Info-Häppchen" über Fernsehen, Video und Computerspiele konsumieren können, aber keinen Einfluss auf die Verteilung von Information haben. Info-Poor sind auch die Arbeiter der Zukunft, die an einfach zu bedienender Software lediglich zu mechanisch ausführenden Helfern der Verteilung und Verarbeitung von Information degradiert werden." Im Gegensatz dazu stehen die "Info-Rich": "Eine neue Elite in der prognostizierten Informationsgesellschaft. Sie herrscht in den Manager-Etagen dank ihrer Macht über die Ware Information. Ihr gegenüber steht ein zunehmend größer werdendes Heer von Info-Poor (Informationsarme). Info-Rich bestimmen über die Verteilung und den Wert der Information und besitzen die Technik und das Know-How zur Verarbeitung und Verteilung der stetig wachsenden Informationsmengen." Eine ganze Reihe von Lebensumfeldern wird durch Info-Poor- und Info-Rich-Effekte mit umwälzender Wirkung verändert oder zumindest erheblich berührt. Die Frage, ob das Internet emanzipatorische Möglichkeiten eröffnet, wird umstritten bleiben. Die bestehende Kluft zwischen Info-Rich und Info-Poor wächst. National und staatenübergreifend zeigt sich nämlich ein Gefälle hinsichtlich der Verfügbarkeit über Informations- und Kommunikationssysteme zwischen den Geschlechtern einerseits und Armen und Reichen andererseits. In den Industrieländern wird das Internet hauptsächlich von Schichten mit höherem Einkommen und besserer Bildung - vorwiegend Männern – genutzt, während die Bevölkerung in vielen Entwicklungsländern gänzlich vom Zugang zum Internet ausgeschlossen ist. Kritiker weisen auch auf die staatlichen Überwachungsmöglichkeiten durch die zunehmende Vernetzung personenbezogener Daten und elektronischer Kommunikation hin. Um ein Bewusstsein für die Komplexität des Gegenstandes dieser Arbeit zu schaffen, also Info-Poor- und Info-Rich-Effekte, wird der Gegenstand aus verschiedenstartigen gesellschaftlichen Blickwinkeln, globalen Bereichen und soziologischen und pädagogischen Feldern beleuchtet. Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt: Vorweg sei gesagt, dass in dieser Arbeit eine Zusammenschau verschiedenster Bereiche im Mittelpunkt steht, aber dies im Rahmen einer Diplomarbeit nur ansatzweise geschehen kann. Basis und Ausgangslage von Info-Poor- und Info-Rich-Effekten ist die Gesellschaft. Die oft zitierte neue Form der Gesellschaft wird mit dem Begriff der Informationsgesellschaft etikettiert. Zunächst werden die Entstehung und der Begriff der Informationsgesellschaft ergründet und daraus entstehende Einflussnahmen auf Gesellschaft beschrieben. Die Entstehung gliedert sich in eine technische und eine gesellschaftliche Komponente. Innerhalb der technischen Komponente werden unterschiedlichste Interessengruppen aus Wirtschaft und Politik betrachtet, die maßgeblich an der Entwicklung des Internets beteiligt sind und somit auch als einflussnehmende Machtfaktoren gesehen werden können. Innerhalb der gesellschaftlichen Komponente ist eine Definition zu finden für die Begriffe Information und daran anschließend Informationsgesellschaft. Im Folgenden werden Wechselwirkungen der Technik und der Gesellschaft betrachtet. Nach diesem Umriss einer Informationsgesellschaft ist der Stellenwert des Internets als Massenmedium vor dem Hintergrund der Info-Poor-/Info-Rich-Debatte zu ermitteln. Nachfolgend wird der Frage nachzugehen sein, inwieweit und ob Meinungsfreiheit im Medium Internet gegeben ist und ob sich Meinungsführerschaften bezüglich einer Info-Rich-Fraktion herauskristallisieren. Um das Feld Info-Poor-/Info-Rich enger fassen zu können, gilt es, anschließend statistische Angaben über Nutzungsverhalten des Internets zu betrachten. Es werden sowohl Daten für Deutschland als auch über die globale Situation und möglicher daraus resultierender Folgen beleuchtet. Die statistische Beleuchtung steht auch vor dem Hintergrund einer kurzen Darstellung Info-Poor-/Info-Rich-Konflikt-Felder. Es gilt dann zu erörtern, wie ausgewählte Lebensfelder im Informationszeitalter beeinflusst oder nachhaltig verändert werden. Zur Betrachtung gelangen die Bereiche Lernen, Bildung, Schule, die Arbeitswelt, der Wirtschaftsbereich, Politik, Kriminalität und Schutz. Abschließend wird dort der Frage nach der Abhängigkeit von Netzen in Lebensfeldern nachgegangen. Um andererseits aber auch die Mächtigkeit der technischen Neuerungen und den darin verborgenen Machtmöglichkeiten der Informationsgesellschaft auf dem globalen Parkett aufzuzeigen, werden drei ausgewählte Beispiele vorgestellt. Die drei Beispiele sind zum einen eingebettet in die zuvor beschriebenen ausgewählten Lebensfelder die im Informationszeitalter beeinflusst oder nachhaltig verändert werden, zum anderen stehen sie im Spannungsfeld der Globalisierung. Anhand der Info-Poor-/Info-Rich-Situation in Afrika auf dem Bildungs- und Wirtschaftssektor wird kurz umrissen, welche Möglichkeiten sich für Entwicklungsländer ergeben können. Folgend wird die Macht der Politik von oben anhand der Internetzugangskontrollen in China erörtert, wie diese politische Macht aufweicht aufgrund übergeordneter Strukturen und wie sie der Informationsgesellschaft immanent ist. Umkehrend wird im dritten Beispiel die Macht der Politik von unten dargestellt. Anhand der politischen Zapatisten Bewegung in Mexiko wird kurz umrissen, wie aufgrund der Möglichkeiten einer Informationsgesellschaft von der Volksbasis her politische Strukturen verändert werden konnten. Besonderes Augenmerk ist dem Begriff der Wissenskluft zu widmen. Gerade dies ist bezeichnend für die sich darstellende Info-Rich-/Info-Poor-Entwicklung. Daher wird der "Digital Divide" – die Wissenskluft – näher erörtert. Die Informationsgesellschaft ist nicht nur ein soziologisches Gebilde, sondern wird auch als eine Herausforderung der Pädagogik aufgefasst. Besonderes Augenmerk wird dann auf das Feld der Medienpädagogik geworfen. Das Internet, als ein "Über"-Medium beeinflusst die Wahrnehmung der Rezipienten, sodass hier unter anderem Fragen nach Kritikfähigkeit und Wahrheitsbeurteilungsfähigkeiten nachgegangen wird. Die Medienkompetenz wird vor dem Hintergrund von Info-Poor-/Info-Rich-Effekten betrachtet. So kann ein "Internet-Analphabetismus" wegen mangelnder Kulturaneignung bei beispielsweise vielen Senioren zu Info-Poor-Effekten führen. Aber auch bei Kindern und Jugendlichen sieht sich die Medienpädagogik herausgefordert, wenn es beispielsweise um Fragen der Fähigkeit geht, Glaubwürdigkeit bei medial, insbesondere über das Internet, verbreiteter Information zu beurteilen.
Die fortschreitende Aktivierung vieler Lebensbereiche (Lessenich 2013) führt zu einer gezielten Nutzbarmachung von menschlichen Ressourcen. Dies gilt speziell für die Ressourcen von Frauen und Kindern. Auch der Ausbau der Kindertagesbetreuung, der u.a. durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG) realisiert wurde, kann in diesem Kontext gesehen werden. Diese Perspektive einnehmend sollen Frauen möglichst schnell nach der Geburt eines Kindes wieder arbeiten gehen können. Die Ressourcen von Mädchen und Jungen sollen u.a. durch frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung möglichst gut entwickelt werden, damit sich sowohl ein individueller als auch ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen einstellt. Ausgehend von einem sozialpädagogisch-sozialpolitischen Sozialmanagementverständnis und aufbauend auf u.a. oststrukturalistischen, soziologischen, pädagogischen und professionspolitischen Theorien untersucht diese Studie die politischen Diskurse zum Prozess der Realisierung des Kinderförderungsgesetzes (KiföG) im Deutschen Bundestag (2009-2013) und punktuell in anderen Diskursarenen in Form einer Wissenssoziologische Diskursanalyse (Keller 2011). In dieser werden Diskurs- und Subdiskursstränge herausgearbeitet sowie Konstruktionen, wie bspw. Familienbilder der Akteur*innen analysiert, unter Berücksichtigung von Sprache als Mittel im politischen Diskurs sowie von Frames (Wehling 2017). Die verschiedenen Deutungsmuster der Diskursakteur*innen werden rekonstruiert und es wird u.a. herausgearbeitet, welche Deutungsmuster in Bezug auf die Realisierung des Kinderförderungsgesetzes konstruiert wurden. Subdiskurse sind dabei u.a.: die Zuständigkeit für den Betreuungsausbau und die Finanzierung; Familienbilder; das Betreuungsgeld als Alternative zur institutionellen Betreuung; die sozialen Berufe. Zudem wird dargestellt, welche Auswirkungen und Bedeutungen die Diskurse auf die Profession der Sozialen Arbeit und das Sozialmanagement haben. Deutlich wird, dass Kinder als Ressourcen der Gesellschaft eine wichtige Rolle in den Diskursen einnehmen. Sie sollen gefördert werden, damit sie für sich aber auch die Gesellschaft einen Mehrwert erwirken. Auch nimmt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, speziell für Frauen, einen wichtigen Stellenwert in den Diskursen ein. Die familienpolitische Maßnahme des Betreuungsgeldes wiederspricht hingegen tlw. der dominanten Argumentation der Aktivierung der Subjekte und bildet damit ein besonderes Element in den analysierten Diskursen. Wichtig ist hierbei auch das jeweilige Familienbild der Diskursparteien, dass Einfluss auf u.a. die Positionierung zum Betreuungsgeld hat. Die sozialen Berufe werden in den Diskursen als wichtige Akteur*innen konstruiert, da sie die Subjekte aktivieren und damit die Potenziale der Subjekte bzw. die Subjekte als Ressource entwickeln helfen. Die Soziale Arbeit ist durch die (sozial-)politischen Diskurse und die daraus entspringenden Entwicklungen der letzten Jahre Aktivierte und zugleich Aktivierende (Lutz 2008). Sie ist dadurch herausgefordert sich professionell zu den Diskursen zu positionieren und weiter an einer gerechteren Gesellschaft mit einer hohen Sozialen Qualität (Karsten 2012) zu arbeiten. ; The continuing activation of many aspects of life (Lessenich 2013) has led to targeted utilisation of human resources. This is especially true for women's and children's resources. The expansion of child day care facilities, which was realised among other things through the Child Care Funding Act (KiföG), can also be seen in this context. With this perspective in mind, women should be able to return to work as soon as possible after the birth of a child. The girls' and boys' resources should be developed as much as possible through early childhood education, care and upbringing, among other things, so that both individual and societal benefits are realised. Based on a socio-pedagogical and socio-political understanding of social management, and building on, among other things, post-structuralist, sociological, pedagogical and professional-political theories, this study examines the political discourses surrounding the process of implementing the Child Care Funding Act (KiföG) in the German Bundestag (2009-2013) and selectively in other discourse arenas in the form of sociological discourse analysis of knowledge (Keller 2011). In this analysis, strands of discourse and sub-discourses are identified and designs, such as family images, of the actors are analysed, taking into account language as a means of political discourse and frames (Wehling 2017). The different patterns of interpretation on the part of the discourse actors are reconstrued and efforts are made to, among other things, identify particular patterns of interpretation that were construed with regard to the implementation of the Child Care Funding Act. Sub-discourses include: responsibility for the expansion of childcare and its financing, family images, childcare allowance as an alternative to institutional care, and the social professions. In addition, the effects and meaning of the discourses on the social work profession and social management are presented. It is clear that children, as resources of society, play an important role in the discourses, since they are to be supported so that they achieve added value not only for themselves but also for society. The issue of how to balance family and career, especially for women, also plays an important role in the discourses. The family policy measure relating to childcare allowances, on the other hand, partially contradicts the dominant argument of activating the subjects and thus forms a special element in the discourses analysed. The respective family image of the discourse parties, which has an influence on, among other things, the positioning in relation to the childcare allowance, is also important here. The social professions are construed as important actors in the discourses, because they activate the subjects and thus help to develop the potentials of the subjects or the subjects as a resource. Social work is an activated and at the same time activating element due to the (socio-)political discourses and the resulting developments of recent years (Lutz 2008). It thus faces the challenge of positioning itself professionally in relation to the discourses and continuing to work towards a fairer society with a high social quality (Karsten 2012).
Die Komplexität der ästhetischen Theorie Siegfried Kracauers scheint 50 Jahre nach seinem Tod endlich angemessen (d.h. auch in ihrer transatlantischen Spanne) entfaltet zu werden. Dies ist das Verdienst zweier ganz unterschiedlicher aktueller Publikationen. Jörg Später legt die erste (!) Biographie Kracauers vor (was ebenso unglaublich ist, wie die Tatsache, dass es nach wie vor keine kritische Werkausgabe der Schriften Hannah Arendts gibt); Johannes von Moltke schließt mit The Curious Humanist ein umfassendes Projekt zu Kracauers essayistischen Filmschriften im US-amerikanischen Exil ab, das aus einer Edition dieser Schriften (Siegfried Kracauers American Writings, Berkeley 2012), einem Band zur aktuellen Rezeption und Bedeutung Kracauers (Culture in the Anteroom: The Legacies of Kracauer, Ann Arbor 2012) und eben zuletzt aus einer Monographie von Moltkes besteht, die die transatlantische Bedeutung Kracauers herausarbeitet. Man mag sich fragen, warum eine Biographie in einem wissenschaftlichen Rezensionsorgan erscheint: Der Kracauerbiographie des Historikers Jörg Später gelingt es auf brillante Weise nicht nur die vielfältigen Arbeitsfelder Kracauers gleichbleibend kenntnisreich und detailliert mit den biographischen Stationen des ebenso vielfältigen Lebens zu verknüpfen, sondern auch eine präzise Landkarte des intellektuellen Kosmos von Kracauer zu entwerfen; dabei konstatiert Später nicht nur das Vergessen der Komplexität seiner Ansätze ästhetischer Theorie in der deutschen Diskussion, sondern auch, dass Kracauer in den USA bereits in den 1960er Jahren als 'unzeitgemäß' erschienen war. Diese Erkenntnis steht am Ende der Lebens- und Werkbiographie, was ihren chronologischen Aufbau anzeigt, der jedoch zugunsten von thematischen Clustern in den Hintergrund tritt. Es handelt sich um einen Versuch, das Denken Kracauers mit biografischen Daten und insbesondere mit den intellektuellen Freund- und Feindschaften zu verbinden, d.h. das Denken Kracauers innerhalb der intellektuellen Strömungen seiner Zeit einzubetten. Dabei legt Später neben dem Bezug auf die bereits kritisch edierten Werke Kracauers vor allem Wert auf die gesamte Korrespondenz von und an Kracauer (die z.T. ediert, z.T. aber auch vernichtet ist). So bezieht Später sich auch auf Korrespondenz, die er im Literaturarchiv Marbach erstmals ausgewertet hat. Zugleich nutzt er das Werk heuristisch: So ist die Auseinandersetzung mit den frühen Jahren Kracauers bis 1918 (da die Korrespondenz aus dieser Zeit vernichtet ist), von den autobiographischen Beschreibungen der frühen Romane getragen (Ginster und Georg). Kracauers Zeit in Frankfurt und seine Anfänge bei der Frankfurter Zeitung wird getrennt von der Berliner, der Pariser und schließlich der New Yorker Zeit Kracauers ab 1941 behandelt – und darin sind noch einmal die Gattungen unterschieden, die Kracauer bediente: die Romane von den Feuilletons und Filmkritiken, die philosophischen/theoretischen und soziologischen Arbeiten von den filmtheoretischen und -historischen. Nach Gertrud Kochs Einführung in Kracauers Denken von 1996, ist es das Verdienst Späters, sehr gut auch in Kracauers Arbeit einzuführen; systematischer Bezugspunkt ist ihm dabei Kracauers Begriff des 'Materialen': Der Autor leitet diesen Knotenpunkt des theoretischen Netzwerks Kracauers aus Edmund Husserls Begriff der 'Lebenswelt' her. Das Materiale beschreibt im Grunde ein methodisches Vorgehen ästhetischer Theorie, das nicht deduktiv ableitet, sondern induktiv vorgeht, d.h. sich nie von seinem Gegenstand löst, sondern dessen eigenes Denken, die intellektuelle Eigenbewegung des Materials herausarbeitet. Das Denken der technischen Medien Fotografie und Film besteht nach Kracauer gerade darin, die Funktionsweise der der industriellen Massengesellschaft allererst erfahrbar und anschaulich zu machen und damit etwas zu 'enthüllen', was im Alltag unverfügbar und unverstanden sei. Diese Darstellung ist umso überzeugender, als dadurch für Später der Theoretiker, nicht der Philosoph Kracauer markiert ist, der sich gerade darin, also methodisch, strikt vom Philosophen Adorno unterscheide (und eben nicht eine 'Light-Version' Adornos darstellt). Bis auf wenige sachliche Fehler (Bernd und Karsten Witte etwa werden verwechselt) ist die Biographie auch sehr präzise gearbeitet und besticht durch ihre vielfältigen Verweise und die reichhaltige Bibliografie. Schnittpunkt der Studien von Später und Moltke – die zeitgleich erschienen sind und sich daher leider nicht aufeinander beziehen –, ist zum einen ihre Unterscheidung des Kracauerschen Schreibens auf Deutsch und auf Englisch; die vollendete Verdichtung der essayistischen Form des Schreibens in den 1920er und 30er Jahren weicht in den USA einem sehr viel pragmatischeren Stil; das ist nicht nur dem Gattungswechsel von den Kurzformen Essay und Kritik zur Langform 'Buch' geschuldet, sondern findet sich auch in den US-Kritiken und Essays Kracauers der 1940er bis 60er Jahre; es handelt sich um eine sprachliche Annäherung an den Pragmatismus des Landes, das Kracauer aufgenommen und ihm so das Leben gerettet hat. Sowohl Später als auch Moltke räumen zudem mit dem Mythos vom einsamen und dann v.a. in den USA isolierten Intellektuellen auf. Diesen 'blinden Fleck' der Forschung nimmt Johannes von Moltkes Arbeit seit einigen Jahren in den Blick. In den USA gilt Kracauer als Verfasser dreier einflussreicher Bücher in amerikanischer Sprache – From Caligari to Hitler (1947), Theory of Film (1960), History (1969); bekannt ist in den USA zudem die Weimarer Zeit Kracauers durch die vorhergehende Generation von Film- und Literaturwissenschaftlern, die Übersetzungen und kritische Diskussion besorgte. An Kracauers kaum bekannten, bis 2012 nicht edierten US-amerikanischen Essays zu Kino und populärer Kultur zeigt Moltke nun den Intellektuellen Kracauer in den USA, der zwar keine dauerhafte institutionelle Anbindung (etwa als Professor) fand, der aber ein sehr reges, breit gefächertes intellektuelles Leben führte und die Entstehung der US-Filmwissenschaft wesentlich mit beeinflusste (s. Moltke, Rawson (Hg.):Siegfried Kracauers American Writings, Berkeley2012). Diese 'Vorarbeit' ist der Ausgangspunkt für Moltkes Monographie The Curious Humanist, die systematisch die vielfältige Beeinflussung Kracauers der New Yorker Intellektuellen der 1940er und 50er Jahre und vice versa nachweist. Dies zeigt Moltke v.a. daran, dass Kracauers Denkfiguren und deren Entwicklung in den Arbeiten der KollegInnen auftauchen, wie Kracauer umgekehrt die theoretischen Strömungen der Zeit aufnimmt. Moltke spricht deshalb von "Manhattan Transfer". Um diesen zu entfalten ist das Buch in zehn Kapitel, eine Einleitung und einen Epilog gegliedert. Zunächst analysiert Moltke die frühen US-amerikanischen Kritiken Kracauers, die bald nach seiner Ankunft in New York mit einer Besprechung des Walt-Disney-Films Dumbo einsetzen. Auffallend ist, dass die Schriften im Exil hauptsächlich um die Themen Film und Geschichte kreisen. Diese Themen bezieht Moltke auf die intellektuellen Auseinandersetzungen im New York der 1940er Jahre, die Treffen und Korrespondenzen, aber auch die Koinzidenz von Denkfiguren; so kann er an Kracauers Auseinandersetzung mit dem Totalitarismus (das Caligari-Buch, seine Studie zum NS-Propagandafilm) nachweisen, wie eng sein Denken mit dem Hannah Arendts verknüpft ist, ohne dass es einen faktisch nachweisbaren Kontakt zwischen beiden gegeben hätte. Für Kracauer ist die Frage nach dem Totalitarismus die Frage danach, wie kann Film nach 1945, trotz seiner Indienstnahme durch die Diktaturen, seinen emanzipatorischen, seinen humanistischen Kern behalten? Es geht um den Vergleich autoritärer und demokratischer Kommunikationsformen, zunächst am Beispiel der Analyse von Gustav Ucickys Propagandafilm Heimkehr (D 1941). Dann folgt die Diskussion der Auseinandersetzung Kracauers mit Hollywoods Film noir, den "Terror films" wie Kracauer sie nennt; dort sei die Herstellung von Angst als Zerstörung der Kohärenz des Subjekts inszeniert und damit als Infragestellung der Grundlagen demokratischer Partizipation. Insofern reflektieren die US-Filme die Spannung, die entsteht, wenn ein demokratisches Land Krieg führt und dafür die demokratischen Rechte einschränkt. Diese Ergebnisse werden dann in Bezug auf das Caligari-Buch gespiegelt. Es geht um dessen Historisierung im Verhältnis zur zeitgenössischen Totalitarismusdiskussion der 1940er und 50er Jahre; Film hat dabei für Kracauer die kulturelle Funktion politische Transformationen anzuzeigen; das bedeutet seinen Missbrauch durch autoritären Strukturen aber auch eine Utopie demokratischer Erfahrung: Diese Utopie arbeitet Moltke als das 'Rettungsmoment' des Films in den US-Schriften Kracauers heraus; und zwar in der Art und Weise, wie das Kino Realismus, Erfahrung und Zuschauerschaft herstellen kann. Dabei handelt es sich um eine Gegenposition zur Arbeit Adornos, die innerhalb der kapitalistischen Demokratie gerade keine Möglichkeit eines utopischen Moments des Films, der Kultur konstatiert. Moltke liest dann Theory of Film als Antwort auf die Frage, die das Caligari-Buch gestellt hat: Der Verlust von Erfahrung, den das Kino im Caligari zeigt, stehe in Theory of Film die Möglichkeit von Erfahrung im Kino gegenüber. Die Verbindung der Arbeit Kracauers und des zeitgenössischen US-Filmkritikers Robert Warshow (über dessen Begriff der "immediate experience") und deren gegenseitige Beeinflussung ist insofern zentral, als beide sich parallel der Frage nach der Adressierung der Zuschauenden zuwenden: Die Rolle der Zuschauenden wird im Film selbst zur Form der Erfahrung von Subjektivität als etwas Fremdes/Entfremdetes, das erst einen Weltzugang, das Verstehen und Erfahren eines per se fremden Gemeinwesens ermöglicht. In Film und Fotografie sieht Kracauer das Potential die Verdinglichung des Alltags zu erkennen, indem die Zuschauenden mit den verfremdeten Darstellungen ihrer Existenz im Kino konfrontiert werden und diese dort zusammensetzen können. Darin sei auch der Unterschied zu der Arbeit Edward Steichens markiert, dessen weltberühmte Fotoshow The Familiy of Man aus den 1950er Jahren Kracauer in seinem Epilog der Theorie des Films zwar prominent erwähnt, die aber eben in ihrer reinen Repräsentation von Humanismus nichts mit dem Kracauerschen Humanismus als Erfahrungsinstrument der Funktionsweisen des Alltags zu tun habe. Diese Erfahrungsmöglichkeit bestehe bei Kracauer gerade darin, dass die 'Kamerarealität' 'inhuman' sei, also einen Blick von außen auf die Welt ermöglicht. Das meint einen nicht anthropozentrischen, postapokalyptische Blick der Kamera – der zugleich den Blick der Zuschauenden als Spezialfall, als einen subjektiven, begrenzten Blick (einen von vielen in der materiellen Welt) ausweist. Damit analysiert Moltke den politischen Geist der Theory of Film und holt so das Buch aus seiner Lesart als 'verstaubte' Regelpoetik des Films heraus, die jenes abbildrealistische Paradigma hervorgebracht habe, das die reduktionistische Diskussion von Kracauers Schriften so lange dominiert hat. Dieses politische Potential des Films gilt, so Moltke, ebenso für Kracauers Konzept von Geschichte. History arbeite heraus, was historische Erfahrung als audiovisuelle Form bedeutet. Damit sei ein zentraler Bezugspunkt für die in den 1960er Jahren entstehenden akademischen Film Studies gelegt. Für Kracauer ist die Frage nach dem Totalitarismus also die Frage danach, wie kann Film nach 1945, trotz seiner Indienstnahme durch die Diktaturen, seinen emanzipatorischen, seinen humanistischen Kern behalten? Die drei US-Monographien Kracauers sind, wie man genauer im Vergleich mit seinen US-Essays sehen kann, Schriften, die den NS und den Holocaust zu verstehen suchen und Konsequenzen daraus ziehen wollen. Darin ist Kracauer aktuell und kein Klassiker, sondern politisch. Politisch ist der Bezug auf die materiale Welt mit einer humanistischen Perspektive und das meint, die Subjektivität der Erfahrung, die der Film ermöglicht. Das utopische Potential wäre, " …that the cinema might yet rekindle, in subjects who had been 'liquefied' by propaganda, war, and terror, the capacity for human experience" (S. 18). Das, so Moltke, sei das zentrale politische Anliegen der US-Schriften Kracauers. Verklammert mit dem frühen Kracauer der Weimarer Zeit könnte man dann sagen, dass die seinerzeitige Erwartung an die fotografischen Medien, das repräsentative Verständnis von Kunst zu sprengen, die Erfahrbarkeit der Massengesellschaft zu bewerkstelligen und so den 'neuen Menschen' zu schaffen, in Kracauers Nachkriegsschriften selbst noch einmal durch die totalitäre Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und durch die Entwicklung des US-Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg fremd geworden, der eigenen Utopie entfremdet ist und so ein noch genaueres Bild der kapitalistischen Moderne liefert, reduziert nur um ihre teleologische Variante: Das "Murmeln der Existenz der Dinge", das erfahrbar zu machen für Kracauer das Potential des Films kennzeichnet, beschreibt dann die Erfahrbarkeit einer nicht anthropozentrischen Perspektive, die ohne Weiteres einen Anschluss an ganz aktuelle Diskurse der Animal Studies, des Posthumanismus etc. ermöglicht. The Curious Humanist analysiert so gesehen den neugierigen Kracauer und den neugierigen Autor des Buches, der es auf brillante Weise schafft, die Aktualität Kracauers für die Kulturwissenschaften einsichtig zu machen.