"Der Utopiebegriff scheint durch das Scheitern der real existierenden sozialistischen Systeme weiter diskreditiert worden zu sein. Diese Niederlage betrifft aber nicht die Utopie selbst, sondern ihre Gleichsetzung mit Ideologie. Die Geschichte des utopischen Denkens, aus der der Begriff herauspräpariert und mit seinen wichtigsten Merkmalen dargestellt wird, läßt erkennen, daß utopische Idealentwürfe gar nicht an der Realität scheitern können, weil sie in der Intention ihrer Autoren nicht auf Realisierung gerichtet sind, sondern theoretische gesamtgesellschaftliche Gegenentwürfe zur existierenden Welt darstellen. Die Vereinnahmung von Utopien durch unterschiedliche Ideologien hat dazu geführt, daß nach dem Scheitern dieser Ideologien auch die Utopien in Mißkredit geraten sind. Der Autor plädiert für die Trennung zwischen utopischen Idealentwürfen als gedankliche Gegenwirklichkeiten und politischer, auf die Praxis wirkender und diese rechtfertigender Ideologie." (Autorenreferat)
In: Sozialismus - Theorie und Praxis: STP ; Digest der Sowjetpresse, Reden und Schriften sowjetischer Partei- und Staatsfunktionäre, Dokumente der KPdSU, Pressebeiträge, Neuerscheinungen in Auszügen, Übersichten und Rezensionen, Heft 7, S. 20-28
In allen Stadien des Konflikts in der Ukraine, vom Euromajdan über die durch Russlands Annexion der Krim ausgelöste Krise bis zum Krieg im Donbass haben die Konfliktparteien auf Geschichte und Geschichtsbilder zurückgegriffen. Die einen reden von kosakischen Freiheitstraditionen, die anderen vom "Abwehrkampf gegen den Faschismus" oder von Novorossija. Auf diese Weise soll Unterstützung mobilisiert, politisches und militärisches Handeln legitimiert und Identität gestiftet werden. Die Behauptungen halten einer kritischen Überprüfung allerdings nicht stand. Doch wer historische Tatsachen von Ideologie unterscheiden will, benötigt fundierte Kenntnisse. Die Disziplin Osteuropäische Geschichte hat einen enormen Nachholbedarf bei der Erforschung und Vermittlung der ukrainischen Geschichte. (Osteuropa (Berlin) / SWP)
Der Verfasser stellt Typologien von Parteien dar, die sich auf verschiedene Aspekte oder Dimensionen der politischen Partei beziehen. Es wird gezeigt, dass sowohl die liberalen als auch die konservativen Parteien zumeist "Ideologiehüter" waren und sind, die ihre Ideologie pflegen, aber auch anpassen und kompromittieren. Sie entstanden sehr oft im 19. Jahrhundert als Fraktion oder Klub im Parlament. Dieser Ursprung hat ihre Organisation bis weit ins 20. Jahrhundert geprägt: Es waren zum größten Teil Kader- oder Honoratiorenparteien, die vor allem von Unternehmern, Bildungsbürgern, Kaufleuten, Freiberuflern und selbständigen Bauern unterstützt wurden. Die sozialistischen und kommunistischen Parteien entstanden dagegen in der Regel außerhalb der Parlamente, oft zuerst als prophetische Vorhut oder Kaderpartei und etwas später als Massenpartei. Obwohl manchmal von Intellektuellen gegründet und geführt, waren ihre Mitglieder und Wähler doch größtenteils Industrie- und Landarbeiter. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wandelten sich diese Arbeiterparteien zu Volksparteien, die nicht länger als Propheten, sondern auch als Hüter einer Ideologie auftraten. Obwohl sie ihre Struktur als Massenparteien aufrecht zu erhalten versucht haben, entwickeln sie sich heute zunehmend in Richtung reiner Wählerparteien. Die meisten grünen Parteien fingen ebenfalls als prophetische Kaderparteien an, wuchsen sich aber nie zu Massenparteien aus. Heutzutage kombinieren sie Merkmale einer intellektuellen und aktivistischen Kaderpartei und professionellen Wählerpartei. Sie beziehen ihre Wähler meist aus den gebildeten Mittelschichten. Auch sie entstanden eigentlich als prophetische Kaderparteien, gebärden sich aber immer noch als Propheten einer Ideologie, die von den etablierten Parteien oft als gefährlich und unanständig betrachtet wird. Gewählt werden sie häufig aus Protest gegen die Politik der etablierten Parteien - und nicht, weil ihre Ideologie von den Wählern geteilt wird. Es wird betont, dass man nicht alle Parteien so leicht einordnen kann. Besonders die vielen Kleinparteien, die nur kurze Zeit oder überhaupt nicht im Bundestag und in den Landtagen vertreten sind, kombinieren manchmal ganz andere Merkmale, zum Teil in überraschender Weise. Hinzu kommt, dass Parteien sich häufig ändern. (ICG2)
Wie erfolgreich sind extrem Rechte Akteure darin, ihre Ideologien für legitime Diskurse anschlussfähig zu machen, Sagbarkeitsgrenzen zu verschieben und in die sogenannte Mitte der Gesellschaft vorzudringen? Mit einer Kombination aus wissenschaftlichen Analysen, Debattenbeiträgen und Praxisberichten diskutiert der Band die Eigenheiten rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Ideologien und Bewegungen. Die Beiträge beschäftigen sich mit den ideologischen Grundlagen, nehmen gesellschaftliche Kontexte in den Blick, untersuchen rechtsradikale Milieus, Akteure sowie (Gegen-)Strategien und Fragen nach der Bedeutung von Kommunikationsprozessen und Massenmedien.
Aufgrund der Abhängigkeit von der öffentlichen Meinung ist die Sprache in der Politik von besonders großer Bedeutung. Demokratische Politik braucht die öffentliche Rechtfertigung und die Legitimation durch Kommunikation. Wer die Wähler für seine Politik gewinnen will, muss so sprechen, dass er verstanden wird und mit seinen Äußerungen im Gedächtnis seiner Hörer haften bleibt. Dabei befindet er sich immer in Konkurrenz zu politischen Gegenspielern, die das gleiche Ziel verfolgen - es kommt zum semantischen Kampf, zum Kampf mit Worten. Ausgehend von der These, dass sich dabei zwischen typischem Regierungssprachgebrauch und typischem Oppositionssprachgebrauch unterscheiden lässt, können die zentralen Fragen dieser Studie so formuliert werden: Worin bestehen die Unterschiede in der Sprache von Regierung und Opposition, bestehen sie unabhängig von Parteizugehörigkeiten und wie verändert sich der Sprachgebrauch der Politiker nach einem Regierungswechsel? Um auf diese Fragen antworten zu können, hat der Autor den Sprachgebrauch im Landtag von Nordrhein-Westfalen von 2004 bis 2006 untersucht. Gegenstand dieser korpuslinguistischen Analyse sind die Plenarprotokolle aus dem gewählten Zeitraum. Sie werden mit verschiedenen sprachwissenschaftlichen Methoden untersucht - etwa auf Schlag- und Schlüsselwörter, Metaphern und Phraseologismen sowie Argumente und Sprechhandlungen. Die Sprache im Parlament ist eine der wichtigsten Formen politischer Sprache - im Plenum treffen Regierung und Opposition direkt aufeinander und debattieren über die Politik des Landes. Der gewählte Zeitraum ist deshalb besonders interessant, da 2005 ein Regierungswechsel stattgefunden hat und die Regierung (SPD und Bündnis 90/Die Grünen) durch die bisherige Opposition (CDU und FDP) abgelöst wurde. Der Autor stellt deshalb die These auf, dass die Politiker nach dem Wechsel unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit die neue Rolle und damit auch den dazugehörigen Sprachgebrauch übernommen haben.
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Die Solidarität ist im Vergleich zur Freiheit und zur Gerechtigkeit merkwürdig »theorielos«. Liegt dies an der Dominanz eines politischen Liberalismus aus vorindustriellen Zeiten, der unser Denken bis heute prägt? An die sozialphilosophischen Aufbrüche des französischen Solidarismus von Akteuren wie Léon Bourgeois, Alfred Fouillée und Charles Gide erinnernd, fragt Hermann-Josef Große Kracht, ob es nicht an der Zeit ist, die philosophischen Freiheitslektionen des 18. Jahrhunderts mit den soziologischen Solidaritätslektionen des 19. Jahrhunderts zu einem postliberalen Solidarismus zu verbinden.