"In den fast sechs Jahrzehnten des Bestehens der Bundesrepublik hat sich mit dem Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und der politischen Kultur sowie der europäischen Integration auch der deutsche Parlamentarismus deutlich verändert. Unter Berücksichtigung dieser Wandlungsprozesse gibt der Beitrag einen Überblick über Stellung und Funktionen des Bundestages sowie des Bundesrates im politischen System, geht auf Strukturen und Prozesse parlamentarischer und fraktionsinterner Willensbildung ein und erörtert bisherige Ansätze und weitere Perspektiven einer Parlaments- und Verfassungsreform. Dabei wird auf Unterschiede wie Gemeinsamkeiten mit anderen parlamentarischen Demokratien Westeuropas verwiesen." (Autorenreferat)
In dem Beitrag wird dargestellt, wie sich die politische Kultur in Ostdeutschland vor dem Hintergrund des seit dem Herbst 1991 aufkommenden pessimistischen Meinungsklimas entwickelt hat. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Verhältnis der ostdeutschen Bevölkerung zu dem für sie neuen politischen System des Grundgesetzes. Zuerst wird die Haltung der Ostdeutschen zur deutschen Demokratie, ihren Institutionen und der Praxis des politischen Prozesses beschrieben. Dabei werden einige Wurzeln politischer Unzufriedenheit dargestellt, ebenso wie einige der daraus resultierenden Konsequenzen. Dann wird dargelegt, wie es um die Einbindung der Wähler in das Parteiensystem, die das Wahlverhalten stabilisieren könnte, bestellt ist. Es zeigt sich, daß der Prozeß der Verankerung des politischen Systems der Bundesrepublik im Bewußtsein der Bevölkerung noch nicht abgeschlossen und damit noch nicht vollständig gegen negative Einflüsse gefeit ist. (ICA)
In: Berichte / Forschungsinstitut der Internationalen Wissenschaftlichen Vereinigung Weltwirtschaft und Weltpolitik (IWVWW) e.V, Band 14, Heft 144, S. 1-13
Im Mittelpunkt dieses Buches steht das Verhältnis von Sozialstruktur und politischem System in Japan. Dieser Problemzusammenhang zählt in der politischen Soziologie zu einem der am häufigsten untersuchten Fragekomplexe überhaupt. Doch während westliche Industriegesellschaften bereits des Öfteren Gegenstand solcher Untersuchungen waren, liegen zu Japan nur einige wenige ältere Studien vor. Den theoretisch-analytischen Rahmen der Arbeit bildet - bei strenger Ergebnisoffenheit - die von Seymour M. Lipset und Stein Rokkan entwickelte Cleavage-Theorie. Die Autorin grenzt sich in Ihrem Vorgehen nicht nur gegen eine unreflektiert eurozentristische Betrachtungsweise der japanischen Gesellschaft sondern auch gegen ein unkritisches "going native" ab, welches von einer "Einzigartigkeit" derselben ausgeht. Sie bestimmt die gesellschaftlichen Konfliktlinien, analysiert die Entwicklung des Parteiensystems seit 1955 und untersucht unter verschiedenen Aspekten die soziale Basis der Parteien sowie die Rekrutierung der politischen Eliten. Auf der Grundlage einer Vielzahl empirischer Analysen gelangt die Autorin zu der Schlußfolgerung, daß die Eliten der langjährigen Regierungspartei LDP charakterisiert sind durch eine klar erkennbare Abkoppelung von der Sozialstruktur der Gesellschaft und eine Tendenz zur Bildung von geschlossenen Machtgruppe. Dieses Buch unterstreicht in beeindruckender Weise die Fruchtbarkeit der vergleichenden Analyse in den Sozialwissenschaften.
Die Bedeutung von Status und Statusansprüchen nimmt in der internationalen Politik immer weiter zu. Eine hohe Position innerhalb der internationalen Hierarchie scheint für Staaten immer wichtiger zu werden. Eine noch offene Frage dabei ist, wie ein Staat seinen Aufstieg in der internationalen Statushierarchie umsetzt und welche politischen Mittel er dafür einsetzt. Dieser Lücke widmet sich die Autorin durch eine Weiterentwicklung der bisherigen theoretischen Angebote der Statusliteratur in der Politikwissenschaft. Sie entwickelt ein eigenes Analyseraster, mit dem sich das Statusstreben eines einzelnen Staates analysieren und nachverfolgen lässt. Diese theoretische Entwicklung wird dann anhand des Statusstrebens des Deutschen Reiches unter der Herrschaft Kaiser Wilhelms II. bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs überprüft. Als Fallbespiele dienen die deutsche Flottenrüstungspolitik und die deutsche Außenpolitik im Zusammenhang der beiden Marokkokrisen 1905/06 und 1911. In diesen beiden Politikfeldern versuchte die deutsche Führung besonders intensiv, ihren Statusanspruch als Weltmacht durchzusetzen, da eine große Schlachtflotte und kolonialpolitische Initiativen die damals wertvollsten Statusmarker darstellten.
Der Autor analysiert auf einer breiten empirischen Datenbasis die Orientierungen der EG-Bürger gegenüber dem politischen System der Gemeinschaft. Auf der Grundlage des Ansatzes von Easton und Überlegungen anderer Autoren (Lindberg, Scheingold) zur Transformation des Eastonschen Ansatzes wird anschließend ein theoretisches Konzept zur Strukturierung der Bevölkerungsorientierungen in den siebziger und achtziger Jahren entwickelt, das als Maßstab für die in einem weiteren Schritt folgende empirische Deskription der Bevölkerungsorientierungen und ihrer zeitlichen Entwicklung dient. In bezug auf verschiedene Fragen zur europäischen Einigung arbeitet der Autor mit Indizes, die aus der Differenz zwischen dem Anteil der positiven und negativen Antworten an der Gesamtheit der möglichen Antworten bestehen. Abschließend wird ein systematischer Überblick über mögliche Determinanten dieser Orientierungen gegeben. Im Ergebnis überwiegen die positiven Indexwerte bei allen betrachteten Fragen, wobei allerdings sowohl im Zeitverlauf als auch zwischen den EG-Mitgliedsstaaten teilweise erhebliche Unterschiede bestehen. Die Diskussion der Vielzahl möglicher Determinanten der Bevölkerungsorientierungen (u.a. sozialstrukturelle Faktoren, Werte und Normen der Bürger, psychologische Involviertheit des Individuums in den politischen Bereich, Parteiorientierungen) macht nach Meinung des Autors deutlich, daß jeder monokausale Erklärungsversuch systematisch zu kurz greifen muß. (ICK)
"The analyses presented in this working paper provide a genuinely interdisciplinary view on Russia's society since the end of socialism. A historian, Hans-Henning Schröder, describes the political sphere, a political scientist, Diana Schmidt, covers civil society, a sociologist and a geographer, David Lane and Denis Eckert, deal with the economic sphere. They all develop a comparative dimension to put the Russian case in context. As the panel title suggests, all papers are concerned with general trends characterising the post-Soviet development of Russia. In order to describe these trends, the authors refer to analytical frameworks of reference provided by their specific discipline and research orientation. Nevertheless, as Valerie Bunce points out in her comment, a number of conclusions on the state of Russian society is supported by all four papers. The most important one seems to be that Russia is marked by a high degree of inequality, fragmentation and political alienation; this in turn questions the stability of the political, economic and social system which has emerged in Russia. However, the main aim of all papers is not to depress the reader or to criticize developments, but to understand what is going on. Here, the authors provide an original, rich and broad overview of ways to analyse and interpret current trends. They present many interesting insights and data and integrate them into a general line of argument which offers a rather comprehensive answer to the question of how to explain Russia's Post-Soviet Political and Economic System." (excerpt). Contents: Hans-Henning Schröder: What kind of political regime does Russia have? (6-22); Diana Schmidt: What kind of civil society does Russia have? (23-45); David Lane: Russia's asymmetric capitalism in comparative perspective (46-60); Denis Eckert: Russia 15 years later: contemporary paradoxes in the organization of economic space (61-67); Valerie Bunce: Commentary on the papers (68-71).