Theoreme der Postmoderne, soweit sie sich auf den Arbeitsmarkt beziehen, gehen von der Annahme einer wachsenden Heterogenität, Flexibilität und Fragmentierung der Arbeitsverhältnisse aus. Im Hinblick auf die Arbeitsbeziehungen, d.h. die Regulierung des Arbeitsverhältnisses durch die Tarifparteien, wird diese Entwicklungstendenz als "Disorganisierung" des Arbeitsmarkts bezeichnet. Der Beitrag untersucht anhand empirischer Daten, inwieweit sich für Österreich diese Disorganisierung im Vergleich zu den OECD-Staaten nachweisen läßt und ob es eine österreichische "Sonderentwicklung" gibt. Die Ausführungen zeigen, daß es in diesem Bereich allenfalls ansatzweise einen postmodernen Trend zur Disorganisierung gegeben hat. Vielmehr herrscht im Bereich der Tarifverträge in Österreich im internationalen Vergleich eine besonders hohe Verbindlichkeit. Die Institutionen des kollektiv-kooporativen Handelns, Gewerkschaft und Sozialpartnerschaft, sorgen noch immer für hohe Integration. (pre)
Innerhalb der Randbelegschaften sind vor allem junge Menschen und Migranten stärker von Prekarität betroffen. Unter Jugendlichen gilt das Prinzip "last in - first out", sobald sie ihre Grundausbildung abgeschlossen haben und auf dem "freien" Arbeitsmarkt landen. Jugendliche waren in den meisten OECD-Ländern schon in der Vergangenheit von Konjunkturzyklen deutlicher betroffen als Erwachsene, da sie einen stärkeren Effekt auf Jugendliche haben als auf Erwachsene. In rezessiven Phasen und Wirtschaftskrisen muss mit einer Verstärkung dieser Effekte gerechnet werden, wie die Verfasserin am Beispiel Tirols zeigt. Hinzu kommt, dass die Bildungsstruktur von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sich nur langsam verbessert und die räumliche Segregation von Personen mit Migrationshintergrund in Tirol gering ist. Vor allem fehlt es Jugendlichen mit Migrationshintergrund nach der Beendigung der Pflichtschule an beruflicher Orientierung. In diesem Zusammenhang ist anwendungsorientiertes Lernen angezeigt. (ICE2)
"Das sozial- und arbeitsrechtlich abgesicherte unbefristete Vollzeitarbeitsverhältnis beginnt zu bröckeln. Arbeitslosigkeit undf staatliche Deregulierung haben dazu geführt, daß immer mehr Arbeitnehmer in ungeschützte und prekäre Beschäftigungsverhältnisse abgedrängt werden. Mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz hat die Bundesregierung diesen Prozeß aktiv gefördert. Von den neuen Möglichkeiten haben die Unternehmen ausgiebig Gebrauch gemacht. Zeitarbeit und Leiharbeit sind zu wichtigen Elementen betrieblicher Rationalisierungsstrategien geworden. Doch die großen Hoffnungen der Bundesregierung haben sich nicht erfüllt, daß mit diesem Gesetz eine Einstellungswelle ausgelöst werden kann. Vielmehr haben sich die Befürchtungen bewahrheitet, daß dieses Gesetz einen schleichenden Umbau des Arbeitsmarktes begünstigt und die Qualität der betroffenen Arbeitsplätze nachhaltig verschlechtert wird." (Autorenreferat)
Die Arbeitsmärkte Europas befinden sich in der Krise. Diese Aussage gilt seit Langem, und sie gilt für alle Länder, auch wenn Ausmaß, Ursache und Ausprägung der Krise deutlich variieren. Dabei zeigen sich erhebliche Ungleichgewichte: dort der arme Süden, mit teilweise sehr hohen Arbeitslosenzahlen, insbesondere auch unter Jugendlichen; hier der reiche Norden mit vergleichsweise geringeren Beschäftigungsproblemen, wobei sich die Jugendarbeitslosigkeit selbst in diesem Teil Europas in den allermeisten Ländern verdoppelt hat. Lediglich Deutschland gelang es im Verlauf der Krise, die Arbeitslosenzahlen zu senken. Warum ist dies gelungen und zu welchem Preis? Sind Elemente des deutschen Weges auf andere Länder übertragbar? Krisen bestehen, wenn vorhandene Ressourcen für die Erreichung von Zielen oder Programmen, wie etwa eine Bestandssicherung eines sozialen Systems, nicht ausreichen bzw. als nicht hinreichend erlebt werden. Krisen stellen also bestehende Handlungsressourcen, seien es ökonomische, soziale oder kulturelle Ressourcen, oder institutionelle Normen sowie Aspirationen infrage. Damit bieten sie Anlass, über Ziele und Mittel neu nachzudenken, und möglicherweise werden Lern- und Reformprozesse eingeleitet. Dies gilt auch für die als globale Wirtschaftskrise erlebten Wandlungen nach 2008. Sie bietet gutes Anschauungsmaterial, um erfolgreiche und weniger erfolgreiche Bewältigungsmuster zu untersuchen. Im Folgenden wird im ersten Schritt die Entwicklung der Flexibilisierung von Beschäftigung nachvollzogen, da die auf flexiblere Arbeitsmärkte gerichteten Reformen als alleiniger Garant für den Erhalt und den Ausbau von Beschäftigung gelten. Betrachtet wird zunächst Deutschland, danach geht es um die Entwicklungen in anderen europäischen Ländern. Gezeigt wird im zweiten Schritt, dass Deutschland durch seine Maßnahmen der Öffnung und Flexibilisierung von Arbeitsmärkten noch vor der Krise seine Sozialkassen entlasten konnte, dann aber während der Krise auf klassische betriebsinterne und schließende Maßnahmen zurückgegriffen hat. Mit Blick auf Deutschland zu folgern, dass Nationen in der Krise insbesondere durch Maßnahmen der weiteren Flexibilisierung von Arbeit ihre Situation mittelfristig verbessern könnten, ist nicht möglich. Eine solche Interpretation, wie sie etwa von der EU-Kommission, der Europäische Zentralbank oder dem Internationalen Währungsfond vertreten wird, zielt an den tatsächlichen Reformnotwendigkeiten, die in Deutschland und anderen Ländern Europas bestehen und die im dritten Abschnitt vorgestellt werden, vorbei.
"In dem Beitrag von H. Heseler wird der Zusammenhang von steigender Arbeitslosigkeit, regionaler Wirtschaftskrise und wachsendem staatlichen Haushaltsproblem erläutert. Die Analyse der vergangenen sieben Krisenjahre zeigt, daß die Finanzkrise nicht durch eine expansive Ausgabenpolitik, sondern durch zu geringe Staatseinnahmen verursacht worden ist; entsprechend sind die Risiken einer Sparpolitik, die durch Ausgabenkürzungen die Einnahmeschwächen bekämpfen will, hoch einzuschätzen." (Autorenreferat)
"Die Probleme am deutschen Arbeitsmarkt resultieren zu einem nicht unerheblichen Teil aus einem unzureichenden qualitativen Bestand und zu niedrigen aktuellen Investitionen in Humankapital. Die Beschäftigungsaussichten könnten daher entscheidend durch eine verbesserte Qualifizierung von Erwerbs- und Arbeitslosen sowie der nachwachsenden Bevölkerung, aber auch der aktiv Erwerbstätigen erhöht werden. Hierbei kommt einer effizienten Arbeitsmarktpolitik eine wegweisende Funktion zu. Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung können sich jedoch nur dann im gewünschten Ausmaß arbeitsmarktrelevant niederschlagen, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen gesetzt werden. Diese betreffen insbesondere die gegenwärtig zu hohen Kosten und Inflexibilitäten des Faktors Arbeit. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der neuesten IW-Umfrage zu Ausbildung und Beschäftigung, die der Autor dieses Beitrags erörtert. Die vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) befragten 633 Unternehmen kommen zu dem Ergebnis, dass die Qualität des Standortes Deutschland nur in wenigen Teilbereichen positiv zu bewerten ist. Stärken gibt es noch im dualen System der Berufsausbildung, in der Weiterbildung und im Hochschulbereich. Als Negativposten werden neben den hohen direkten Lohnkosten und Lohnzusatzkosten vor allem der unzureichend flexible Arbeitsmarkt sowie das allgemein bildende Schulsystem genannt. Die ungenügende Ausbildungsfähigkeit zahlreicher Schulabsolventen, die von den ausbildenden Betrieben seit langem gesehen wird und auch zu Vakanzen beim Ausbildungsplatzangebot führt, ist jüngst durch die Befunde der PISA-Studie bestätigt worden. An der Spitze der von den befragten Firmen favorisierten Reformen stehen deshalb neben dem Abbau der Lohnzusatzkostenlast eine intensivere Vermittlung grundlegender Kulturtechniken durch die Schule." (Textauszug)
Ökonomische Analysen von Arbeitsmärkten im Sport haben eine hohe wissenschaftliche und sportpolitische Relevanz. Anreiz- und Entlohnungssysteme für Athletinnen und Athleten, Regulierungen von Arbeitsmärkten im Sport oder die nachfrageadäquate Ausbildung von Sportmanagerinnen und Sportmanagern, sind nur einige Facetten dieses Themenkomplexes. Die 20. Jahrestagung des Arbeitskreis Sportökonomie e. V. befasste sich schwerpunktmäßig mit Fragestellungen im Schnittfeld von Arbeitsmarkt- und Sportökonomik. Im vorliegenden Tagungsband sind ausgewählte Beiträge der -Tagung zusammengefasst.
"Die Beschaffung von Arbeit, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit bei gleichzeitiger Flexibilisierung und die sozialverträgliche Deregulierung der Arbeitsmärkte sind wesentliche Diskussionspunkte der aktuellen Debatte. Wolfgang Merkel legt in seinem Beitrag eine umfassende Zwischenbilanz dieser Diskussion vor. In einer so genannten Gerechtigkeitsbilanz, die im internationalen Vergleich für die Jahre 1990 bis 2000 vorgenommen wird, schneidet die Bundesrepublik Deutschland nur mäßig ab. Nimmt man eine differenzierte Beschäftigungsbilanz im internationalen Vergleich noch dazu, werden die Defizite der Beschäftigungspolitik offenkundig. Die Ergebnisse beider Bilanzen münden in Vorschläge, wie eine zukünftige Beschäftigungspolitik, die die soziale Balance wahrt, aussehen könnte. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf deregulierende Maßnahmen in folgenden Bereichen gerichtet: Einstellungs- und Kündigungskosten, Lohn- und Arbeitszeitflexibilität, Bildung und Ausbildung sowie Zuwanderung von Arbeitskräften." (Autorenreferat)
Ausgehend davon, daß sich, gemessen an ihrem Anteil am Bruttosozialprodukt, die direkten Strukturhilfen zur Modernisierung der regionalen Wirtschaftsstruktur recht bescheiden ausnehmen, wird in dem Beitrag nachgewiesen, daß Süddeutschland offensichtlich nicht deshalb heute Wachstumsvorteile und Beschäftigungsvorteile besitzt, weil die Regionalpolitik diese Landesteile einseitig begünstigt hat, sondern weil andere Faktoren durchschlagendere Wirkung gehabt haben. Als einer der wichtigsten Faktoren wird die in den süddeutschen Agglomerationen höhere Konzentration qualifizierter Fachkräfte, insbesondere der Absolventen von Hochschulen und Fachhochschulen sowie der Abiturienten (mit und ohne Berufsausbildung), identifiziert. Belegt wird dies mit Zahlen aus der Beschäftigungsstatistik: Danach befinden sich unter 15 Großstädten mit dem höchsten Anteil an Hochqualifizierten unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 11 süddeutsche, 3 westdeutsche und nur eine norddeutsche Stadt. Dieses Ergebnis wird sowohl arbeitsmarktpolitisch als auch bildungsökonomisch interpretiert: Einerseits wählen Hochqualifizierte dort ihren Wohnstandort, wo Chancen am Arbeitsmarkt bestehen; andererseits entstehen Arbeitsplätze für Hochqualifizierte dort, wo Hochschulen ein hohes Angebot an qualifizierten Absolventen bereitstellen. (ICA)