Persönlichkeit erwünscht!: Anmerkungen zur eigentümlichen Öffentlichkeit der deutschen Präsidentenwahl
In: Trans-Atlantik - Trans-Portabel?: die Amerikanisierungsthese in der politischen Kommunikation, S. 263-283
Die Diskussion um eine Amerikanisierung der Wahlkommunikation beruft sich in erster Linie auf die amerikanischen Präsidentschaftswahlkämpfe und überträgt diese auf die Wahl des deutschen Bundespräsidenten. Demgegenüber wird gezeigt, wie die spezifisch deutschen politischen Verfahrensweisen eine Amerikanisierung der politischen Kommunikation im Bundespräsidentenwahlkampf verhindern. Hierzu wird auf den Status des Bundespräsidenten im politischen System der Bundesrepublik hingewiesen. Eine Fallstudie zur Präsidentenwahl 1999 mit den Kandidaten J. Rau und D. Schipanski wird herangezogen. Darin wurden 150 Presseartikel, 94 Agenturmeldungen und vier Pressemitteilungen der Parteien aus dem Zeitraum Sept. 1998 bis Mai 1999 einer standardisierten Inhaltsanalyse unterzogen. Auf dieser empirischen Grundlage werden Fragen zur Professionalisierung innerhalb der Amerikanisierungs- bzw. Modernisierungstendenzen in der Wahlkampfkommunikation diskutiert. Im Einzelnen geht es um die aktive Durchsetzung der Kommunikationsstrategien der politischen Akteure, die Entideologisierung in der Mediendarstellung und die Folgen der Personalisierung bzw. Privatisierung der Mediendarstellung für das Image der Kandidaten. Die Veränderung des Kommunikationsprozesses und der Politikvermittlung durch Mediatisierung und Modernisierung wird beschrieben. Für eine Professionalisierung ergeben sich kaum Indizien. Insgesamt haben die Druckmedien ihre Kontroll- und Artikulationsfunktion im Wahlvorgang 1999 nicht hinreichend erfüllt. (BB)