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Aus Anlaß des Todes von A. N. J. den Hollander würdigt R. König dessen Wirken. Neben seiner weltweit ausgerichteten Tätigkeit in verschiedenen Organisationen und seiner empirischen Forschungsarbeit im Süden der USA werden zwei von Hollanders jüngeren, theoretischen Arbeitsfeldern herausgestellt. Ende der 60er Jahre rückte die Frage nach der "sozialen Beschreibung" in den Mittelpunkt seines Interesses. Ausführlich wird auf das letzte Buch Hollanders eingegangen. In diesem wird in der Kritik der literarischen Bewegung der "muckraker" von neuem die anthropologisch zentrale Frage nach der gesellschaftlichen Bedeutung und Entstehung des Scheins gestellt. (GR)

Aus einer sehr persönlichen Perspektive heraus beschreibt Rene König in seinem Nekrolog die wissenschaftliche und menschliche Entwicklung von Werner Ziegenfuß. König lernte Ziegenfuß während der gemeinsamen Studienzeit in Berlin kennen; trotz unterschiedlicher methodologischer Orientierung (Ziegenfuß war damals Phänomenologe, König Positivist) kam es zu einer engen freundschaftlichen Verbindung, die allerdings im Frühjahr 1933 durch den Eintritt von Ziegenfuß in die NSDAP jäh beendet wurde. König versucht zu zeigen, daß Ziegenfuß völlig verunsichert war: "er war nicht aus dem Holz, aus dem man Nationalsozialisten macht"; seine geistige Integrität habe Ziegenfuß nicht verloren, was durch seine wissenschaftlichen Leistungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit belegt werde (vor allem "Handbuch der Soziologie"). Eine normale Karriere allerdings konnte Ziegenfuß nach dem Krieg nicht machen; er wurde entlassen und vor Gericht gezogen (angeblich homosexuelle Verhaltensweisen). Totaler wirtschaftlicher Ruin und völlige Isolierung führte zu einer tiefen Verzweiflung, die dann sicher für seinen Freitod verantwortlich war. König klagt nachdrücklich die Unmenschlichkeit einer Umwelt an, die Ziegenfuß keine Hilfe zukommen ließ und spricht die Hoffnung aus, daß doch noch die unverdient vorenthaltene wissenschaftliche Anerkennung für Ziegenfuß und dessen Rehabilitation möglich sei. (JL)

In einem Nachruf würdigt der Autor die Bemühungen Hannes Kamphausens um die schwarzafrikanische Dichtung frankophoner oder anglophoner Ausrichtung und deren Verhältnis zu afrikanischen Befreiungsbewegungen. Gemeinsam mit Leopold Sedar Senghor, dessen Werk er in seiner Dissertation aufgriff, sah er die Rolle der Dichtung als ein Ansporn des Willens, als politischen Mythos, der dafür Sorge tragen muß, daß das Handeln der Menschen nicht erlahmt. Die wirkliche anthropologische Forschung erfordert es, sich denselben Gefahren auszusetzen, denen auch die Eingeborenen ausgesetzt sind. Erst dann lernt man die Gestalt der Kulturelemente verstehen. Aber neue Gefahren ergeben sich in unserer Zeit aus dem Kulturkonflikt zwischen Industriegesellschaft und überlebenden primitiven Gesellschaften. Diese Situation belastet die ethnosoziologische Forschung. Manchmal kann sie sogar das Leben kosten. Im Falle Hannes Kamphausens werden erst weitere Informationen endgültige Klarheit über die Umstände seines Todes zulassen. (TN)

Gemeinsamer Untersuchungsgegenstand und unterschiedliche Fragestellung von Psychoanalyse und Soziologie werden am Beispiel der Kategorie des sozialen Wandels erörtert. Als wesentliche Konsequenz sozialen Wandels auf der Ebene der Normen und Werte wird "Orientierungslosigkeit" und "soziale Desorientierung als Massenerscheinung" gesehen. Das Interesse der Soziologie gilt dabei dem strukturellen Aspekt sozialen Wandels, das der Psychoanalyse den durch diesen Prozeß hervorgerufenen persönlichen Konflikten. (WZ)

Die persönliche Entwicklung und der geistige Werdegang Georges Friedmanns werden dargestellt. Der Autor würdigt die Bedeutung Friedmanns für die Entwicklung einer gesamtgesellschaftlich orientierten Industriesoziologie und beschreibt die grundlegende Orientierung der Friedmannschen Schriften. (WZ)

Rene König würdigt im vorliegenden Aufsatz das Leben und die Arbeit von Marcel Mauss. Dabei beschreibt er auch das Verhältnis, das dieser zu seinem Onkel E. Durkheim hatte und stellt heraus, welche Bedeutung Mauss bei dem Werk über den Selbstmord zukommt. Zwar übernahm Marcel Mauss vieles aus der Lehre seines Onkels, dennoch ist er weit darüber hinausgeschritten, was durch Beispiele von Forschungsarbeiten belegt ist. Von ihm verfaßte Werke tragen oft nur die Bezeichnung Skizze, Fragment oder Notiz, obwohl ihre Bedeutung weit darüber hinausgeht. Er war primär Soziologe, wenn auch mit starken ethnologischen, ethnographischen, auch archäologischen und frühgeschichtlichen Interessen, zu denen noch seine Vertrautheit mit der Linguistik kam. Zahlreiche Anmerkungen zum vorliegenden Aufsatz weisen auf Analysen und Bewertungen der Werke von Marcel Mauss hin. (MW)

Das seit 1959 veranstaltete 'Festival dei popoli' zeigte diesmal vor allem schon erprobte Dokumentarfilme wie z.B. die großartigen afrikanischen Filme von Jean Rouch (insbes. 'Les maitres fous' von 1957), den Film 'Dead Birds' von Robert Gardner über Neuguinea, den eher kitschigen Film von Robert Rosseline über Indien und 'What is happening?' (1966) von Antonello Branca - kleinbürgerliche Banalitäten von Möchtegernphilosophen. Das Kolloquium im 2. Teil des Festivals nahm - z.T. unter der Leitung des italienischen Kulturanthropologie-Professor Carlo Tullio-Altan - die Diskussion über die kulturanthropologischen und allgemein-wissenssoziologischen Momente des sozialen und ethnologischen Dokumentarfilmes unter folgenden Fragestellungen auf: Ist der Film Mittel zur Forschung, Kommunikationsinstrument der Forschung, Sammlung von 'documents humains", ist er selbst Dokument einer bestimmten Lebensverfassung, wann wirkt er indoktrinierend, wann repräsentativ. Es wird vorgeschlagen, das Festival zu einer früheren Form der Vorstellung neuer Filme - also weg von der Retrospektive - zurückzuführen. (MM)