In: Materialien aus der soziologischen Forschung: Verhandlungen des 18. Deutschen Soziologentages vom 28. September bis 1. Oktober 1976 in Bielefeld, S. 824-841
Das postsowjetische Russland wird vielfach als ein Transformationsland untersucht, wobei die politische Transformation eines autoritären Regimes im Fokus der Betrachtung steht. Nicht minder interessant und für das Verständnis der gesellschaftlichen Entwicklung wohl unerlässlich ist das Selbstbewusstsein der Subjekte nach dem Verlust eines utopischen Traums, der maßgeblich das Leben in der Sowjetunion bestimmt hat. Wie gestaltet sich gesellschaftlicher Wandel nach dem Zusammenbruch eines utopischen Projekts? Welche Rolle spielt Enttäuschung und Verlust einer normativ aufgeladenen Zukunftsvision für das kollektive Handeln und soziale Integration? Der vorliegende Beitrag widmet sich diesen Fragen auf einer sowohl selbstreflexiven als auch theoretischer Ebene.
Nach einer Phase sinkenden Organisationsgrades konnten die DGB-Gewerkschaften nach 1969 einen steigenden Grad der Organisierung verzeichnen. In kritischer Auseinandersetzung v.a. mit Wolfgang Streek, der diese Steigerung im wesentlichen auf organisatorische Maßnahmen zurückführt, entwickeln die Verfasser ihre Sichtweise. Für sie ist der Trend in der Mitgliederentwicklung westdeutscher Gewerkschaften weniger Resultat formell-organisatorischer Veränderungen als vielmehr Ausdruck der Entwicklung des gesellschaftlichen Bewußtseins der Lohnabhängigen. Belegt wird die These, daß diese Bewußtseinsveränderungen nur zu verstehen sind vor dem Hintergrund der Stellung der Lohnabhängigen in der ökonomischen Entwicklung; was nicht ausschließen soll, daß sowohl politische Rahmenbedingungen als auch innergewerkschaftliche Rationalisierungsprozesse modifizierende Effekte auf den Organisationsgrad - als Ausdruck gewerkschaftlichen Bewußtseins - haben. (UH)
Der Titel des Beitrages ist weniger als Marx-Zitat denn als Aussage über eine fatale Entwicklungstendenz der hochentwickelten westlich-kapitalistischen Gesellschaften zu verstehen. Mächtige Faktoren in diesen Gesellschaften - und die Ohnmacht alternativer Faktoren - treiben tatsächlich auf das "Ende der Geschichte" zu. Hierzu zählen der Siegeszug individualistisch-egoistischer Werte und die neoliberale Bewusstseinsrevolution im Vorfeld der Globalisierung. Demgegenüber stellt der Demokratische Sozialismus einen intellektuellen Sozialisationsfaktor für die Herausbildung gemeinwohlorientierter Werte dar, der den fatalen Folgen den Dominanz des Ökonomismus entgegenwirken könnte. Die Arbeiterbewegung mit ihren vier Säulen (Partei, Gewerkschaften, Kultur- und Freizeitorganisationen) stellt das bisher einzige reale Beispiel für eine lebendige Zivil- und Bürgergesellschaft dar. Gegenwärtig herrscht unter den kritischen Intellektuellen ein Fatalismus vor, den es zu überwinden gilt. (ICE)
Klappentext: In dieser Pionierarbeit beschreibt Gerda Lerner den mehr als 1200jährigen Kampf der Frauen, ihr Denken von patriarchalem Gedankengut zu befreien, eine Geschichte der Frauen zu begründen und ein feministisches Bewußtsein auszubilden. Das Buch enthält zahlreiche Darstellungen außergewöhnlicher Frauen, die die vorgegebenen Grenzen patriarchalen Denkens überschritten, unter ihnen Hildegard von Bingen, Roswitha von Gandersheim, Christine von Oizan, Emily Dickinson, Bettine von Arnim, Karoline von Günderode und viele andere.
Was eine "Leistung" ist, wird gesellschaftlich definiert. Definitionen der Leistungsmotivation und die leitenden Interessen bei der Erforschung des Leistungsmotivs werden von der Autorin kritisch dargestellt. Einflüsse der Leistungsmotivation auf Arbeitsverhalten und soziales Bewußtsein (Orientierung auf Tüchtigkeit, Geld, Zeit, Konkurrenz und Konformismus) werden analysiert. Die Autorin kritisiert, daß die Leistungsmotivforschung den konkurrenzorientierten "Zwangscharakter" zum Ideal erhebt. (RL)
Gestörte Lieferketten, Flucht und Migration, Kritik an "kosmopolitischen Eliten": Auseinandersetzungen über Globalisierung und neuerdings auch Deglobalisierung haben Konjunktur. Tatsächlich wird über Wohl und Wehe der weltweiten Verflechtungen seit mehr als 150 Jahren diskutiert. Mal gewannen euphorische, mal pessimistische Sichtweisen die Oberhand. Dabei ist in jüngster Zeit das Wort "Globalismus" zu einem Kampfbegriff geworden. David Kuchenbuch entschärft diese Debatten. Er erfasst »Globalismen« als Ausdruck eines globalen Bewusstseins, das auch die Kritik an der Globalisierung beinhaltet. In seinem Buch erzählt Kuchenbuch zum ersten Mal die wechselhafte Geschichte des globalen Denkens in der transatlantischen Moderne. Er rekonstruiert die sozialen Milieus, die kulturellen Konstellationen und die politischen Mobilisierungsprozesse, aus denen heraus Globalismen entstanden. Es geht um Phänomene wie die utopischen Hoffnungen, die sich Ende des Zweiten Weltkriegs auf eine friedliche "One World" richteten, oder um die in den 1970er Jahren verbreitete Sorge angesichts "globaler Interdependenzen". So zeigt dieses konzise und anschaulich geschriebene Buch, wie stark historische Erfahrungen in gegenwärtigen Debatten fortwirken.