In qualitativen Interviews können Situationen, in denen die Forschenden von ihrem üblichen "Skript" abweichen, Hinweise auf Interaktionen liefern, die durch die Hautfarbe der am Gespräch Beteiligten und damit einhergehende Erfahrungen konstituiert sind. In der hier vorgestellten Studie wurden 40 Interviews zwischen Forschenden/Beforschten durchgeführt, die sich selbst als "schwarz" oder "weiß" identifizierten. Im Folgenden werden Auszüge aus diesen Interviews präsentiert, die zeigen, in welcher Weise die (gleiche oder unterschiedliche) Hautfarbe thematisch und wirksam wird. Implikationen und Vorschläge für künftige Forschungen in diesem Feld und für Studien zu Ethnizität und Kultur werden abgeleitet.
"Im Beitrag wird eine qualitative Studie präsentiert, in der Grundschullehrerinnen und -lehrer zu einem alltäglichem und bislang äußerst wenig beachteten Tätigkeitsfeld, der täglichen schriftlichen Korrektur, befragt werden. Diese Tätigkeit, die einen wesentlichen Zeitanteil des Arbeitspensums ausmacht, wird auf ihre Erscheinungsbild, ihre Struktur und Wissensgrundlage hin untersucht. Im noch laufenden Projekt werden durch qualitative Experteninterviews Lehrerinnen befragt, um handlungsleitendes Wissen und individuelle Einstellungen der Lehrkräfte rekonstruieren zu können. Der Beitrag zeichnet die Studie in ihrer theoretischen Rahmung und methodischen Anlage auf und stellt am Ende ein Fallportrait dar." (Autorenreferat)
Die vorliegende Studie präsentiert eine empirisch-explorative Untersuchung zu Gütekriterien qualitativer Forschung insbesondere aus dem Gebiet der Psychologie, zu deren Relevanz und Verbindlichkeit in der Publikationspraxis. Als Ausgangspunkt diente ein Katalog für Publikationsstandards von ELLIOTT, FISCHER und RENNIE (1999). Mit der Analyse von 68 Artikeln ließ sich aufzeigen, dass in Publikationen qualitativer Forschungsprojekte der Darstellung der Methodik häufig große Aufmerksamkeit galt, ebenso ethischen Fragen. Die Diskussion der Befunde wurde jedoch oft monoperspektivisch geführt und nur selten wurden methodische und projektspezifische Entscheidungen sowie Probleme und Grenzen der Designs erörtert. Die Anzahl erfüllter Kriterien erwies sich als abhängig vom Umfang der betreffenden Publikation: je länger die Publikation, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass eine hohe Anzahl an Qualitätskriterien erfüllt wurde. Ein Zusammenhang zwischen der Anzahl erfüllter Kriterien und der Publikationsform (Periodika vs. Herausgeber/innenband) ließ sich – mit einer Ausnahme – nicht feststellen: Artikel, die in fachspezifischen Zeitschriften publiziert wurden, wiesen meist keine höheren Standards der Wissenschaftlichkeit auf als Beiträge in Sammelbänden. Das methodische Vorgehen und die Befunde der eigenen Untersuchung werden einer kritischen Prüfung unterzogen; die Grenzen und die Möglichkeiten von Folgeuntersuchungen werden aufgezeigt.
Research concerning ergonomic issues in interdisciplinary projects often raises several very specific questions depending on project objectives. To answer these questions the application of research methods should be thoroughly considered, regarding both the expenditure and the options within the scope of the given resources. The project AQUIMO develops an adaptable modelling tool for mechatronical engineering and creates a related qualification program. The task of social scientific research within this project is to identify requirements viewed from the perspective of the subsequent users. This formative evaluation is based on the approach of "developmental work research" as set forth by ENGESTRÖM and, thus, is a form of "action research". This paper discusses the triangulation of several qualitative methods addressing the examination of difficulties in interdisciplinary collaboration in mechatronical engineering. After a description of both background and analytic approach within the project AQUIMO, the methods are briefly described concerning their advantages and critical points. Their application within the research project AQUIMO is explained from an activity theoretical perspective.
Die qualitative Forschung in Italien hat schwere Zeiten durchgemacht. Einerseits wurde sie lange von der Vorherrschaft des Idealismus in der Tradition CROCEs behindert. Andererseits wurde sie auch von den Umfrageforschern sehr gering geachtet. Seit den 1980er Jahren aber gewinnt sie eine immer wichtiger werdende Rolle in der italienischen Soziologie, und seit den 1990er Jahren hat sie einen festen Platz in der Methodologie in Italien erobert, auch wenn sie noch immer hinter der Umfrageforschung zurücksteht. Zum Beginn des neuen Jahrtausends wurde die qualitative Methodologie in vielen Ausbildungsprogrammen und Methodologiekursen institutionalisiert. Der Aufsatz rekonstruiert die Geschichte der qualitativen Forschung und Methodologie in Italien Schritt für Schritt.
Im Vergleich zu anderen Euro-Ländern ist die Euro-Einführung in Österreich einigermaßen gut gelungen. Bei näherem Blick – dies ermöglichte die in Österreich als einzigem Land unter den zwölf Euro-Ländern durchgeführte Begleitforschung - hat es dennoch große und nachhaltige Probleme bei den Verbrauchern gegeben. Diese vor allem den Geldwert betreffenden wahrnehmungspsychologischen Probleme skizziert der folgende Beitrag.
Der Wissenschaftspolitische Rat für die Sozialwissenschaften (WRS), eine Kommission der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, hat eine Initiative lanciert zur Förderung der qualitativen Sozialforschung in der Schweiz. In dem vorliegenden Beitrag werden die Gründe und Zielsetzungen dieser Initiative skizziert. Obwohl qualitative Forschung in der Schweiz ebenso verbreitet ist wie in anderen Ländern, hinken Vernetzung und Institutionalisierung – was Information, Unterstützung, Ressourcen, Qualitätskontrollen, und Schulungsoptionen angeht – dem Stand in einigen anderen Ländern hinterher. An den meisten Universitäten und Hochschulen gehören qualitative Methoden nicht zum obligatorischen, sondern lediglich zum freiwilligen Teil sozialwissenschaftlicher Methodenausbildung. Es gibt auch kein Archiv, das auf den Erwerb und die Nutzung qualitativer Daten spezialisiert ist, und es fehlen Servicezentren zur Unterstützung und Beratung qualitativ Forschender. Von dieser Zustandsbeschreibung ausgehend werden die Ziele der WRS-Initiative und die nächsten Schritte vorgestellt.
"Methodenintegration wird in den Sozialwissenschaften mit dem Argument sich ergänzender Erkenntnismöglichkeiten häufig gefordert. Die vorliegende Analyse zu Übergangswegen von der Schule in Ausbildung und Arbeit von Jugendlichen mit Hauptschulbildung beruht auf Daten einer quantitativen Panelstudie und einer qualitativen Ergänzungsstudie. Aus quantitativer und qualitativer Perspektive wird jeweils ein Einzelfall betrachtet sowie im Rahmen einer Modellbildung eine Verallgemeinerung auf Aggregatebene vorgenommen. Über ein logistisches Regressionsmodell wird die Bedeutung von zentralen individuellen, sozialen und strukturellen Merkmalen wie Schulleistungen, beruflichen Plänen, individuellen Problembelastungen, Migrationshintergrund und Arbeitslosigkeit der Eltern sowie regionaler Arbeitsmarktsituation für den Verlauf von Übergangswegen (Direkteinstieg in Ausbildung, Umweg in Ausbildung über schulische oder berufsvorbereitende Zwischenschritte, fortgesetzter mehrjähriger Schulbesuch und prekäre Wege in Ausbildungslosigkeit) untersucht. Über das qualitative Paradigma konnten vier für den Verlauf von Übergängen zentrale Dimensionen identifiziert werden: Agency, Motivation, kritische biografische Ereignisse und soziale Interaktionen. Der Schritt der Modellbildung integriert die vier Erfahrungsebenen und zeigt ihre Bedeutung für Übergänge von der Schule in den Beruf. Die Diskussion fragt nach Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnisentwicklung der beiden Forschungszugänge." (Autorenreferat)
This volume introduces innovative and inspired qualitative methods through topics on crime commission, victimisation and crime control. It highlights how qualitative methods offer significant insights that frame our understanding of the narratives, events, theoretical perspectives, and realities of the social world. This book includes chapters discussing cutting-edge methods, which demonstrate how qualitative research can expand beyond traditional approaches. It offers diversity in research, including gender, race, and geographic sensitivities. The volume addresses a multitude of approaches for using qualitative methodologies, including innovative uses of technology mediumssuch as social media, participatory videos, Zoom interviewing, and photographic visual methodsas means of collecting and co-producing relevant data on meaning. Ultimately, this book illustrates how qualitative criminology allows for deeper and more nuanced understandings of local and regional specificities in a globalized world, and how social interactions are influenced by individual interpretations, social interactions, and collective decision making. This volume is an essential read for graduate students and researchers in criminology and other social science disciplines interested in qualitative empirical research and informed policy making. .
"Innovationen werden als wichtige Erfolgsstrategie für Unternehmen gesehen. Dabei stellt sich die Frage, ob es auch Aufgabe für Betriebsräte sein kann, langfristig die Innovationsstrategie der Unternehmen zu beeinflussen und die Innovationsbereitschaft der Beschäftigten anzuregen. In diesem Beitrag wird analysiert, (1) unter welchen Voraussetzungen Betriebsräte bereit sind, betriebliche Innovationen zu fördern, (2) welchen Einfluss Betriebsräte aus ihrer Sicht auf Innovationen ausüben können und (3) welche Interessen- und Rollenkonflikte sie dabei bewältigen müssen. In zwei qualitativen Studien wurden Betriebsräte in 20 Unternehmen mit dem Schwerpunkt im Bereich der Metall- und Elektroindustrie interviewt. Die Untersuchung zeigt u.a., dass Betriebsräte sich häufig einen indirekten Einfluss auf das betriebliche Innovationsgeschehen zuschreiben. Ansatzpunkte hierfür sind z.B. Abschlüsse von Vereinbarungen zur Standort- und Beschäftigungssicherung, in denen neben einer Absicherung für die Beschäftigten auch Kriterien zur Durchführung beteiligungsorientierter Innovationsprozesse festgelegt werden." (Autorenreferat)
'Qualitative Interviews werden im Unterschied zu Survey-Interviews selten reanalysiert. Neben offensichtlichen Gründen der Behinderung von Sekundäranalysen durch z.B. das Betonen des Eigentums an Daten - und insbesondere einer individualistischen Kultur der Eigentumswahrung - ist auch ein methodologischer Skeptizismus verbreitet. In diesem Beitrag möchte ich für einen Datenaustausch für Sekundäranalysen plädieren. Diese Fürsprache basiert teilweise auf - und ist inspiriert von - der Diskussion während der Vorbereitung eines Gemeinschaftsprojektes von dreizehn Forschern und Forscherinnen, die eingeladen wurden, den gleichen Satz von Interviews jeweils aus ihrem eigenen theoretisch-methodologischen Blickwinkel zu analysieren (van den Berg, Wetherell und Houtkoop-Steenstra, 2003). In dieser Diskussion wurden verschiedene methodologische Argumente gegen die Durchführung von Sekundäranalyse vorgebracht. Mit einigen dieser Argumente werde ich mich auseinandersetzen, insbesondere mit den Zweifeln an der Nützlichkeit von Sekundäranalysen und den angenommenen Risiken der Dekontextualisierung: Ist eine Sekundäranalyse ohne detailliertes Kontextwissen möglich? Es werden unterschiedliche theoretische und methodologische Positionen geprüft, die sich auf die Kontextualisierung des Interviewdialogs beziehen. Einerseits argumentiere ich gegen die Tendenz der Einziehung eines immer weiteren sozialen und historischen Kontextes in die Diskursanalyse von Interviews, die dem Risiko eines spekulativen Theoretisierens als Rahmen für die Interviewinterpretation ausgesetzt ist. Andererseits glaube ich nicht, dass die Vernachlässigung jedweden sozialen Kontextes jenseits des Interviews - wie sie in einigen Formulierungen der Konversationsanalyse vertreten werden - fruchtbar oder gar möglich ist. Diese Vernachlässigung birgt das Risiko eines abstrakten Empirismus. Mein Hauptargument besteht darin, dass Art und Ausmaß der für eine Diskursanalyse notwendigen Kontextualisierung von Interviewdaten von den Forschungszielen und der Beschaffenheit der Daten abhängig gemacht werden sollte.' (Autorenreferat)
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Kinderwunschgenese von Paaren vor der Realisierung des Kinderwunsches. Unter der Annahme, dass der dyadischen Intention, einmal gemeinsame Kinder zu wollen, eine individuelle Intention zu Grunde liegt, werden individuelle Sichtweisen und Relevanzsysteme zur Kinderfrage und die dyadische Kinderwunschgenese beleuchtet. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, welche Interaktionen innerhalb des dyadischen generativen Prozesses zwischen den Partnern stattfinden. Nach der Einleitung zur Thematik wird im zweiten Kapitel der Stellenwert der Thematik im gesamtgesellschaftlichen Kontext dargestellt. Im dritten Kapitel werden in einem Überblick theoretische Erklärungsansätze des generativen Verhaltens beschrieben. Um den historischen Wandel des Verständnisses des Gegenstandsbereiches zu illustrieren, werden dabei neben sozialpsychologischen Erklärungsansätzen auch Theorien und Modelle der Bevölkerungswissenschaften und Soziologie beschrieben. Im vierten Kapitel wird ein Überblick zum aktuellen Forschungsstand zur Kinderwunschthematik gegeben. Anhand einer kurzen exemplarischen Darstellung werden die Besonderheiten des Geburtenrückganges in den neuen Bundesländern im Zeitraum 1990-1995 veranschaulicht. Der Forschungsstand in den alten Bundesländern wird interpretativ zusammengefasst. Im fünften Kapitel wird das methodische Vorgehen der vorgestellten Untersuchung erläutert und der Untersuchungsablauf beschrieben. So erfolgt die Erhebung verbaler Daten anhand eines Leitfaden-Interviews mit sechs Paaren. Im sechsten Kapitel werden die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung in Form von individuellen und dyadischen Fallgeschichten sowie anhand eines geschlechtsspezifischen Fallvergleiches dargestellt. Im siebten Kapitel werden die Ergebnisse der Studie in Bezug zur aktuellen Forschungsliteratur diskutiert und Spezifika des generativen Prozesses der in der Studie untersuchten Personen und Paare mit allgemeinen-theoretischen Aspekten generativer Entscheidungsprozesse verknüpft. Weiterhin wird ein Ausblick auf sich aus der Arbeit ergebende Forschungsfragen gegeben und das methodische Vorgehen kritisch bewertet. (ICG2)
Ausgehend von der von N. Elias aufgestellten These, wonach die Zeit im Laufe des abendländischen Zivilisationsprozesses Teil der habituell gewordenen Selbstzwangapparatur der Individuen geworden ist, wurde im Rahmen eines qualitativen Experiments versucht, dies rückgängig zu machen. Die 41 studentischen Versuchsteilnehmer sollten sich eine Woche lang konträr zu ihrem sonstigen Umgang mit der Armbanduhr verhalten: Uhrenträger legten ihre Uhren ab, wohingegen Nichtuhrenträger aufgefordert wurden, eine Uhr anzulegen. Alle Versuchsteilnehmer führten ein Forschungstagebuch über ihre täglichen Erfahrungen und Gefühle. Zusätzlich fand am Ende der Versuchsphase eine Gruppendiskussion statt. Die Auswertung des Materials erbrachte Hinweise darauf, wie sehr das Zeiterleben von der Armbanduhr mitbestimmt wird. Andererseits zeigten sich aber auch beträchtliche Unterschiede zwischen den Personen und den beiden Versuchsgruppen.