Unter der "russischen Idee" wurde ursprünglich ein Kreis von Problemen im geistigen Leben Rußlands verstanden. Später wurde darunter die Betrachtung jedes einigermaßen wichtigen gesellschaftlichen oder kulturgeschichtlichen Themas unter einem eschatologischen Blickwinkel gefaßt. In den letzten Jahren wurde der Begriff willkürlich von jedem, der sich als Sprecher oder Erbe der "russischen Idee" sah, mit konkret-historischem Inhalt gefüllt. In diesem Zusammenhang skizziert der Autor den Übergang von der "russischen Idee" zu den "russischen Fragen"; diese betreffen im wesentlichen drei Problemkreise: der neue und der alte Platz Rußlands in der Welt, Orthodoxie und Bolschewismus als russisches Nationalproblem sowie das Verhältnis Rußlands zum Slawentum. (ICD)
Der vielschichtige Begriff Entwicklung stellt die Basis für die multidisziplinäre Entwicklungsforschung, aber auch die Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit dar und wird demzufolge auf verschiedenste Art und Weise verwendet. Insbesondere zu den Auswirkungen regionaler Entwicklungsprozesse auf lokaler Ebene existieren innerhalb der entwicklungstheoretischen Ideengeschichte eine Vielzahl unterschiedlicher Zugänge, über die die vorliegende Arbeit einen kurzen Überblick gibt. Unter Berücksichtigung anthropogeographischer Ansätze zur Erforschung des Verhältnisses von Entwicklung und Raum werden im ersten (theoretischen) Teil die Konzepte der lokalen Partizipation sowie der Politischen Ökologie als geeignete Analyseinstrumente für das Verständnis konkreter lokaler Entwicklungsprozesse erarbeitet; Entwicklung wird hierbei akteurs- und kontextorientiert als Ergebnis von Mensch-Umwelt-Interaktionen angesehen. Im Rahmen eines case study research wird im zweiten Teil der Arbeit die Praxistauglichkeit dieser Analyseinstrumente überprüft. Hierfür werden in zwei Untersuchungsregionen regionale Entwicklungsdynamiken beschrieben und analysiert, um deren räumliche und soziale Auswirkungen zu verstehen. In beiden Gebieten (Mampu/Mbankana in der Demokratischen Republik Kongo sowie Wasini Island in Kenia) hat in den vergangenen Jahren eine durch unterschiedliche Prozesse verursachte rasante Regionalentwicklung stattgefunden, die die Gebiete jeweils deutlich von ihrem Umland abhebt. Im Fallbeispiel Wasini Island wurde die Entwicklung durch den (internationalen) Tourismus bedingt, in Mampu/Mbankana durch ein Entwicklungsprojekt der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Für beide Gebiete wird zuerst der naturräumliche, politische und historische Kontext aufgezeigt, welcher die Rahmenbedingungen für die Analyse der einzelnen Akteure und Akteursgruppen darstellt. Sowohl für Wasini Island als auch für Mampu/Mbankana können während des Untersuchungszeitraums Ereignisse identifiziert werden, die von der einheimischen Bevölkerung (bzw. Teilen dieser) als stark situationsverändernd und zudem nicht endogen verursacht wahrgenommen werden (externe Krisen): in Wasini der drastische Einbruch der Touristenzahlen nach den Unruhen im Nachgang der Präsidentschaftswahlen (2007/08 Kenyan Crisis), im kongolesischen Untersuchungsgebiet der schrittweise Rückzug der HSS aus dem operativen Projekt ab 2009 und die damit einhergehende Übertragung von Verantwortung auf lokale Gremien und Organisationen. Durch die Zusammenführung der Ergebnisse aus beiden Fallbeispielen wird konstatiert, dass Entwicklung auf regionaler Ebene als ein kontext- und akteursabhängiger dynamischer Prozess anzusehen ist, der aus den kumulierten, in beide Richtungen wirksamen Mensch-Umwelt-Interaktionen in der betrachteten Region resultiert, und damit in der Tradition geopossibilistischer Perspektiven steht, in denen die natürliche bzw. geographische ebenso wie die gesellschaftliche Umwelt die Rahmenbedingungen für menschliches Handeln und damit Entwicklung vorgibt, jedoch nicht determiniert. ; Development as the fundamental concept of Development Studies, Politics and Cooperation is an inhomogeneously used term with a variety of different connotations. This dissertation gives in its theoretical part a short introduction to the history of development thought, focused especially on geographical approaches concerning regional development as well as the relationship between development and space. Thus, local participation and political ecology are identified as suitable instruments for analysing dynamics and actual processes of local development. So the stakeholder- and context-oriented approach leads to development as a result of human-environment interactions. To confirm the usability of the theoretical implications mentioned above, the second part contains a case study research to describe and analyse the regional development and its spatial and social effects in two field study areas. The actual developments in both regions ¬- Wasini Island in Kenya and Mampu/Mbankana in the Democratic Republic of the Congo - are thereby heavily affected by external influences, namely international tourism and nature conservation (Wasini), respectively a development cooperation project carried out by the Hanns Seidel Foundation (Mampu/Mbankana). The analyses also take into account the particular natural-spatial, political and historical context, being the framework for local stakeholders' actions. In both study areas events changing the situation can be found, which by large parts of local populations are experienced as exogenous crises: a dramatic decline of tourist arrivals due to the post-electoral riots (2007/08 Kenyan Crisis) in Wasini and the phasing out of Hanns Seidel Foundation's financial support in Mampu/Mbankana since 2009, including intraregional shifts of responsibilities and influence. As a result of both the theoretical and empirical findings, development on a regional level is analysed as a stakeholder- and context-dependent process which consists of the accumulated two-way human-environment interactions within a region. This perspective is founded on the tradition of geographical possibilism, because it shows the natural, geographical and social environments framing, but not determining, human actions and thus development processes.
Fremde Münzen aus Indien, Japan oder Arabien strahlen eine verheißungsvolle Anziehungskraft aus. Wie sind sie nach Europa gelangt? Was bedeuten die Aufschriften und Symbole, die sie enthalten? Und wer waren die Menschen, die mit ihnen zu bezahlen pflegten? Martin Mulsow erzählt in diesem reich illustrierten kulturhistorischen Essay anhand einer Fülle bisher völlig unbekannter Materialien aus allen Archiven Europas die Geschichte der Münzforschung und macht damit auf ein frühes Kapitel der Globalisierung aufmerksam. Es ist die Geschichte einer sogenannten intellektuellen Einkreisung Asiens. Eine Gruppe Gelehrter des 17. und frühen 18. Jahrhunderts erkundete den Nahen und Fernen Osten mithilfe dieser Münzprägungen von ihren Lehnstühlen aus: Arabien wurde auf Pappe gebannt, China in Heften verzeichnet, und der Mogulkaiser in Indien wurde durch die Entzifferung verschlungener persischer Inschriften lebendig. Sie prägten die Münzen mit ihrer Forschung und ihren Projektionen noch einmal
Cover -- Inhalt -- Einleitung -- Liberale Kulturkritik -- Von Georg Simmel bis Hannah Arendt -- Zur Aktualität der Kulturkritik im Namen derFreiheit -- Georg Simmel und die Freiheit -- Einführung -- 1. Philosophie und die Gesellschaft derFreiheit -- 2. Kunst und die Kultur derFreiheit -- 3. Das Leben: Modernität, Freiheit undIndividualität -- Schlussbemerkung -- Wie ist Freiheit möglich? -- Einführung -- 1. Die Grundlage der Kulturkritik -- 2. Im Visier der Kulturkritik -- 3. Wie ist Freiheit möglich? -- Schlussbemerkung -- Distanz als Freiheit -- Einleitung -- 1. Der Begriff derKultur-Kulturkritikoder Kritik derKultur -- 2. Was ist Kritik der Kultur? -- 3. Von der Unmittelbarkeit zurDistanz: KulturalsFreiheit -- »Der Mensch, das Leben - das ist klar - ist ein inneres Geschehen und nichts weiter.« -- Einführung -- 1. Ortega und die kulturkritische Skepsis -- 2. Ortega in der Architekturtheorie -- 3. Ortega in der Rezeption -- Schlussbemerkung -- Norbert Elias als Kulturkritiker -- Einführung -- 1. Die Kultur nüchtern ansehen -- 2. Die alternative philosophische Zivilisationstheorie -- 3. Kultur: Eine zivilisationsbefähigende Illusion -- 4. In die Distanzierung engagiert? -- 5. Legitimation durch Verfahren alsÜbung inIronie -- 6. Nach dem Verrat -- Zwischen Soziologie und Fortschrittsreligion -- Einführung -- 1. Professor Salomon Arrives -- 2. Vom Freundschaftskult zu Max Weber -- 3. Amerikanischer Humanismus -- 4. Soziologie versus Freiheit -- 5. Säkularisierung als Problem -- Schlussbemerkung -- Offen und gleichgewichtslos -- Einführung -- 1. Die Freiheit der exzentrischen Position -- 2. Europäische Moderne und Freiheit -- 3. Plessners Einsatz für die Freiheit -- Schlussbemerkung -- Herbert Marcuse und die Freiheit -- Einführung -- 1. Freiheit und Befreiung -- 2. Kunst und Freiheit -- 3. Reich der Freiheit.
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Der Staat ist die Erstübersetzung von Anthony de Jasays Buch The State von 1985. Das Buch ist eine Abhandlung zu Grundfragen der modernen politischen Theorie, für die der Autor eine ungewöhnliche Perspektive wählt: die des Staates. Es ist üblich (auch im Klassischen Liberalismus), den Staat als ein Instrument zu sehen, das den Menschen dazu dienen soll, gemeinsame Ziele zu verfolgen. Das weiß auch der Autor. Was aber, so Jasay, wenn wir einmal annehmen, der Staat hätte einen eigenen Willen und eigene Ziele? Zur Beantwortung dieser Frage erkundet Jasay die systematische und historische Entwicklung, die der Staat von seinen Anfängen bis in die Gegenwart hinein genommen hat; vom bescheidenen Minimalstaat, der Leben und Eigentum sichert, bis hin zum vielbeschäftigten Verführer demokratischer Mehrheiten. Nach Liberalismus neu gefaßt (Choice, Contract, Consent) ist Der Staat das zweite Buch Jasays, das auch in deutscher Sprache vorliegt. »The State« The State is an analysis of some of the fundamental issues of modern political thought from the perspective, not of individuals or subjects, but of the state itself. What, Jasay asks, if we suppose the state to have a will and ends? To answer this question, he traces the logical and historical progression of the state from a modest-sized protector of life and property to an »agile seducer of democratic majorities«. »Der Staat« ist eine Abhandlung zu Grundfragen der modernen politischen Theorie, für die der Autor eine ungewöhnliche Perspektive wählt: die des Staates. Was, so Jasay, wenn wir annehmen, der Staat hätte einen eigenen Willen und eigene Ziele? Zur Beantwortung dieser Frage analysiert der Autor die Entwicklung, die der Staat in seiner Geschichte genommen hat; vom bescheidenen Minimalstaat, der Leben und Eigentum sichert, bis hin zum vielbeschäftigten Verführer demokratischer Mehrheiten. Anthony de Jasay wurde 1925 in Ungarn geboren, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Mit 23 Jahren emigrierte er nach Australien, studierte dort Ökonomie, und ging Mitte der 50er Jahre als Research Fellow ans britische Nuffield College in Oxford. Von 1962 bis 1979 lebte Jasay als Investmentbanker in Paris. Danach zog er als Privatgelehrter in die Normandie. »The State« war sein erstes Buch (1985). Es folgten weitere Bücher, u.a. »Social Contract, Free Ride« (1989) und »Justice and Its Surroundings« (2002). Vor kurzem erschien eine mehrbändige Ausgabe seiner kleinen Schriften. Anthony de Jasay was born in Hungary in 1925. In his twenties, he emigrated to Australia where he studied economics. In 1955, he moved to Oxford where he became a research fellow of Nuffield College. In 1962, he moved to Paris and worked there as a banker until 1979. Since then he lives in Normandy. Jasays has published five books, among them »Social Contract, Free Ride« (1989), »Against Politics« (1997), and »Justice and Its Surroundings« (2002). Most recently, a multivolume edition of his essays has been published by Liberty Fund.
Die Untersuchung zu Carl Schmitts Intention in seinem politischen Denken steht – mit methodischem Bezug auf die Cambridge School – im Mittelpunkt der vorliegenden Forschungsarbeit. Die Arbeit strukturiert Schmitts Gedankengut in die vier Kategorien Politische Philosophie, Politische Theologie, Staatswissenschaft und Internationale Beziehungen. Die Arbeit stellt die These auf, dass Schmitt als ein Vorläufer der Globalisierungskritiker gesehen werden kann, welcher die Entmachtung der Staatssouveränität in der globalen Welt hinterfragt. Mit dem Begriff Globalisierung ist in diesem Zusammenhang die Demokratisierung des Rechtsverfahrens in der Innenpolitik und die Verrechtlichung des Naturzustandes zwischen den Staaten in der Außenpolitik gemeint, aus der im Habermasschen Sinne die Weltgesellschaft entsteht. »Globalization and the Political« The focus of this research is the investigation of Carl Schmitt's intention in his political ideas. This work structures Schmitt's ideas into four categories – namely, political philosophy, political theology, jurisprudence, and international relations – in order that Schmitt's intention in his works, out of which a coherent pattern does not necessarily arise, might be crystallized. This thesis argues that Schmitt was a forerunner of globalization critics. Die Untersuchung Carl Schmitts Intention im Kontext seines politischen Denkens steht im Mittelpunkt der vorliegenden Forschungsarbeit. Die Arbeit strukturiert Schmitts Denken in die vier Kategorien Politische Philosophie, Politische Theologie, Staatswissenschaft und Internationale Beziehungen. Dabei stellt die Arbeit die These auf, dass Schmitt als ein Vorläufer der Globalisierungskritiker gesehen werden kann. Seyed Alireza Mousavi, geboren im Iran, studierte Politikwissenschaft in seiner Heimat, wo er sein Bachelor- und Masterstudium abschloss. Er promovierte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Mousavi hat bei der ersten Ausgabe des Journals Carl-Schmitt-Studien mitgewirkt, in der sein Aufsatz mit dem Titel »Staatsbewusstsein und schiitischer Islam: Die Analyse Ayatollah Ruhollah Chomeinis politischer Gedanken im Kontext von Carl Schmitts Konzeptionen« veröffentlicht wurde. Er unterrichtete am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Jena im Sommersemester 2015 »Politische Philosophie im schiitischen Islam« und im Wintersemester 2016 »Die Politische Theorie von Carl Schmitt«.
"The Essential Hirschman brings together some of the finest essays in the social sciences, written by one of the twentieth century's most influential and provocative thinkers. Albert O. Hirschman was a master essayist, one who possessed the rare ability to blend the precision of economics with the elegance of literary imagination. In an age in which our academic disciplines require ever-greater specialization and narrowness, it is rare to encounter an intellectual who can transform how we think about inequality by writing about traffic, or who can slip in a quote from Flaubert to reveal something surprising about taxes. The essays gathered here span an astonishing range of topics and perspectives, including industrialization in Latin America, imagining reform as more than repair, the relationship between imagination and leadership, routine thinking and the marketplace, and the ways our arguments affect democratic life. Throughout, we find humor, unforgettable metaphors, brilliant analysis, and elegance of style that give Hirschman such a singular voice.Featuring an introduction by Jeremy Adelman that places each of these essays in context as well as an insightful afterword by Emma Rothschild and Amartya Sen, The Essential Hirschman is the ideal introduction to Hirschman for a new generation of readers and a must-have collection for anyone seeking his most important writings in one book"--
Beyond Economic Man, ten years later -- Marianne A. Ferber and Julie A. Nelson -- Separative and soluble selves: dichotomous thinking in economics / Paula England -- Contracting for care / Paula England and Nancy Folbre -- Separative and soluble firms: androcentric bias and business ethics / Julie A. Nelson -- Feminist theory and racial economic inequality / Lisa Saunders and William Darity, Jr. -- Economic rationality and globalization: a feminist perspective / Lourdes Benerła -- The application of mainstream economics constructs to education: a feminist analysis / Myra H. Strober -- Economics, policy analysis, and feminism / Rebecca M. Blank and Cordelia W. Reimers -- Feminism, postcolonial thought, and economics / S. Charusheela and Eiman Zein-Elabdin
Das Netzwerk ist ein Grundbegriff des 21. Jahrhunderts geworden – und mit ihm die Diagnose, dass wir in einem neuen Zeitalter leben, in dem es auf Konnektivität, Flexibilität und Selbstorganisation ankommt. In einer groß angelegten Geschichte des Regierungsdenkens zeichnet Vincent August erstmals diese fundamentale Transformation nach. Er zeigt, dass unsere Welt keineswegs nur durch den Neoliberalismus geprägt wird – und dass die Netzwerk-Gesellschaft nicht einfach ein Resultat des Internets oder von Computern ist. Vielmehr griffen Berater:innen und Intellektuelle wie Foucault, Crozier oder Luhmann auf die Kybernetik zurück, um die Ideenwelt der Souveränität abzulösen und unser Regierungsdenken grundlegend zu verändern. Eine Analyse spätmoderner Gesellschaften kommt ohne eine Analyse dieses Netzwerk-Paradigmas nicht aus.
Die Pyrenäen bilden eine natürliche Grenze zwischen Frankreich und Spanien, zwischen dem europäischen Hauptland und der iberischen Halbinsel. Dort, wo sie nicht in den Himmel ragen, in ihren Tälern und auf ihren Passhöhen sowie an den Meeren, waren die Pyrenäen auch stets eine tierra de paso, eine Transitzone. An ihren östlichen Ausläufern gibt es zwei bedeutende Übergänge. Einer liegt im sanften, flachen Tal von La Jonquera und quert die Landesgrenze bei Le Perthus. Der andere kreuzt an der Küste am Coll dels Belitres zwischen Cerbère (Frankreich) und Portbou (Spanien). Daneben und dazwischen durchziehen kleine Wege die Landschaft, offizielle und inoffizielle, Pfade für Schmuggler, Verfolgte, Fliehende. Jede Gegend und jede Route hat ihre Konjunktur. Die Hoch-Zeit dieser Transitlandschaft, als sich die europäische Kriegs- und Verfolgungsgeschichte des 20. Jahrhunderts an dieser Grenze kristallisierte, war zwischen dem Winter 1938/39, als der spanische Krieg mit dem Sieg Francisco Francos endete, und den Jahren 1940/41, bevor im Sommer 1941 die systematische Vernichtung der europäischen Juden begann.
Mit dem "Bebauungsplan der Umgebungen Berlins" wurde 1862 eine Grundlage geschaffen, auf der die innere Stadt bis heute aufbaut. Als Produkt der kapitalistisch-liberalen Wirtschaftsordnung im 19. Jahrhundert steht der Plan am Beginn einer Debatte über Planung als öffentliche Aufgabe. Der umgangssprachlich "Hobrechtplan" genannte Stadterweiterungsplan entwickelte sich bereits kurz nach seiner Veröffentlichung zur Projektionsfläche für Debatten um die Disziplin des Städtebaus, aber auch um die Auswirkungen von Planung, wie der Bodenspekulation – eine Rolle, die ihm noch bis ins 20. Jahrhundert zugeschrieben wurde. Bei den internationalen Vertretern der städtebaulichen Moderne verkörperte der "Hobrechtplan" das negative Beispiel einer sozial blinden Anpassungsplanung, dessen räumliche Verwirklichung es zu beseitigen galt. Seit der Infragestellung des Planungsleitbildes der Moderne ist die Kritik an James Hobrecht relativiert und der Plan selbst idealisierend mit den gründerzeitlichen Quartieren gleichgesetzt worden. Dementsprechend ist der Bebauungsplan eine wiederkehrende Referenz in der Erforschung nicht nur der Berliner Stadtentwicklung, sondern auch der Geschichte der europäischen Planungsparadigmen und städtebaulichen Leitbilder. Dabei ist der Plan unterschiedlichen Deutungen unterlegen, in welchen sich Entwurf, Umsetzung und Transformation in verschiedener Weise vermischen. In internationalen wie nationalen planungstheoretischen Diskursen spielt die Zeit vor den "Pionieren" der Städtebaudisziplin wie Reinhard Baumeister (1876), Camillo Sitte (1889) oder Joseph Stübben (1890) und der "Systematisierung des Wissens von der Stadt" nach Lampugnanis Zusammenstellung der Städtebau-Manuale bisher kaum eine Rolle. Gerade zu städtebaulichen Entwurfs- und Planungsprinzipien vor 1870 existieren in Deutschland kaum Forschungsarbeiten. Dabei waren die Erweiterungspläne die ersten Wissensbestände, auf welche die in der Gründung befindliche Disziplin des Städtebaus zurückgreifen konnte. Die Institutionalisierung des Städtebaus war eine Folge der industriellen Revolution mit rasantem Bevölkerungs- und unreguliertem Stadtwachstum. Vor dem Hintergrund, dass die ab 1870 erschienenen städtebaulichen Handbücher – beispielsweise Stübbens "Der Städtebau" – auf Stadtstrukturen sowie Typologien des öffentlichen Raums der großen Masterpläne und Fallbeispiele der europäischen Stadterweiterungen zurückgreifen, erscheint es von großer Bedeutung die Ideengeschichte und Entwurfslogik des Berliner Bebauungsplans von 1862 zu beleuchten. An diesem Punkt setzt die kumulative Dissertation an: Die Aufsätze mit städtebaulichem Fokus haben das Ziel, die Ideengeschichte des Plan(gebiet)s sowie die Veränderungen der gebauten Umwelt zu beleuchten. Durch den Fokus auf das Berliner Beispiel werden Prinzipien der Entstehung und des Wandels städtischer Strukturen des 19. Jahrhunderts sowie Entwurfsprinzipien der Berliner Städtebau-Experten aufgezeigt. Damit werden Beiträge zu alternativen Lesarten des Hobrechtschen Berlins, der preußischen Stadterweiterungsplanung des ausgehenden 19. Jahrhunderts und zur lokalen Disziplingeschichte der Stadtplanung und des Städtebaus geleistet. Auf diese Weise soll auch eine Grundlage zur vergleichenden Perspektive auf die Ursprünge der städtebaulichen Planung in Europa geleistet werden. Die Arbeit ermöglicht eine tiefgreifende und kritische Betrachtung der Städtebau- und Planungsgeschichte Berlins zwischen dem beginnenden 19. Jahrhundert bis zu den fundamentalen Veränderungen in der Mitte des Jahrhunderts. Ein rasantes Bevölkerungswachstum, angefeuert von der entfesselten Industrialisierung, drängt die preußischen Baumeister und Entscheidungsträger zur Regulierung der Bautätigkeiten. Insbesondere an diesem Wendepunkt der Stadtentwicklung vereint der Bebauungsplan von 1862 die Ideen und Instrumente des Berliner Städtebaus und steht deshalb im Mittelpunkt der Analysen. Bisherige planungshistorische Untersuchungen deuten an, dass der Plan als strategisches, flexibles und damit anpassungsfähiges Instrument angelegt wurde. In Ergänzung dazu wird aus städtebaulicher Sicht die These verfolgt, dass der Plan der Logik nach als Wachstumsgerüst entwickelt wurde. Die erkenntnisleitenden Forschungsfragen der vorliegenden Aufsätze sind deshalb: • Welche städtebaulichen Entwurfs- und Planungsprinzipien werden für die Erstellung des Berliner Bebauungsplans von 1862 angewendet oder entwickelt? • Wie lassen sich diese Entwurfs- und Planungsprinzipien aus dem zeitgenössischen Kontext erklären? Im Ergebnis der Arbeit stehen grundlegende Aussagen zu den städtebaulichen Entwurfs- und Planungsprinzipien der Berliner Stadterweiterung von 1862, die auf eine Übertragbarkeit vergleichbarer Stadterweiterungen hindeuten. Darüber hinaus stellt der Plan einen besonderen Wert für die Planungsdisziplin dar, da mittels der morphologischen Untersuchungen – erstmals der Basis von Geoinformationssystemen – Entwurfskennwerte und damit verbundene Entwurfsprinzipien vor der eigentlichen Definition des Städtebaus um 1870 herausgearbeitet werden können. Ideengenese, räumliche Entwicklung und Planaussagen werden als Untersuchungsgegenstand vereint betrachtet, um der Mehrdimensionalität des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden. Diese Vielschichtigkeit spiegelt sich konsequenterweise auch in der Forschungsmethode wieder: durch die Verknüpfung städtebaulich-morphologischer Analysen mit Archivalien- sowie Literaturrecherchen, aber auch dem Abgleich mit gesellschaftlichen Entwicklungslinien und politisch-administrativen Strukturen, werden lokale Erkenntnisse zur Berliner Stadtstruktur gewonnen und Hobrechts Beitrag zum Städtebau neu bewertet. ; The "land-use plan for the environs of Berlin" created in 1862 represents a cornerstone on which the inner city is built even to this day. A product of the capitalist-liberal economic system during the 19th century, the plan was considered a task to be carried out in the public interest at the onset of a debate about planning. Shortly after its publication, the urban expansion plan, commonly referred to as the "Hobrecht Plan", was transformed into a forum for debates on the discipline of urban development as well as on the effects of planning, such as land speculation, which was ascribed to the plan until well into the 20th century. International representatives of urban modernism felt that the "Hobrecht Plan" embodied the negative image of socially blind adaptation planning, the spatial realization of which should be prevented at all costs. Ever since the modernistic planning concept was first challenged, criticism directed towards James Hobrecht has been called into question and the plan itself equated to the 19th-century neighborhoods of an idealistic era. Accordingly, the land-use plan serves as a recurring reference in the research regarding not only Berlin's urban development but also the history of European planning paradigms and urban planning models in general. However, the plan is subject to various interpretations, in which the terms design, implementation and transformation blend together in different ways. In both international and national planning theory discourses, the time before the "pioneers" of the urban planning discipline, such as Reinhard Baumeister (1876), Camillo Sitte (1889) and Joseph Stübben (1890), and the "systematization of urban knowledge" based on Lampugnanis collection of urban design manuals, has been of virtually no relevance. There is hardly any research available on the urban design and planning principles in Germany before 1870. The expansion plans were the first knowledge bases that could be accessed when establishing the discipline of urban development. The institutionalization of urban development was a consequence of the industrial revolution with rapid population growth and unregulated urban expansion. The fact that the urban planning manuals published after 1870 – e.g., Stübben's "Der Städtebau" (City Building) – accessed urban structures such as typologies of public space from the large master plans and case examples of European urban expansions would seem to shed some important light on the significance of the history of ideas and design logic behind the 1862 Berlin land-use plan. This sets the starting point for the cumulative dissertation: The papers with a focus on urban planning strive to examine the history of ideas behind the plan (planning area) in addition to any modifications to the constructed environment. Concentrating on the Berlin example illustrates the principles regarding the emergence and transition of 19th-century urban structures as well as the design principles employed by urban development experts in Berlin. This in turn contributes to alternative interpretations of Hobrecht's Berlin, Prussian urban expansion planning at the end of the 19th century, and to the local history of the disciplines of urban planning and urban development. This should also serve as a basis for the comparative perspective concerning the origins of urban planning in Europe. This work will allow for an in-depth and critical analysis of Berlin's urban planning and design history between the start of the 19th century up until the fundamental changes that took place towards the middle of the century. Rapid population growth, spurred on by the spread of industrialization, forced Prussian builders and decision-makers to regulate building activities. At this turning point in the city's development in particular, the land-use plan from 1862 united the ideas and tools of Berlin's urban development, thus taking center stage in relevant analyses. Previous investigations on the history of planning suggest that the plan was created as a strategic, flexible and therefore adaptable tool. Consequently, from an urban development point of view, it is logical to postulate that the plan was designed as a framework for growth. As such, the leading research questions in the present papers include: • Which urban design and planning principles were applied or developed for the purpose of creating the Berlin land-use plan from 1862? • How can these design and planning principles be explained within a contemporary context? The results of this project contain fundamental statements regarding the urban design and planning principles used in Berlin's urban expansion from 1862, which point to the possibility of transferring comparable cases of urban expansion. Furthermore, the plan represents a valuable resource for the planning discipline as the morphological examinations – initially based on geographic information systems – can be used to map out design parameters and the associated design principles before the concept of urban development was actually defined around 1870. The origin of ideas, spatial development and planning statements are regarded in conjunction as the object of investigation in order to satisfy the multidimensionality of the investigation. This multidimensional nature is therefore also reflected in the research methodology: by linking urban-development-related, morphological analyses with archive and literature research, as well as with the comparison to social lines of development and political-administrative structures, it is possible to acquire local insights into the Berlin urban structure and reassess Hobrecht's contribution to urban development.
Die Ankündigung auf dem Buchrücken der neuesten Monographie Das deutsche Drama im Überblick von Norbert Otto Eke lässt Großes erwarten. Wie auf dem Umschlag zu lesen ist, will sich der Professor für deutsche Literatur an der Universität Paderborn in seiner Publikation dem Drama im Spannungsfeld von "Literatur und Theater, Textualität und Performativität" annehmen und folglich dessen "Gattungstheorie und Gattungspraxis" beschreiben, "ohne die Seite des Theaters aus dem Blick zu verlieren". Damit wird ein Bogen von den literaturgeschichtlichen Entwicklungen bis hin zur Umsetzung der Theatertexte auf der Bühne gespannt; ein Ansatz, der aufhorchen lässt, angesichts der Vielzahl literaturwissenschaftlicher Bücher, die sich mit der dramatischen Gattung beschäftigen. Wie er in der Vorbemerkung präzisiert, geht es Norbert Otto Eke darum, das Drama nicht allein als sprachlich-fixierte Gattung anzusehen, sondern die Theatralität als Besonderheit mit einzubeziehen, denn weder der ausschließliche Fokus auf den Text noch die alleinige Konzentration auf dessen Ausgestaltung auf der Bühne könne dieser Kunstform vollkommen gerecht werden. Der interdisziplinäre Ansatz dieser Publikation wird hiermit offensichtlich. Zudem betrachtet der Autor Drama bzw. Theater "als Medien der Aushandlung von symbolischer Differenz, die sich zum einen in ihrer je eigenen Gegenwärtigkeit bestimmen, zum anderen selbst aber auch diese Gegenwärtigkeit (hier von Verhaltensmodellen, Wissensparadigmen, Geschichtsdeutungen, Individualisierungskonzepten, etc.) als kontingent erscheinen lassen" (S. 8). Die Kontextualisierung der Werke und der AutorInnen ist für Eke folglich unabdingbar. Demnach bietet sein dramengeschichtlicher Überblick auch zahlreiche historische, soziale und kulturelle Erläuterungen; die AutorInnen werden ebenso zeitlich eingebettet, wie auch einzelne Dramen im Kontext ihrer Entstehungszeit näher beleuchtet. Sieben Kapitel unterteilen die Publikation und machen die Entwicklungen des deutschen Dramas chronologisch sichtbar. Unter dem Titel "Vorspiel: Drama und Theater von der Antike bis zur Frühen Neuzeit" werden die Anfänge des Dramas seit Aristoteles deutlich gemacht. Während das antike Drama, insbesondere die Tragödie, verhältnismäßig kurz abgehandelt wird, widmet sich der Autor in diesem Kapitel überwiegend dem geistlichen Spiel des Mittelalters und dem Übergang zum Humanistendrama. Dabei geht er ebenso auf die enge Verbindung von Kult und Spiel ein, wie er die theatralen Gegebenheiten der Simultanbühne oder die bühnenwirksamen Mittel des Jesuitendramas hervorhebt. Der zweite Abschnitt behandelt die Frühe Neuzeit. In einem kurzen Abriss über die Geistesgeschichte des Barocks, in dem sich das Theater auf alle Lebensbereiche ausweitete, weist Eke auf das barocke Verständnis von der Unberechenbarkeit des Lebens und auf den Glauben an die Allmacht Gottes, der alle menschlichen Schritte lenkt, hin. Vor diesem Hintergrund verortet er das barocke Trauerspiel und die säkularisierte Tragödie, die das Tragische jeweils neu definieren und unterschiedliche Blicke auf den Wirkungsbereich von Herrschaft und Liebe werfen. Weiters nimmt sich der Autor der Komödienrezeption dieser Zeit an und beschreibt die Vielfalt derber Komik der Possenspiele, bei denen die Figuren Pickelhering, Harlekin oder Hanswurst im Zentrum stehen, bis hin zum barocken bzw. frühaufklärerischen Lustspiel mit seinem erzieherischen Nutzen. Das anschließende Kapitel liefert unter dem Titel "Politik und Moral: Drama und Theater im Zeitalter der Aufklärung" eine umfassende Einführung in die geistigen und sozialen Denkpositionen des 18. Jahrhunderts. Ausgehend von Johann Christoph Gottscheds Theaterreform veranschaulicht Norbert Otto Eke in diesem Abschnitt die Entwicklung vom heroischen über das bürgerliche Trauerspiel bis hin zur literarischen Strömung des Sturm und Drang, jeweils unter Einbezug der sich verändernden Gesellschaftskonzepte. Das langsame Aufweichen der Ständeklausel, die Aufwertung der Komödie und die zunehmende Abkehr von den drei Einheiten gehören zu den dramenästhetischen Errungenschaften dieses Jahrhunderts, die der Autor hier sichtbar macht. Darauf folgt der vierte Abschnitt unter der Überschrift "Drama im Zeichen von Klassik und Romantik". Darin wird zunächst das Konzept der ästhetischen Autonomie im Hinblick auf Kunst, Künstler und Rezipienten als wesentliche Konstante der Klassik herausgearbeitet. Nach einem Teilkapitel, das sich einzig und allein der Faust-Dichtung Johann Wolfgang von Goethes annimmt, kommt Eke auf das universalpoetische Drama der Romantik zu sprechen, das in dieser Epoche allerdings gegenüber der Gattung des Romans hintangestellt wurde. Der nächste Abschnitt, "'Poesie der Gegenwart': Drama und Theater im Vormärz", beginnt mit einer etwas knappen Abhandlung über die Sonderstellung Kleists auf den Theaterbühnen um 1800. Sodann umreißt der Autor den Öffentlichkeitsanspruch des Theaters, das zwar zu dieser Zeit kulturell sehr geschätzt wurde, aber durch politische Überwachung bzw. Zensur und ökonomischen Druck in seiner Wirkungsmacht äußerst eingeschränkt war. Anhand Nestroys hebt Norbert Eke die Bedeutung des Komischen und Satirischen für das Drama in politisch wechselhaften Zeiten hervor. Besonderes Augenmerk wird in diesem Kapitel schließlich den beiden Autoren Christian Dietrich Grabbe und Georg Büchner geschenkt, deren Dramen zukunftsweisend werden sollten. Bei der politischen und ästhetischen Zäsur des Jahres 1849 setzt das vorletzte Kapitel "Der Realismus und die Realität auf dem Theater. Drama zwischen Nachmärz und Moderne" ein. Hierin behandelt der Autor den Übergang vom Realismus zum naturalistischen Drama, der durch die realitätsnahe Abbildung des Hässlichen, Kranken und Leidvollen charakterisiert ist. Um 1900 verortet Eke schließlich die "Wendung vom 'Außen' zum 'Innen', [.] d. h. von der Darstellung der äußeren Wirklichkeit in ihrer sozialen Determination durch eine detaillierte Erfassung psychischer Empfindungen und Gestimmtheiten" (S. 170). Ab diesem Zeitpunkt werden die Formen und die oft parallel verlaufenden Strömungen so vielfältig, dass bei der Lektüre das Gefühl aufkommt, der Autor könne sie nur mehr kurz anreißen. Dieser Eindruck verstärkt sich im letzten Kapitel, das bezeichnenderweise den Titel "Offene Enden: Drama nach 1945" trägt. Zwar werden durchaus die Entwicklungsstadien des dokumentarischen Theaters bis hin zu Rimini Protokoll oder Kathrin Röggla und die verschiedenen Arten aufgezeigt, mit der unmittelbaren Gegenwart auf der Bühne umzugehen; ebenso werden das epische Theater und die spezifische Dramatik in der DDR erwähnt. Doch die Phase des postdramatischen Theaters mit seiner Öffnung für nicht-theatrale Formen und neue Medien sowie die der gleichzeitig stattfindenden "Neodramatik" (S. 216) entpuppen sich als eine auf wenigen Seiten abgehandelte Aneinanderreihung von Autorennamen und Werktiteln. Die Vielfältigkeit der deutschen Gegenwartsdramatik wird somit von Eke nur angedeutet, die genauere Analyse einzelner Dramen sogar gänzlich weggelassen. Insofern löst sich das anfängliche Versprechen gegen Ende des Buches immer weniger ein, da gerade die Zeit, in der die Performancekultur zunehmend in die Textentstehung eindringt und dramatische Texte von Regisseuren während der Probenzeit oder im Laufe der Aufführungszyklen weiterentwickelt werden, zu kurz kommt. Generell erkennbar an Ekes dramengeschichtlichem Überblick ist der Fokus auf die literarischen Strömungen und Gegebenheiten des deutschsprachigen Theaters, zumal manche österreichische AutorInnen und deren Beiträge zur Dramenästhetik gänzlich fehlen (u. a. Ferdinand Raimund, Werner Schwab) oder nur beiläufig erwähnt werden (wie Franz Grillparzer oder Elfriede Jelinek). Anzuerkennen bleibt jedoch die komprimierte Darstellung des Dramas in seiner jahrhundertelangen Entwicklung, die – wie im Vorwort zu lesen ist – ursprünglich sogar noch weit umfassender angelegt war und "aus verlagspolitischen Gründen um mehr als ein Drittel gekürzt werden musste" (S. 10). Angesichts der Fülle von Fachtermini, Titeln und Autorennamen, die den Text äußerst dicht erscheinen lassen, helfen vor allem die Marginalien, den Überblick zu bewahren. Trotz dieser Hilfestellung stellt sich beim Lesen rasch das Gefühl der Überforderung ein, was insbesondere aus den komplexen Formulierungen des Autors resultiert. Aufgrund der sperrigen und oft holprig klingenden Syntax bedarf es während der Lektüre höchster Konzentration. Hinzu kommt das flüchtige Lektorat, das den Lesefluss immer wieder stört; "Woyzek" statt "Woyzeck" (S. 157) oder "wärden" statt "wären" (S. 189) sowie falsche grammatikalische Endungen sind nur einige der Beispiele für die mangelnde Endkorrektur. Zusammen mit dem Umstand, dass Fachtermini geradezu selbstverständlich verwendet werden, ließen sich als Zielpublikum nur bereits kundige Literaturwissenschaftler oder Theaterwissenschaftler ausmachen, denen Norbert Otto Ekes Publikation als Ergänzung zu anderen Dramendarstellungen dienen kann. Unerfahrenen Lesern als Einstieg in die Materie sei diese Publikation jedoch nicht empfohlen.