Originalität, Flexibilität und Intensität zählen zu den entscheidenden Eigenschaften der zeitgenössischen Mittelschicht. Der Autor erfährt dies am eigenen Leib und erkundet Schauplätze der Einübung eines Habitus: Er wird zu seinem Traumjob gecoacht, improvisiert mit Managern und geht für die Ausschöpfung seiner inneren Ressourcen barfuß über glühende Kohlen. Durch einen innovativen Mix aus teilnehmenden Beobachtungen, autoethnografischen Analysen und lyrischen Montagen führt er seine Erlebnisse aus dem Fundus der Selbstverbesserung zu einem kritischen Paradigma der Gegenwart zusammen - und erzählt dabei eine Mikrogeschichte der Implementierung von klassenbasierten Normen am Subjekt.
Japan gilt als alte Gesellschaft. Eine Lesart dieser Aussage ist: Wo viele Alte sind, da sterben auch viele. Aber wer kümmert sich um die jährlich 1,4 Mio. Verstorbenen und deren Gräber? Geht es nach der japanischen Bestattungsindustrie, dann das Individuum selbst. In einer Gesellschaft, in der sich niemand mehr um einen sorgt, erscheint Eigenvorsorge als letzter Ausweg, um niemandem zur Last zu fallen. Dorothea Mladenova hinterfragt diese Diskurse kritisch und zeigt, wie im Zuge der "aktiven Planung des eigenen Lebensendes" (shukatsu) neoliberale Prinzipien des "unternehmerischen Selbst" auf den Tod übertragen werden: Aus Selbstbestimmung wird gemeinwohlorientierte Selbstverantwortung.
Der Rechtsschutz gegen privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte wie beispielsweise Entgeltgenehmigungen illustriert die rechtlichen Herausforderungen, die sich im Rahmen multipolarer Beziehungsgefüge im Verwaltungsrecht stellen, in anschaulicher Weise. Ursprünglich an der Bürger-Staat-Beziehung Unbeteiligte können in die Position eines Mitadressaten aufrücken. Die damit verbundenen Rechtsschutzfragen müssen innerhalb des geltenden subjektiven Rechtsschutzsystems mit seinem Nukleus des subjektiven öffentlichen Rechts beantwortet werden. Die Arbeit widmet sich diesen Fragen und stellt sie unter Hinzuziehung des Topos des "Funktionswandels der Verwaltungsgerichtsbarkeit" in einen größeren dogmatischen Zusammenhang.
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If paying taxes is a form of overt support, as David Easton noticed, we cannot understand it without looking at the normalization of paying taxes on which it relies: the making and molding of citizens into tax payers who (mostly) pay their taxes voluntarily. Yet how are we to analyze this complex process? In this paper, we sketch a theoretical framework derived from Michel Foucault's analytics of power. We concentrate on the power of taxes and how it affects the identity-formation or subjectivation of citizens. Looking specifically at income taxation, we provide an overview of the different forms of power and of the different subject positions thereby created, using the early history of establishing a direct income tax in Germany and the USA to illustrate our conceptual framework.
Die besprochene Monografie interessiert sich besonders für Manifestationen von Subjektivität in der Wissensgesellschaft. In einem ersten Teil verfolgt die Studie, wie die diskursive Ordnung der Wissensgesellschaft auch auf der dominanten Konzeption eines unabhängigen, eigenverantwortlichen und wissensfähigen Subjekts beruht. Der zweite Teil untersucht daraufhin am Beispiel von Bürgerkonferenzen zu Themen der Biomedizin, wie sich einzelne Subjekte im Verhältnis zu dieser diskursiv vorgegebenen Subjektivitätsvorstellung verhalten und selbst als Subjekte konstituieren. Dabei kommt vor allem diese zweite Teilstudie zu wirklich neuen und überraschenden Einsichten. Allerdings wird ihr im Vergleich zum ersten Teil zu wenig Raum gewährt, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Angeregt durch die Diskussion von JUNGEs Buch werden zwei weitere Punkte diskutiert. In einem ersten Schritt muss die Wissenschaft an sich noch etwas genauer betrachtet werden, da diese eine entscheidende Rolle in denjenigen Aushandlungsprozessen spielt, in deren Rahmen die Wissensgesellschaft geschaffen und ausgestaltet wird. Daraufhin wird ein Politikbegriff näher bestimmt, der zwar umfassend, zugleich aber nicht zu allgemein sein soll. Daher wird vorgeschlagen, Politik als graduelles Phänomen zu verstehen, das zwar allgegenwärtig sein mag, in bestimmten Situationen aber besonders deutlich zutage tritt. Um Politik im Kontext einer Pluralisierung des Wissens zu analysieren wird empfohlen, sich auf Situationen zu konzentrieren, in denen Agency und agonistischer Widerstreit sichtbar werden.
Nachhaltigkeit gilt als erstrebenswertes gesellschaftliches Ziel. Doch wie der Weg in eine nachhaltige Zukunft aussehen soll, ist umstritten. Als spannungsvoll erweist sich nicht nur das Verhältnis zwischen den verschiedenen politischen Steuerungskonzepten und wissenschaftlichen Modellbildungen. Auch die Frage, wer im Zusammenspiel aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft für eine nachhaltigkeitsorientierte Transformation der Gesellschaft zuständig ist, wirft Kontroversen auf. Der Band rückt mit dem Begriff der Responsibilisierung die Frage nach der Zuschreibung von Verantwortung in den Mittelpunkt und diskutiert die Möglichkeiten und Grenzen individueller und kollektiver Verantwortung für nachhaltige Entwicklung.
Im Hinblick auf die globale Krise der Mental-Health ist es unerlässlich, Burnout-Prävention als ein Regierungsproblem und Teil eines Präventionsdispositivs ins Auge zu fassen. Ausgehend von der Gouvernementalitätsperspektive zeigt der Autor, wie die Prävention psychischer Störungen zur Sicherung der neoliberalen Leistungsgesellschaft eingesetzt wird: Subjekte werden durch kontinuierlichen Gefährdungsdruck und Risikokalkulation zur Selbstführung gedrängt. Die kritische Dispositivanalyse macht diese diskursiven, alltagspraktischen und vor allem materiellen Manifestationen der Prävention sichtbar.
In der Debatte um Hubert Knoblauchs kommunikativen Konstruktivismus will dieser Beitrag die methodologischen und methodischen Konsequenzen einer "Umstellung" der Wissenssoziologie auf "kommunikatives Handeln" stärker explorieren. Grundsätzlich muss angenommen werden, dass sich der empirische Methodenkanon, wollte man Knoblauchs Überlegungen gerecht werden, stark ausdünnen würde.
Ausgehend von gesellschaftlichen Transformationsprozessen und Neukonfigurationen in der Erwerbs- und Familiensphäre beschäftigt sich der Beitrag mit neoliberalen Subjektformationen von in der Wissenschaft erwerbstätigen Eltern. Diskursanalytische und biografische Forschungsergebnisse werden dazu mithilfe einer gouvernementalitätsanalytischen Perspektive verknüpft und ausgewertet, um Wechselwirkungen in den Sphären von Produktion und Reproduktion sowie aktuelle Entwicklungen der Geschlechterverhältnisse bei der Vereinbarung von Familie und wissenschaftlicher Beruflichkeit nachzuzeichnen.
"Die gegenwärtige Liebesordnung wird in zeitgenössischen Theatertexten meist als (scheiterndes) Anerkennungsverhältnis inszeniert. Der folgende Beitrag geht daher der Frage nach, ob und wie die romantische Liebesordnung Strukturen zur Verfügung stellt, die Anerkennung ermöglichen, oder inwiefern sie aufgrund verschiedener geschlechtlicher Existenzweisen einer möglichen Anerkennung gar im Wege steht. Unter Rückgriff auf feministische Theorien der Intersubjektivität wird mit dem Verhältnis der Mimesis das Modell eines Anerkennungsverhältnisses skizziert, das sowohl die Anerkennung einer gegenseitigen Verwiesenheit als auch die unhintergehbare Differenz der Anderen berücksichtigt." (Autorenreferat)
Im vorliegenden Artikel werden Theoriefragmente des Neoliberalismus mit Annahmen und Forderungen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung kontrastiert. In einem ersten Schritt werden Inhalte der UN-Konvention dargestellt. Danach wird der Neoliberalismus anhand seiner theoretischen und seiner politischen Dimension charakterisiert. Im letzten Teil des Beitrags werden sowohl auf philosophisch-theoretischer als auch auf strukturell-praktischer Ebene Widersprüche und Unvereinbarkeiten zwischen neoliberalen und menschenrechtsbezogenen Positionen herausgearbeitet. Besonderes Augenmerk wird auf die Sozialphilosophie Friedrich August von Hayeks und die zunehmende »Ökonomisierung« des sozialen Dienstleistungssektors gelegt.
Der Begriff des Berufs, über Jahrhunderte hinweg eine zentrale Kategorie zur Beschreibung und für das Verständnis der Arbeitswelt und des Bildungswesens, ist in den letzten Jahrzehnten in eigentümlicher Weise in den Hintergrund getreten. Bei flüchtiger Betrachtung kann man den Eindruck gewinnen, dass viele Arbeitende und besonders die abhängig Beschäftigten ihre Arbeit nicht mehr als Beruf, sondern allenfalls noch als Arbeitstätigkeit oder als Job betrachten und die Aufwertung zum Beruf, der ja immer mit einer längerfristigen und früher oft lebenslangen Perspektive verbunden war, scheuen. Lediglich in den Professionen ist der Begriff noch geläufig; allerdings werden auch hier die innere Ausweitung und der angewachsene Veränderungsdruck der Tätigkeiten und der dazu erforderlichen Kompetenzen - je nach Position - begrüßt oder beklagt. Zu fragen ist daher, welche längerfristigen Veränderungen von Arbeit und Bildung in dieser veränderten Wahrnehmung und dem Wandel im Selbstverständnis der eigenen Tätigkeit ihren Ausdruck finden.
In this cartography, I examine M.K. Gandhi's practice of fasting for political purposes from a specifically aesthetic perspective. In other words, to foreground their dramatic qualities, how they in their expressive repetition, patterning and stylization produced a/effected heightened forms of emotions. To carry out this task, I follow the theater scholar Erika Fischer-Lichte's features that give name to her book Äesthetik des Performativen (2004). The cartography is framed in a philosophical presentation of Gandhi's discourse as well as of his historical sources. Moreover, as a second frame, I historicize the fasts, by means of a typology and teleology in context. The historically and discoursively framed cartography maps four main dimensions that define the aesthetics of the performative: mediality, materiality, semioticity and aestheticity. The first part analyses the medial platforms in which the fasts as events have been historically recorded and in which they have left their traces and inscriptions. These historical sources are namely, newspapers, images, newsreels and a documentary film. Secondly, the material dimension depicts Gandhi's corporeal condition, as well as the spatiality and temporality of the fasts. In the third place, I revise and reformulate critically Fischer-Lichte's concepts of "presence" and "representation" with resonating concepts of G. C. Spivak and J. Rancière. This revision illustrates Gandhi's fasts and shows the process of how an individual may become the embodiment or representation of a national body-politic. The last chapter of the cartography explores the autopoetic-feedback loop between Gandhi and the people and finishes with a comparison of the mise en scène of the hunger artists with the fasts of the Indian the politician, social reformer, and theologian. The text concludes interpreting Gandhi's practice of fasting under the light of the concepts of "intellectual emancipation" and "de-subjectivation" of the philosopher J. Rancière. The four main concerns of this cartography are: Firstly, in the field of Gandhi's reception, to explore the aesthetic dimension as both alternative and complementary to the two hegemonic interpretative lenses, i.e. a hagiographic or a secular political understanding of the fasts. From a theoretical perspective, the cartography pursues to be a transdisciplinary experiment that aims at deploying concepts that have been traditionally developed, derived from and used in the field of the arts (theater, film, literature, aesthetic performance, etc.) in the field of the political. In brief, inverting an expression of Rancière, to understand politics as aesthetics. Thirdly, from a thematic point of view, the cartography inquires the historical forms of staging and perception of hunger. Last yet importantly, it is an inquiry of the practice of fasting as nonviolence, what Gandhi, its most sophisticated modern theoretician and practitioner considered its most radical expression. ; Die Masterarbeit betrachtet M.K. Gandhis politische Ausübung des Fastens aus einer ästhetischen Perspektive. Im Fokus stehen dabei die dramatischen Eigenschaften dieser asketischen Praxis: Von besonderem Interesse sind expressive Wiederholungen, Gestaltungen und Stilisierungen, die Affekte auslösen. Die Analyse greift auf Begriffe und Theorien von Erika Fischer-Lichtes Ästhetik des Performativen (2004) zurück, um damit die ästhetische Dimension von Gandhis Fasten zu beleuchten. Eine historische und philosophische Kontextualisierung rahmt die ästhetische Kartographie ein. Die Analyse untergliedert sich in vier verschiedene Sphären: Medialität, Materialität, Semiotizität und Ästhetizität. Den Beginn macht eine Untersuchung von medialen Plattformen in den bereits historisierten Spuren der Ereignisse. Als historische Quellen dienen Zeitungsartikel, Fotos, die Wochenschau (newsreel) und ein Dokumentarfilm. Die Sphäre der Materialität wird im Anschluss durch die folgenden Kriterien analysiert: den körperlichen Zustand Gandhis, die Temporalität und die Räumlichkeit des Fastens. Zudem beschäftigt sich der Text mit der Konfiguration von Bedeutung durch eine theoretische Überarbeitung der von Fischer-Lichte geprägten Begriffe von "Präsenz" und "Repräsentation". Die Grundlage für diese Überarbeitung sind Texte von J. Rancière und G. C. Spivak. Die Überarbeitung soll mit Beispielen von Gandhis Fasten illustriert werden, um zu zeigen, wie ein individueller Mensch zur Verkörperung oder Repräsentation einer Nation werden kann. Zuletzt nimmt die Analyse der ästhetischen Sphäre die autopoietische Feedback-Schleife zwischen Gandhi und dem Volk in den Blick. Zudem vergleicht die Studie die Inszenierungsformen von Gandhis Fasten und die von den Hungerkünstlern*innen im Westen. Der Abschluss der Masterarbeit verbindet Gandhis Fasten als Ritual mit den von Jacques Rancière entwickelten Begriffen der intellektuellen Emanzipation und der De-Subjektivierung.