Bürgerprotest im demokratischen Staat
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft B 39, S. 3-11
ISSN: 0479-611X
"Kritik und Protest der Bürger sind Elemente demokratischer Öffentlichkeit und als solche unverzichtbare Bestandteile der demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Durch Art. 8 gewährleistet das Grundgesetz allen Deutschen das Recht, friedlich und ohne Waffen zu demonstrieren. Die hier ihren Niederschlag findende Friedenspflicht der Bürger ist Ausdruck eines grundlegenden Verfassungsprinzips. Die Friedlichkeit wird mißachtet, wenn eine Demonstration einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt. Nach dem Versammlungsgesetz unterliegen Demonstrationen als Versammlungen unter freiem Himmel einer Anmeldungspflicht; lediglich 'Spontan-Demonstrationen' sind davon ausgenommen. Die Polizeibehörden sind zur Auflösung einer Demonstration befugt, wenn eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt oder unmittelbar bevorsteht. Das funktional-demokratische Grundrechtsverständnis, die Lehre von der 'strukturellen Gewalt' und die Lehre vom 'zivilen Ungehorsam' haben dazu beigetragen, daß bei der Interpretation der Grenzen der Demonstrationsfreiheit Verwirrung entstanden ist. Nach geltendem Recht sind alle Arten und Formen des Bürgerprotestes, bei denen physische Gewalt oder psychischer Druck ausgeübt wird, nicht vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt. Die staatliche Friedensbewahrung ist und bleibt die Grundlage dauerhafter Freiheit aller Bürger." (Autorenreferat)