Zur Stalinismusdebatte in der PDS: Der Streit der Intellektuellen und die Gespenster an der Basis
In: Deutschland Archiv, Band 29, Heft 2, S. 257-261
ISSN: 0012-1428
10306 Ergebnisse
Sortierung:
In: Deutschland Archiv, Band 29, Heft 2, S. 257-261
ISSN: 0012-1428
World Affairs Online
In: Osteuropa, Band 46, Heft 7, S. 696-702
ISSN: 0030-6428
World Affairs Online
In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 43, Heft 3, S. 407-435
ISSN: 0042-5702
The essay corrects the somewhat distorted view of Kurt Eisner's personality which, to some extent, is based on bias. The article shows that Eisner's ideas and actions albeit idealistic were not unrealistic. Results of recent research reveal that the unsigned cover essays in "Vorwärts" (1899-1905) and in the "Fränkische Tagespost" (1907-1910) were written by Eisner. Also, the evaluation of other heretofore unknown writings show Eisner's influence on the socialist movement. Thus, by 1918/19 when Eisner became Bavarian head of government, his political concept was already formed. Recognizing capitalism's inherently destructive potential early on, Eisner, whose justification of socialism was primarily based on ethics, tried to find a third way between capitalism and communism. What becomes obvious is that Eisner overestimated the readiness of people to follow his sophisticated and complex middle position. (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte / FUB)
World Affairs Online
In: Osteuropa, Band 44, Heft 7, S. A378-A385
ISSN: 0030-6428
World Affairs Online
In: Osteuropa, Band 43, Heft 6, S. A340-A342
ISSN: 0030-6428
World Affairs Online
In: West European politics, Band 16, Heft 1, S. 78-96
ISSN: 0140-2382
World Affairs Online
In: RFE RL research report: weekly analyses from the RFERL Research Institute, Band 2, Heft 38, S. 1-6
ISSN: 0941-505X
Trotz politischer Abspaltungen wird der Wechsel der politischen Taktik der im Oktober 1992 gegründeten Nationalen Rettungsfront, der "vereinigten Opposition" aus prokommunistischen und pronationalistischen Aktivisten und Politikern, hin zur politischen Arbeit innerhalb des institutionellen Rahmens die Front zu einem kohärenten und stärkeren Faktor in der russischen Innenpolitik werden lassen. Die enger werdenden Beziehungen der Rettungsfront zum Parlamentsvorsitzenden Ruslan Chasbulatov und zu Vizepräsident Aleksandr Ruckoj wirken gleichfalls in diese Richtung. (BIOst-Srt)
World Affairs Online
In: Osteuropa, Band 40, Heft 9, S. A530-A540
ISSN: 0030-6428
In diesem Artikel werden Texte aus der Zeitung des "Verbands der Werktätigen des Kusbass" vorgestellt. Zur Auswertung kamen frühe Nummern der Zeitung vom Jahreswechsel 1989/90, als diese noch unter Bedingungen der Illegalität erscheinen mußte. Die Zeitung ist Sprachrohr des unter den Arbeitern des westsibirischen Kusnezker Beckens sehr einflußreichen Verbands, der auf der Basis der Streitkomitees und nachfolgend der Arbeiterkomitees entstanden ist. Die Auswahl der Texte belegt die pluralistische Grundhaltung, die das Blatt vertritt. Grundtenor aller Beiträge ist aber, daß endlich eine radikale ökonomische und politische Umgestaltung den Weg in eine bessere Zukunft ebnen muß. (BIOst-Rsg)
World Affairs Online
In: Problems of communism, Band 37, Heft 3/4, S. 1-15
ISSN: 0032-941X
Unter einleitendem Hinweis auf die Ereignisse im Vorfeld der Konferenz (Affäre Andreeva) analysiert der Autor den in den Redebeiträgen zur 19. All-Unions-Parteikonferenz der KPdSU (28.6.-1.7.1988) - speziell im Rededuell El'cin - Ligacev - sich widerspiegelnden Machtkampf der KPdSU-Fraktion um Ausmaß und Richtung der von Gorbacev propagierten "Perestrojka-" und "Glasnost"-Politik. Im Bemühen um eine Einschätzung der Machtposition Gorbacevs und seiner Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem Kontrahenten Ligacev greift er die in der Konferenzdebatte angesprochenen historischen Vergleiche (Entstalinisierung Chruscevs, Chruscev-Sturz Breznevs) auf und erörtert daneben den Standort des Militärs und der Geheimdienste in dieser Auseinandersetzung. (BIOst-Hml)
World Affairs Online
In: Die Neue Gesellschaft, Band 30, Heft 10, S. 929-934
ISSN: 0028-3177
World Affairs Online
In: Diplomarbeit
Inhaltsangabe: Einleitung: 'A huge challenge for Obama, insiders say, is simply determining how much skin color will matter in November. Race is nearly impossible to poll – no one ever says 'I'm a racist' (…)'. 143 Jahre nach der Ratifizierung des 13. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika hatte im Jahr 2008 mit dem Demokraten Barack Obama erstmals in der Geschichte der USA ein Afroamerikaner realistische Chancen auf das Präsidentenamt. Aufgrund der besonderen Kandidatenkonstellation von schwarz gegen weiß waren die Wahlen des Jahres 2008 aus politikwissenschaftlicher Sicht eine Besonderheit: Die Kandidatur von Barack Obama lieferte im Vorfeld Raum für allerhand Vermutungen über den möglichen Einfluss der Rasse Obamas auf das Wahlverhalten der mehrheitlich weißen Bevölkerung und damit auf die Chancen eines Afroamerikaners auf das höchste Staatsamt. Es war schwer, eine Vorhersage darüber zu treffen, wie das Elektorat bei der ersten Präsidentschaftswahl mit einem schwarzen Kandidaten reagieren wird. Die zentralen Fragen waren: Sind die USA im 21. Jahrhundert bereit für einen afroamerikanischen Präsidenten? Wie offen wird eine eventuelle Ablehnung in Wahlumfragen geäußert? Im Vorfeld der Wahl äußerten in Umfragen 92 % der Amerikaner, dass sie bereit wären, einem geeigneten schwarzen Kandidaten ihre Stimme zu geben. In wie weit spiegeln diese Umfrageergebnis die politische Realität wieder? Der sogenannte 'Bradley-Effekt' (BE) ist definiert als die Diskrepanz zwischen Umfrage- und Wahlergebnis begründet durch unehrliche Angaben weißer Wähler in Umfragen, benannt nach dem schwarzen Politiker Tom Bradley, der 1982 in Kalifornien für das Gouverneursamt kandidiert hatte, im Umfragen vorne lag, die Wahl dann aber doch verlor. Professor Charles Henry, der den Bradley-Effekt 1982 erstmals bei US-Wahlen messen konnte, war sich im Bezug auf dessen Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen 2008 unsicher: 'If it's close (…) the Bradley effect could make a difference. (…) Because we're talking about not a mayor or a governor, but a president, a president who can 'push the button,'and there's no precedent for this. And it's got to make some folks nervous.' Auch Joe Trippi, Kampagnen-Manager der Bradley-Kampagne von 1982 äußerte sich auf die Frage nach der gegenwärtigen Existenz des Bradley-Effekts und die Wählbarkeit von Afroamerikanern in nationale Staatsämter eher verhalten: 'The country has come a hell of long way. I think it´s a mistake to think that there´ll be any kind of big surprise like there was in the Bradley campaign in 1982. But I also think it'd be a mistake to say it's all gone.' Von Gleichheit zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen kann nicht gesprochen werden. Rassismus ist in den USA nach wie vor existent: Afroamerikaner sind politisch unterrepräsentiert und sozioökonomisch benachteiligt. Kann den Umfragen Glauben geschenkt werden? In den Fokus der wissenschaftlichen Debatten zu den Wahlen geriet der Effekt durch die Überbewertung des Stimmenanteils Barack Obamas während der Vorwahlen der Demokratischen Partei im Bundesstaat New Hampshire (NH). Diskutiert wurde, inwieweit bei dieser Kandidatenkonstellation den Umfragewerten getraut werden und ob der Bradley-Effekt 2008 einen Einfluss auf das Wahlergebnis nehmen kann. In den 1980er Jahren stellte der Effekt bei US-Wahlen eine entscheidende Einflussgröße dar: Bei den Gouverneurswahlen in Kalifornien 1982 und Virginia 1989, den Bürgermeisterwahlen in Chicago 1983 und New York 1989 konnte eine erhebliche Diskrepanz zwischen Umfrage- und Wahlergebnis gemessen werden. Schwarze Kandidaten erhielten deutlich weniger Stimmen, als ihnen im Vorfeld in Umfragen prognostiziert wurden, Kandidaten verloren überraschend ihre Wahlen, obwohl sie bereits als sichere Sieger galten. Der Effekt sorgte im Hinblick der Frage nach seiner Aktualität für kontroverse Meinungen: Die Politikwissenschaftler Daniel J. Hopkins und David Strömberg beschäftigten sich im Vorfeld der Wahlen 2008 unabhängig voneinander mit dem Bradley Effekt: In ihren Untersuchungen erzielten beide hinsichtlich der gegenwärtigen Existenz unterschiedliche Ergebnisse: Hopkins konnte in der für mich im Vergleich zu Strömberg schlüssigeren Analyse und Begründung den Effekt bei US-Wahlen nur bis in das Jahr 1996 nachweisen, David Strömberg auch darüber hinaus. Hopkins und Strömberg schlossen ihre Untersuchungen im Jahr 2008 vor dem Hauptwahlkampf zwischen Barack Obama und John McCain ab und konnten keine Aussage darüber treffen, in welchem Maße der Bradley Effekt bei den Präsidentschaftswahlen 2008 Einflussfaktor war. Die Wahl Barack Obamas zum ersten afroamerikanischen US-Präsidenten 2008 und sein mit 52,87 % gegenüber John McCain mit 45,60 % der abgegebenen Stimmen klares Wahlergebnis schließen die Existenz des BE nicht grundsätzlich aus. Sollte der Bradley Effekt in der US-Politik keine Einflussgröße mehr darstellen, so ist die Wahl eines Afroamerikaners kein Unikum und gehört nunmehr zur politischen Kultur des Landes. Möglich ist darüber hinaus, dass obwohl der Bradley Effekt keinen Einflussfaktor darstellte, die Bedingungen für eine Existenz gegenwärtig in den USA gegeben sind und andere Faktoren den Effekt überlagerten bzw. die Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten begünstigten. Die dieser Arbeit zugrunde liegende Fragestellung lässt sich in folgendem Fragekomplex verdichten: War der Bradley-Effekt bei den US-Präsidentschaftswahlen 2008 ein Einflussfaktor? Ist die erfolgreiche nationale Wahl eines schwarzen Bewerbers wiederholbar? Ziel der geplanten Untersuchung ist eine Aussage darüber zu treffen, ob der Bradley-Effekt bei zukünftigen nationalen Wahlen mit schwarzer Beteiligung einen Einflussfaktor darstellen kann und ob die Wahl eines Afroamerikaners zum US-Präsidenten wiederholbar bzw. grundsätzlich möglich ist und nicht aufgrund besonderer Umstände 2008 ein Einzelfall war. Teil I dieser Arbeit zeigt, dass im 21. Jahrhundert in den USA mit der ethnischen Vielfalt, der sozioökonomischen Ungleichheit zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen und den ausgeprägten Wahlmustern Bedingungen für die Existenz des Bradley-Effekt gegeben sind und der Bradley-Effekt vor allem in den 1980er Jahren in der US-Politik einen großen Einflussfaktor bei Wahlen mit schwarzer Beteiligung darstellte. Im Gegensatz zu den Analysen von Daniel J. Hopkins und David Strömberg, die in Teil I dieser Arbeit dargestellt und bewertet werden, überprüft diese Untersuchung in Teil II nicht ausschließlich das Verhältnis von Umfrage- und Endergebnissen, sondern untersucht auch andere Faktoren, die Grundlage für den Bradley-Effekt sind: Die Medienberichterstattung im Vorfeld der Wahl, die Zusammensetzung des Elektorats und der Anteil der im Vorfeld der Wahl Unentschlossenen am Elektorat begünstigen den Effekt. Vorteil: Die Analyse lässt im Gegensatz zu Hopkins und Strömberg eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Bradley Effekts bei zukünftigen US-Wahlen zu. Die Untersuchung der Fallauswahl in Teil II zeigt für Barack Obama keinerlei negative Diskrepanz zwischen Umfrage- und Wahlergebnis auf, der Bradley-Effekt war bei der Präsidentschaftswahl 2008 nicht existent. Dabei bezog Teil II der Analyse neben der Überprüfung der Faktoren die Rolle des Themas 'Rasse' im Wahlkampf 2008 und die Kampagne Obamas mit in die Erhebung ein. In drei der vier Bundesstaaten konnte für Obama ein positiver Bradley-Effekt festgestellt werden, d.h. eine Unterbewertung Obamas tatsächlichen Stimmenanteils in Umfragen. Auf Grundlage der Ergebnisse der durchgeführten Analyse kann die Aussage getroffen werden, dass in den USA gegenwärtig die Bedingungen für eine Existenz des Bradley-Effekt gegeben sind und sich die Obama-Kampagne bei den Präsidentschaftswahlen 2012 und zukünftige nationale Kampagnen schwarzer Bewerber ggf. auf den Bradley-Effekt einstellen müssen.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: 1.Einleitung7 1.1Thematik7 1.2Grundannahmen9 1.3Abgrenzung der Untersuchungsgegenstände10 1.4Fragestellung und Ziel der Untersuchung10 1.5Verlauf und Vorgehensweise der Untersuchung10 1.6Zur Untersuchung herangezogener Quellen und Zitierweise11 2.Rasse als Strukturelement der US-Politik12 2.1E pluribus unum?12 2.1.1Ethnische Zusammensetzung der US-Gesellschaft12 2.1.2Afroamerikaner als ethnische Gruppe der US-Gesellschaft14 2.1.3Der 'racial gap', Rasse und das Wahlverhalten16 2.2Afroamerikaner als politische Kraft18 2.2.1Afroamerikanische Mandatsträger in der US-Politik18 2.2.2Kriterien des Wahlentscheids weißer US-Bürger20 2.2.3Das Wahlverhalten der Afroamerikaner22 2.3'Rasse' als Thema im US-Präsidentschaftswahlkampf 200824 2.4Barack Obama zum Thema 'Rasse'28 2.5Zusammenfassung28 3.Der Bradley-Effekt28 3.1Definition Bradley-Effekt28 3.2Der Bradley-Effekt bei US-Wahlen28 3.2.1Gouverneurswahlen Kalifornien 1982, Tom Bradley28 3.2.2Bürgermeisterwahlen Chicago 1983, Harold Washington28 3.2.3Bürgermeisterwahlen New York 1989, David Dinkins28 3.2.4Gouverneurswahlen Virginia 1989, Douglas Wilder28 3.2.5Vorwahlen Demokraten New Hampshire 2008, Barack Obama28 3.3Der Bradley-Effekt in der theoretischen Diskussion28 3.3.1Analyse der Wahlergebnisse in Kalifornien 1982, Charles Henry28 3.3.2Analyse von Daniel J. Hopkins 1989 bis 200828 3.3.3Analyse von David Strömberg 1998 bis 200628 3.4Was spricht gegen den Bradley-Effekt?28 3.5Zusammenfassung28 4.Zusammenfassung Teil I28 Teil II:Untersuchung28 5.Ausgangslage28 5.1Obamas Kampagne28 5.2Negatives Campaigning gegen Obama28 6.Vorgehensweise28 6.1Ziele der Analyse28 6.2Begründung der Methode28 6.3Die 4 Faktoren des Bradley-Effekts28 6.3.1Faktor 1 'Umfragewerte'28 6.3.2Faktor 2 'frontrunner'28 6.3.3Faktor 3 'Unentschlossene'28 6.3.4Faktor 4 'Bevölkerungsanteil Afroamerikaner'28 6.4Grundgesamtheit28 6.5Auswahl der Bundesstaaten28 6.5.1Kalifornien28 6.5.2Ohio28 6.5.3Virginia28 6.6Beobachtungszeitraum28 7.Untersuchung28 7.1Kalifornien28 7.1.1Faktoren28 7.1.1.1Faktor 1 'Umfragewerte'28 7.1.1.2Faktor 2 'frontrunner'28 7.1.1.3Faktor 3 'Unentschlossene'28 7.1.1.4Faktor 4 'Bevölkerungsanteil Afroamerikaner'28 7.1.2Zusammenfassung Kalifornien28 7.2Texas28 7.2.1Faktoren28 7.2.1.1Faktor 1 'Umfragewerte'28 7.2.1.2Faktor 2 'frontrunner'28 7.2.1.3Faktor 3 'Unentschlossene'28 7.2.1.4Faktor 4 'Bevölkerungsanteil Afroamerikaner'28 7.2.2Zusammenfassung Texas28 7.3Ohio28 7.3.1Faktoren28 7.3.1.1Faktor 1 'Umfragewerte'28 7.3.1.2Faktor 2 'frontrunner'28 7.3.1.3Faktor 3 'Unentschlossene'28 7.3.1.4Faktor 4 'Bevölkerungsanteil Afroamerikaner'28 7.3.2Zusammenfassung Ohio28 7.4Virginia28 7.4.1Faktoren28 7.4.1.1Faktor 1 'Umfragewerte'28 7.4.1.2Faktor 2 'frontrunner'28 7.4.1.3Faktor 3 'Unentschlossene'28 7.4.1.4Faktor 4 'Bevölkerungsanteil Afroamerikaner'28 7.4.2Zusammenfassung Virginia28 8.Zusammenfassung Teil II28 Teil III:Der Bradley-Effekt in den US-Präsidentschaftswahlen 200828 9.Der Bradley-Effekt in den US-Präsidentschaftswahlen 200828 9.1Anzeichen in den ausgewählten US-Bundesstaaten28 9.2Einfluss auf das Wahlergebnis28 9.3Einfluss auf die politikwissenschaftliche Diskussion28 9.4Welche Faktoren überdeckten den Bradley-Effekt?28 9.5Ist die nationale Wahl eines Schwarzen wiederholbar?28 Teil IV:Gesamtfazit28 V.Abbildungsverzeichnis28 VI.Tabellenverzeichnis28 VII.Diagrammverzeichnis28 VIII.Abkürzungsverzeichnis28 XI.Appendix28Textprobe:Textprobe: Kapitel 2.3, 'Rasse' als Thema im US-Präsidentschaftswahlkampf 2008: Im Vorfeld der Wahlen 2008 erhielt das Thema 'Rasse' bzw. Rassismus aufgrund der erstmaligen Kandidatenkonstellation von schwarz gegen weiß bei US-Präsidentschaftswahlen einen völlig neuen Stellenwert: Denn, im Vorfeld war unklar und schwer abzuschätzen, welchen Einfluss die Thematik auf den Wahlkampf nehmen wird, inwieweit 'Rasse' Gegenstand der medialen Berichterstattung und der Kampagnen sein wird. Der Einfluss des Themas 'Rasse' in der Wahlkampfzeit bzw. eine Diskussion kann in vier verschiedenen Bereichen dargestellt werden: 1.) Diskussion in der Wissenschaft, 2.) 'Rasse' als Gegenstand der Kampagnen, 3.) Debatte in der black community darüber 'wie schwarz Obama ist' und 4.) die kontroverse Diskussion um die Beziehung Obamas zu Referent Wright. In den Kapiteln 2.1.2 und 2.2.2 konnte die Veränderung des Rassismus in den USA herausgearbeitet werden. Gegenwärtig besteht ein neuer, 'subtiler' Rassismus, der sich vor allem in den sozioökonomischen Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen widerspiegelt. Auch im Wahlkampf wurden rassische Botschaften ausschließlich implizit geäußert. In der Wissenschaft löste der Aufstieg Barack Obamas eine Debatte nach einer 'post-racial' Ära und Politik mit der Frage nach dem gegenwärtigen Einfluss von Rassismus aus. Barack Obama betonte ebenfalls, dass seine Kandidatur nicht das Symbol einer post-racial-society sei: 'I have never been so naive as to believe that we can get beyond our racial divisions in a single election cycle, or with a single candidacy'. Caitlin E. Dwyer, Daniel Stevens, John L. Sullivan und Barbara Allen zogen in ihrer Analyse über den Einfluss von Rassismus im Präsidentschaftswahlkampf 'Racism, Sexism, and Candidate Evaluations in the 2008 U.S. Presidential Election' die Schlussfolgerung, dass das Thema 'Rasse', obwohl sie 2008 Rassismus und einen Einfluss auf die Zustimmungswerte Obamas nachweisen konnten, keinen übermäßig großen Effekt auf die Kandidaten hatte. Ihre Ergebnisse begründeten sie dadurch, dass 1.) Obama nicht hauptsächlich als schwarz wahrgenommen wurde, denn Weiße projizieren ihre Vorurteile nicht auf alle Mitglieder von Minderheiten und 2.) beide Kampagnen 'Rasse' nicht zum Thema in ihrem Wahlkampf machten: Denn Barack Obama strebte nach Unterstützung aus beiden Lagern und versuchte eine möglichst breite Wählerkoalition aus vielen verschiedenen Wählerschichten und Bevölkerungsgruppen zu formen. Der politische Gegner übte implizit Kritik an der Herkunft Obamas: Die McCain-Kampagne stigmatisierte gegen Ende des Wahlkampfes die Figur 'Joe the Plumber', Joe Wurzelbacher, einen Klempner aus Ohio als Metapher des klassischen middle-class Amerikaners. Die Figur stellte einen Angriff auf Obamas ungewöhnlichen Lebenslauf dar. Auch die Wahlwerbespots der McCain-Kampagne mit Werbeslogans wie 'Vote for the the real American, John McCain' sollten unterschwellig vermitteln, dass John McCain im Gegensatz zu Barack Obama als weißer Amerikaner, der seinem Land im Krieg gedient hat, per Definition ein wahrer Amerikaner ist. Es wurde versucht Ängste zu schüren, beispielsweise darüber, dass es bei einer Wahl Obamas zum Präsidenten zu einer Bevorzugung der schwarzen Minderheit kommen würde. Barack Obama äußerte zu der Stellung des Themas 'Rasse' im Wahlkampf am 18. März 2008 in seiner Rede im National Constitution Center: 'This is not to say that race has not been an issue in the campaign. At various stages in the campaign, some commentators have deemed me either 'too black' or 'not black enough.' We saw racial tensions bubble to the surface during the week before the South Carolina primary. The press has scoured every exit poll for the latest evidence of racial polarization, not just in terms of white and black, but black and brown as well. And yet, it has only been in the last couple of weeks that the discussion of race in this campaign has taken a particularly divisive turn'. Die Diskussion der Rasse Obamas in der breiten Öffentlichkeit wurde nicht durch den politischen Gegner, sondern durch die black community selbst ausgelöst: Bereits während der Vorwahlen wurde eine Debatte darüber geführt, 'wie schwarz Barack Obama ist'. Hintergrund war die Frage, ob Obama aufgrund seiner Herkunft ohne direkte Sklavenabstammung Teil der black community sein kann? Das Time Magazine titelte am 01. Februar 2007: 'Is Obama Black Enough?'. Die Mehrheit der Schwarzen teilte zu Beginn diese Meinung, denn laut Umfragen erreichte Hillary Clinton bei der schwarzen Bevölkerung einen Zustimmungswert von 60 %, Barack Obama hätten zu diesem Zeitpunkt etwa 20 % ihre Stimme gegeben. Das New Media Journal schrieb: 'Wenn Afroamerikaner ihm misstrauen, dann nicht, weil seine Haut Kaffeebraun statt tiefschwarz sei, sondern weil er fähig, erfolgreich und klug ist. Und das stehe im Vordergrund zum Bild des Rappers und Schlägers, der die Ausbildung, gutes Benehmen und Karriere gering schätzt. Dieses Klischee dient auch dem Selbstschutz'. Die Diskussion, ausgelöst vor dem Hintergrund der Abstammung Barack Obamas, seiner guten Ausbildung (Harvard-Abschluss) und seinem Aufstieg in die Oberschicht, wurde vorherrschend in den Medien geführt und nahm paradoxe Züge an: In in einem Interview in der CBS-Show 60 Minutes antwortete Barack Obama auf die Frage 'There are African Americans who don't think that you're black enough, who don't think that you have had the required experience.' von Moderator Steven Kroft: 'When I'm walking down the South Side of Chicago and visiting my barbershop and playing basketball in some of these neighborhoods, those arent's questions I get asked. I also notice when I'm catching a cab. Nobody's confused about that either'. Kroft stellte Barack Obama während des Interviews die Frage nach dem Zeitpunkt seiner Entscheidung 'schwarz zu sein'. Eine ungewöhnliche Interviewfrage, es ist schwer vorstellbar, dass ein Journalist einen weißen Kandidaten danach gefragt hätte, 'wann er sich entschieden hat, weiß zu sein'. Obama antwortete mit dem Verweis darauf, dass Rassismus sich nicht auf die Herkunft, sondern auf die Hautfarbe bezieht: 'If you look African American in this society, you're treated as an African American, and when you're a child, in particular, that is how you begin to identify yourself. It's interesting enough, that now I feel very comfortable and confident in terms of who I am and where I take my ground. But I notice that… I've become a focal point for a racial debate'. Barack Obama nahm in seiner bekannten Rede vom 18. März 2008 'We the people, in order to form a more perfect union' Stellung zu der Thematisierung von 'Rasse' im Wahlkampf und zu der Diskussion über seine Herkunft: 'Despite the temptation to view my candidacy through a purely racial lens, we won commanding victories in states with some of the whitest populations in the country. In South Carolina, where the Confederate Flag still flies, we built a powerful coalition of African Americans and white Americans. This is not to say that race has not been an issue in the campaign. At various stages in the campaign, some commentators have deemed me either 'too black' or 'not black enough.' We saw racial tensions bubble to the surface during the week before the South Carolina primary. The press has scoured every exit poll for the latest evidence of racial polarization, not just in terms of white and black, but black and brown as well. And yet, it has only been in the last couple of weeks that the discussion of race in this campaign has taken a particularly divisive turn'. Politisch attackiert wurde Barack Obama aufgrund seiner Freundschaft zu Jeremiah A. Wright, Jr., dem ehemaligen Pastor der 'Trinity United Church of Christ', einer großen Kirchengemeinde in Chicago. Die Diskussion über Referent Wright wurde vor dem Hintergrund des Themas 'Rasse' und der Tatsache, dass sich der schwarze Referent während eines Gottesdienstes zu den Themen Diskriminierung, Rassentrennung und Sklaverei äußerte, geführt: 'God damn America for treating our citizens a less than human. God damn America for so long as she acts like she is God and she is supreme', and spoke of the 'US of KKK A '.' Pastor Wright war eng mit der Familie Obama verbunden, er brachte Barack Obama das Christentum näher, taufte seine Kinder und traute ihn und seine Ehefrau. Zu diesem Zeitpunkt war Barack Obama erstmals gezwungen, sich explizit zum Thema 'Rasse' zu äußern: Er musste sich von der Meinung Jeremiah Wrights distanzieren, um nicht den Eindruck zu erwecken diese zu teilen. Die bereits erwähnte Rede 'We the people, in order to form a more perfect union' war die direkte Antwort auf die Kritik an seiner Freundschaft mit Pastor Wright. Er stellte heraus, dass Wrights Meinung nicht unbedingt falsch, jedoch kontrovers ist, die Gesellschaft spaltet und nicht zu seiner Kampagne von 'Unity' passte: 'Did I know him to be an occasionally fierce critic of American domestic and foreign policy? Of course. Did I ever hear him make remarks that could be considered controversial while I sat in church? Yes. Did I strongly disagree with many of his political views? Absolutely - just as I'm sure many of you have heard remarks from your pastors, priests, or rabbis with which you strongly disagreed. But the remarks that have caused this recent firestorm weren't simply controversial. They weren't simply a religious leader's effort to speak out against perceived injustice. Instead, they expressed a profoundly distorted view of this country - a view that sees white racism as endemic, and that elevates what is wrong with America above all that we know is right with America; a view that sees the conflicts in the Middle East as rooted primarily in the actions of stalwart allies like Israel, instead of emanating from the perverse and hateful ideologies of radical Islam. As such, Reverend Wright's comments were not only wrong but divisive, divisive at a time when we need unity; racially charged at a time when we need to come together to solve a set of monumental problems - two wars, a terrorist threat, a falling economy, a chronic health care crisis and potentially devastating climate change; problems that are neither black or white or Latino or Asian, but rather problems that confront us all'.
Blog: www.jmwiarda.de Blog Feed
Sie wolle den Hochschulleitungen ausdrücklich Dank und Unterstützung für ihr "konsequentes Handeln aussprechen", schreibt die Bundesforschungsministerin der HRK. Vielen Rektoren reicht das aber nicht.
DIE WOGEN SCHLUGEN VIELFACH HOCH Anfang der Woche, als die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sich in Fulda traf und man schon in den Kaffeepausen die öffentlichen Äußerungen der vergangenen Wochen
von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) diskutierte, vor allem zum Offenen Brief Lehrender nach dem geräumten
propalästinensischen Protestcamp an der Freien Universität (FU) Berlin.
"Dieses Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten macht fassungslos", hatte Stark-Watzinger in der BILD gesagt. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, würden
Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost. Und die Ministerin fügte hinzu: "Dass es sich bei den Unterstützern um Lehrende handelt, ist eine neue Qualität." Denn gerade Professoren
und Dozenten müssten "auf dem Boden des Grundgesetzes stehen".
FU-Präsident Günter M. Ziegler hatte am Dienstag dem Tagesspiegel gesagt, insgesamt vermisse er einen "adäquaten Umgang" der Ministerin mit den Protesten und der heiklen und schwierigen Lage der Universitäten. Nach der Räumung
des Protestlagers, so Ziegler, hätte sie "mich auch anrufen und fragen können, was da bei uns los ist". Bis auf ein Telefonat, das bereits länger zurückliege, habe sich Stark-Watzinger aber nicht
bei ihm gemeldet, um sich über die Lage auszutauschen. Sie unterstelle den Universitäten pauschal, nicht richtig zu reagieren. "Hier würde ich mir mehr Anerkennung wünschen, dass wir uns vor
dieser Verantwortung nicht wegducken", sagte Ziegler weiter.
Genau das sei auch die Stimmungslage vieler Rektor:innen und Präsident:innen in der HRK gewesen, berichteten Teilnehmende des HRK-Treffens, gerade angesichts der Diffamierungskampagne, die die
BILD kurz nach der Äußerung Stark-Watzingers gestartet hatte. Sogar Rücktrittsforderungen seien zu hören gewesen. Schon vor dem umstrittenen Offenen Brief seien die mehrfachen
öffentlichen Belehrungen der Hochschulen durch Stark-Watzinger deplatziert gewesen und hätten an das Verteilen von Kopfnoten erinnert, fanden viele – und erkannten eine Missachtung der
Hochschulautonomie durch eine nicht einmal für die Hochschulen zuständige Bundesministerin.
Bis Dienstag hätten sich die Gemüter immerhin langsam beruhigt, zumal HRK-Präsident Walter Rosenthal berichtete, dass Stark-Watzinger einen beschwichtigenden Brief an die Rektoren schicken werde.
Das daraufhin verabschiedete Statement der Rektoren, Überschrift "Hochschulen als freien Diskursraum
sichern", enthielt dann die allgemeiner gefasste Forderung, die Hochschulleitungen erwarteten "von Bundes- und Landespolitik Vertrauen und Rückhalt". Die verabschiedete HRK-Entschließung
enthielt außerdem die Forderung der Hochschulen an die Politik, "ihre Autonomie und die sich daraus ergebenden Ermessensspielräume zu respektieren."
Viel hing also ab von dem Wortlaut des angekündigten Briefs Stark-Watzingers. Als der am Dienstagnachmittag eintraf, war von Bedauern über vergangene Äußerungen allerdings nichts zu lesen.
Dafür umso mehr von Wertschätzung für von Stark-Watzinger aufgezählte Maßnahmen an den Hochschulen: An" sehr vielen" seien in den vergangenen Monaten Aktivitäten fortgesetzt, intensiviert und
auch neu ergriffen worden, "um die Bekämpfung von Antisemitismus und Israelfeindlichkeit ganz konkret zu unterstützen", schrieb die BMBF-Chefin: Podiumsdiskussionen, Tagungen, Workshops,
Ringvorlesungen zu Antisemitismus und Israelfeindlichkeit, zusätzlich zu bestehenden Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Israel würden neue vorbereitet. Einige
Hochschulen hätten eigene Beauftragte gegen Antisemitismus eingerichtet oder ertüchtigten bestehende Anlaufstellen für von Antisemitismus betroffene Studierende und Lehrkräfte. "Dieses Engagement
begrüße ich sehr. Ich bin überzeugt, dass dies zentrale Beiträge im Kampf gegen Israelfeindlichkeit und Antisemitismus sind."
Hochschulen müssten Raum für Dialog und Diskurs bieten, aber seien
selbstverständlich kein rechtsfreier Raum, fuhr Stark-Watzinger fort. Hochschulleitungen hätten deswegen von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht," teilweise kam es zu Polizeieinsätzen bei der
Räumung von Protestcamps". Und dann folgten die entscheidenden Sätze: "Für Sie als Hochschulleitungen sind dies keine leichten Entscheidungen, wie auch kontroverse Diskussionen innerhalb der
Hochschulen zeigen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ausdrücklich meinen Dank und meine Unterstützung für Ihr konsequentes Handeln aussprechen." Sie sei sich der aktuellen Herausforderungen für
Hochschulen bewusst und "bitte Sie, in Ihren Bemühungen nicht nachzulassen".
Auch sie, schloss Stark-Watzinger ihren Brief, "werde mich fortgesetzt konsequent für die Bekämpfung von Antisemitismus und Israelfeindlichkeit einsetzen und öffentlich Stellung beziehen."
Reicht das für ein Tauwetter zwischen BMBF und Hochschulen? Wenn man am Mittwoch mit Rektor:innen redete, eher nicht. "Enttäuschend" sei, dass in Stark-Watzingers Schreiben keinerlei Selbstkritik
vorkomme, im Gegenteil: Den letzten Satz der Bundesministerin könne man sogar so interpretieren, dass sie weitermachen wolle wie bisher. Welche Kommunikation man von Stark-Watzinger erwarte: Auf
jeden Fall müsse Schluss sein mit dem pauschalisierenden Daumen hoch, Daumen runter von der Seitenlinie. Die Ministerin müsse jetzt zeigen, dass sie öffentlich inhaltliche Abgewogenheit
könne.
Hinweis: Unter diesem Beitrag sind nur Kommentare mit Klarnamen zugelassen.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
Warum ich mich
mit einer Einordnung schwergetan habe
Propalästinensische Protestcamps, Räumungen, ein
Offener Brief und eine verunglückte öffentliche Debatte: Zeit für eine vorläufige Bilanz nach einer schwierigen Uni-Woche. (15. Mai 2024) >>>
In eigener Sache: Die Unterfinanzierung wächst
Leider war der April wirtschaftlich gesehen ein schlechter Monat für diesen Blog. Bitte helfen Sie durch Ihren Beitrag, dass er für alle kostenfrei zugänglich bleiben kann.
Wie Sie Blog und Newsletter
unterstützen können, erfahren Sie hier...
Blog: Rechtspopulismus
Die Fidesz-Partei hat seit ihrem Regierungsantritt im Jahr 2010 einen entscheidenden Einfluss auf die Richtung des Landes ausgeübt. Unter der Führung von Viktor Orbán hat sich die Partei zu einem Zentrum konservativer und nationalistischer Werte entwickelt. Ein besonders prägnantes Merkmal ihrer Regierungszeit ist der Umgang mit der LGBTQIA+-Bewegung in Ungarn. Obwohl Ungarn einst eines der liberalsten Länder in der Region war, Homosexualität bereits Anfang der Sechzigerjahre entkriminalisiert wurde und gleichgeschlechtliche Partnerschaften 1996 anerkannt wurden, drängt der rechtspopulistische Ministerpräsensident Orbán diese Freiheiten mit scharfen Gesetzen wieder zurück. Die Politik der Fidesz-Partei im LGBTQIA+- Bereich wirft grundlegende Fragen über die Natur der ungarischen Demokratie, den Schutz von Minderheitenrechten und die zukünftige Ausrichtung des Landes auf.Die Geschichte der LGBTQIA+ Bewegung in Ungarn ist geprägt von einem Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung. Trotz einiger Fortschritte in den frühen 2000er Jahren bleibt die gesellschaftliche Akzeptanz in vielen Teilen des Landes begrenzt. Dies ist besonders in ländlichen und konservativen Bereichen der Fall, wo traditionelle Werte tief verwurzelt sind. Die LGBTQIA+-Bewegung in Ungarn hat es mit einer gesellschaftlichen und politischen Umgebung zu tun, die oft feindlich gesinnt ist. Ihre Bemühungen um Gleichstellung sind in einem Land, das zunehmend von konservativen und nationalistischen Ideologien geprägt ist, auf erhebliche Hindernisse gestoßen. In diesem Kontext ist die Rolle der Fidesz-Partei von besonderer Bedeutung.Im Jahr 2021 wurde Minderjährigen beispielsweise verboten, über Queerness und Transgeschlechtlichkeit aufgeklärt zu werden. Seit März 2020 hat das ungarische Parlament nämlich mehrere Gesetze verabschiedet, die die Rechte von queeren und trans Personen einschränken. Zunächst wurde Transpersonen untersagt, ihr Geschlecht legal anzuerkennen (vgl. Darida 2021). Anschließend wurde ein weiteres Gesetz erlassen, das festlegt, dass der Vater ein Mann und die Mutter eine Frau ist, wodurch queeren und alleinstehenden Personen die Adoption von Kindern untersagt wird. Das 2021 verabschiedete Gesetz ist Teil eines Pakets, das Strafverschärfungen für sexualisierte Gewalt an Kindern vorsieht und zugleich die "Propagierung" von Homosexualität verbietet.Das geplante Gesetz beinhalte ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhalten, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und nicht-heterosexuelle Sexualität darstellen. Zudem soll jede Werbung untersagt werden, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil der Normalität erscheinen (vgl. Felschen 2021). Die ungarische Regierungspartei Fidesz verbindet nämlich seit Jahren die Themen Homosexualität und Kinderschutz (vgl. Darida 2021). In Bezug auf ein Kinderbuch mit queeren Figuren äußerte Premierminister Viktor Orbán: "Lasst unsere Kinder in Ruhe." (vgl. Darida 2021).Aktivist*innen warnen davor, dass die neue Gesetzgebung in Ungarn queere und trans Personen gefährdet, insbesondere Jugendliche, die nicht cis und/oder hetero sind. Trotz tausender Proteste vor dem Parlament wurde der Gesetzesentwurf einen Tag später mit der Zustimmung von 157 von 199 Abgeordneten verabschiedet. Das Europäische Parlament hat dieses neue ungarische Gesetz zur Behandlung von Homosexualität und Transgender 2021 scharf kritisiert. Die Abgeordneten bezeichneten es als "klaren Verstoß" gegen die Werte, Grundsätze und Rechtsvorschriften der EU (vgl. Tschirner 2021).Wie ernst Orbán es mit diesem "Homophobiegesetz" meint, erkennt man an dem Vorfall Anfang November 2023, als der Direktor des Nationalmuseum entlassen wurde, weil er wegen LQBTI- Darstellungen in einer Ausstellung gegen das Kinderschutzgesetz verstoßen haben soll. Das Kultusministerium gab bekannt, dass Simon Gesetzwidrigkeiten in seinem Haus geduldet habe, weshalb er nicht länger im Amt bleiben könne. Der Auslöser für die Entlassung war eine Ausstellung der internationalen Stiftung World Press Photo im Nationalmuseum. Diese zeigte weltweit preisgekrönte Pressefotos, darunter Bilder von Bewohnern eines Altenheimes auf den Philippinen, in dem LGBTI-Menschen leben, einige davon in Frauenkleidern.Im April 2023 wollte die ungarische Regierung ein weiteres kontroverses neues Gesetz verabschieden, das es Bürgern ermöglicht hätte, anonym gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern bei den Behörden zu melden. Kabinettschef Gergely Gulyás argumentierte, dass die Regelung die EU-Hinweisgeberrichtlinie umsetzt, die Whistleblower schützen soll. Das Gesetz erlaube Meldungen "im öffentlichen Interesse" und "zum Schutz der ungarischen Lebensweise", insbesondere wenn die "verfassungsmäßige Rolle von Ehe und Familie" infrage gestellt wird (vgl. Peer 2023). Kritiker sehen darin eine Schikane, die sich vor allem gegen LGBTQ+-Personen richtet.Die Verfassung von 2019 beschränkt die Ehe auf Mann und Frau. Besorgte Bürger befürchteten, dass Kinder aus gleichgeschlechtlichen Familien durch die neue Meldemöglichkeit in Gefahr sein könnten. Áron Demeter von Amnesty International bezeichnet das Gesetz als "legalen Nonsens", der zu Selbstzensur und Angst in der LGBTQ-Gemeinschaft führt (vgl. Peer 2023). Die französische Europaministerin Laurence Boone kritisiert das Gesetz als nicht im Einklang mit europäischen Werten und als schlechtes politisches Signal. Die ungarische Staatspräsidentin Katalin Novak hat jedoch überraschend dieses umstrittene Gesetz abgelehnt, das die Rechte von LGBTIQ- Personen enorm einschränken wurde (vgl.. o.A. 2023).In der seit 2010 währenden Amtszeit des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hat erstmals ein Staatsoberhaupt Einspruch gegen ein Gesetz erhoben, das für Orbáns konservative Ideologie von großer Bedeutung ist. "Das Veto der Präsidentin bedeutet, dass das Parlament das Gesetz neu verhandeln muss. Grundsätzlich kann es dieses aber auch in unveränderter Fassung neu beschließen, wogegen die Präsidentin keine Handhabe mehr hätte" (o.A. 2023).Diese Politik sorgt nicht nur innerhalb des Landes für Spannungen, sondern belastet auch Ungarns Beziehungen zu internationalen Partnern. Die Zukunft der LGBTQIA+-Rechte in Ungarn bleibt ungewiss und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, einschließlich der Innenpolitik Ungarns, dem internationalen Druck und den sich verändernden gesellschaftlichen Einstellungen.Literatur:Darida, M. (2021): "Kinder sollten lernen, dass wir Menschen sind". In: Zeit-Online. Unter: https://www.zeit.de/zett/queeres-leben/2021-06/queere-menschen-ungarn-lgbtq-gesetz-viktor-orban-minderjaehrige (letzter Zugriff 18.01.2024)Felschen, C. (2021): Tausende Ungarn demonstrieren gegen Anti- LGBT- Gesetz. In: Zeit Online. Unter: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-06/ungarn-lgbtq-gesetz-minderjaehrige-verbot-proteste (letzter Zugriff 18.01.2024)o.A. (2023): Erstes Veto seit Orbans Machtantritt: Ungarns Präsientin Novak stoppt weiteres Anti- LQBTIQ- Gesetz". In: Tagesspiegel. Unter: https://www.tagesspiegel.de/internationales/erstes-veto-seit-orbans-machtantritt-ungarns-prasidentin-novak-stoppt-weiteres-anti-lgbtiq-gesetz-9705128.html (letzter Zugriff 18.01.2024)Peer, M. (2023): Regierung verteidigt neues LGBTQ- feindliches Gesetz. In: Zeit- Online. Unter: https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-04/ungarn-lgbtq-feindliches-gesetz-kritik-menschenrechtler(letzter Zugriff 18.01.2024)Tschirner, U. (2021): EU- Parlament verurteilt Ungarns LGBTG- Gesetz "auf das schärfste"". In: Zeit- Online. Unter: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-07/ungarn-homosexuellen-gesetz-verabschiedung-umstritten-kritik-eu (letzter Zugriff 18.01.2024)
Warum Theater? Wie kontrovers diese Frage diskutiert wird, zeigen die theaterhistorischen und die gegenwärtigen Auseinandersetzungen gleichermaßen. Der Theaterkritiker und Redakteur bei Theater der Zeit Jakob Hayner stellt sie im Rahmen der Reihe Fröhliche Wissenschaft des Verlags Matthes & Seitz. "Fröhliche Wissenschaft", das meine die knappe Abhandlung großer Gedanken. "Umwälzende Ideen brauchen nicht viele Worte", so das Verlagscredo (Werbeblatt). Auch Hayner wagt einiges und bietet Angriffsfläche für heftige und (hoffentlich) fröhliche (Grundsatz-)Diskussionen. Für etliche Theatermacher*innen und Theaterkritiker*innen ist der seit Monaten andauernde Lockdown der Theaterhäuser im deutschsprachigen Raum unter anderem Anlass für Selbstreflexion und Institutionskritik. Neben der Verteidigung der Theaterkultur als systemrelevant, fordern Theatermacher*innen dazu auf, aus dem Lockdown zu lernen und problematische Theatertraditionen zu verlernen. Auf den radikalen Stillstand soll nicht bloß die Rückkehr zur Normalität folgen. Statt eines Back-to-normal geht es um ein verändertes Theater auf, vor und hinter der Bühne. In seinem Buch Warum Theater sehnt Hayner auch einen Nullpunkt herbei, auf den eine Neubestimmung des Theaters und eine Rückbesinnung auf dessen Kräfte und Fähigkeiten folgen könne. Das sogenannte Gegenwartstheater würde kaum noch (s)einen kulturellen Wert erkennen lassen und den "eigenen Maßstäben" nicht gerecht werden (vgl. S. 18). Die Erfahrung von Ambivalenzen wäre durch eindeutige Botschaften der (Theater-)Kunst ausgetauscht worden (vgl. S. 20). Die durch die Schließung der Theater provozierte Digitalisierung des Gegenwartstheaters ist für Hayner vermutlich ein Schritt in die falsche Richtung. Das Theater solle sich eher in Kritik an den technischen Erscheinungsformen üben, da gerade dort sein "spezifisches Vermögen" liege (S. 38). Hayner geht mit dem Gegenwartstheater hart ins Gericht: Es sei zu angepasst; neige zur "Nacherzählung der Schlagzeilen der Tagespresse", kippe in "kalkulierte Empörung", beschränke seine Politisierung auf bloße, ethisch motivierte Ersatzhandlungen und erschaffe keine politischen, transformierenden Momente (vgl. S. 19-24). Happenings, Events, die Experten des Alltags transportieren opportunistisch politische Ideologien, die durch ein "eigentümliche[s] Oszillieren zwischen Kunst und Politik" zu ihrer wechselseitigen Bedeutungslosigkeit führen (S. 81). Der Autor kritisiert z.B. mit Nachdruck die Arbeiten des Kollektivs Rimini Protokoll und anderer Theatermacher*innen wie u.a. des Kollektivs Signa. Regelrecht abwertend arbeitet er sich an den Thesen zur Ästhetik des Performativen von Erika Fischer-Lichte ab. Er vermutet eine problematische Verschmelzung von Ästhetik und Ethik im Sinne des Philosophen Jacques Rancière. Seine Sorge teilen derzeit einige andere Kunstkritiker*innen wie Hanno Rauterberg. Die immersive Innovation oder die Erschließung neuer Erfahrungsräume menschlichen Zusammenlebens und Manipulation, die in Signa-Produktionen erfahrbar werden, bleiben unter seinem Radar. In Anlehnung an seine Prognosen definiert Hayner vier (kritikwürdige) Dimensionen des Gegenwartstheaters: 1. das "Theater der symbolischen Aktionen", welches lediglich das Symbolische der Kunst mit den Botschaften der Politik lose miteinander verbinde (S. 84-86);2. das "Theater der Politik der ersten Person", welches durch die ständige Thematisierung der eigenen Biografie einem "therapeutischen Narrativ" folge und damit zur Etablierung neoliberaler Selbstregierungstechniken beitrage (S. 87-90);3. das Theater, das eine "Auseinandersetzung mit der Identität einer Gruppe" anstrebe und sich im begrenzten Wechselspiel zwischen Fremd- und Selbstzuschreibungen erschöpfe (S. 90-92).4. die vierte Dimension des Gegenwartstheaters sei ein politisches Theater, welches lediglich "traumatische Situationen wiederholt" (S. 92-96). Diese vier Dimensionen repräsentieren loße Tendenzkunst, indem künstlerische Mittel für außerkünstlerische Zwecke vereinnahmt werden würden. Seiner Kritik am Gegenwartstheater stellt er die Ansätze von Theatermachern wie Bertolt Brecht, Samuel Beckett, Peter Brook, René Pollesch sowie der Philosophen der Frankfurter Schule als positive Beispiele gegenüber, die seine Vorstellung vom wahren Potenzial des Theaters geprägt hätten. In der Tradition des Philosophen Christoph Menke setzt er ganz auf die Möglichkeiten des Scheins, mit dessen Hilfe Herrschaft und Zwang vom Schleier des angeblich Natürlichen/Naturhaften enttarnt und demaskiert werden könnten. Allein durch Schein, Spiel, Mimesis und die Darstellung der Gesellschaft als eine auf Handlungen basierende, könne Theater zur Aufklärung der Gesellschaft beitragen und ein Urteil hervorrufen (vgl. S. 116). Hayner hofft hier auf das Drama als lustvolles Spiel der Verwandlung mit sozialem Inhalt. "Drama ist die Vorführung von Handlungen in Situationen. Und Handlungen sind wiederum Stoff, aus dem Gesellschaften sind […]." (S. 116) Dieses bewahre vor der "vorherrschende[n] Gedankenlosigkeit" und vor dem Anspruch auf (pädagogische) Nützlichkeit den wahren Kern des Theaters: sein Formbewusstsein.Im Drama trete Wahrheit in Erscheinung, indem im (Rollen-)Spiel die Grenzen der Verhältnisse überwunden werden würden. "Die Idee des Theaters, um deren Erneuerung es gehen soll, speist sich aus dem Surplus der Form" (S. 99). Hayner verfasst ein deutliches Plädoyer gegen die "romantische Lesart des Performativen als Verschmelzungslehre von Kunst und Leben" (S. 119), welche für ihn auch eine Einfühlung und eine Wiederverzauberung der Welt bedeute. Er spricht sich gegen das Postdramatische und gegen das Performative als leere Abstraktionen und verzerrte Wunschbilder aus (vgl. S. 118). Die Realität solle das Material nicht aber der Maßstab für das Theater sein. Sein Theaterideal bezeichnet er als kommunistisch – eine Zuschreibung, die er näher hätte ausführen können. Nach der Lektüre wird klar: Hayner traut Theater Großes zu und glaubt an einen Ausweg aus der Theaterkrise in Analogie zu seiner Prognose einer gesamtgesellschaftlichen Krise. Er will einen Beitrag zur "Selbstaufklärung" leisten und Theater als Möglichkeitsraum verstehen (vgl. S. 153). Dementsprechend formuliert er wohltuende Sätze wie "Die unernsten Spiele des Theaters entzaubern die ernsten der Wirklichkeit" (S. 8) oder: "Auf der Bühne können wir Menschen sehen, die der Weltgeschichte schon zwei Schritte voraus sind" (S. 12). Dabei überwiegt in Hayners Argumentation das Bedürfnis nach Kritik und nach einer Abgrenzung von Tendenzen des Gegenwartstheaters. Seine Abhandlungen zum Schein und zum Drama hätten mehr ins Gewicht fallen können. Im Zeitalter der Filterblasen und Partikularinteressen ruft sein Rundumschlag gemischte Gefühle hervor: Sympathisch ist die Radikalität und der Anspruch auf die große Erzählung. Gleichzeitig wirkt seine Kritik aus theaterwissenschaftlicher und theaterpraktischer Perspektive ungenau. Er neigt zur unterkomplexen Aufarbeitung von derzeitigen Debatten, was sich in seiner Rede von "der Gesellschaft" und einem ominösen "Wir", seinem spezifischen Fokus auf das Bühnengeschehen sowie seine Referenz auf Klassiker der Theaterwissenschaft wie Erika Fischer-Lichtes Werk Ästhetik des Performativen oder Hans-Thies Lehmanns Postdramatisches Theater, die Debatten der 2000er abbilden, zeigt. Hayner argumentiert aus einer kunsttheoretischen Perspektive. Er setzt sich kaum mit institutionskritischen oder intersektionalen Stimmen auseinander. Seine Kritik hätte mehr Biss, wenn er auch zu den Konflikten Stellung bezogen hätte, die sich vor und hinter den Bühnen manifestiert haben. Die Frage "Warum Theater?" muss aktuelle Debatten zu den Produktionsverhältnissen miteinschließen. Die viel diskutierte Theaterkrise findet eben nicht nur auf der Bühne statt, wie z. B. der Verein ensemble-netzwerk deutlich macht. Wer viel wagt, der bietet selbstverständlich auch viel Angriffsfläche. Der Anspruch, auf 170 Seiten eine Gesamtabrechnung vorzulegen und die Krise des Theaters als eine Generalkrise der menschlichen Erfahrung zu argumentieren, kalkuliert blinde Flecken ein. Hayners aufbrausende Argumentation und sein Verständnis von Theater als Möglichkeitsraum bieten wichtige Anknüpfungspunkte für ein Überdenken von derzeit virulenten Relevanzbekundungen und Legitimationsversprechen. Der Theaterkritiker lädt in diesem Sinne mit seiner fröhlichen Schrift von umwälzenden Gedanken zur (Grundsatz-)Debatte über die Eigengesetzlichkeit des Theaters ein.
BASE
Mit der Verabschiedung des Mindestlohngesetzes wurde zum 1. Januar 2015 ein allgemeiner Mindestlohn in Deutschland eingeführt, der flächendeckend 8,50 Euro/Stunde beträgt. Für Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB III waren, gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung allerdings nicht. Die Ausnahmeregelung wurde mit einem Evaluationsauftrag versehen, dessen Ergebnisse nun vorliegen. Der Bericht gibt einen Überblick über die Erwartungen an diese Ausnahmeregelung, diskutiert ihre Bedeutung in der Praxis und prüft ihre Folgen empirisch. Die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gilt als besonders schwierig. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oftmals liegen mehrere Vermittlungshemmnisse vor, die sich zum Teil bedingen und die einer Beschäftigungsaufnahme im Weg stehen. Diese reichen von gesundheitlichen Einschränkungen über mangelnde Qualifikation, Flexibilität oder Motivation bis hin zu unrealistischen Vorstellungen beim Gehalt oder Vorbehalten der Arbeitgeber. Ist die Jobsuche von Langzeitarbeitslosen erfolgreich, sind die Einstiegslöhne häufig relativ niedrig. Vor dem Hintergrund dieser Problematik wurde die Ausnahmeregelung kontrovers diskutiert. Einerseits wurde mit ihr die Hoffnung verbunden, einer möglichen Verschlechterung der Integrationschancen durch den Mindestlohn entgegen zu wirken. Andererseits wurde bemängelt, sie könnte eine Diskriminierung von Langzeitarbeitslosen darstellen, demotivierend sein und die Beschäftigungsstabilität von Langzeitarbeitslosen weiter verschlechtern. Außerdem könnten wirkungsvollere, bereits vorhandene Instrumente zur Förderung von Langzeitarbeitslosen eingesetzt werden. Es zeigt sich, dass die Ausnahmeregelung nur in sehr wenigen Fällen angewandt wird. Dies könnte einerseits daran liegen, dass Arbeitgeber und Arbeitssuchende wenig Anreize haben, sie zu nutzen. Andererseits ist der geringe Informationsstand der Betroffenen zu beachten: Viele Langzeitarbeitslose kennen die Regelung nicht. Eine Befragung von sechs Jobcentern zeigt, dass diese die Ausnahmeregelung nicht als mögliche Vermittlungsstrategie ansehen. Sie ginge an den wahren Herausforderungen bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen vorbei. Damit haben die Jobcenter auch wenig Anlass, ihren Kunden zu einer Bescheinigung der Langzeitarbeitslosigkeit zu raten. Es finden sich auch keine Belege, dass Arbeitgeber verstärkt Langzeitarbeitslose unter Mindestlohn einstellen. Zwar hatte die Einführung des Mindestlohns einen deutlichen Einfluss auf die Einstiegslöhne im Niedriglohnbereich: Löhne unter 8,50 Euro/Stunde wurden von den Befragten deutlich seltener angegeben als noch 2014. Es gibt jedoch keine Hinweise, dass Langzeitarbeitslose bei ihrer Einstellung aufgrund der Ausnahmeregelung systematisch häufiger unter Mindestlohn bezahlt werden als ihre Kolleginnen und Kollegen. Dies zeigt insbesondere ein Vergleich der Einstiegslöhne von Personen, die kurz vor Ihrer Einstellung langzeitarbeitslos wurden, mit solchen, die es gerade noch nicht waren. Ökonomisch relevante Lohneffekte der Ausnahmeregelung lassen sich somit nicht nachweisen. Für Personen, die schon sehr lange langzeitarbeitslos sind, sind Lohneffekte aus methodischen Gründen schwieriger zu ermitteln. Aber auch hier werden keine Effekte anhand der untersuchten Daten ersichtlich. Ohne entsprechende Lohneffekte sind Beschäftigungseffekte der Ausnahmeregelung aus theoretischer Sicht nicht plausibel. Tatsächlich lassen sich auch keine solchen Effekte finden: Die Einstellungswahrscheinlichkeit nimmt auch nach 2014 unverändert mit zunehmender Arbeitslosigkeitsdauer ab. Eine Häufung von Einstellungen Langzeitarbeitsloser, entweder auf Kosten anderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder zusätzlich zu diesen, ist nicht zu erkennen. Außerdem finden sich keine Hinweise auf Drehtüreffekte, d. h. eine Häufung von Entlassungen, wenn die Ausnahmeregelung sechs Monate nach der Einstellung ausläuft. ; With the new minimum wage law Germany has introduced a legal nationwide hourly minimum wage of 8.50 Euro. However, workers who have been registered as longterm unemployed before taking up a new job are exempted from the law for the first six months of employment. On behalf of the Federal Ministry for Labour and Social Affairs (BMAS), the IAB has evaluated the economic consequences of this exemption as well as its practical impact on job placement. The evaluation project proceeds in two steps: First, it quantitatively examines effects on wages and employment prospects of the long-term unemployed using detailed administrative data and an own standardized survey conducted among unemployed job seekers who have entered employment in either 2014 or 2015. Second, it qualitatively analyses the effects of the exemption on the processes of the German employment services. This part of the project is based on interviews of experts and management staff in selected Job Centres. This report gives a summary of the evaluation results. It is well documented that long-term unemployed persons are difficult to integrate into the labour market. There are various reasons for this, like health problems, lacking qualifications as well as constraints concerning flexibility and motivation. Even if a long-term unemployed person is successfully integrated she can expect to earn relatively low wages. Against this backdrop, the exemption has been controversially discussed in the public and political debates. On the one hand, it was hoped that it would counteract potentially negative effects of the minimum wage on the labour market outcomes of the long-term unemployed. On the other hand, it was argued that it would constitute a discrimination of this particular group of workers and rather be ineffective to improve their situation. The data so far show no significant effects of the exemption for the long-term unemployed neither on their employment transitions, employment stability, nor wages. It turns out that the exemption is rarely used. It is not highly demanded by the longterm unemployed themselves and also not actively promoted within the interviewed Job Centres. One reason for this is that most unemployed are not aware of its existence or applicability. There also seem to be too little incentives for both employers and employees to make extensive use of the exemption, as was argued by many interview partners. Given this background, it appears unlikely that the minimum wage exemption for the long-term unemployed will substantially gain in importance in the future.
BASE